TE Vwgh Erkenntnis 1976/6/18 2241/74

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Veröffentlicht am 18.06.1976
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/06 Verkehrsteuern;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §70 Abs1 impl;
BAO §115 Abs4;
BAO §303 Abs4;
GrEStG 1955 §18 Abs1;
GrEStG 1955 §20 Abs5;
VwGG §63 Abs1;

Beachte

Vorgeschichte: 0051/70 E 22. April 1971;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Eichler und die Hofräte Dr. Raschauer, Kobzina, Dr. Straßmann und Dr. Salcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Ministerialsekretär Papp, über die Beschwerde der LW in W, vertreten durch Dr. Theodor Schwager, Rechtsanwalt in Wien I, Schottengasse 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. Oktober 1974, Zl. GA 11-1638/13/74, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 720,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Vorgeschichte dieses Beschwerdefalles ist den in derselben Sache ergangenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1971, Zl. 51/70 und vom 4. Juli 1974, Zl. 1061/73, zu entnehmen. Die Beschwerdeführerin hatte am 21. Dezember 1964 die Liegenschaft EZ. nnnn KG M. gekauft, war in der Folge aber nach ihren Angaben im März 1966 von dem Vertrag zurückgetreten. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien vergütete hierauf zunächst mit Bescheid vom 7. Juni 1966 die von 15. Juni 1976 ihm mit Bescheid vom 27. Jänner 1965 festgesetzte und von der Beschwerdeführerin entrichtete Grunderwerbsteuer, schrieb diese aber mit Bescheid vom 27. April 1967 neuerlich mit der Begründung vor, es habe sich inzwischen gezeigt, die Beschwerdeführerin sei in Wahrheit gar nicht vom Vertrag zurückgetreten, sondern habe die Liegenschaft der C. Baugesellschaft m.b.H. verkauft. Die der Berufung der Beschwerdeführerin nur teilweise - nämlich durch Herabsetzung des Verspätungszuschlages - Folge gebende Entscheidung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. November 1969 wurde mit dem ersterwähnten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben, weil keine förmliche Wiederaufnahme des Verfahrens stattgefunden hatte. Im fortgesetzten Verfahren verfügte das Finanzamt, nachdem ein erster von ihm im weiteren Rechtsgang erlassener Bescheid wegen eines Formfehlers im Instanzenzug behoben worden war, mit Bescheid vom 5. November 1971 die amtswegige Wiederaufnahme des Erstattungsverfahrens, hob seinen eigenen Bescheid vom 7. Juni 1966 auf und setzte die Grunderwerbsteuer abermals fest. Die gegen diese Entscheidung gerichtete Berufung der Beschwerdeführerin wies die Finanzlandesdirektion mit Bescheid vom 20. November 1972 insoweit ab, als sie die Anordnung der Wiederaufnahme betraf, gab ihr aber statt, soweit sie sich auf die neuerliche Geltendmachung des Abgabenanspruches bezog, weil richtigerweise nicht diese, sondern die neuerliche Absprache über das Erstattungsbegehren die das wieder aufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung hätte bilden müssen. Hierauf wies das Finanzamt mit Bescheid vom 11. Jänner 1973 den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erstattung der ihr mit Bescheid vom 27. Jänner 1965 vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer ab. Gleichermaßen wurde auch die Berufung gegen