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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
AVG §10 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Dr. Pichler, Dr. Weiss, Dr. Degischer und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hailzl, über die Beschwerde der Jagdgesellschaft A in A, vertreten durch Dr. Hermann Spiner, Rechtsanwalt in Lienz, Beda-Weber-Gasse 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 30. Dezember 1976, Zl. IIIa2-909/3, betreffend Wiederaufnahme eines Verwaltungsverfahrens (mitbeteiligte Partei: Mensal-Verwaltung des Bistums Innsbruck, richtig: Bistum Innsbruck, vertreten durch Dr. Franz Purtscher, Rechtsanwalt in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße 42), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 900,-- und an die mitbeteiligte Partei Aufwendungen in der Höhe von S 3.210,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom 2. Juli 1975 stellte die Bezirkshauptmannschaft Lienz gemäß § 4 und § 5 Abs. 4 des Tiroler Jagdgesetzes 1969 (TJG 1969), LGBl. Nr. 19, auf Antrag des Grundeigentümers Bistum Innsbruck fest, dass die Grundparzellen Nr. n1, n2 und n3 der Katastralgemeinde B der Mensal-Verwaltung des Bistums Innsbruck im Gesamtausmaß von 336,7202 ha ein Eigenjagdgebiet darstellen (I. des Spruches); in II. des Spruches wurde gemäß § 7 Abs. 2 TJG 1969 auf Antrag des Besitzers der festgestellten Eigenjagd J die Angliederung der Grundparzellen Nr. n4, n5, n6, n7 und n8 Katastralgemeinde B im Ausmaß von 74,4651 ha an das Eigenjagdgebiet J verfügt. Unter Punkt III. wurde ein Mehrbegehren des Eigenjagdberechtigten um Angliederung weiterer Grundparzellen an das festgestellte Eigenjagdgebiet abgewiesen. Dieser Bescheid wurde unter anderem an das eigenjagdberechtigte Bistum Innsbruck, die Jagdgenossenschaft A (die nunmehrige Beschwerdeführerin) und die Agrargemeinschaft B zugestellt; gegen diesen Bescheid erhob allein die Agrargemeinschaft B Berufung, welche mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 27. Oktober 1975 mangels Parteistellung der Berufungswerberin als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Am 14. Juni 1976 stellte die Beschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft Lienz den Antrag, das Verfahren hinsichtlich des Punktes II. des obgenannten Bescheides vom 2. Juli 1975 wieder aufzunehmen. Die Beschwerdeführerin habe seinerzeit angenommen, dass die von der Behörde getroffene Feststellung, die angegliederten Grundstücke seien von der Eigenjagd J zu wenigstens drei Viertel umschlossen, den Tatsachen entspreche. Nunmehr sei der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gekommen, dass der Jagdverein A eine genaue Vermessung des Grenzverlaufes durch einen Konsulenten für Vermessungswesen durchführen habe lassen, bei welcher Vermessung sich ergeben habe, dass die dem Eigenjagdgebiet angegliederten Grundstücke nicht zu drei Viertel, sondern in einem geringeren Ausmaß vom Eigenjagdgebiet umschlossen seien. Dies stelle eine neue Tatsache im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 dar. Es möge daher die Wiederaufnahme des Verfahrens bewilligt und nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren der Punkt II. des Bescheides vom 2. Juli 1975 dahin abgeändert werden, dass der Antrag des Bistums Innsbruck auf Angliederung der genannten Grundstücke an das Eigenjagdgebiet J abgewiesen werde.
