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L66507 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
AVG §45 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer, Senatspräsident Dr. Knoll und die Hofräte Dr. Leibrecht, Dr. Hoffmann und DDr. Hauer als Richter, im Beisein der Schriftführer Regierungsoberkommissär Dr. Oswald und Dr. Jisa, über die Beschwerde des JW in O, vertreten durch Dr. Johann Heis, Rechtsanwalt in Innsbruck, Anichstraße 10/I, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 1. Juli 1976, Zl. LAS-56/45, betreffend Zusammenlegung O-Ausscheidung, nach der am 20. Dezember 1976 durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Anführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Josef Heis, und des Vertreters der belangten Behörde, Oberregierungsrat Dr. Walter Kastlunger, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.708,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom 26. September 1967 wurde das Zusammenlegungsverfahren in der Katastralgemeinde O eingeleitet. In dieses Zusammenlegungsverfahren wurden unter anderem die in den Liegenschaften EZ. nn I (geschlossener Hof Z) und EZ. nnn II der Katastralgemeinde O vorgetragenen Grundstücke, deren Eigentümer der Beschwerdeführer ist, einbezogen. Mit Bescheid vom 14. Mai 1971 hat die Agrarbehörde erster Instanz den Plan der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen, zweiter Teil, gemäß § 16 Tiroler Flurverfassungslandesgesetz LGBl. Nr. 34/1969 (TFLG 1969) erlassen. Ein Weg wurde unmittelbar entlang des westlichen Teiles der Hofstelle des Beschwerdeführers, Bp. nn/1, geplant und in der Zwischenzeit auch errichtet.
Am 10. Dezember 1975 beantragte der Beschwerdeführer beim Amt der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz, den Hofraum Bp. nn/1, die Gp. nnn/1, Gp. nnn und allenfalls noch andere Grundstücke, die keine land- und forstwirtschaftlichen sind, aus dem Zusammenlegungsgebiet auszuscheiden. Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom 22. Jänner 1976, Zl. III b 2-ZH-210/83, wurde der Antrag gemäß § 4 TFLG 1969 abgewiesen, im wesentlichen mit der Begründung, dass diese Grundstücke landwirtschaftlich genutzt würden. Die dagegen vom Beschwerdeführer eingebrachte Berufung wurde mit Erkenntnis des Landesagrarsenates vom 1. Juli 1976 als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, dass diese Parzellen der Zusammenlegung unterzogen werden müssten. Die Bp. nn/1 stelle die Hofstelle des Berufungswerbers dar. Wie anlässlich eines Lokalaugenscheines am 28. Mai 1976 festgestellt worden sei, handle es sich bei dieser Bauparzelle um die Hofstelle des Landwirtschaftsbetriebes des Beschwerdeführers. Sie sei mit dem Durchfahrts- und Durchgangsrecht zu Gunsten der Bp. nn Katastralgemeinde O belastet. Dies stelle sicherlich für die Eigentümer der Bp. nn/1 eine Beeinträchtigung in der Bewirtschaftung dieser Bauparzelle dar. Es sei ein wesentlicher Zweck einer Zusammenlegung, solche hemmende Durchfahrtsrechte aufzuheben (§ 25 TFLG 1969) und sie durch zweckmäßige öffentliche Zufahrten zu ersetzen. Schon daraus ergebe sich, dass es nicht richtig wäre, diese Bauparzelle aus der Zusammenlegung O auszuscheiden. Die Gp. nnn und ein Großteil der Gp. nnn/1 seien in der Natur Obstgärten. Die darauf stehenden Gebäude (Schupfen u.dgl.) hätten derzeit keine entsprechenden Grenzabstände von den Nachbargrundstücken. Sie sollten daher im Rahmen des Zusammenlegungsverfahrens umgeformt werden. Daraus sei ersichtlich, dass die vorgenannten Grundparzellen für die Zusammenlegung O nach wie vor benötigt würden und deren Ausscheidung daher wirtschaftlich nicht gerechtfertigt erscheine. Der Berufungswerber vermeine, dass die Bp. nn/1 und die Grundparzellen nnn/1 und nnn überhaupt nicht in die Zusammenlegung O einbezogen hätten werden dürfen, weil es sich bei diesen Grundstücken nicht um landwirtschaftliche Grundstücke im Sinne des § 1 TFLG 1969 handle. Die Bp. nn/1 stelle aber die Hofstelle des Beschwerdeführers mit Hofraum dar und sei daher eindeutig ein landwirtschaftliches Grundstück. Die Gp. nnn im Ausmaß von 888 m2 werde derzeit als Obstgarten genutzt und vom Beschwerdeführer nach dessen eigenen Angaben als Auslauf für die Kälber und Stiere benützt. Schon aus der Nutzung und Verwendung dieser Grundparzelle sei daher eindeutig zu erkennen, dass es sich bei dieser ebenfalls um ein landwirtschaftliches Grundstück handle. Die Gp. nnn/1 mit