diesen Bescheid von der Finanzlandesdirektion, und zwar mit Bescheid vom 2. Mai 1973, abgewiesen. Dieser Bescheid wurde mit dem zweitgenannten der eingangs erwähnten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, weil sich die damals wie heute belangte Behörde zur Begründung ihrer Rechtsansicht, eine Änderung der Steuer komme gemäß § 20 des Grunderwerbsteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 140 in der im Beschwerdefall geltenden Fassung - d. i. gemäß Art. II der Grunderwerbsteuergesetz-Novelle 1969, BGBl. Nr. 277, in der Fassung dieses Gesetzes vor deren Inkrafttreten - (GrEStG), nicht in Betracht, ausschließlich auf die Annahme gestützt hatte, der Erwerbsvorgang vom 21. Dezember 1964 sei nicht aufgehoben, sondern die damals erworbene Liegenschaft von der Beschwerdeführerin unmittelbar an die C. Baugesellschaft m.b.H. weiterveräußert worden, diese Annahme aber das Ergebnis eines mit wesentlichen Mängeln behafteten Verfahrens bildete: aus dem angefochtenen Bescheid war nicht ersichtlich, welche Beweismittel herangezogen worden waren, es wurde nicht dargelegt, wann, wo und auf welche Art die Beschwerdeführerin einen Auftrag zur unmittelbaren Weiterveräußerung gegeben und wann diese, wie behauptet wurde, erklärt habe, nur an einer Weiterveräußerung der Liegenschaft, nicht aber daran interessiert gewesen zu sein, den Kaufvertrag wirklich rückgängig zu machen. Der Verwaltungsgerichtshof stellte anderseits gleichzeitig fest, eine Rechtsverletzung der Beschwerdeführerin sei dadurch nicht eingetreten, dass die Abgabenbehörde erster Instanz der Vorschrift des § 307 Abs. 1 BAO in dem auf Grund der Berufungsentscheidung vom 20. November 1972 fortgesetzten Verfahren nicht habe entsprechen und die das wieder aufgenommene Verfahren abschließende Sachentscheidung mit dem inzwischen bereits rechtskräftig gewordenen, die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheid ein zweites Mal nicht mehr habe verbinden können. Im nächsten Rechtsgang erließ nun die Finanzlandesdirektion ihren Ersatzbescheid vom 29. Oktober 1974, mit dem sie die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abwies. Es heißt dort, die Beschwerdeführerin habe auf eine zur Klärung des Sachverhaltes an sie gerichtete Anfrage angegeben, der beim Weiterverkauf erzielte Preis sei mit der Erstverkäuferin verrechnet worden, was nicht beweise, dass der Kaufvertrag rückgängig gemacht wurde; auch sei eine rechnerische Differenz unaufgeklärt geblieben. Davon abgesehen habe aber eine Steuerbegünstigung gemäß § 20 Abs. 5 GrEStG schon deswegen nicht gewährt werden können, weil der angeblich rückgängig gemachte Erwerbsvorgang seinerzeit nicht ordnungsgemäß angezeigt worden sei. Die nach § 18 Abs. 1 GrEStG vorgeschriebene Frist sei nämlich, wie die Beschwerdeführerin selbst zugegeben habe, um einen Tag überschritten und es sei auch der amtliche Abgabenerklärungsvordruck nicht verwendet worden. Da die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtskräftig sei, habe dieser Umstand bei der rechtlichen Beurteilung berücksichtigt werden dürfen. Dass die bezeichneten Rechtsfolgen auch schon bei einer geringfügigen Fristüberschreitung eintreten, habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19. Februar 1958, Slg. N.F.Nr. 1782/F, ausgesprochen.

Diesen Bescheid bekämpft die Beschwerdeführerin vor dem Verwaltungsgerichtshof und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachtet sich dabei, wie sie angibt, in dem Recht auf richtige Anwendung des § 20 GrEStG, der Bundesabgabenordnung, von deren Bestimmungen sie die §§ 167 Abs. 2, 251, 279 Abs. 2, 280, 303 Abs. 4 und 307 hervorhebt, sowie des § 63 VwGG 1965 verletzt.

Sie erhebt des näheren im wesentlichen zwei Vorwürfe: das fortgesetzte Verfahren sei weiterhin mangelhaft geblieben und verwehre nach wie vor die Annahme, der Kaufvertrag sei nicht wirklich rückgängig gemacht worden; die belangte Behörde habe ferner nicht das Recht gehabt, im fortgesetzten Verfahren ein neues Kriterium für die abschlägige Entscheidung heranzuziehen. Im einzelnen führt die Beschwerdeführerin aus, die auf wenige Zeilen beschränkte, völlig unzureichende Auseinandersetzung mit der Frage, ob der Kaufvertrag rückgängig gemacht worden sei, beziehe sich auf eine von der Beschwerdeführerin in einem mehrseitigen Schriftsatz der Behörde auf deren Vorhalt erteilte Antwort. Den daraus im angefochtenen Bescheid gezogenen Schluss müsse sie entschieden zurückweisen, weil die Rückgängigmachung des Kaufvertrages schließlich schriftlich beurkundet sei, sodass die Beweislast für die gegenteilige Behauptung nicht die Beschwerdeführerin, sondern die Abgabenbehörde treffe, die Vorhaltbeantwortung naturgemäß nur die konkret gestellten Fragen umfasst habe und schließlich im vorangegangenen Verfahren zahlreiche Argumente für die tatsächliche Rückgängigmachung des Kaufvertrages schon vorgebracht worden seien, mit denen sich die belangte Behörde überhaupt nicht befasst habe. Im Ergebnis zeige sich, dass dieser die Beweisführung in ihrem Sinn also endgültig misslungen sei. Obwohl demnach der Berufung der Beschwerdeführerin hätte stattgegeben werden müssen, habe die belangte Behörde nun ein neues Argument ins Spiel gebracht und ihre abweisliche Entscheidung damit begründet, dass der rückgängig gemachte Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß angezeigt worden wäre. Damit habe sie aber in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig gehandelt. Zum einen sei die Abgabenerklärung betreffend den Kaufvertrag vom 21. Dezember 1964 am 7. Jänner 1965 beim Finanzamt eingegangen. Da die Tage des Postenlaufes nicht eingerechnet würden, der 6. Jänner aber ein Feiertag war, sei damit noch nicht erwiesen, dass das mit 4. Jänner datierte Schreiben erst am 5. Jänner aufgegeben worden sei. Wenn die belangte Behörde behaupte, die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung vom 5. Februar 1965 selbst zugegeben, die Anzeige erst am 5. Jänner abgesendet zu haben, müsse sie dem entgegenhalten, dass das Rechtsmittel damals nicht von ihr selbst verfasst worden sei, sich daher keine Kopie in ihren Unterlagen befinde und durchaus ein sachliches Missverständnis vorliegen könne. Selbst wenn aber die Versäumung der Anzeigefrist erwiesen wäre, dürfte nicht übersehen werden, dass der bezügliche Sachverhalt dem Finanzamt bereits längst vor Erlassung des Bescheides vom 7. Juni 1966 über die Rückzahlung bekannt gewesen sei, wie sich aus der Vorschreibung eines Verspätungszuschlages ergeben habe. Dieser Umstand hätte daher auch nicht als Wiederaufnahmegrund dienen können; er sei auch in dem die Wiederaufnahme des Verfahrens verfügenden Bescheid vom 5. November 1971 nicht herangezogen worden. Nun dürften zwar im allgemeinen in der das wieder aufgenommene Verfahren abschließenden Sachentscheidung nicht nur die den Wiederaufnahmegrund bildenden Feststellungen berücksichtigt, sondern auch sonstige Änderungen im Verhältnis zum aufgehobenen Bescheid vorgenommen werden, es sei aber nicht zulässig, den für die Wiederaufnahme maßgebenden Grund im wieder aufgenommenen Verfahren durch einen andern zu ersetzen, der seinerseits für eine Wiederaufnahme gar nicht in Betracht gekommen wäre. Sonst könnte nämlich jederzeit ein Verfahren zunächst aus einem Scheingrund aufgenommen und sodann aus ganz anderen Erwägungen, etwa zufolge einer neuen rechtlichen Beurteilung mit einer entsprechenden Entscheidung abgeschlossen werden. In der Regel sei der Abgabepflichtige gegen einen derartigen Missbrauch zwar durch die gemäß § 307 Abs. 1 BAO vorgeschriebene Verbindung der Sachentscheidung mit der Entscheidung über die Wiederaufnahme geschützt, im konkreten Fall seien jedoch die beiden Entscheidungen zeitlich voneinander getrennt worden. Unter solchen Umständen wäre die belangte Behörde daher zur Abweisung der Berufung nur bei nachgewiesener materieller Richtigkeit des behaupteten Wiederaufnahmsgrundes berechtigt gewesen. Die Vorgangsweise der belangten Behörde verstoße auch gegen Treu und Glauben, weil es ihr rechtens verwehrt sein müsse, einen ihr unterlaufenen Fehler zum Nachteil der Partei zu berichtigen. Schließlich ergebe sich auch daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof in Kenntnis des ganzen Sachverhaltes die vermeintliche Fristversäumnis nicht zum Anlass genommen habe, die vorausgegangene Beschwerde ungeachtet der von ihm wahrgenommenen Verfahrensmängel im Bereich des die damals angefochtene Entscheidung allein tragenden Grundes abzuweisen, dass es der belangten Behörde versagt bleiben müsse, bei Misslingen der Beweisführung im Rahmen des geltend gemachten Wiederaufnahmsgrundes auf die angeblich nicht ordnungsgemäße Anzeige des Kaufvertrages zurückzugreifen.

