TE Vwgh Erkenntnis 1979/2/26 1778/78

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.1979
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §12;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §174 Abs1 lita Z6;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §5 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Schima, Dr. Salcher, Dr. Hoffmann und Dr. Hnatek als Richter, im Beisein der Schriftführer Dr. Aigner und Oberlandesgerichtsrat Dr. Gerhard, über die Beschwerde des FG in F, vertreten durch Dr. Helmut Cronenberg, Rechtsanwalt in Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 12. Juni 1978, Zl. 8-253 GA 17/2-1978, betreffend Bestrafung nach dem Forstgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 2.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die belangte Behörde hat mit dem bekämpften Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 einer Berufung des Beschwerdeführers gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung, mit dem der Beschwerdeführer der Übertretung des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975, begangen dadurch, dass im mittleren südlichen Teil seines Waldgrundstückes Nr. n1 der KG F, östlich der in dieser Waldfläche befindlichen Wiese, neben einer Holzhütte auch zwei Kleinautobusse errichtet bzw. abgestellt worden sind, schuldig erkannt und gemäß § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 Forstgesetz 1975 mit einer Geldstrafe im Betrag von S 1.000,--, an deren Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 60 Stunden zu treten hat, bestraft worden war nicht Folge gegeben.

Beide Instanzen des Verwaltungsverfahrens waren davon ausgegangen, dass weder die Errichtung der Holzhütte noch das Abstellen der zwei VW-Busse dem Zweck diene, das Waldgrundstück zu bewirtschaften. Auf Grund eines entsprechenden Vorbringens in der Berufung hat die belangte Behörde noch festgestellt, dass der Beschwerdeführer das erwähnte Waldgrundstück vermietet gehabt habe, die Mieter auf dem Grundstück die Holzhütte errichtet und die zwei Pkw-Kombifahrzeuge abgestellt haben, und der Beschwerdeführer dies zugelassen habe.

In der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging die belangte Behörde von der Überlegung aus, dass der Eigentümer eines Waldgrundstückes die missbräuchliche Benützung des Waldbodens im Sinne des § 17 Abs. 1 leg. cit. durch andere Personen, denen auf Grund eines Vertrages ein zivilrechtliches Verfügungsrecht zukomme, strafrechtlich zu verantworten habe. Die Errichtung der Hütte und die Abstellung der Fahrzeuge auf dem Waldboden stelle eine nach § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 verbotene Verwendung des Waldbodens dar.

Ausgehend von dieser Rechtsansicht erachtete die belangte Behörde Feststellungen über den Inhalt des Mietvertrages und damit die Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens zu dieser Frage für überflüssig.

Durch diesen Bescheid der Berufungsbehörde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht, wegen des geschilderten Sachverhaltes nicht bestraft zu werden, verletzt, und beantragt in der vorliegenden Beschwerde den Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde unter Berücksichtigung der Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift erwogen:

Der Beschwerdeführer vermeint, er hätte für das Verhalten seines Mieters, des Vereines "XY", der ohne sein Wissen die beanstandeten Maßnahmen auf dem Grundstück gesetzt habe, nicht strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden dürfen. Das Verbot des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 und die entsprechende Strafbestimmung des § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 dieses Gesetzes richteten sich nicht nur gegen den Waldeigentümer, sondern gegen jeden, der Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur verwende. Dem Beschwerdeführer hätte daher nur dann ein Verstoß gegen das Rodungsverbot angelastet werden dürfen, wenn bereits der Mietvertrag einen solchen Verstoß dargestellt hätte. Dies sei deshalb nicht der Fall, weil im Punkt IV des Mietvertrages vereinbart worden sei, dass der Mieter nur berechtigt sei, den Mietgegenstand in jeder, den öffentlichrechtlichen Vorschriften entsprechenden Weise zu benützen. Durch diese Bestimmung des Mietvertrages habe sich der Beschwerdeführer jeder Verantwortlichkeit für ein dem Forstgesetz widersprechendes Verhalten seiner Mieter entledigt. Ausgehend von ihrer unrichtigen Rechtsansicht habe es die belangte Behörde verabsäumt, entsprechende Erhebungen über den Inhalt des Mietvertrages anzustellen und dadurch eine Verletzung von Verfahrensvorschriften begangen.

Der Beschwerdeführer gibt selbst zu erkennen, dass sein Grundstück Nr. n1 der KG F im Grundsteuerkataster mit der Kulturgattung Wald bezeichnet ist, und behauptet nicht, dass hinsichtlich jenes Teiles, auf dem die beanstandeten Maßnahmen erfolgt seien, bereits eine Feststellung der Behörde im Sinne der §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 Forstgesetz 1975 vorliege, wonach es sich nicht um Wald handle. Die belangte Behörde hatte daher von der Vermutung des § 3 Abs. 1 Forstgesetz 1975 auszugehen.

