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10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1Leitsatz
Durch einen späteren Bescheid verminderte Zahlungsvorschreibung gem. §49 Sbg. KAO iVm. §1 Z4 Sbg. KrankenanstaltenV; hinsichtlich des Differenzbetrages Aufhebung der Zahlungsverpflichtung; hichsichtlich des verminderten Betrages Wiederholung der Vorschreibung - Beseitigung des früheren Bescheides aus dem Rechtsbestand; Mangel eines BeschwerdegegenstandesSpruch
1. Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 6. August 1986 richtet, zurückgewiesen.
2. ...
Gemäß Art140 B-VG wird die Verfassungsmäßigkeit des §49 Abs3 der Salzburger Krankenanstaltenordnung 1975, LGBl. Nr. 97/1975, von Amts wegen geprüft.
Das Verfahren über die Beschwerde gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 14. August 1986 wird nach der Entscheidung im Gesetzesprüfungsverfahren fortgesetzt werden.
Begründung
Begründung:
1.1. Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 6. August 1986 wurde der Gemeinde Salzburg-Stadt gemäß §49 Abs2 bis 4 der Salzburger Krankenanstaltenordnung 1975, LGBl. 97 idgF (künftig: KAO), iVm §1 Z4 der V der Salzburger Landesregierung vom 6. Dezember 1983 zur Festlegung der Beitragsbezirke und Krankenanstaltensprengel für die öffentlichen Krankenanstalten im Land Salzburg, LGBl. 103/1983 (künftig: KAVO), ein Betrag von S 2,665.308,-- als Beitrag zum Betriebsabgang 1985 des Kardinal Schwarzenberg'schen a.ö. Krankenhauses Schwarzach i.Pg. (künftig: Krankenhaus Schwarzach) zur Zahlung innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides vorgeschrieben.
1.2. Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 14. August 1986 wurde der Bescheid vom 6. August 1986 dahin abgeändert, daß der Beitrag der Gemeinde Salzburg-Stadt auf S 2,573.161,-- vermindert wurde; der berichtigte Betrag sei innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides zur Einzahlung zu bringen.
2. Gegen beide Bescheide richtet sich die vorliegende, gemäß Art144 Abs1 B-VG erhobene Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht, die Gesetzwidrigkeit der KAVO sowie die Verfassungswidrigkeit der KAO behauptet und die Aufhebung der angefochtenen Bescheide vom 6. August und vom 14. August 1986 beantragt wird.
3. Zur Beschwerde gegen den Bescheid vom 6. August 1986:
Mit dem Bescheid vom 6. August 1986 wurde der Gemeinde Salzburg-Stadt zunächst die Zahlung eines Betrages von S 2,665.308,-- als Beitrag zum Betriebsabgang 1985 des Krankenhauses Schwarzach für das Jahr 1986 zur Zahlung vorgeschrieben, mit Bescheid vom 14. August 1986 jedoch dieser Bescheid "insofern abgeändert, indem der Beitrag der do. Gemeinde nunmehr auf S 2,573.161,-- vermindert wird". Der veränderte Betrag wurde zur Zahlung innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheides vorgeschrieben.
Dem Bescheid vom 14. August 1986 kommt somit offenkundig die Wirkung zu, daß die Zahlungsverpflichtung der Gemeinde Salzburg-Stadt hinsichtlich des Differenzbetrages, um den sich die Vorschreibung vermindert, aufgehoben wird; hinsichtlich des verminderten Betrages wird die Vorschreibung wiederholt, wobei nach dem Wortlaut und dem Sinn der Erledigung vom 14. August 1986 dieser Bescheid an die Stelle des Bescheides vom 6. August 1986 tritt. Damit wurde der Bescheid vom 6. August 1986 aus dem Rechtsbestand endgültig beseitigt. Für die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde mangelt es somit an einem Beschwerdegegenstand.
Die Beschwerde ist daher, soweit sie sich gegen den Bescheid vom 6. August 1986 richtet, zurückzuweisen.
Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953 ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
4. Zur Beschwerde gegen den Bescheid vom 14. August 1986:
...
4.1. Im Zuge der Beratungen über die - vorläufig für zulässig erachtete - Beschwerde gegen den Bescheid vom 14. August 1986 sind im VfGH Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des Abs3 des §49 der Salzburger Krankenanstaltenordnung 1975, LGBl. 97/1975, entstanden. Er hat daher gemäß Art140 Abs1 B-VG beschlossen, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung dieser Regelung einzuleiten.
4.1.1. Die hier maßgeblichen Abs1 bis 3 des §49 (die in Prüfung gezogene Regelung ist hervorgehoben) lauten:
"(1) Für Zwecke der Beitragsleistung zum Betriebsabgang öffentlicher Krankenanstalten hat die Landesregierung durch V festzusetzen
a)
die Gemeinden jenes Gebietes, für dessen Bevölkerung die Krankenanstalt zunächst bestimmt ist, als Beitragsbezirk und
b)
die Gemeinden des über den Beitragsbezirk hinausgehenden Einzugsgebietes als Krankenanstaltensprengel.