Über die Beschwerde und die Gegenschrift der belangten Behörde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die angefochtene Berufungsentscheidung war zunächst am § 63 Abs. 1 VwGG 1965 zu messen. Danach sind die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid aufgehoben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Welche weiteren Schritte die belangte Behörde in dieser Richtung nach dem Ergehen des Erkenntnisses vom 4. Juli 1974 unternommen hat, um in dessen Entsprechung zu einem verfahrensrechtlich mängelfreien Ersatzbescheid zu gelangen, ist den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen. Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides und dem Vorbringen der Beschwerdeführerin wurde diese um Bekanntgabe der Höhe des bei der Weiterveräußerung der Liegenschaft erzielten Kaufpreises und um nähere Angaben dazu ersucht, wie ihrer Behauptung nach durch die angebliche Rückgängigmachung des Vertrages ein Schaden von S 400.000,-- hätte abgewendet werden können. Von der nach Darstellung der Beschwerdeführerin ausführlichen Beantwortung dieser Fragen wurde im angefochtenen Bescheid, der im übrigen auf die Stellungnahme nicht eingeht, lediglich die Angabe, die Verrechnung sei mit der ursprünglichen Verkäuferin erfolgt, herangezogen und in Verbindung mit einer als noch offen angesehenen rechnerischen Differenz als für sich allein unzureichender Beweis für den von der Beschwerdeführerin eingenommenen Standpunkt gewertet. Damit sind die für die Aufhebung des vorangegangenen Berufungsbescheides vom 2. Mai 1973 maßgebenden, im Erkenntnis vom 4. Juli 1974 im einzelnen bezeichneten Verfahrensmängel keineswegs diesmal vermieden worden. Im Text der Begründung selbst tritt der Widerspruch deutlich zu Tage: verlangt war ein ausreichender Beweis für die Richtigkeit der Feststellung der belangten Behörde; gerechtfertigt werden sollte deren Annahme indessen mit dem Misslingen eines Gegenbeweises, der seinerseits nicht einmal als solcher erkennbar ist. Hätte die belangte Behörde, wie im Bescheid vom 2. Mai 1973 geschehen, ihre Entscheidung neuerlich allein damit begründet, der Erwerbsvorgang vom 21. Dezember 1964 wäre nicht rückgängig gemacht worden, hätte dies zur Aufhebung auch des nun bekämpften Ersatzbescheides aus dem Grunde der Verletzung des § 63 Abs. 1 VwGG 1965 führen müssen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist jedoch die Behörde bei der Fällung eines Ersatzbescheides durch das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nur im Rahmen des seinerzeit angenommenen, und das ist des in der Entscheidung verwerteten Sachverhaltes und nur in den Fragen, zu denen der Verwaltungsgerichtshof eine Rechtsansicht geäußert hat, gebunden. Es war der belangten Behörde daher in dieser Hinsicht nicht verwehrt, gemäß § 289 Abs. 2 BAO den Fall von einem neuen Gesichtspunkt aus, auch wenn dies zusätzlich geschah, unter Heranziehung anderer Sachverhaltselemente zu beurteilen und den Ersatzbescheid auf weitere, zwar im Zeitpunkt der Erlassung des aufgehobenen Vorbescheides schon vorhandene, seinerzeit aber noch nicht verwertete Gründe zu stützen. (Siehe dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. März 1972, Zl. 2400/71, und vom 18. Juni 1974, Zl. 1244/73, und die dort angegebene Vorjudikatur.) Im Vorerkenntnis ist ausdrücklich auf § 20 GrEStG Bezug genommen worden, jene Gesetzesstelle, die die belangte Behörde zu Recht auch nun ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat; es wurde damals aber auch hervorgehoben, dass die belangte Behörde zur Begründung ihrer Rechtsansicht allein die - wie die Verfahrensmängel gezeigt haben, unbewiesene - Annahme verwertet hat, der Erwerbsvorgang vom 21. Dezember 1964 sei gar nicht rückgängig gemacht worden. Nur mit diesem entscheidungserheblichen Sachverhalt hat sich der Verwaltungsgerichtshof daher im erwähnten Vorerkenntnis auseinander gesetzt und hat in diesem Zusammenhang eine gemäß § 63 Abs. 1 VwGG 1965 für die Behörde verbindliche Rechtsanschauung geäußert. Zur Frage, ob sich unter Zugrundelegung eines anderen Sachverhaltselements unbedenklich dennoch dasselbe Ergebnis hätte erzielen lassen, zu dem die Behörde gelangt war, hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen keine Äußerung abgegeben. Eine solche war zur Aufhebung des damals angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht erforderlich. Die belangte Behörde konnte daher, was die eben beschriebene Bindung betrifft, den Anspruch der Beschwerdeführerin durchaus auch aus dem Grund verneinen, weil die Voraussetzungen des § 20 Abs. 5 GrEStG nicht erfüllt waren. Nach dieser Bestimmung galten unter anderem die Vorschriften der Abs. 1 bis 4 derselben Gesetzesstelle über die Nichterhebung und