TE Vwgh Erkenntnis 1976/10/18 1280/76

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Veröffentlicht am 18.10.1976
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1852 §2 Abs1;
ForstG 1852 §2 Abs3;
ForstG 1975 §12 lita impl;
ForstRBG 1962 §86 Abs3;
VStG §5 Abs1 impl;

Beachte

Siehe:2083/76 E 3. Februar 1977 Fortgesetztes Verfahren:2663/76 E 28. Februar 1977;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Knoll, Dr. Leibrecht, Dr. Hoffmann und DDr. Hauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungsoberkommissär Dr. Oswald, über die Beschwerde des SS in I, vertreten durch Dr. Hans Knitel, Rechtsanwalt in Innsbruck, Fallmerayerstraße 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 23. April 1976, Zl. IIIa2- 462/3, betreffend Verhängung einer Verwaltungsstrafe wegen Übertretung des Forstgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 600,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Stadtmagistrates Innsbruck vom 21. Juli 1975 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, in Innsbruck Paschberg auf der Gp. n/1, KG X, ohne im Besitz einer hiefür erforderlichen Rodungsbewilligung zu sein, auf Waldgrund eine Sommerhütte errichtet, dadurch trotz einschlägiger Bestrafung vom 24. Juli 1974, Zl. I-7346/74, den Waldgrund der Holzzucht entzogen und dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 2 Reichsforstgesetz, RGBl. Nr. 250/1852 (im folgenden kurz als "Forstgesetz" bezeichnet), begangen zu haben. Gemäß § 2 des Forstgesetzes in Verbindung mit § 86 Abs. 3 Forstrechts-Bereinigungsgesetz, BGBl. Nr. 222/1962, wurde gegen den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 6.000,--, im Falle der Uneinbringlichkeit an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von einer Woche verhängt. In der Begründung des Straferkenntnisses wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe, wie von ihm selbst unbestritten belassen, auf der Gp. n/1, KG X, ein Bauwerk auf Waldgrund errichtet, ohne im Besitz einer hiezu erforderlichen behördlichen Rodungsbewilligung zu sein. Es sei im gegenständlichen Fall unerheblich, ob das vom Beschwerdeführer errichtete Bauwerk als Sommerhütte oder als Bienenhaus eingestuft werde, von Bedeutung sei einzig und allein die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nicht im Besitze der erforderlichen Rodungsbewilligung gemäß § 2 Forstgesetz gewesen sei, weshalb der Tatbestand in objektiver Hinsicht zweifelsfrei erfüllt sei. Auf der subjektiven Tatseite ergäben sich keine Bedenken, zumal der Beschwerdeführer bereits einschlägig vorbestraft sei. Außerdem sei darauf hinzuweisen, dass das Ansuchen des Beschwerdeführers um die Rodungsbewilligung nicht die fehlende Bewilligung ersetzen könne, geschweige denn den Beschwerdeführer zur Errichtung eines Bauwerkes berechtige. In Anbetracht sämtlicher Umstände erscheine sohin die spruchgemäß verhängte Strafe der Schuld angemessen, wobei bei der Strafbemessung einerseits das Geständnis des Beschwerdeführers als mildernd, andererseits die einschlägige Vorstrafe sowie der Umstand, dass der Beschuldigte trotz Einstellung des Baues das Bauwerk fertig gestellt habe, als erschwerend berücksichtigt worden sei.

In der dagegen eingebrachten Berufung führte der Beschwerdeführer im wesentlichen aus, er habe um die Rodungsbewilligung angesucht, die ihm jedoch nicht erteilt worden sei. Gegen die Versagung der Rodungsbewilligung habe der Beschwerdeführer Berufung erhoben, die derzeit behänge. Es sei im übrigen schon vor Jahren für die Rodung der Gp. n1 eine zeitlich unbegrenzte Rodungsbewilligung erteilt worden. Eine Wiederaufforstung sei von Seiten der Behörde nie vorgeschrieben worden. Die Gp. n1 sei nicht Wald, sondern Steinbruch. Dem Beschwerdeführer stehe auch heute das Recht zu, auf dieser Parzelle Steine zu brechen. Bei dem Bauwerk handle es sich nicht um ein Sommerhaus, sondern um ein Bienenhaus, das der Imkerei diene. Durch die Errichtung des Bienenhauses sei kein Waldgrund der Holzzucht entzogen worden; das Bienenhaus stehe auf einer Schotterhalde, die ohne jeden Bewuchs sei. Es sei nicht einmal ein Strauch, geschweige ein Baum zur Errichtung des Bienenhauses gefällt worden. Darüber hinaus sei das Bienenhaus bereits im Sommer 1974 errichtet worden. Der Entziehungsakt sei eine einmalige Handlung und nicht ein Dauerzustand, sodass wegen der Entziehung infolge Verjährung eine Bestrafung unzulässig sei.

Nachdem die belangte Behörde auf Grund dieses Vorbringens ein Gutachten des Forsttechnikers der Erstbehörde eingeholt hatte und dieses dem Beschwerdeführer zur Kenntnis und Stellungnahme übermittelt hatte, wies sie die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe die im Gesetz gesetzte Frist zur Erstattung einer Äußerung ungenützt verstreichen lassen, sodass über das Berufungsbegehren auf Grund der Aktenlage zu entscheiden sei. Zum Einwand des Eintrittes der Verfolgungsverjährung sei dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass es sich bei einer unbefugten Rodung deshalb um ein Dauerdelikt handle, weil nicht nur das Entfernen des auf Waldgrund vorhandenen Baumbestandes unter diesen Begriff zu subsumieren sei, sondern auch die Verwendung solchen Grundes zu anderen Zwecken als jenen der Holzzucht. Solange daher auf Waldboden ein Bauwerk stehe, gelte der betreffende Grund als der Holzzucht entzogen. Demnach dauere auch der strafbare Tatbestand solange an, bis der Grund wiederum der Holzzucht zugeführt werde, was bei einem Bauwerk nur durch Abbruch desselben geschehen könne. Auf den Einwand, der Baufläche komme nicht Waldcharakter zu, sei zu erwidern, dass die Gp. n1 nicht nur dem Kataster, sondern auch ihrer natürlichen Beschaffenheit nach als Waldgrund zu qualifizieren sei. Diese Grundfläche sei, wie der eingeholten Stellungnahme zu entnehmen sei, zu etwa einem Drittel mit rund 25- jährigen Fichten und Kiefern sowie verschiedenen Laubhölzern bestockt und weise örtlich mit Stauden besetzte Blößen auf. Zu rund zwei Drittel sei diese Parzelle mit einem angehend schlagbaren Fichten- und Kiefernbestand bestockt. Der durchschnittliche Bestockungsgrad betrage 0,7, die absolute Bonität 8,0. Es sei daher davon auszugehen, dass die vom Beschwerdeführer in Anspruch genommene Fläche Waldgrund im Sinne der einschlägigen forstrechtlichen Bestimmungen sei. Für die Behauptung, dass bereits vor Jahren einmal für gegenständliche Flächen eine Rodungsbewilligung erteilt worden wäre, sei der Beschwerdeführer den Nachweis schuldig geblieben. Eine solche Bewilligung läge bei der Behörde auch nicht auf. Es sei daher davon auszugehen gewesen, dass der Beschuldigte die Hütte auf Waldgrund errichtet habe. Auf die Strafbarkeit nicht von Einfluss sei die Art des auf Waldgrund ohne Rodungsbewilligung errichteten Objektes. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer auf besagter Fläche eine Sommerhütte oder ein Bienenhaus errichtet habe. Denn auch für letzteres bedürfe es der vorübergehenden Entlassung des betroffenen Grundstückes aus dem Forstzwang. Schließlich vermöge den Beschwerdeführer aber auch das Argument, dass an der Stelle, auf der die Hütte stehe, kein Baum gestanden sei, nicht zu entlasten; denn vorhandene Bestandslücken nehmen einer Fläche, die als Wald einzustufen sei, die Qualifikation als Wald nicht.

Über die dagegen eingebrachte Beschwerde, und über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vor, er habe entgegen der Darstellung im angefochtenen Bescheid eine Stellungnahme zur Äußerung der Forsttechniker eingebracht. Weder der Umstand, dass seine Stellungnahme nach Ablauf der ihm im Rahmen des Parteiengehörs gewährten Frist, noch der Umstand, dass seine Äußerung im Berufungsverfahren über sein Ansuchen um Rodungsbewilligung bei der gleichen Behörde abgegeben worden sei, könne ihm zum Nachteil gereichen, weil auch eine verspätet eingelangte Stellungnahme von der belangten Behörde bis zur Erlassung des Bescheides zu berücksichtigen sei und die Behörde als Ausfluss des Grundsatzes der Amtswegigkeit und der materiellen Wahrheit alle ihr bekannten Umstände bei der Feststellung des Sachverhaltes zu berücksichtigen habe. Hätte die belangte Behörde seine Stellungnahme berücksichtigt, dann hätte sie erkennen müssen, dass es sich bei der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft nicht um einen Waldgrund handle, sondern um einen Steinbruch, und daher keine Rodung und auch kein Verstoß gegen forstrechtliche Bestimmungen erfolgt sei. Sie hätte daher zu einem anderen Bescheid kommen können. Inhaltlich rechtswidrig sei der angefochtene Bescheid, da für die Errichtung des Bienenhauses (eine 20 m2 große Fläche) kein Baum und kein Strauch entfernt werden musste, da die Stelle, auf der das Bienenhaus stehe, eine Schotterhalde sei. Der Beschwerdeführer habe daher keinen Waldgrund der Holzzucht entzogen. Selbst wenn man die Auffassung vertrete, der Beschwerdeführer habe Waldgrund der Holzzucht entzogen, so könne die Tatsache der Entziehung von Waldgrund der Holzzucht nicht unabhängig davon beurteilt werden, ob dieser Waldgrund beispielsweise für Zwecke der Land- und Forstwirtschaft (wie z.B. der Imkerei), der Jagdwirtschaft oder einen zu anderen Zwecken wie z.B. einen Steinbruch verwendet werde. Folge man der Auffassung der belangten Behörde, so müssten für Wildfütterungsstellen ebenfalls Rodungsansuchen gestellt werden.

Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten, dass auch eine nach Ablauf der ihm im Rahmen des Parteiengehörs festgelegte Frist abgegebene Stellungnahme von der Behörde solange zu berücksichtigen ist, als der Bescheid noch nicht erlassen ist. Wie sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt, hat der Beschwerdeführer tatsächlich gegen das von der belangten Behörde im Berufungsverfahren eingeholte und ihm vorgehaltene Gutachten des forsttechnischen Sachverständigen der Erstbehörde zur Frage, ob die Gp. n1, KG X, Waldboden darstelle oder nicht, keine Äußerung abgegeben. Vielmehr hat der Beschwerdeführer nur zu jenem von der belangten Behörde von der Landesforstdirektion eingeholten Gutachten im Berufungsverfahren, betreffend Abweisung seines Rodungsansuchens für die genannte Parzelle, eine Äußerung abgegeben, in der er schließlich auch den Antrag stellte, seine beantragte Rodung zu bewilligen. Aber selbst bei Annahme einer Verpflichtung der belangten Behörde, sich mit dieser Äußerung im Strafberufungsverfahren auseinander zu setzen, wäre die belangte Behörde zu keinem anderen Bescheid gekommen; denn gemäß § 2 Abs. 1 erster Satz Forstgesetz darf ohne Bewilligung kein Waldgrund der Holzzucht entzogen und zu anderen Zwecken verwendet werden. Nach § 2 Abs. 3 des Forstgesetzes im Zusammenhalt mit § 86 Abs. 3 des Forstrechts-Bereinigungsgesetzes vom 12. Juli 1962, BGBl. Nr. 222, ist die eigenmächtige Verwendung des Waldgrundes zu anderen Zwecken zu bestrafen. Die Beschwerdebehauptung, dass es sich bei der Gp. n1, KG X, um keinen Wald handle, ist unberechtigt. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer im Verfahren vor der ersten Instanz gegen die Annahme, es handle sich bei der genannten Parzelle um Waldgrund, nichts vorgebracht hat, hat der im Berufungsverfahren angehörte forsttechnische Amtssachverständige in überzeugender Weise dargelegt, dass es sich um einen Waldgrund handle. Dem ist der Beschwerdeführer bloß mit der Behauptung entgegengetreten, dass für die Aufstellung des Bienenhauses keine Bäume, ja nicht einmal Sträucher geschlägert werden mussten, weil auf dieser Fläche seit der Jahrhundertwende kein Wald gewachsen sei. Der Platz auf welchem das Bienenhaus stehe, sei derart steil und "schrofig", dass auch durch jahrzehntelangen Anflug kein Bewuchs habe entstehen können. Dieses Vorbringen vermag an dem im Ermittlungsverfahren festgestellten Charakter der Liegenschaft als Waldgrund nichts zu ändern, weil die Befreiung vom Forstzwang nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1932, Slg. Nr. 17.037, und vom 21. Mai 1963, Zl. 859/62) nur auf Grund einer behördlichen Bewilligung, nie aber durch eine eigenmächtige Handlung oder Unterlassung erzwungen werden kann. Dem Einwand des Beschwerdeführers, dass für die Errichtung des Bienenhauses auf seinem Waldgrundstück keine Waldbäume entfernt werden mussten und somit auch kein Wald der Holzzucht entzogen werden konnte, ist entgegenzuhalten, dass zu einem Waldgrund nach § 2 Abs. 1 des Forstgesetzes auch jene Grundteile zählen, die zwischen Bäumen und in Waldlichtungen (§ 3 Abs. 2 des Forstgesetzes) liegen. Die Behörde hat daher zu Recht als erwiesen angenommen, dass der Beschwerdeführer durch die Errichtung einer Bienenhütte ohne Bewilligung Waldgrund der Holzzucht entzogen hat. Auf die Größe des Bauwerkes kommt es dabei, da dem Gesetz in dieser Hinsicht nichts zu entnehmen ist, nicht an. Damit ist aber erwiesen, dass der Beschwerdeführer der vorgenannten Bestimmung des Forstgesetzes zuwidergehandelt hat. Wenn der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren und in der Beschwerde darauf hinweist, dass das Bienenhaus nur Zwecken der Land- und Forstwirtschaft, nämlich der Imkerei, diene, so ist ein solches Vorbringen möglicherweise geeignet, ein Ansuchen um Rodungsbewilligung zu begründen, nicht aber darzutun, dass der gesetzliche Tatbestand nicht verwirklicht ist.

Wildfütterungsstellen sind mit einem Bienenhaus nicht vergleichbar.

     Da die Beschwerde sich sohin in allen Punkten als unbegründet

erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.

     Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47

und 48 Abs. 2 lit. a und b VwGG 1965 und auf Art. I Abschnitt B

Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom

19. Dezember 1974, BGBl. Nr. 4/1975.

Wien, am 18. Oktober 1976

Schlagworte

Andere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1976:1976001280.X00

Im RIS seit

18.10.1976

Zuletzt aktualisiert am

10.06.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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