Nachdem die Beschwerdeführerin am 30. Juni 1976 eine Bestätigung des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen Dipl.Ing. K vom 3. Juni 1976 vorgelegt hatte, vernahm die Behörde erster Instanz den Bürosubstituten des genannten Vermessungskonsulenten und sodann den Obmann-Stellvertreter der Jagdgenossenschaft A, der wegen Rücktritt des Obmannes diesen bis zur Neuwahl des Obmannes zu vertreten hatte. Die Jagdgenossenschaft - so führte der Obmann-Stellvertreter aus - sei erst am 8. Juni 1976 in Kenntnis der Tatsache gelangt, dass die angegliederten Grundflächen nicht zu drei Viertel ihres Umfanges vom Eigenjagdgebiet J umschlossen würden. In einer schriftlichen Stellungnahme vom 7. September 1976 sprach sich die Gutsverwaltung des Bistums Innsbruck, vertreten durch den Forstwart M, gegen die Bewilligung der Wiederaufnahme aus. Der Stellungnahme war eine Vollmacht der Gutsverwaltung des Bistums Innsbruck, gefertigt mit unleserlicher Unterschrift, vom 1. September 1976 an M, angeschlossen. M habe die Interessen der Vollmachtgeberin gemäß dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 2. Juli 1975 wahrzunehmen und das Begehren der Beschwerdeführerin abzuwehren.
Mit Bescheid vom 28. September 1976 gab die Bezirkshauptmannschaft Lienz gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 2. Juli 1975 abgeschlossenen Verfahrens, soweit mit diesem Bescheid die Angliederung der Parzellen n4, n5, n6, n7 und n8 der Katastralgemeinde B an das Eigenjagdgebiet J verfügt wurde, statt. Gleichzeitig wurde gemäß § 7 Abs. 2 TJG 1969 der Antrag der Mensal-Verwaltung des Bistums Innsbruck auf Angliederung der genannten Grundparzellen an das Eigenjagdgebiet J abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Wiederaufnahmsantrag sei rechtzeitig, wenn man davon ausgehe, dass erst mit der Ausstellung der Bestätigung des Dipl.Ing. K vom 3. Juni 1976 die Beschwerdeführerin vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangen konnte, sodass gar nicht zu prüfen gewesen sei, ob der Obmann-Stellvertreter der Beschwerdeführerin diese Kenntnis vielleicht noch später, nämlich am 8. Juni 1976, erlangt habe. Die Tatsache, dass die angegliederten Grundflächen nicht wenigstens zu drei Viertel ihres Umfanges vom Eigenjagdgebiet J umschlossen würden, habe schon im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestanden, sei aber nun erst durch das neue Beweismittel hervorgekommen. Es läge somit ein tauglicher Wiederaufnahmsgrund vor, zumal der Beschwerdeführerin nicht als Verschulden angerechnet werden könne, dass sie sich vor rechtskräftigem Abschluss des Angliederungsverfahrens nicht eine Bestätigung eines Vermessungstechnikers über den Umfang der Angliederungsfläche und die Frage des drei Vierteleinschlusses besorgt oder auf andere Weise hierüber Gewissheit verschafft habe. Die Beschwerdeführerin habe in dieser Hinsicht auf die Behörde vertrauen dürfen, die die Entscheidungsvoraussetzungen von Amts wegen zu prüfen habe. Nunmehr stehe fest, dass die angegliederten Grundflächen tatsächlich nicht zu wenigstens drei Viertel ihres Umfanges vom Eigenjagdgebiet J umschlossen würden. Daher fehle eines der im § 7 Abs. 2 TJG 1969 vorausgesetzten Erfordernisse für die Angliederung. Die Kenntnis dieses Umstandes bereits vor Erlassung des Angliederungsbescheides hätte zwingend zur Abweisung des Angliederungsantrages führen müssen. Daher sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die von M namens der Gutsverwaltung des Bistums Innsbruck erhobene Berufung. Darin wird ausgeführt, dass die Eingliederung der Parzelle Nr. n5 nur westlich des so genannten J-weges von der Besitzgrenze im T-bach bis zur Besitzgrenze hinter dem R beantragt wurde. Dies sei im seinerzeit vorgelegten Plan ersichtlich gewesen. Der Plan habe einen wesentlichen Teil des Bescheides gebildet. Wäre man darnach vorgegangen, so sei ein Dreivierteleinschluss reichlich gegeben gewesen. Daher möge der angefochtene Bescheid aufgehoben und der Bescheid vom 2. Juli 1975 dahin abgeändert werden, dass auf Antrag des Besitzers der Eigenjagd J die Angliederung der Parzelle Nr. n4, n6, n7, n8 sowie der Parzelle Nr. n5 hinsichtlich des westlichen Teiles bis zum J-weg laut Plan verfügt werde.
In der zu dieser Berufung erstatteten Stellungnahme der Beschwerdeführerin wird ausgeführt, M sei durch keine besondere Vollmacht ausgewiesen und daher nicht vertretungsbefugtes Organ des Bistums Innsbruck. Im übrigen sei die Angliederung von Teilen einer Grundparzelle unzulässig, sodass die nunmehrigen Ausführungen der Berufung nicht geeignet seien, die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Bescheides zu erschüttern.
Mit Bescheid vom 30. Dezember 1976 gab die Tiroler Landesregierung der Berufung der Mensal-Verwaltung des Bistums Innsbruck Folge, hob den angefochtenen Bescheid auf und wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 2. Juli 1975 abgeschlossenen Angliederungsverfahrens gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 ab. Die Behörde stellte zunächst fest, dass M durch die Spezialvollmacht vom "1. Juni" 1976 gemäß § 10 AVG 1950 als Vertreter des Bistums Innsbruck ordnungsgemäß ausgewiesen sei. Im übrigen sei auf das verschiedene Vorbringen der Parteien nicht näher einzugehen, weil der Berufung schon allein wegen des Mangels eines Wiederaufnahmsgrundes Folge zu geben gewesen sei. Der erstinstanzlichen Ansicht von der Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmeantrages könne nämlich nicht gefolgt werden. Neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel begründeten nur dann eine Wiederaufnahme des Verfahrens, wenn sie ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten. Es dürfe demnach die Wiederaufnahmswerberin kein Verschulden treffen. Der Beschwerdeführerin wäre es bei entsprechender Sorgfalt ohne weiters möglich gewesen, schon vor Erlassung des Bescheides vom 2. Juli 1975 ein Vermessungsbüro mit der Überprüfung der Länge des Grenzverlaufes zu beauftragen. Die Unterlassung der Behörde, den Umfang der Angliederungsfläche zu überprüfen, enthebe die Beschwerdeführerin nicht von der Verpflichtung, ihrerseits ihre Einwendungen spätestens am Tage vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorzubringen, da ansonsten diese Einwendungen keine Berücksichtigung finden könnten (§ 42 AVG 1950). Sohin könne ein Verschulden der Beschwerdeführerin nicht ausgeschlossen werden, weshalb die Wiederaufnahme des Verfahrens zu versagen gewesen sei.
Noch vor der am 14. Jänner 1977 erfolgten Zustellung dieses Bescheides an den Vertreter der Beschwerdeführerin richtete das Bischöfliche Ordinariat-Finanzkammer der Diözese Innsbruck unter dem Datum vom 7. Jänner 1977 ein Schreiben an die Tiroler Landesregierung, wonach die Bischöfliche Finanzkammer in Vertretung des Bistums Innsbruck bestätige, dass die Berufung durch den Forstwart M gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 28. September 1976 im Auftrag des Bistums Innsbruck erfolgte.
