Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §45 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Skorjanec und die Hofräte Dr. Hrdlicka, Dr. Baumgartner, Dr. Griesmacher und Dr. Weiss als Richter, im Beisein der Schriftführerin Magistratsrat Dr. Thumb, über die Beschwerde der ES in K, vertreten durch Dr. Max Kogler, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Bahnhofstraße 3, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Klagenfurt vom 31. März 1977, Zl. HV 4-4113/73, 4667/75, betreffend Vorschreibung einer früheren Sperrstunde, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin betreibt im Standort Klagenfurt, Xstraße 21, das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Espressos. Auf Grund von Beschwerden, die Nachbarn wegen Lärmbelästigungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Espressos der Beschwerdeführerin erhoben, führte der Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt Erhebungen (Lärmmessungen) durch und beschränkte sodann mit Bescheid vom 14. Jänner 1976 die "Sperrstunde des Gaststättenbetriebes" der Beschwerdeführerin gemäß § 198 Abs. 5 GewO 1973 auf 22.00 Uhr. In der Begründung heißt es unter anderem, der Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin befinde sich in einem eng verbauten Kleinsiedlungsgebiet. Auf Grund dieser Lage und der bestehenden Betriebsart, für die laut Sperrzeitenverordnung des Landeshauptmannes, LGBl. für Kärnten Nr. 42/57, gemäß § 2 lit. d eine Sperrstunde um 2.00 Uhr morgens festgesetzt sei, finde der Geschäftsbetrieb im wesentlichen in den späten Abend- und Nachtstunden statt. Durch die ankommenden und wegfahrenden Gäste des Betriebes bzw. durch deren Kraftfahrzeuge, sowie durch den Lärm, der aus den Betriebsräumen ins Freie dringe, würden die Bewohner der umliegenden Häuser in ihrer Nachtruhe empfindlich beeinträchtigt. Am 19., 26. und 27. September 1975 seien in der Zeit von 0.20 bis 2.15 Uhr in den Häusern Xstraße 22, 20 und 16 bei offenem Fenster unangesagte Lärmmessungen durchgeführt worden. Bei einem Grundgeräuschpegel von 24 bis 28 dB(A) seien Lärmwerte von 41 bis 50 dB(A) festgestellt worden. Nach den geltenden Richtlinien ergebe sich die Grenze der zumutbaren Störung aus der Überschreitung des Grundgeräuschpegels um 10 dB(A), wobei zur Nachtzeit die ungünstigste halbe Stunde zur Beurteilung heranzuziehen sei. Die Grenze der Zumutbarkeit für den Dauerschallpegel der Lärmstörungen durch den Betrieb der Beschwerdeführerin bzw. ursächlich zusammenhängendes Verhalten von Gästen und Pkw-Verkehr betrage daher 34 bis 38 dB(A). Auf Grund dieser Feststellungen sei die Lärmstörung der Anrainer des Betriebes der Beschwerdeführerin laut Gutachten (des Sachverständigen für Umweltschutzfragen) vom 1. Oktober 1975 als unzumutbar bezeichnet worden, da selbst bei schwachem bis mäßigem Betrieb die Grenzwerte der Zumutbarkeit ständig überschritten würden. Zur Sicherung der Nachtruhe der Anrainer des Betriebes sei die Beschränkung der Sperrstunde für den Betrieb mit 22.00 Uhr vom Sachverständigen beantragt worden. Da die Beschwerdeführerin die Richtigkeit der Maßergebnisse bestritten habe, weil ihr nicht die Möglichkeit geboten worden sei, bei den Messungen anwesend zu sein, seien am 24. und 28. November 1975 sowie am 8. Dezember 1975 um die Zeit zwischen 21.45 Uhr und 22.00 Uhr nochmals die Grundgeräuschpegel gemessen worden, und zwar mit 32, 31 und 28 dB(A). Diese Werte seien kaum wesentlich höher als die im September zwischen 0.20 und 2.15 Uhr ermittelten Grundgeräuschpegel. Auch auf die neuen Werte bezogen müssten die Lärmspitzen, die zum Zeitpunkt der Schließung des Lokales bei der Abfahrt der Gäste ermittelt würden, als wesentlich störend angesehen werden und es seien derartige Störungen nach 22.00 Uhr jedenfalls nicht mehr zumutbar. Was die an der Richtigkeit der Messergebnisse vom September 1975 geäußerten Zweifel betreffe, so müsse ausdrücklich festgehalten werden, dass die Messungen von einem amtlich bestellten Fachmann mit einwandfrei funktionierendem Gerät durchgeführt worden seien. Eine Beiziehung der Betriebsinhaberin zu den Messungen wäre sinnlos gewesen, da nur durch unangesagte Messungen ein objektives Ergebnis erzielt werden könne. Es möge sein, dass nicht in jeder Nacht die gemeldeten Werte erreicht werden, doch genüge es, wenn jeweils zum Wochenende eine derartige Lärmentwicklung gegeben sei, um die Lärmstörungen für die betroffenen Anrainer als unzumutbar zu bezeichnen.
Dagegen berief die Beschwerdeführerin. Die Berufungsbehörde ergänzte das Ermittlungsverfahren. So wurden am 28. Mai 1976 und am 3., 10. und 28. Juni 1976 neuerlich Lärmmessungen vorgenommen, die jeweils einen Grundgeräuschpegel von 39, 37, 36 und 37 dB(A) sowie einen durch den Besucherverkehr des Lokales der Beschwerdeführerin verursachten Lärmpegel von 50, 52, 51 und 49 dB(A) ergaben. Entsprechend den von der Beschwerdeführerin bei der am 23. August 1976 im Büro der Rechtsmittelbehörde durchgeführten mündlichen Verhandlung gestellten Anträgen wurden ergänzende Gutachten des Sachverständigen für Umweltschutzfragen sowie ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen eingeholt. Ferner wurde die Bundespolizeidirektion Klagenfurt zur Stellungnahme aufgefordert und wurden Erhebungen über die Verkehrsfrequenz auf der X-straße (einschließlich rechtswidrig parkender Kraftfahrzeuge) angeordnet. Schließlich wurden acht Anrainer als Zeugen vernommen.
Nachdem sämtliche Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden waren, gab der Stadtsenat der Landeshauptstadt Klagenfurt mit Bescheid vom 31. März 1977 der Berufung "gemäß § 76 des Klagenfurter Stadtrechtes, LGBl. Nr. 58/1967, den §§ 198 Abs. 5 und 337 der Gewerbeordnung 1973, sowie gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950" keine Folge und bestätigte den Bescheid der Erstbehörde. Den Erhebungen zufolge sei zunächst festzustellen, so wurde in der Begründung in Erwiderung zum Berufungsvorbringen ausgeführt, dass der Standort des Espressos der Beschwerdeführerin in einem ausgesprochenen Kleinsiedlungsgebiet liege, und zwar stelle sich die X-straße im Bereich zwischen der H-Straße und der M-straße als typische Wohnstraße mit an sich sehr geringem Verkehrsaufkommen dar. In der unmittelbaren Nachbarschaft des Lokales befänden sich einstöckige Wohnhäuser in offener Verbauung, wobei insbesonders die Schlafräume fast durchwegs zur X-straße hin orientiert angeordnet seien. Da die zum Lokal gehörende Parkplatzfläche zufolge der Besucherfrequenz in den Abend- und Nachtstunden selten ausreiche, werden die Pkws vor allem entlang der Ostseite der X-straße, manchmal jedoch auch an der mit einem Halte- und Parkverbot belegten Westseite, direkt vor den Nachbarhäusern geparkt. Auf Grund dieser örtlichen Situation sei somit das genannte Teilstück der X-straße als unmittelbarer Ausstrahlungebereich des Lokales der Beschwerdeführerin anzusehen, in dem Belästigungen der Nachbarschaft, die durch das Verhalten der Gäste bei der An- und Abfahrt mit ihren Kraftfahrzeugen oder durch deren Unterhaltungen hervorgerufen werden, Berücksichtigung zu finden hätten. Zeugeneinvernahmen von ständigen Bewohnern der in diesem Bereich gelegenen Wohnhäuser zufolge seien diese Personen seit Betriebsaufnahme des Lokales (August 1975) wiederholt Lärmbelästigungen durch dessen Besucherverkehr ausgesetzt und dadurch sich ständig wiederholend in ihrer Nachtruhe gestört. Die einvernommenen Zeugen hätten im Ergebnis völlig übereinstimmend erklärt, dass, abgesehen von den gehäuften Lärmstörungen durch "normal" ankommende und abfahrende Besucherkraftfahrzeuge, als hauptsächliche Störquellen folgende auftreten: Lautstarkes Unterhalten von Gästen auf der Straße mit Gelächter und Zurufen, Streitereien, längeres Laufenlassen und "zum Aufjaulen bringen" von Motoren, heftiges Zuschlagen von Autotüren, "Kavalierstarts" und Hupzeichen. Den Aussagen nach treten diese Belästigungen über den ganzen Zeitraum zwischen 22.00 Uhr und 2.00 Uhr bzw. dem tatsächlichen Schließen des Lokales verteilt auf. Wenngleich diese Zeugenaussagen durch die Angaben in den eingeholten Erhebungsberichten der Bundespolizeibehörde vom Juli 1976, Jänner und Februar 1977, sowie im amtlichen Erhebungsbericht vom Oktober 1976 nur zum geringen Teil eine Bestätigung fänden, vermöge die Berufungsbehörde darin keine Verminderung ihrer Beweiskraft zu erblicken, zumal die angeführten Erhebungsberichte nur das Ergebnis stichprobenweiser örtlicher Überprüfungen enthielten und somit Wahrnehmungen ständig in diesem Bereich wohnhafter Personen nicht gleichgestellt werden könnten. Ins Gewicht fielen weiters die Gutachten des Sachverständigen für Umweltschutzfragen vom 1. 10. 1975, 9. 12. 1975 und 2. 7. 1976. Die durchgeführten Messungen hätten ergeben, wie dies in dem auf die vom Österreichischen Arbeitsring für Lärmbekämpfung herausgegebene Richtlinie Nr. 3 Blatt 1, 4. Ausgabe, November 1972 und die Empfehlung des Bundesministers für Gesundheit und Umweltschutz, Zl. 52190/19-301/73, über die Begrenzung der Lärmbelästigung gestützten Gutachten vom 2. 7. 1976 schlüssig zum Ausdruck komme, dass die mit dem Espresso der Beschwerdeführerin im Zusammenhang stehenden Lärmstörungen eine für die Nachbarschaft nach 22.00 Uhr unzumutbare Belästigung darstellten. Des weiteren werde in einem zum Gegenstand eingeholten medizinischen Fachgutachten vom 18. Oktober 1976 dargelegt, dass abgesehen von dem erhöhten unzumutbaren Lärmpegel, vor allem das gehäufte Starten und Abfahren von Pkws in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und der Sperrstunde sowohl für Kinder als auch für Erwachsene aus medizinischer Sicht einen unzumutbaren Störfaktor darstelle, da zufolge des mehrmals hintereinander Aus-dem-Schlaf-geweckt-werdens das Auftreten vegetativer Störungen zu erwarten sei. Um somit den in der Nachbarschaft des Standortes des Espressos der Beschwerdeführerin wohnenden Personen künftig eine von ungebührlichen Belästigungen freie und im Interesse der Gesundheit ungestörte Nachtruhe zu sichern, müsse daher im Hinblick auf den festgestellten Sachverhalt eine Vorverlegung der Sperrstunde auf 22.00 Uhr erfolgen. Bemerkt werde noch, dass die von der Berufungswerberin im Rahmen des Parteiengehörs zu den ihr zur Kenntnis gebrachten ergänzenden Ermittlungsergebnissen eingelangte Stellungnahme vom 22. März 1977 dem nunmehr als erwiesen angenommenen Sachverhalt nicht begründet entgegenstehe. Auf Grund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse vermöge jedenfalls der Ansicht, dass die gegebene Lärmbelästigung nur zufolge einer übergroßen Animosität der beschwerdeführenden Anrainer als derart gravierend angesehen werde, nicht gefolgt zu werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach deren inhaltlichem Vorbringen sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung einer früheren Sperrstunde für ihren Gastgewerbebetrieb als beschwert erachtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über diese Beschwerde und die hiezu erstattete Gegenschrift der belangten Behörde erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides vor, dass nur unmittelbare Belästigungen, die in direktem Zusammenhang mit der Ausübung des Gastgewerbebetriebes erfolgen, also der unmittelbar im Lokal verursachte Lärm, eine Maßnahme nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 nach sich ziehen könne. Im Beschwerdefall sei jedoch die Sperrstundenbeschränkung wegen des Verhaltens der Gäste nach dem Verlassen des Lokales verfügt worden. Auf dieses Verhalten habe die Beschwerdeführerin keinerlei Einfluss, weshalb sie hiefür auch nicht verantwortlich gemacht werden könne. § 198 Abs. 5 leg. cit. sei daher zu Unrecht angewendet worden.
Gemäß § 198 Abs. 5 erster Satz GewO 1973 hat die Gemeinde unter anderem dann eine spätere Aufsperrstunde oder eine frühere Sperrstunde vorzuschreiben, wenn die Nachbarschaft wiederholt durch die Ausübung eines Gastgewerbes ungebührlich belästigt wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 30. November 1977, Zl. 826/77, ausführlich dargelegt hat, stellt der aus dem Wortlaut zu gewinnende normative Gehalt der wiedergegebenen Gesetzesstelle die Rechtserheblichkeit der Belästigung der Anrainer in ein Verhältnis der Verursachung durch die Gewerbeausübung. Dadurch, dass sich der Gesetzgeber der Worte "durch die Ausübung des Gastgewerbes" und nicht der Wortfolge "durch den Gastgewerbebetrieb" oder "durch Lärm im Betrieb" - wie dies im § 54 a Abs. 5 GewO 1859 der Fall war - bediente, wird zum Ausdruck gebracht, dass eine rechtlich relevante Verursachung der Belästigung der Anrainer in der Tatsache zu suchen ist, dass von einer Person ein Gastgewerbe ausgeübt wird. Damit kann es aber unter dem Gesichtspunkt dieser tatbestandsbezogenen Voraussetzung nicht von streitentscheidender Bedeutung sein, ob die Quelle der mit der Gewerbeausübung kausalen Belästigung sich in oder außerhalb der Betriebsräume befindet. Eine Verursachung durch die Gewerbeausübung ist sohin nicht nur in Fällen gegeben, in welchen die Immissionen auf Vorgänge in den (genehmigten) Betriebsräumen und allfälligen sonstigen Betriebsflächen zurückzuführen sind. Die gemäß dem § 198 Abs. 5 GewO 1973 rechtserhebliche Kausalität der Gewerbeausübung für die Belästigung ist jedenfalls auch dann anzunehmen, wenn das Verhalten der Gäste unmittelbar vor oder nach dem Lokalbesuch zu einer Beeinträchtigung der Nachbarschaft führt, zumal ohne konkrete Ausübung des Gastgewerbes an einem bestimmten Ort keine Veranlassung für ein derartiges, die Anrainer belästigendes Verhalten bestünde (um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf dieses Erkenntnis - ebenso wie hinsichtlich der in weiterer Folge zitierten, nicht veröffentlichten hg. Erkenntnisse -
unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann sohin nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 eine frühere Sperrstunde nicht nur wegen Belästigungen; deren Ursache sich ausschließlich in den Betriebsräumlichkeiten findet, vorgeschrieben werden. Desgleichen kann es nach dem Vorgesagten nicht von rechtlicher Bedeutung sein, dass die Belästigungen außerhalb des Einflussbereiches und der Verantwortlichkeit der Beschwerdeführerin lägen. Die behauptete inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt somit nicht vor.
Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt die Beschwerdeführerin darin, dass sie zu den im Zuge des Verfahrens durchgeführten Lärmmessungen nicht beigezogen wurde. Dadurch sei ihr Recht auf Parteiengehör verletzt. Mit diesem Vorbringen verkennt die Beschwerdeführerin die Rechtslage, weil die Vorschrift der Wahrung des Parteiengehörs nicht mit dem Anspruch auf persönliche Anwesenheit bei einer Beweisaufnahme gleichzusetzen ist (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17 . November 1972, Zl. 190/71), ein solcher Anspruch aber bei der Vornahme eines - durchaus im Einklang mit § 55 Abs. 1 AVG 1950 angeordneten - unangesagten Augenscheines zur Durchführung von Lärmmessungen durch einen Amtssachverständigen nicht besteht. Die Beschwerdeführerin wurde somit in keinem Recht verletzt, wenn sie zu den Lärmmessungen nicht beigezogen wurde, auch nicht dadurch, dass diese Messungen zum Teil in den Wohnungen der Nachbarn vorgenommen wurden. Dass die Nachbarn das Messungsergebnis etwa durch die Inbetriebnahme von Kraftfahrzeugen beeinflusst hätten, behauptet selbst die Beschwerdeführerin nicht. Die bloße Möglichkeit eines solchen Sachverhaltes schloss aber der Amtssachverständige auf ausdrückliches Befragen des Vertreters der Beschwerdeführerin anlässlich der mündlichen Verhandlung am 23. August 1976 aus, wonach bei diesen Messungen keine besonderen Vorkommnisse, wie etwa besonders lautes oder langes Starten (von Kraftfahrzeugen) oder unnötig lautes An- und Abfahren beobachtet habe werden können und lediglich der übliche Besucherverkehr vom Lokal der Beschwerdeführerin festgestellt worden sei. Dem ist die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren nicht mehr entgegengetreten.
Das Parteiengehör soll nach dem Beschwerdevorbringen aber auch dadurch verletzt worden sein, dass die Beschwerdeführerin erst Monate nach Durchführung der Messungen zu den Messungsergebnissen hätte Stellung nehmen können, wodurch ihr eine Überprüfung und Stellungnahme unmöglich gemacht worden sei. Abgesehen davon, dass dieser Einwand in der Beschwerde erstmalig erhoben wurde, findet dieses Vorbringen auch in den Akten des Verwaltungsverfahrens keine Deckung. So wurde zum Beispiel das Ergebnis der in der zweiten Hälfte des Monates September 1975 durchgeführten Messungen der Beschwerdeführerin bereits am 6. Oktober 1975 (Ladungsbescheid vom 3. Oktober 1975) zur Kenntnis gebracht. Auch wurde die Beschwerdeführerin von der Behörde unverzüglich (am 16. Dezember 1975) eingeladen, zum Gutachten des Amtssachverständigen vom 9. Dezember 1975 über die Ende November - Anfang Dezember 1975 vorgenommenen Messungen Stellung zu nehmen. Dazu kommt, dass einem unbestritten gebliebenen Aktenvermerk vom 15. Dezember 1975 zufolge die Beschwerdeführerin vom Amtssachverständigen über Vorschlag der Behörde - wie übrigens im Bescheid der Erstbehörde ausdrücklich festgehalten ist - nach Vorliegen der Auswertungsergebnisse der Messungen telefonisch verständigt wurde, um ihr dadurch die Möglichkeit zu einer sofortigen Äußerung zu geben. Die Beschwerdeführerin nahm hiezu sowie zu einer Reihe weiterer Beweisergebnisse, die nach Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens alle der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht wurden, zum Teil sehr ausführlich Stellung, sodass nicht gesagt werden kann, es wären ihr Umstände, die zur Feststellung des Sachverhaltes erforderlich sind, erst zu einem Zeitpunkt zur Kenntnis gelangt, in dem es ihr nicht mehr möglich gewesen wäre, sich zu den getroffenen Feststellungen konkret zu äußern. Somit liegt auch unter diesem Gesichtspunkt eine Verletzung des Parteiengehörs nicht vor.
Die Rüge der Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe es unterlassen, das von ihr beantragte medizinische Fachgutachten einzuholen, ist - worauf die belangte Behörde in der Gegenschrift mit Recht hinweist - aktenwidrig, wie sich im übrigen auch aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt, in der auf das "zum Gegenstand eingeholte medizinische Fachgutachten vom 18. Oktober 1976", das der Beschwerdeführerin mit Schreiben der belangten Behörde vom 17. November 1976 zur Kenntnis gebracht wurde, ausdrücklich Bezug genommen ist.
Zum Einwand der Beschwerdeführerin, es liege keine detaillierte Stellungnahme der gemäß § 198 Abs. 5 GewO 1973 zu hörenden Bundespolizeibehörde zu dem in Frage stehenden Sachverhalt vor, weshalb "auch aus diesem Grunde der angefochtene Bescheid mangelhaft erscheint", ist zu bemerken, dass der Vorschrift des § 198 Abs. 5 leg. cit. entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin entsprochen ist, wenn der Bundespolizeibehörde vor der Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde - im Beschwerdefall erging die Aufforderung hiezu mit Schreiben der belangten Behörde vom 7. Juli 1976 -, wobei es dieser Behörde überlassen bleibt, wie ebenfalls in der Gegenschrift zutreffend ausgeführt wurde, Form und Inhalt einer allfälligen Stellungnahme zu bestimmen. Aber selbst das Unterbleiben einer solchen Stellungnahme stünde einer Entscheidung der Behörde nach dieser Bestimmung bei Zutreffen der sonstigen Voraussetzungn nicht entgegen.
Demnach bleibt zu prüfen ob die belangte Behörde auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens mit Recht eine ungebührliche Belästigung der Nachbarschaft durch die Ausübung des Gastgewerbes der Beschwerdeführerin annehmen durfte. Zur Auslegung des Begriffes "durch die Ausübung des Gastgewerbes" wird auf die vorstehenden Ausführungen zur geltend gemachten inhaltlichen Rechtswidrigkeit verwiesen, wonach auch das Verhalten der Gäste unmittelbar vor oder nach dem Lokalbesuch zu einer Beeinträchtigung der Nachbarschaft nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 führen und eine Maßnahme nach dieser Bestimmung nach sich ziehen kann. Mit der Frage, wann eine Belästigung als "ungebührlich" im Sinne des § 198 Abs. 5 leg. cit. anzusehen ist, hat sich der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 25. Jänner 1978, Zl. 2135/76, ausführlich auseinander gesetzt und ausgesprochen, dass dem Begriff der "ungebührlichen Belästigung" gemäß dieser Gesetzesstelle keine im Wesen andere Bedeutung beigelegt werden könne, als dem Begriff der "unzumutbaren Belästigung" im Sinne der für die Betriebsanlagen geltenden Vorschriften (§ 77 Abs. 1 und § 84 GewO 1973), wobei die Frage der Zumutbarkeit einer durch die Ausübung eines Gastgewerbes bewirkten Störung der Nachbarschaft mangels einer weiteren gesetzlichen Determinierung ausschließlich unter Bedachtnahme auf die gegebenen örtlichen Verhältnisse zu beantworten ist. Eine unter diesen Gesichtspunkten anzunehmende "Unzumutbarkeit" ist aber jedenfalls auch immer dann gegeben, wenn eine derartige Störung gleichzeitig als gesundheitsgefährdend zu qualifizieren ist.
Der Betrieb der Beschwerdeführerin hat seinen Standort nach der unangefochten gebliebenen Feststellung der belangten Behörde in einem ausgesprochenen Kleinsiedlungsgebiet in einer Straße, die als typische Wohnstraße ein sehr geringes Verkehrsaufkommen hat. In unmittelbarer Nachbarschaft des Lokales befinden sich einstöckige Wohnhäuser in offener Verbauung, wobei insbesondere die Schlafzimmer durchwegs auf die Straße hin orientiert angeordnet sind. Die örtlichen Verhältnisse sind demnach durch den Wohncharakter dieses Gebietes mit einem Grundgeräuschpegel von 24 bis 32 dB(A) (gemessen in den Monaten September und November 1975 in Nachbarwohnungen bei offenem Fenster) bzw. mit 36 bis 39 dB(A) (gemessen in den Monaten Mai, Juni 1976 im Freien) bestimmt. Demgegenüber ergab die Messung des im Zusammenhang mit dem Betrieb der Beschwerdeführerin verursachten Lärmpegels folgende Werte: 37 bis 50 dB(A) (September 1975) und 49 bis 51 dB(A) (Mai/Juni 1976) mit Spitzen bis zu 70 dB(A), wobei als Lärmquellen vor allem das Unterhalten von Gästen auf der Straße, das Zuschlagen von Autotüren, das Zu- und Abfahren sowie Starten von Kraftfahrzeugen, wie sie der übliche Besucherverkehr eines solchen Lokales mit sich bringt, festgestellt wurden. Damit gehe die Lärmstörung (Erhöhung des Grundgeräuschpegels um mehr als 10 dB(A), so schloss der Sachverständige für Umweltschutzfragen, über die Grenze der Zumutbarkeit nach den "geltenden Richtlinien" - worunter die ÖAL-Richtlinie 3 zu verstehen ist - hinaus. Der ärztliche Sachverständige wies in seiner Stellungnahme vom 18. Juni 1976 darauf hin, dass elf der insgesamt zwölf Messergebnisse die für dieses Gebiet nach der vom Bundesministerium für Gesundheit und Umweltschutz zur Anwendung empfohlenen ÖAL-Richtlinie Nr. 3 für nachts mit 40 dB(A) festgesetzte Grenze der zumutbaren Störung überschritten. Abgesehen von dem erhöhten unzumutbaren Lärmpegel stellten nach medizinischer Erfahrung vor allem das Starten und Abfahren von Personenkraftwagen in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 2.00 Uhr sowohl für Kinder als auch für Erwachsene unzumutbare Störfaktoren dar, durch welche die Nachbarn oft mehrmals hintereinander aus dem Schlaf gerissen werden, sodass in der Folge das Auftreten vegetativer Störungen zu erwarten sei. Auf diese Gutachten, denen die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist, konnte die belangte Behörde unbedenklich die Annahme stützen, dass die Nachbarschaft durch die Ausübung des Gastgewerbes der Beschwerdeführerin wiederholt ungebührlich belästigt wurde. Nach den einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnissen bedeutet eine Steigerung um 10 dB(A) bereits eine Verdoppelung der Lärmstärke (vgl. hiezu auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. April 1968, Slg. N. F. Nr. 7337/A, vom 10. März 1976, Zl. 1112/75, und vom 25. Jänner 1978, Zl. 2135/76, und die dort jeweils zitierte Vorjudikatur), sodass es schon dieser Umstand ausschließt, den Lärm für die Nachbarschaft als zumutbar zu erachten, wozu noch kommt, dass nach dem ärztlichen Sachverständigengutachten die in Rede stehenden Lärmimmissionen nach 22.00 Uhr wegen der Störung der Nachtruhe gesundheitsschädlich sind. Es ist zwar richtig, dass die von den Sachverständigen herangezogene und in der Begründung des angefochtenen Bescheides angeführte ÖALRichtlinie Nr. 3, wie die Beschwerdeführerin bemerkt, nicht "Gesetzes- oder Verordnungscharakter" hat und dass dieser auch die Empfehlung des Bundesministeriums für Gesundheit und Umweltschutz nicht den Charakter einer verbindlichen Rechtsquelle zu verleihen vermag (vgl. hiezu auch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1972, Slg. N. F. Nr. 8279/A, und vom 2. Juni 1976, Zl. 345/74). Doch haben die Sachverständigen ihre Gutachten nicht allein auf die erwähnte, nur allgemeine Beurteilungsgrundsätze enthaltene Richtlinie gestützt, sondern sie unter Bedachtnahme auf die konkreten örtlichen, durch Messungen festgestellten Verhältnisse und unter Heranziehung einschlägiger, in der Richtlinie zum Ausdruck kommender wissenschaftlicher Erkenntnisse abgegeben.
Die Beschwerdeführerin wies schließlich auf den von ihr bereits im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Umstand hin, dass zwischen den Berichten der Bundespolizeidirektion Klagenfurt und den Aussagen der Anrainer beträchtliche Widersprüche bestünden. Die Beschwerden der Anrainer beruhten offenbar auf deren übergroßer Animosität. Denn nach den Ermittlungsergebnissen der Bundespolizeibehörde habe der Gastgewerbebetrieb der Beschwerdeführerin in keiner Weise beanstandet werden müssen und es habe für die zuständige Polizeibehörde auch kein Anlass bestanden, gegen ein allenfalls ungebührliches Benehmen der Gäste nach dem Verlassen des Lokales einzuschreiten. Lediglich "Organmandate" an Pkw-Besitzer, die auf Halteverbotszonen ihre Kraftfahrzeuge geparkt haben, seien "verteilt" worden. Die Beschwerdeführerin übersieht mit diesem Vorbringen, dass die Zumutbarkeit einer Belästigung nach § 198 Abs. 5 GewO 1973 unabhängig davon zu beurteilen ist, ob das zur Belästigung führende Verhalten allenfalls den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung, etwa des von der Beschwerdeführerin angeführten Art. VIII lit. a EGVG 1950, erfüllt oder sonst gegen eine Rechtsvorschrift verstößt. Dass es unter diesem Gesichtspunkt zu keiner Beanstandung - sei es der Beschwerdeführerin oder ihrer Gäste - durch Organe der Bundespolizei kam, ist für die Frage, ob die Belästigung im Sinne der angewendeten Gesetzesstelle unzumutbar ist, ohne Belang. Aus diesem Grunde bedurfte es auch nicht der Durchführung "paralleler" oder sonstiger ergänzender Erhebungen. Vielmehr konnte die belangte Behörde auf Grund des ihr vorliegenden Sachverhaltes und der von ihr eingeholten Gutachten die Zumutbarkeit der Belästigung mit Recht verneinen. Im übrigen legte die belangte Behörde die Erwägungen für ihre Entscheidung in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführlich dar, weshalb dem angefochtenen Bescheid auch die in diesem Zusammenhang behauptete Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht anhaftet.
Die Beschwerde erwies sich daher zur Gänze als unbegründet. Sie war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1976, BGBl. Nr. 316, abzuweisen.
Wien, am 15. Februar 1978
Schlagworte
Parteiengehör Erhebungen ErmittlungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1978:1977001209.X00Im RIS seit
29.08.2003Zuletzt aktualisiert am
27.10.2008