(2) Der gesamte Betriebsabgang einer öffentlichen Krankenanstalt, der sich durch die Betriebs- und Erhaltungskosten gegenüber den Einnahmen ergibt, ist
a) zu 30 v.H. vom Land;
b)
zu 20 v.H., und zwar je zur Hälfte von den Gemeinden des Beitragsbezirkes und des Krankenanstaltensprengels;
c)
im übrigen vom Rechtsträger der Krankenanstalt, soweit dieser Anteil nicht durch allfällige Zweckzuschüsse des Bundes gemäß §57 des Krankenanstaltengesetzes gedeckt ist,
zu tragen. Der der Errechnung eines allfälligen Zweckzuschusses des Bundes gemäß §57 des Krankenanstaltengesetzes zugrunde zu legende Betriebsabgang ist auch der Beitragsrechnung nach lita und b dieses Absatzes zugrunde zu legen.
(3) Der nach Abs2 von den Gemeinden zu tragende Teil des Betriebsabganges der öffentlichen Krankenanstalten wird auf diese entsprechend ihrer Finanzkraft (§10 Abs4 des Finanzausgleichsgesetzes 1973, BGBl. Nr. 445/1972) aufgeteilt."
4.1.2. Der VfGH geht davon aus, daß diese Bestimmung bei Erlassung des bei ihm angefochtenen Bescheides angewendet wurde, oder von der bel. Beh. jedenfalls anzuwenden war, sodaß die Regelung auch vom VfGH zur Beurteilung der an ihn gerichteten Beschwerde anzuwenden ist; der VfGH vermeint, daß demnach der in Prüfung gezogenen Gesetzesstelle Präjudizialität im Sinne Art140 Abs1 B-VG zukommt.
4.1.3. Gegen die Gesetzesstelle bestehen folgende Bedenken:
Abs3 verpflichtet die Gemeinden des jeweiligen Beitragsbezirkes (Krankenanstaltensprengels) einer öffentlichen Krankenanstalt, den in Abs2 festgelegten Prozentsatz des Betriebsabganges entsprechend "ihrer Finanzkraft" zu tragen. Aus dem Verweis auf §10 Abs4 FAG 1973, BGBl. 445/1972 ergibt sich, daß die Finanzkraft durch Heranziehung
"1. Der Grundsteuer von den land- und forstwirtschaftlichen Betrieben unter Zugrundelegung der Meßbeträge des Vorjahres (Abs3) und eines Hebesatzes von 300 v.H.;
2. der Grundsteuer von den Grundstücken unter Zugrundelegung der Meßbeträge des Vorjahres (Abs3) und eines Hebesatzes von 300 v.H.;
3. der tatsächlichen Erträge der Gewerbesteuer (nach dem Gewerbeertrag und dem Gewerbekapital) in den Monaten Jänner bis September des Vorjahres und Oktober bis Dezember des zweitvorangegangenen Jahres, jedoch unter der Annahme eines Hebesatzes von 125 v.H."
zu ermitteln ist.
Der in Prüfung gezogenen Regelung scheint die Absicht des Salzburger Landesgesetzgebers zu Grunde zu liegen, an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gemeinden anzuknüpfen. Grundsätzlich hegt der VfGH keine Bedenken dagegen, daß eine Beitragsregelung für den Betriebsabgang öffentlicher Krankenanstalten an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gemeinden anknüpft. Der Gerichtshof hat zwar in VfSlg. 10068/1984 und 10069/1984 für den Bereich des Finanzausgleichs die Regelung des §10 Abs4 FAG 1973 als sachgerecht erachtet, dies jedoch mit der Beifügung, daß "Soweit Landesgesetze auf diesen Begriff zurückgreifen - ohne daß dies bundesverfassungsgesetzlich vorgegeben ist - ... eine Sachwidrigkeit in bezug auf die landesgesetzlich geregelte Materie" dem Landesgesetz anzulasten wäre (vgl. VfSlg. 10068/84, S. 602).
Im Falle der hier in Prüfung gezogenen landesgesetzlichen Regelung hat er das Bedenken, daß das unmittelbare Anknüpfen des Landesgesetzgebers an den Begriff der "Finanzkraft" des FAG 1973 zum Zwecke der Kostentragung des Betriebsabganges öffentlicher Krankenanstalten sachwidrig ist, weil dieser Begriff nur Teile des Steueraufkommens einer Gemeinde erfaßt und diese nicht geeignet sind, einen Indikator für die wirkliche Leistungskraft einer Gemeinde zu bilden.
Dazu kommt, daß selbst dann, wenn die Anknüpfung an die bundesgesetzliche Regelung einen verwaltungsökonomischen Vorteil bewirkt haben sollte, weil die für den Finanzausgleich ermittelten Werte der Berechnung der Beitragsverpflichtungen zu Grunde gelegt werden konnten, auch dieser Effekt im Hinblick auf die durch das FAG 1985, BGBl. 544/1984, getroffene (Neu-)Regelung nicht mehr bestehen dürfte.
Die in Prüfung gezogene Gesetzesstelle scheint somit dem Gleichheitsgebot zu widersprechen und deshalb verfassungswidrig zu sein.
4.2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
4.3. Ob die Prozeßvoraussetzungen vorliegen und ob die Bedenken zutreffen, wird im Normenprüfungsverfahren zu klären sein.
Schlagworte
VfGH / Gegenstandslosigkeit, BescheidbegriffEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1987:B874.1986Dokumentnummer
JFT_10129681_86B00874_00