1.486 m2 werde derzeit auch landwirtschaftlich genutzt. Anlässlich des Lokalaugenscheines durch eine Abordnung des Landesagrarsenates sei auf dieser Parzelle gerade der erste Schnitt getätigt worden. Es sei richtig, dass auf dem östlichen Teil dieser Parzelle ein Zweifamilienhaus, das davon eine Grundfläche von zirka 120 m2 beanspruche, errichtet worden sei. Der restliche nicht verbaute Teil der Gp.nnn/1 habe nur eine Tiefe von 14 m und sei daher kaum verbaubar. Nach der bisherigen Nutzung des größten Teiles der Gp. nnn/1 müsse daher auch diese als landwirtschaftlich genutztes Grundstück angesehen werden. Zur Behauptung des Beschwerdeführers, dass alle diese Grundstücke nach dem Flächenwidmungsplan der Gemeinde O Mischgebiet im Sinne des § 14 Tiroler Raumordnungsgesetz seien, sei zu sagen, dass nach den von der Behörde getroffenen Feststellungen derzeit für die Gemeinde O kein Flächenwidmungsplan existiere und auch ein Verbauungsplan nach der alten Tiroler Landesbauordnung nie erlassen worden sei. Die Behauptungen des Beschwerdeführers von einem landwirtschaftlichen Mischgebiet seien daher verfehlt.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Hierüber sowie über die von der belangten Behörde eingebrachte Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die Einbeziehung der genannten Grundstücke, die nach seiner Ansicht Baugrundstücke seien, in seinen Rechten deshalb verletzt, weil in das Zusammenlegungsgebiet lediglich land- und forstwirtschaftliche Grundstücke einbezogen werden dürften. Dies ergebe sich sowohl aus Art. I § 4 Abs. 8 erster Satz BGBl. Nr. 103/1967, mit dem das Flurverfassungs-Grundsatzgesetz 1951 abgeändert worden sei, als auch aus den §§ 1 und 15 Abs. 3 TFLG 1969. Wenn auch noch kein rechtskräftiger Flächenwidmungsplan vorliege und die Gemeinde O auch in früherer Zeit keinen Verbauungsplan erlassen habe, so sei die Widmung eines Grundstückes als Bauland nach seiner Lage und Erschließungsmöglichkeit zu beurteilen. Da diese Kriterien gegeben seien und die Grundstücke sich inmitten des bebauten Gebietes der Gemeinde befänden und schließlich auf einem Teil der Gp. nnn/1 ein Zweifamilienhaus errichtet worden sei, müssten diese Grundstücke als Baugebiet bezeichnet werden. Da Baugrundstücke gar nicht in das Zusammenlegungsgebiet einbezogen werden dürften, ergebe sich der zwingende Schluss, dass sie über Antrag eines Eigentümers ausgeschieden werden müssen, da gemäß § 4 Abs. 2 TFLG 1969 Grundstücke, die zur Erreichung des Verfahrenszieles nicht benötigt würden, aus dem Zusammenlegungsgebiet mit Bescheid auszuscheiden seien.
Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides ist nicht gegeben. Gemäß § 2 Abs. 2 TFLG 1969 sind nämlich Gegenstand der Zusammenlegung alle im Zusammenlegungsgebiet liegenden Grundstücke (einbezogene Grundstücke). Diese gliedern sich in die der Zusammenlegung unterzogenen Grundstücke, das sind Grundstücke im Sinne des § 1 Abs. 3 und nicht land- und forstwirtschaftliche Grundstücke im Sinne des § 15 Abs. 3, sowie in die in Anspruch genommenen Grundstücke, das sind nicht land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, die im Rahmen der Neuordnung nur für Grenzänderungen oder für die Herstellung gemeinsamer Anlagen benötigt werden. § 1 Abs. 3 TFLG 1969 umschreibt den Begriff des "landwirtschaftlichen Grundstückes" wörtlich gleich wie § 1 Abs. 3 des Flurverfassungs-Grundsatzgesetzes (FGG), wonach nicht nur jene Grundstücke, die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Erzeugung von Pflanzen, ihrer Bringung oder ihrer Verwendung dienen, sondern auch die Wohn- und Wirtschaftsgebäude samt Hofraum sowie Grundstücke, die ohne erheblichen Aufwand diesem Zweck zugeführt werden können, land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke sind. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich bereits, dass entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers auch Baugrundstücke in ein Zusammenlegungsgebiet zu Recht einbezogen werden dürfen. Hingegen bindet § 15 Abs. 3 TFLG 1969, der im wesentlichen mit § 4 Abs. 8 erster Satz FGG übereinstimmt, die Unterziehung der nicht land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke sowie die Verlegung von Hofstellen an eine Zustimmung der Eigentümer, abgesehen von den im § 15 Abs. 4 TFLG 1969 statuierten Ausnahmen. Auch daraus ergibt sich, dass Hofstellen und nicht land- und forstwirtschaftliche Grundstücke ohne Zustimmung des Eigentümers in das Zusammenlegungsgebiet einbezogen werden können. Auch der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 12. Juni 1976, B 274/75, zum Ausdruck gebracht, dass auch die Einbeziehung von als Bauland gewidmeten oder als solche geeigneten Grundstücke in ein Zusammenlegungsverfahren eine Maßnahme auf dem Gebiet der Landeskultur sein kann, die die gegebenen Bodenbenützungs-, Benützungs- oder Bewirtschaftungsverhältnisse den geänderten sozialen oder wirtschaftlichen Anschauungen und Bedürfnissen entsprechend einer planmäßigen Neuordnung oder Regulierung unterziehen will. Es kann demnach auch nicht dem vom Berufungswerber gezogenen Schluss gefolgt werden, dass Baugrundstücke zur Erreichung der Verfahrensziele nicht benötigt werden und wegen ihrer Eigenschaft gemäß § 4 Abs. 2 TFLG 1969 auszuscheiden sind.