Rückvergütung der Grunderwerbsteuer nicht, wenn der rückgängig gemachte Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß angezeigt war. Den Sachverhalt in Bezug auf diese tatbestandsmäßige Voraussetzung zu bestimmen und zu verwerten, war die belangte Behörde aber auch nicht, wie die Beschwerdeführerin meint, durch die gesetzliche Regelung der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß §§ 303 ff BAO gehindert. lm wiederholt zitierten Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist festgehalten, dass die Frage der Wiederaufnahme des Verfahrens im Instanzenzug rechtskräftig im bejahenden Sinn entschieden worden ist - ob zu Recht oder Unrecht, blieb und bleibt dem Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen verwehrt -, sodass die belangte Behörde nach wie vor nur zu prüfen hatte, ob das Finanzamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf Abänderung der Steuer gemäß § 20 GrEStG berechtigterweise abgewiesen hat oder nicht. Mit der rechtskräftigen Wiederaufnahme des Verfahrens tritt nämlich der bisherige Bescheid zur Gänze und nicht nur soweit der Wiederaufnahmsgrund reicht, außer Kraft. In dem somit seinem Wesen nach uneingeschränkt wieder aufgenommenen Verfahren konnten auch Tatsachen verwertet werden, die selbst eine Wiederaufnahme des Verfahrens nicht gerechtfertigt hätten. (Vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Juni 1966, Zl. 1131/65, und vom 23. März 1971, Zl. 1754/69, samt den dort erwähnten Vorerkenntnissen. Dass im Beschwerdefall dabei die Wiederaufnahme des Verfahrens auf einen Grund gestützt wurde, der nach Ansicht der Beschwerdeführerin unzutreffend und in der Sache zumindest nach dem vorliegenden Verfahrensergebnis die abweisliche Berufungsentscheidung nicht zu rechtfertigen im Stande war, vermag die Rechtskraft des die Wiederaufnahme verfügenden Bescheides nicht zu beeinträchtigen. Die Beschwerdeführerin selbst war es, die durch die Unterlassung einer Anfechtung der Entscheidung der belangten Behörde vom 20. November 1972, mit welcher ihre Berufung gegen die Wiederaufnahme abgewiesen wurde, zu erkennen gegeben hat, diese künftig gegen sich gelten lassen zu wollen. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz ist somit auch in der eben erörterten Hinsicht gemäß § 289 Abs. 2 BAO berechtigt gewesen, im Spruch und in der Begründung ihre - nur durch § 63 Abs. 1 VwGG 1965 im beschriebenen Ausmaß beschränkte Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und den vor ihr angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern oder die Berufung als unbegründet abzuweisen. Sie hatte dabei gemäß §§ 279 Abs. 1 und 115 Abs. 1 BAO von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. Dies gilt auch für die Nichtfestsetzung oder Abänderung der Steuer. Somit war nur noch zu untersuchen, ob die im nun bekämpften Ersatzbescheid zusätzlich angeführte Begründung diesen allein zu tragen vermag. Die von der belangten Behörde herangezogene gesetzliche Vorschrift ist der § 20 Abs. 5 GrEStG. Es trifft zu, dass die Anzeige des rückgängig gemachten Erwerbsvorganges auch schon dann nicht ordnungsgemäß erfolgt ist, wenn sie nur geringfügig und versehentlich verspätet erstattet wurde. Die maßgebende Frist beträgt gemäß § 18 Abs. 1 GrEStG zwei Wochen und ist von der Verwirklichung des Erwerbsvorganges an zu berechnen. Da diese Frist allgemein gilt und im Gesetz keine Einschränkungen vorgesehen sind, genügt bereits die Überschreitung um einen einzigen Tag, um die Rechtzeitigkeit gemäß § 20 Abs. 5 GrEStG auszuschließen. (Im angefochtenen Bescheid wurde in diesem Zusammenhang zutreffend auf das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1958, Slg. N. F. Nr. 1782/F, hingewiesen.) Im Beschwerdefall ist der Erwerbsvorgang am 21. Dezember 1964 verwirklicht und mit einem am 4. Jänner 1965 verfassten Schreiben dem Finanzamt, bei dem dieses am 7. Jänner 1965 auf dem Postweg einlangte, angezeigt worden. Die zweiwöchige Frist lief am 4. Jänner 1965 - einem Montag - ab. Die Anzeige langte somit nach Ablauf der Frist bei der Abgabenbehörde ein, gemäß § 108 Abs. 4 BAO waren jedoch die Tage des Kostenlaufes in die Frist nicht einzurechnen. Entscheidend ist daher, ob das Schriftstück am 4. Jänner oder erst später zur Post gegeben wurde. Der in Betracht kommende Briefumschlag befindet sich nicht unter den Akten, sodass das Aufgabedatum nicht anhand des Poststempels überprüft werden kann. Bei den Akten liegt jedoch das als Berufung gewertete Schreiben der Beschwerdeführerin vom 5. Februar 1965, in dem sich diese auf den Bescheid vom 27. Jänner 1965 bezog, mit dem ihr ein Verspätungszuschlag vorgeschrieben worden war, und um Erlass dieses Zuschlages ersuchte. In diesem Schreiben heißt es unter anderem wörtlich:

"Da mein Betrieb über die Feiertage bis nach Neujahr gesperrt war, kam ich erst wieder am 4.1.1965 ins Büro. Am gleichen Tag machte ich die Anzeige an Sie unter Beischluss des Kaufvertrages fertig. Da wir bis 7.1. nur Journaldienst hatten, ging die Anzeige leider nicht mehr am gleichen, sondern erst am nächsten Tag an Sie ab. Aus dem geschilderten Sachverhalt sehen Sie, dass die Verspätung der Anzeige um einen Tag nur darauf zurückzuführen ist, dass Ihre Frist gerade in die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr fiel. Da es sich überdies bei dieser Verspätung ja nur um eine Ordnungswidrigkeit handelt, und auch dies nur in geringfügigem Ausmaß, darf ich Sie bitten, dies zu entschuldigen..." Das Schreiben ist von der Beschwerdeführerin eigenhändig unterfertigt. Da auf diese Weise die Verspätung von der Beschwerdeführerin selbst ausdrücklich zugegeben wurde, durfte die belangte Behörde unbedenklich und ohne dass es erforderlich war, der Beschwerdeführerin ihr eigenes Schriftstück vor Erlassung des Bescheides eigens in Erinnerung zu rufen, davon auszugehen, dass jener Erwerbsvorgang, von dem die Beschwerdeführerin angab, er sei rückgängig gemacht worden, selbst dann, wenn diese Angabe zuträfe, gemäß § 20 Abs. 5 GrEStG nicht rechtzeitig und somit nicht ordnungsgemäß angezeigt worden ist und daher eine Abänderung der Steuer gemäß § 20 Abs. 1 und 4 GrEStG - es handelt sich dabei um zwingendes Recht - nicht in Betracht kam. Hierdurch wurde auch der Grundsatz von Treu und Glauben von der belangten Behörde nicht verletzt, da dieser, soweit das Gesetz nicht anderes bestimmt, was hier nicht zutrifft, keinesfalls der Anwendung bindender Rechtsvorschriften entgegenstehen kann (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Juni 1974, Zl. 303/74), deren Anwendbarkeit als solche aber Folge der Rechtskraft der Wiederaufnahme des Verfahrens war, die ihrerseits unter voller Wahrung des Mitwirkungsrechtes der Beschwerdeführerin als Partei eingetreten ist. Durch die im Ergebnis somit gerechtfertigte Abweisung der Berufung der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid vom 29. Oktober 1974 sind deren subjektive Rechte bei der gegebenen Rechts- und Sachlage daher nicht verletzt worden.

Die Beschwerde erweist sich deshalb als unbegründet und war sohin gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

Soweit in den vorstehenden Ausführungen auf frühere, nicht in der Amtlichen Sammlung veröffentlichte Erkenntnisse verwiesen ist, wird an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, erinnert.

Der Zuspruch von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965 und der Verordnung BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am 18. Juni 1976

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1976:1974002241.X00

Im RIS seit

18.06.1976

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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