Gegen den oben genannten Bescheid der Tiroler Landesregierung richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts erhobene Beschwerde. M sei nicht befugt gewesen, im Verwaltungsverfahren das Bistum Innsbruck zu vertreten. Die von M vorgelegte Spezialvollmacht, die richtigerwiese vom 1. September und nicht, wie die belangte Behörde angebe, vom 1. Juni 1976 stamme, sei vom Verwalter W unterzeichnet. Letzterer sei aber ebenso wenig befugt, für das Bistum Innsbruck eine Vollmacht zu erteilen, wie er selbst befugt sei, das Bistum zu vertreten. Da das in der Berufung des M gestellte Begehren, nur einen Teil der Grundparzelle Nr. n5 anzugliedern, im Tiroler Jagdgesetz nicht gedeckt sei, wäre der Berufung schon aus diesem Grund der Erfolg zu versagen gewesen. Im übrigen seien die an die Beschwerdeführerin als Wiederaufnahmewerberin gestellten Anforderungen überspitzt, eine Partei sei nicht verpflichtet, einer amtlichen Feststellung von vornherein mit Misstrauen zu begegnen und sie auf ihre Richtigkeit überprüfen zu lassen. Die Bezirkshauptmannschaft Lienz habe seinerzeit die Vorlage autorisierter Pläne verlangt, daher habe die Beschwerdeführerin seinerzeit annehmen dürfen, dass die Feststellung über das Vorliegen eines Dreivierteleinschlusses zutreffend sei. Es sei damals eine falsche Tatsachenfeststellung seitens der Behörde erfolgt. Daran treffe die Wiederaufnahmswerberin und Beschwerdeführerin kein Verschulden. Im übrigen begnüge sich der angefochtene Bescheid mit dem Verdacht eines Verschuldens, wenn er formuliere, ein Verschulden der Beschwerdeführerin könne nicht ausgeschlossen werden.
Auf Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofes erstattete die mitbeteiligte Partei noch folgendes Vorbringen:
Am 18. Mai 1978: Es habe eine eigene Rechtspersönlichkeit "Mensal-Verwaltung des Bistums Innsbruck" bzw. "Bischöfliche Mensal-Verwaltung" gegeben. Diese Rechtspersönlichkeiten seien auf Grund des Art. V des Vertrages BGBl. Nr. 227/1964 in die Rechtspersönlichkeit "Bistum Innsbruck" übergeführt worden. Grundeigentümer der Parzellen Nr. n1, n2 der Einlagezahl 46, Katastralgemeinde B, sowie der Parzelle Nr. n3 der Einlagezahl 38, Katastralgemeinde A, sei daher das Bistum Innsbruck. Es habe in Ansehung des Grundeigentums an diesen Parzellen nie zwei verschiedene Rechtspersönlichkeiten gegeben, sondern immer nur eine, und zwar vor dem erwähnten Vertrag die Mensal-Verwaltung des Bistums Innsbruck, seither das Bistum Innsbruck;
am 2. Juni 1978: Monsignore Dr. S sei seit 22 Jahren Direktor der Finanzkammer der Diözese Innsbruck. Er sei am 7. Jänner 1977 berechtigt gewesen, das Bistum zu vertreten.
Unter einem wurde eine vom Generalvikar des Bistums Innsbruck gefertigte Bestätigung vorgelegt, wonach Dr. S bevollmächtigt gewesen sei, am 7. Jänner 1977 das Bistum Innsbruck in der Verwaltungssache "Wiederaufnahme des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 2. Juli 1975, Zl. II-756/8, betreffend Feststellung der Eigenjagd J und Angliederung von Parzellen an dieses Eigenjagdgebiet abgeschlossenen Verfahrens" zu vertreten.
Am 23. Juni 1978 hat die mitbeteiligte Partei schließlich eine Ablichtung der Verlautbarung Nr. 118 der Apostolischen Administratur Innsbruck-Feldkirch vom 30. September 1939 vorgelegt, wonach mit 1. Juli 1939 für den Bereich der Apostolischen Administratur Innsbruck-Feldkirch eine Finanzkammer errichtet wurde. Diese Kammer sei eine Abteilung der Apostolischen Administratur Innsbruck-Feldkirch und übe ihre Tätigkeit für beide Amtsstellen aus. In ihre Kompetenz fielen alle Angelegenheiten des Kirchenbeitragswesens, der Pfarrkirchenräte, der kirchlichen Vermögensverwaltung einschließlich der Pfründen, Stiftungen usw.
Dieses gesamte Vorbringen der mitbeteiligten Partei wurde der beschwerdeführenden Partei zur Kenntnis gebracht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde unter Bedachtnahme auf die Gegenschriften der belangten Behörde und der mitbeteiligten Partei erwogen:
In der kanonistischen Literatur werden die Ausdrücke Diözese, Bistum, bischöflicher Stuhl, Bischofssitz, Bischof als Vertreter des Bistums, Kathedrale und bischöfliches Tafelgut vielfach nicht recht auseinander gehalten. Es haben sich aber als Rechtsträger von Kirchenvermögen im Rahmen der Diözese klar herausgebildet:
1.) Das bischöfliche Tafelgut (mensa episcopalis) als die für den Unterhalt des Bischofs bestimmte Vermögensmasse,
2.) die Gütermasse des Domkapitels und dessen einzelne Präbenden dienen dem Unterhalt der Kapitulare als des ersten bischöflichen Rates in der Leitung der Diözese;
3.) das Domkirchengut ist jener Vermögenskomplex, der für den gottesdienstlichen Aufwand, die ordentliche Verwaltung, Erhaltung und Herstellung der Domkirche bestimmt ist;
4.) schließlich eigene rechtsfähige Diözesanstalten, wie etwa die Seminare, Konvikte und bestimmte Fonds (all dies nach Ritter,
Die kirchliche Vermögensverwaltung in Österreich, Salzburg 1954, S. 39 f). Nach Melichar, Die Rechtspersönlichkeit der Diözesen der katholischen Kirche nach österreichischem Staatskirchenrecht, ArchKirchR 1952, 249, ist die mensa apiscopalis "nicht anderes mehr als die lediglich historisch verständliche, spezielle juristische Bezeichnung der Diözese in ihrer Eigenschaft als Vermögensträger", während die Bezeichnung Diözese dem kirchlichen Hoheitsgebiet als solchem vorbehalten sein soll.
Aus diesen Darlegungen kirchenrechtlicher Autoren einerseits, aus den unwidersprochenen Angaben der mitbeteiligten Partei andererseits schließt der Verwaltungsgerichtshof, dass Grundeigentümer der eingangs genannten Parzellen vor dem erwähnten Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich die Apostolische Administratur Innsbruck-Feldkirch war, seither aber das Bistum Innsbruck, und dass daran eine allfällige ungenaue Bezeichnung im Schrift- und Behördenverkehr, wie "Mensal-Verwaltung, Gutsverwaltung des Bistums Innsbruck" nichts ändert.
Eine juristische Person kann nur durch natürliche Personen handeln, und demnach auch vertreten werden. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG 1950 können die Beteiligten und gesetzlichen Vertreter sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Nach Absatz 4 dieses Paragraphen kann die Behörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder, Haushaltungsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.
M hat die "Gutsverwaltung des Bistums Innsbruck" (richtig: das Bistum Innsbruck) im seinerzeitigen Verfahren zur Feststellung der Eigenjagd und zur Angliederung der Jagdeinschlussgebiete vertreten, ohne dass man von ihm eine schriftliche Vollmachturkunde verlangt hätte; in der Niederschrift vom 20. Mai 1975 wird M als Vertreter der "Mensal-Verwaltung Brixen" bezeichnet. Wie sich aus einem bei Einleitung des verwaltungsgerichtlichen Vorverfahrens aufgenommenen Amtsvermerk vom 4. Juli 1977 ergibt, war im Grundbuch bis 20. März 1964 die "Fürstbischöfliche Mensa Brixen" als Eigentümer eingetragen, seither aber das Bistum Innsbruck. Die Rechtsnachfolge vom Fürstbistum Brixen auf die Apostolische Administratur Innsbruck - Feldkirch erfolgte im Anschluss an das Dekret der Konsistorialkongregation "Quo aptius" vom 12. Dezember 1925 durch kirchliche Verfügungen (vgl. Wechner, Die Apostolische Administratur Innsbruck - Feldkirch, ArchKirchR. 1952, 73). Nachdem das Bistum Innsbruck zu Handen des bischöflichen Ordinariates - Finanzkammer von der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom Wiederaufnahmeantrag der Beschwerdeführerin schriftlich verständigt worden war, wurde am 6. September 1976 von der Bezirkshauptmannschaft Lienz folgender Amtsvermerk aufgenommen:"Verwalter O spricht im Auftrag von Monsignore Dr. S hieramts vor und gibt in der bezeichneten Angelegenheit bekannt, dass im gegenständlichen Verfahren keine finanziellen Angelegenheiten berührt werden und daher die Vertretung auch von Herrn W vorgenommen werden kann. Es bestehe daher kein Einwand, wenn Herrn W oder einem von ihm namhaft gemachten Vertreter Akteneinsicht gewährt wird und dieser Erklärungen abgibt." Hierauf findet sich ein Aktenvermerk vom 7. September 1976, wonach an diesem Tage M Akteneinsicht genommen habe.