Die in das Zusammenlegungsverfahren einbezogenen Grundstücke des Beschwerdeführers werden von ihm, wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt und vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten wurde, im Rahmen seines Landwirtschaftsbetriebes landwirtschaftlich genutzt. Es ist daher der belangten Behörde beizupflichten, wenn sie die Grundstücke als "landwirtschaftliche Grundstücke" im Sinne des § 1 Abs. 3 TFLG 1969 qualifiziert hat. Diese Bestimmung stellt nämlich nur darauf ab, ob die Grundstücke tatsächlich im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Erzeugung von Pflanzen, ihrer Bringung oder ihrer Verwertung dienen oder ob die Grundstücke ohne erheblichen Aufwand diesen Zwecken zugeführt werden können.
Bei dieser rechtlichen Situation kann der belangten Behörde auch nicht der Vorwurf gemacht werden, dass sie es unterlassen habe, ein Ermittlungsverfahren darüber durchzuführen, ob auch andere, dem Beschwerdeführer gehörende, nicht land- und forstwirtschaftliche Grundstücke aus dem Zusammenlegungsverfahren auszuscheiden seien.
Der Beschwerdeführer erblickt in dem Umstand, dass er nach der Einleitung des Zusammenlegungsverfahrens auf der Gp. nnn/1 KG O ein Zweifamilienhaus auf Grund einer Bewilligung der Baubehörde errichtet habe, einen Beweis dafür, dass es sich bei dieser Parzelle um ein Baugrundstück handle, das zur Erreichung des Verfahrenszieles nicht benötigt werde. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass nach der Kundmachung des Bescheides über die Einleitung der Zusammenlegung, die in der Zeit vom 14. Oktober bis 6. November 1967 in der Gemeinde O erfolgte, bis zur Rechtskraft des Zusammenlegungsplanes die einbezogenen Grundstücke nur mit Bewilligung der Agrarbehörde anders als bisher genutzt werden durften. Eine solche Bewilligung lag aber nach der Aktenlage nicht vor. Die Bewilligung der Baubehörde vom 2. November 1971 allein verursachte dem Beschwerdeführer noch keinen Rechtsanspruch im Sinne des § 4 Abs. 2 TFLG 1969 darauf zu verschaffen, dass das Ganze Grundstück Nr. nnn/1, auf dem das Zweifamilienhaus errichtet worden war, aus dem Zusammenlegungsverfahren ausgeschieden werde.
Was schließlich den Vorwurf der Nichtbeiziehung des Beschwerdeführers zur örtlichen Erhebung durch Mitglieder des Landesagrarsenates anlangt, ist zu bemerken, dass das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz eine Beweisaufnahme in Gegenwart einer Partei nicht zwingend vorschreibt (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Mai 1967, Zl. 25/67). Wohl aber ist gemäß § 45 AVG 1950 das Ergebnis der Partei zur Kenntnis zu bringen und ihr Gelegenheit zu geben, sich hiezu zu äußern. Dies ist aber geschehen. Der Vertreter des Beschwerdeführers hat nämlich am 28. Juni 1976 in den Akt Einsicht und das ergänzte Ermittlungsverfahren zur Kenntnis genommen, das übrigens in der mündlichen Verhandlung nochmals dargelegt wurde, wobei dem Beschwerdeführer Gelegenheit geboten war, dazu Stellung zu nehmen.
Da die Beschwerde sich sohin in allen Punkten als unbegründet erwies, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 lit. a bis d VwGG 1965 sowie Art. I B Z. 4 bis 6 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 19. Dezember 1974, BGBl. Nr. 4/1975.
Wien, am 24. Februar 1977
Schlagworte
Parteiengehör Unmittelbarkeit Teilnahme an BeweisaufnahmenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1977:1976002035.X00Im RIS seit
25.08.2003Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008