Das Verbot des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975, nach dem Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur nicht verwendet verwendet werden darf, umfasst auch das Gebot an den Waldeigentümer, so weit ihm dies überhaupt möglich und zumutbar ist, jeden Eingriff zu verhindern, der mit dem Rodungsverbot unvereinbar ist. Zur Auslegung des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 sind nämlich die im § 12 dieses Gesetzes angeführten Grundsätze heranzuziehen. Danach dient auch die Bestimmung des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 dem Ziel, Waldboden als solchen zu erhalten, und Wald so zu behandeln, dass die Produktionskraft des Bodens erhalten und seine Wirkungen (§ 1 Abs. 1 Forstgesetz 1975) nachhaltig gesichert bleiben. Dem Gesetz ist daher zu entnehmen, dass den Waldeigentümer oder den sonstigen Verfügungsberechtigten eine schon aus der Waldbewirtschaftung und Waldnutzung entstehende, wesentlich weitere Verantwortung trifft als andere Personen, sodass der Waldeigentümer oder der sonstige Verfügungsberechtigte auch schon dann gegen das Verbot des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 verstößt, wenn er schuldhaft die Verwendung seines Waldbodens zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur durch dritte Personen abzuwehren unterlässt. Das Forstgesetz trifft keine Bestimmungen über Art und Ausmaß des erforderlichen Verschuldens für eine Verletzung des Rodungsverbotes, sodass gemäß § 5 Abs. 1 erster Satz VStG 1950 fahrlässiges Verhalten genügt.

Der Beschwerdeführer hat vorgebracht, dass sein Mieter, der Verein "XY" die Holzhütte und die zwei Kleinautobusse deshalb auf dem Waldgrundstück abgestellt habe, um darin Werkzeuge versperrt unterzubringen, weil dieser Verein, wie der Beschwerdeführer an anderer Stelle seiner Ausführungen behauptet, ein Freizeitgelände habe errichten wollen. Die Errichtung eines Freizeitgeländes und die damit verbundenen Maßnahmen, wie die Errichtung von Hütten auf Waldboden, dienen der Waldkultur im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. a bis d Forstgesetz 1975 ebenso wenig (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Februar 1967, Slg.N.F.Nr. 7078/A, und vom 15. März 1976, Zl. 1049/75; Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 30. November 1973, Slg. 7192) wie die Aufstellung von Autobussen auf Waldboden als Werkzeuglager, sodass der Tatbestand des § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 Forstgesetz 1975 an sich hergestellt wäre. Der Tatbestand im Sinne des § 174 Abs. 1 lit. a Z. 6 Forstgesetz 1975, dessen Wesen in der Nichtbefolgung des Rodungsverbotes des § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 besteht, wird insolange verwirklicht, als der nicht durch eine forstbehördliche Bewilligung gedeckte, also gesetzwidrige Zustand, andauert. Die Verletzung des Verbotes, Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) zu verwenden, ist daher, wie der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach erkannt hat (Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 1978, Zlen. 75/78 und 1491, 1493/78), ein Dauerdelikt; dies bedeutet, dass die Herbeiführung und das Bestehenlassen eines bestimmten Erfolges die objektive Tatseite bildet.

Aus den bisherigen Ausführungen ist zu entnehmen, dass sich der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg darauf berufen konnte, dass er sein Waldgrundstück vermietet habe und nach dem Mietvertrag die Mieter verpflichtet seien, das Grundstück den öffentlichrechtlichen Vorschriften entsprechend zu benützen, wenn er es trotz bestehender Möglichkeit und Zumutbarkeit unterlassen hatte, die Verwendung des Waldbodens durch den Mieter zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur von vornherein zu unterbinden oder den Fortbestand dieses Zustandes abzuwenden

Den gegenteiligen Ausführungen des Beschwerdeführers kann daher nicht beigepflichtet werden.

Trotzdem steht der Inhalt des bekämpften Bescheides mit dem Gesetz nicht in Einklang.

Gemäß § 44 a lit. a VStG 1950 hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde im bekämpften Bescheid, den sie vollinhaltlich bestätigt hat, am Spruch des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz nichts geändert. Es ist daher davon auszugehen, dass die belangte Behörde den Spruch des vor ihr bekämpften Straferkenntnisses übernommen hat. Dieser lautete wie folgt:

"Die Forstaufsichtsstation Graz-Ost hat am 28. Juli 1977 festgestellt, dass im mittleren südlichen Teil des Waldgrundstückes Nr. n1, KG F, östlich der in dieser Waldfläche befindlichen Wiese neben einer Holzhütte auch zwei Busse errichtet bzw. abgestellt worden sind. Da nach dem Forstgesetz die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten ist, hat der Beschuldigte als Waldeigentümer eine Verwaltungsübertretung nach § 17 Forstgesetz 1975 begangen.

Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfasste, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder einem Unterlassen bestehen. Dem zitierten Spruch des Straferkenntnisses ist nicht zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer eine Handlung oder eine Unterlassung als erwiesen angenommene Tat angelastet wird. Das Straferkenntnis bringt nur zum Ausdruck, dass am 28. Juli 1977 festgestellt worden sei, dass im Waldgrundstück des Beschwerdeführers eine Holzhütte und auch zwei Autobusse errichtet bzw. abgestellt worden sind. Mit keinem Wort wird in der Tatschilderung erwähnt, dass die Errichtung bzw. Abstellung durch den Beschwerdeführer erfolgt sei, oder dass es der Beschwerdeführer trotz Möglichkeit und Zumutbarkeit unterlassen habe, diese Errichtung bzw. Abstellung von vornherein zu verhindern oder abzuwenden. Auch fehlt die Bezeichnung des für die Feststellung der Tathandlung eines Dauerdeliktes wesentlichen Zeitraumes des vom Täter zu verantwortenden rechtswidrigen Zustandes.

Damit ist aber der Bescheid der belangten Behörde mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 und Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 31. Oktober 1977, BGBl. Nr. 542, wobei im Hinblick auf § 59 Abs. 1 und 2 VwGG 1965 kein höherer als der verzeichnete Betrag zuerkannt werden konnte.

Wien, am 26. Februar 1979

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff TatortAndere Einzelfragen in besonderen Rechtsgebieten Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1979:1978001778.X00

Im RIS seit

26.02.1979

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten