TE Vwgh Erkenntnis 1978/5/24 2335/77

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Veröffentlicht am 24.05.1978
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/09 Allgemeines Dienstrecht und Besoldungsrecht Nachkriegsrecht
Übergangsrecht;

Norm

AVG §68 Abs1;
GÜG §23 Abs1;
GÜG §23 Abs3;
GÜG §23 Abs4;
GÜG §24 Abs1 idF 1970/243;
GÜG §24 Abs2 idF 1970/243;
GÜG §24 Abs3 idF 1970/243;
GÜG §24 Abs4 idF 1970/243;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Skorjanec und die Hofräte Dr. Zach, Dr. Karlik, Dr. Seiler und Meinl als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hailzl, über die Beschwerde der Dr. EP in W, vertreten durch Dr. Max Vladimir Allmeyer-Beck, Rechtsanwalt in Wien I, Parkring 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 6. September 1977, Zl. 205.983/2-2.3/77, betreffend den Entzug des Benützungsrechtes an einer Naturalwohnung gemäß § 24 Abs. 3 Gehaltsüberleitungsgesetz, nach durchgeführter Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Rechtsanwalt Dr. Max Vladimir Allmayer-Beck, sowie des Vertreters der belangten Behörde, Sektionsrat FH, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist die Witwe des am 6. Dezember 1969 verstorbenen Dr. RP, dem das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau mit Wirksamkeit ab 15. April 1950 die Wohnung Nr. nn im Hause 1030 Wien, bestehend aus vier Zimmern samt Nebenräumen im Gesamtausmaß von 189,04 m2 als Naturalwohnung zugewiesen hatte. Mit an die Bundesgebäudeverwaltung II Wien gerichtetem Schriftsatz vom 26. Jänner 1970 ersuchte die Beschwerdeführerin, welche ihren verstorbenen Gatten als Hauptmieter der Wohnung bezeichnete, ihr diese Wohnung als Hauptmieterin übertragen zu wollen.

Nachdem, wie die Verwaltungsakten zeigen, die Beschwerdeführerin und ihr Rechtsfreund in der Sache wiederholt gehört worden waren, wurde der Beschwerdeführerin gegenüber mit dem nun beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 6. September 1977 gemäß § 24 Abs. 3 des Gehaltsüberleitungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1947, in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung, das Benützungsrecht an der ihrem verstorbenen Gatten zugewiesenen Naturalwohnung entzogen und sie aufgefordert, die Naturalwohnung bis spätestens 31. Dezember 1977 zu räumen.

In der den Spruch dieses Bescheides tragenden Begründung wurde nach einer Darstellung des Sachverhaltes und des Verfahrensverlaufes ausgeführt, die belangte Behörde habe der Beschwerdeführerin im Jahre 1971 eine ihren Wohnbedürfnissen entsprechende kleinere Naturalwohnung zum Tausche angeboten, die Beschwerdeführerin habe dies jedoch abgelehnt. In der Folge habe die belangte Behörde beabsichtigt, der Beschwerdeführerin das Benützungsrecht an der Naturalwohnung im Wege einer Weiterbelassung zu sichern, wofür doch ein entsprechender Antrag der Beschwerdeführerin an die belangte Behörde zu richten gewesen wäre. Da die Beschwerdeführerin jedoch nach wie vor der Auffassung gewesen sei, dass es sich bei der seinerzeit als Naturalwohnung zugewiesenen Wohnung um eine Mietwohnung gehandelt habe, sei die belangte Behörde gehalten gewesen, spruchmäßig zu entscheiden. Der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Oktober 1966, Zl. 831/76, vertretenen Rechtsauffassung, eine Entziehung des Benützungsrechtes an einer Dienst- oder Naturalwohnung könne im Verwaltungswege nur dem Beamten gegenüber erfolgen, könne sich die belangte Behörde, abgesehen von der gegenteiligen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 13. Oktober 1966, Slg. Nr. 5370, bzw. des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 30. April 1970, Zl. 1274/68), nicht anschließen, zumal sich seit Ergehen der zitierten Erkenntnisse die Rechtslage geändert habe. § 24 Gehaltsüberleitungsgesetz in der Fassung der 1. Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1970, BGBl. Nr. 243, ordne nunmehr in Abs. 1 letzter Satz an, dass die Gewährung oder der Entzug des Benützungsrechtes an einer Dienst- oder Naturalwohnung durch Bescheid zu erfolgen habe. Gemäß dem Abs. 4 dieser Gesetzesstelle gelten die Absätze 1 und 2 sinngemäß dann, wenn ein Beamter nach der Versetzung in den Ruhestand oder nach Auflösung des Dienstverhältnisses oder wenn seine Hinterbliebenen oder dritte Personen nach dem Ableben des Beamten im Genusse der ihm zur Verfügung gestellten Dienst- oder Naturalwohnung belassen werden. Gemäß dem Abs. 2 des § 24 des Gehaltsüberleitungsgesetzes werde durch die Überlassung einer Dienst- oder Naturalwohnung an einen Beamten ein Bestandverhältnis nicht begründet.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie dessen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens und eine Gegenschrift vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem Vorbringen in ihrem Recht auf weitere Benutzung der streitgegenständlichen Wohnung als Mietwohnung verletzt. In Ausführung des so aufzufassenden Beschwerdepunktes trägt die Beschwerdeführerin unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, gemäß § 24 Gehaltsüberleitungsgesetz in der derzeit geltenden Fassung seien Naturalwohnungen Wohnungen, welche den Bediensteten im Rahmen des Dienstverhältnisses überlassen werden. Dieses Kriterium fehle im vorliegenden Falle deshalb, weil ihr Gatte im Zeitpunkt der Zuweisung der streitgegenständlichen Wohnung im April 1950 nicht im aktiven Bundesdienst gestanden sei. Erst am 1. Jänner 1951 sei ihr Ehegatte durch Rückübernahme in den aktiven Bundesdienst wieder Bundesbeamter geworden. Die Wohnung sei ihm aber ein 3/4 Jahr früher, ohne Rücksicht auf ein Dienstverhältnis, da nicht bestehend, übergeben worden. Nur die Zuweisung im Rahmen eines Dienstverhältnisses begründe eine Naturalwohnung, nicht aber der Bezug einer solchen.

Die auf ihr Vorbringen zum normativen Gehalt des § 24 Abs. 1 des Gehaltsüberleitungsgesetzes gestützte Rechtsrüge der Beschwerdeführerin erweist sich als nicht zielführend. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass sich die - unbekämpft gebliebene - (bescheidmäßige) Zuweisung der Naturalwohnung an ihren Gatten auf § 23 Abs. 1 des Gehaltsüberleitungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1947, gründete. Der Sinn der (materiellen) Rechtskraft eines Bescheides ist darin gelegen, dass eine Angelegenheit bei unverändertem Sachverhalt nicht neuerlich aufgerollt werden kann. Dem Gesetz (§ 68 AVG 1950, § 13 DVG) liegt hiebei der Gedanke der Rechtsbeständigkeit und der dadurch gewährten Rechtssicherheit zu Grunde. Die Frage, ob die Zuweisung seinerzeit zu Recht erfolgt ist, entzog sich in dem anhängigen, den Entzug des Benützungsrechtes an der Naturalwohnung betreffenden Verfahren der Kognition durch den Verwaltungsgerichtshof.

Mit der Frage des Entzuges des Benützungsrechtes an einer Naturalwohnung hat sich der Verwaltungsgerichtshof zuletzt im Erkenntnis eines gemäß § 13 Z. 1 VwGG 1965 verstärkten Senates vom 30. April 1970, Zl. 1274/68, Slg. N.F. Nr. 7788/A, ausführlich auseinander gesetzt. Er ist hiebei in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung auf dem Boden der Rechtslage vor dem Inkrafttreten der 1. Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1970, BGBl. Nr. 243, zu der Rechtsauffassung gelangt, dass im Falle der Auflösung des Dienstverhältnisses die Dienstbehörde jederzeit befugt sei, dem Beamten mit Bescheid aufzutragen, die Naturalwohnung innerhalb der ortsüblichen Frist zu räumen.

Der so erkannte normative Gehalt des § 23 GÜG in der Fassung vor der 1. Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1970 ist für die Beurteilung des vor dem Verwaltungsgerichtshof anhängigen Streitfalles von Gewicht.

Die hier in Betracht kommenden Absätze 1 bis 4 des § 24 Gehaltsüberleitungsgesetz in der seit dem Bundesgesetz vom 9. Juli 1970, BGBl. Nr. 243 (1. Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1970), geltenden Fassung lauten wie folgt:

"(1) Dienstwohnung ist eine Wohnung, die dem Beamten im Rahmen des Dienstverhältnisses beigestellt wird und die der Beamte zwecks ordnungsgemäßer Ausübung seines Dienstes beziehen muss. Jede andere Wohnung, die dem Beamten im Rahmen des Dienstverhältnisses zur Benützung überlassen wird, ist eine Naturalwohnung. Die Gewährung oder der Entzug des Benützungsrechtes an einer Dienst- oder Naturalwohnung hat durch Bescheid zu erfolgen.

(2) Durch die Überlassung einer Dienst- oder Naturalwohnung an einen Beamten wird ein Bestandsverhältnis nicht begründet.

(3) Der Beamte hat auf Verlangen der Dienstbehörde die Dienst- oder Naturalwohnung innerhalb der ortsüblichen Frist zu räumen, wenn sein Dienstverhältnis aufgelöst wird oder eine Änderung seiner Dienstverwendung eintritt. Der Beamte hat auf Verlangen der Dienstbehörde die Naturalwohnung innerhalb der ortsüblichen Frist auch dann zu räumen, wenn sie auf eine Art verwendet werden soll, die in höherem Maße den Interessen der Verwaltung dient als die gegenwärtige Verwendung; ob diese Voraussetzung zutrifft, entscheidet im Zweifel das Bundesministerium, dem die Verwaltung der Naturalwohnung untersteht. Die Räumungsfrist kann, wenn es das dienstliche Interesse erfordert, bis auf einen Monat herabgesetzt werden. Eine Verlängerung der Räumungsfrist bis auf insgesamt ein Jahr ist zulässig, wenn der Beamte glaubhaft macht, dass es ihm nicht gelungen ist, innerhalb der Räumungsfrist eine Wohnung zu erhalten.

(4) Abs. 1 und 2 gelten sinngemäß auch für Grundstücke (Hausgärten), die dem Beamten auf Grund seines dienstlichen Verhältnisses zur Verfügung gestellt wurden und weiters dann, wenn ein Beamter nach der Versetzung in den Ruhestand oder nach Auflösung des Dienstverhältnisses oder wenn seine Hinterbliebenen oder dritte Personen nach dem Ableben des Beamten im Genusse der ihm zur Verfügung gestellten Dienst- oder Naturalwohnung oder in der Benützung des Hausgartens oder eines sonstigen Grundstückes belassen werden".

Der § 24 GÜG erhielt seine geltende Fassung durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 243/1970. Hiezu lauten die Erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage in 18 der Beilagen zu den stenografischen Protokollen des Nationalrates XII. GP.:

"Der bisher durch Art. IX der Gehaltsüberleitungsgesetz-Novelle 1956 aufgehobene Abs. 1 wurde durch eine neue Bestimmung ersetzt, die die Definitionen der Begriffe "Dienstwohnung" und "Naturalwohnung" enthält. Im Abs. 3 war eine Verlängerung der Räumungsfrist bis auf insgesamt 1 Jahr nur zulässig, wenn der Beamte nachwies, dass es ihm nicht gelungen ist, innerhalb der Räumungsfrist eine Wohnung zu erhalten; der bisher geforderte Nachweis wird durch die Wendung "glaubhaft machen" ersetzt; dies soll dem Bediensteten im Falle von Beweisschwierigkeiten zustattenkommen. Abs. 4 wird bloß stilistisch geändert, im Abs. 5 wird nunmehr neben den Dienstkleidern und Dienstabzeichen auch der Begriff "sonstige Sachbehelfe'' verwendet."

Nach der Lage der Akten des Verwaltungsverfahrens wurde die Beschwerdeführerin unbestrittenermaßen nach dem am 6. September 1969 erfolgten Ableben ihres Gatten im Genusse der ihm zugewiesenen Naturalwohnung belassen. Die im Jahre 1950 durch hoheitlichen Akt erfolgte Zuweisung stellt den einzigen Rechtstitel dar, auf Grund dessen der Gatte der Beschwerdeführerin die Wohnung 19 Jahre lang hatte benutzen können. Dieser Umstand vermochte in Ansehung der seit Inkrafttreten des Gehaltsüberleitungsgesetzes inhaltlich nicht geänderten Bestimmung des § 24 Abs. 2 GÜG (früher § 23 Abs. 2) ein Bestandsverhältnis privatrechtlicher Natur, worüber gemäß Art. 83 B-VG und § 1 JN die ordentlichen Gerichte - und nicht der Verwaltungsgerichtshof - zur Entscheidung berufen wären, nicht zu begründen.

In der Anordnung des Abs. 4 leg. cit., dass im Falle des (titellosen) "im Genusse belassen" eines Hinterbliebenen die Abs. 1 und 2 sinngemäße Anwendung finden, ist der Schlüssel zur richtigen Beantwortung der hier aufgeworfenen Rechtsfrage zu suchen. Die Anordnung "sinngemäße Anwendung" bedeutet, dass durch die Überlassung einer Naturalwohnung ein Bestandsverhältnis nicht begründet wird (Abs. 2) und die Dienstbehörde jederzeit den Entzug des Benützungsrechtes öffentlich-rechtlicher Natur an einer Naturalwohnung durch Bescheid aussprechen kann (Abs. 1 letzter Satz). Diesbezüglich ist die Rechtsstellung von Hinterbliebenen die gleiche wie die jener Beamten, die in den Ruhestand versetzt werden oder deren Dienstverhältnis aufgelöst wurde.

Im Hinblick auf diese klare Rechtsfrage und mit Rücksicht darauf, dass der Gerichtshof auch nicht finden konnte, dass der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften unterlaufen wäre, war die Beschwerde gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und die Verordnung des Bundeskanzlers vom 31. Oktober 1977, BGBl. Nr. 542.

Wien, am 24. Mai 1978

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1978:1977002335.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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