In Anbetracht dieser Umstände besteht kein Zweifel an der Vertretungsbefugnis des M, die nach Fertigung, aber vor Zustellung des angefochtenen Bescheides ja noch ausdrücklich vom bischöflichen Ordinariat mit Schreiben vom 7. Jänner 1977 bestätigt wurde. Dieses Schreiben war vom Direktor der Einanzkammer der Diözese Innsbruck, Monsignore S gefertigt. Dass Dr. S zu diesem Zeitpunkt Direktor der Finanzkammer und insbesondere bevollmächtigt war, das Bistum in der gegenständlichen Verwaltungssache zu vertreten, ergibt sich aus der vom Generalvikar des Bistums am 1. Juni 1978 gefertigten Bestätigung. Nach Kanon 368 § 1 des Kirchlichen Gesetzbuches hat der Generalvikar kraft seines Amtes in der ganzen Diözese die Jurisdiktionsgewalt, die dem Bischof nach dem allgemeinen Recht in geistlichen und zeitlichen Dingen zukommt.
Die nachträgliche Beurkundung eines schon früher - nämlich zum Zeitpunkt des Handelns im Verwaltungsverfahren - bestanden haben den Bevollmächtigungsverhältnisses genügt, soweit es sich nicht um die Wahrung von Fallfristen des materiellen Rechtes handelt (vgl. Erkenntnisse vom 4. Juli 1950, Slg. N.F. Nr. 1594/A; vom 16. Dezember 1976, Slg. N.F. Nr. 5062/F; vom 17. Oktober 1973, Zl. 615/73; vom 30. Juni 1976, Zl. 1523/75).
Somit ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes die Bevollmächtigungskette von M bis zum Bischof des Bistums Innsbruck geschlossen.
Die Meinung der Beschwerde, dass das nunmehrige Begehren des Bistums Innsbruck in der Hauptsache, nämlich, dass nur ein Teil der Grundparzelle Nr. n5 anzugliedern wäre, im Gesetz nicht gedeckt sei, kann deshalb auf sich beruhen, weil Gegenstand des angefochtenen Bescheides nicht die Richtigkeit des seinerzeitigen Punktes II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 2. Juli 1975 ist, sondern die Berechtigung der Wiederaufnahme, die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 28. September 1976 bewilligt wurde.
Gemäß § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnisse des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalte des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Die belangte Behörde hat die Wiederaufnahme nicht wegen Verspätung im Sinne des § 69 Abs. 2 AVG 1950 verweigert, wenn sie auch davon sprach, dass der erstinstanzlichen Ansicht über die Rechtzeitigkeit des Wiederaufnahmsantrages nicht gefolgt werden könnte. Die belangte Behörde hat nämlich nicht aufgezeigt, wann denn die Organe der Beschwerdeführerin von der neuen Tatsache tatsächlich Kenntnis erlangt haben. Hingegen hat die belangte Behörde unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass sie das Tatbestandsmerkmal "ohne Verschulden der Partei" nicht als gegeben erachtet.
Damit ist sie im Recht. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. September 1966, Slg. Nr. 6982/A, ausgesprochen hat, handelt es sich beim Verschulden im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 um ein Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB. Letztere Bestimmung spricht unter anderem davon, dass ein Versehen, bestünde es in schuldbarer Unwissenheit oder im Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder im Mangel des gehörigen Fleißes, Verschulden genannt wird. Im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes kommt zum Ausdruck, dass eine Partei, selbst wenn sie ein Laie in technischen Bausachen sei, verpflichtet gewesen wäre, sich die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen. Im Erkenntnis vom 24. April 1974, Slg. N.F. Nr. 8605/A, wird zum Ausdruck gebracht, dass es bei der Beurteilung nach § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 nicht darauf ankommt, welchen Grad das Verschulden der Partei hat und ob diese das Alleinverschulden oder nur ein Mitverschulden trifft. Was die Pflicht zur umfassenden Tatsachensammlung und zum umfassenden Vorbringen der Partei bereits im Hauptverfahren betrifft, kann auf die weiteren Erkenntnisse vom 25. April 1962, Slg. N.F. Nr. 5786/A, und vom 26. Juni 1959, Slg. N.F. Nr. 5007/A, hingewiesen werden. An dieser Rechtsansicht, die in den vorzitierten Erkenntnissen ausgesprochen wurde, hält der Verwaltungsgerichtshof weiterhin fest.
Es kann danach keine Rede davon sein, dass eine Partei schlechthin behördliche Feststellungen, die zu einer ihr nachteiligen rechtlichen Beurteilung führen können, von vornherein als richtig und unüberprüft zu akzeptieren hat, zumal es in der Frage der Möglichkeit der Überprüfung des Sachverhaltes - nämlich durch Vermessung - zwischen dem seinerzeitigen Verfahren und dem Wiederaufnahmeverfahren keinen Unterschied gibt, d.h. das neue Beweismittel auch damals ohne weiteres zur Verfügung gestanden wäre. Gerade der weitere Wiederaufnahmetatbestand des § 69 Abs. 1 lit. a AVG 1950, der davon spricht, dass der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden sei, zeigt die Grenzen der Behauptungs- und Beweispflicht einer Partei deutlich auf: wären die seinerzeit von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Pläne gefälscht im Sinne des Strafrechtes gewesen oder wäre damals Betrug im Sinne des Strafrechtes vorgelegen, so wäre gewiss der Wiederaufnahmsgrund nach § 69 Abs. 1 lit. a AVG 1950 gegeben. Davon kann aber selbst nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin keine Rede sein. Anderes, also bloß objektiv unrichtiges Vorbringen und bloß objektiv unrichtige Privaturkunden, entheben eine Partei aber nicht von ihrer Pflicht, im Verfahren ihren Rechtsstandpunkt schon in der Tatsachenfrage entsprechend zu wahren, d.h. die Tatsachenbehauptungen anderer Parteien zu überprüfen und gegebenenfalls eigene Beweisanträge zu deren Überprüfung zu stellen. All dies hat die Beschwerdeführerin im seinerzeitigen Verfahren unterlassen.
Die belangte Behörde hat daher ohne Rechtsirrtum ausgesprochen, dass ein Verschulden der Beschwerdeführerin nicht ausgeschlossen werden kann. Damit hat sie klar zum Ausdruck gebracht, dass sie die Sachverhaltsvoraussetzung des § 69 Abs. 1 lit. b AVG 1950 "Beweismittel ..., die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten", nicht als gegeben erachte.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs.1 VwGG 1965 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 Abs. 2 lit. b und Abs. 3, 48 Abs. 2 lit. a und b, Abs. 3 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 31. Oktober 1977, BGBl. Nr. 542, insbesondere deren Art. III Abs. 2. Das Kostenmehrbegehren der mitbeteiligten Partei war abzuweisen, weil Umsatzsteuer und Einheitssatz bereits im Pauschalbetrag für Schriftsatzaufwand enthalten sind (vgl. Beschluss vom 29. September 1965, Slg. N.F. Nr. 6774/A).
Wien, am 23. Oktober 1978
Schlagworte
Wiederaufnahme des Verfahrensnachträgliche VollmachtserteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1978:1977000322.X00Im RIS seit
23.10.1978Zuletzt aktualisiert am
20.09.2016