TE Vwgh Erkenntnis 1979/11/9 0019/78

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Veröffentlicht am 09.11.1979
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §84 Abs2;
VStG §22 Abs1;
VStG §51 Abs4;

Beachte

Fortgesetztes Verfahren:0103/78 E 7. Dezember 1979;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leibrecht und die Hofräte Mag. onder, Dr. Närr, Dr. Degischer und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Oberkommissär Mag. Gaismayer, über die Beschwerde des Dipl.Ing. FK in G, vertreten durch Dr. Gerald Kleinschuster und Dr. H.G.Medwed, Rechtsanwälte in Graz, Herrengasse 3/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. November 1977, Zl. 11-393/1 K 13/5-1977, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 3.140,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 12. Jänner 1977 - eine vorher erlassene Strafverfügung war auf Grund rechtzeitigen Einspruches des Beschwerdeführers außer Kraft getreten - wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe, wie von Gendarmeriebeamten am 15. April 1976 erhoben worden sei, vor ungefähr zwei Jahren (eine) von der Firma "XY" auf dem Wiesengrundstück des Grundbesitzers Fritz P., R n, in einer Entfernung von 24 m von der Schnellstraße entfernt aufgestellte Großplakatwand mit Plakaten bekleben lassen. Zur Zeit der Erhebung seien folgende Plakate an den Tafeln angebracht gewesen: 1.) "Im Blickpunkt GOLF Sonderserie Black & White & Silber. Besuchen Sie jetzt Ihren VW Partner." Abgebildet seien drei Pkw, Marke Golf, auf gelbem, Grund. 2.) "2. Internationales MOTO-CROSS Samstag, 1. Mai 1976 in Schloss Waasen." Acht Kleinplakate. 3.) "Ein Juwel der Baukunst. Besuchen Sie die Grazer Altstadt." Bildliche Darstellung des Landhauses. Der Beschwerdeführer habe als Verantwortlicher der Firma, wie aus dem Gewerberegister festgestellt worden sei, dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 84 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, in der für den Beschwerdefall maßgebenden Fassung (StVO), begangen. Gemäß § 99 Abs. 4 lit. i StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (48 Stunden Ersatzarreststrafe) verhängt. Auf Grund rechtzeitiger Berufung des Beschwerdeführers behob die Steiermärkische Landesregierung dieses Straferkenntnis mit Bescheid vom 11. März 1977 gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung, weil es diese unterlassen habe, genaue Feststellungen darüber zu treffen, ob sich die Werbungen oder Ankündigungen innerhalb des Ortsgebietes, wie dies vom Beschwerdeführer behauptet wurde, oder aber außerhalb eines Ortsgebietes, jedoch innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand, befinden.

In der Folge erkannte die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung mit Straferkenntnis vom 13. Juli 1977 den Beschwerdeführer schuldig, er sei für folgende Werbungen und Ankündigungen verantwortlich, die auf dem Wiesengrundstück des Grundbesitzers P., R n, in einer Entfernung von 24 m vom Fahrbahnrand der Schnellstraße S 35 (westlich derselben), die in diesem Bereich Freilandstraße sei, auf einer großformatigen, nordseitig beklebten Reklamewand, wie Erhebungen am 15. April 1976 ergeben hätten, angebracht seien: "Im Blickpunkt GOLF Sonderserie Black & White & Silber. Besuchen Sie jetzt Ihren VW Partner."

Abgebildet seien drei Pkw, Marke Golf, auf gelbem Grund. "2. Internationales MOTO-CROSS Samstag, 1. Mai 1976 in Schloss Waasen." Acht Kleinplakate, "Ein Juwel der Baukunst. Besuchen Sie die Grazer Altstadt." Bildliche Darstellung des Landhauses. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 84 Abs. 2 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 4 lit. i StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-

- (48 Stunden Ersatzarreststrafe) verhängt. Zur Begründung wurde im wesentlichen angeführt, gemäß § 84 Abs. 2 StVO seien Werbungen und Ankündigungen außerhalb von Ortsgebieten an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Die gegenständliche Reklamewand befinde sich, gesehen von der Schnellstraße S 35, in einem weitaus geringeren Abstand als 100 m vom Fahrbahnrand derselben. Auf der Schnellstraße seien in diesem Bereich keine Ortstafeln aufgestellt, weshalb die "S 35" als Freilandstraße anzusehen sei. Das Argument, dass die gegenständliche Reklamewand nur 64 m vom Fahrbahnrand der Begleitstraße "L 121" Ortsgebiet R aufgestellt sei, habe auf den gegenständlichen Übertretungstatbestand nach § 84 Abs. 2 StVO, bezogen auf die "S 35", keine Bedeutung. Nachdem Werbe- und Ankündigungsplakate von der gegenständlichen Reklamewand noch nicht entfernt worden seien bzw. jeweils neue, stets genau beschriebene Werbe- und Ankündigungsplakate aufgezogen würden, gehe der Einwand der Verjährung ins Leere. Hinsichtlich der Person des Beschwerdeführers werde auf § 9 VStG und die Eintragung im Handelsregister beim Handels(richtig wohl Landes)gericht für Zivilrechtssachen in Graz unter Zl. B 825 verwiesen. Bei dem Inhalt der vorzitierten Plakate handle es sich eindeutig um Werbungen bzw. Ankündigungen im Sinne des § 84 Abs. 2 StVO und es sei daher der strafbare Tatbestand als erwiesen anzunehmen. Auf die Einkommensverhältnisse habe nicht Bedacht genommen werden können, da keine Angaben darüber gemacht worden seien.

In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung stellte der Beschwerdeführer den - soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung - Berufungsantrag, das angefochtene Straferkenntnis

1.) aufzuheben und zur neuerlichen Entscheidung nach Ergänzung des Verfahrens durch Vornahme eines Lokalaugenscheines an die Erstinstanz zurückzuweisen oder 2.) dahin gehend abzuändern, dass das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 VStG 1950 eingestellt und das ergangene Straferkenntnis behoben werde.

Mit Bescheid vom 18. August 1977 behob die Steiermärkische Landesregierung das angefochtene Straferkenntnis gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung zurück. Zur Begründung wurde im wesentlichen angeführt, dem Beschwerdeführer seien von der Vorinstanz zwei Übertretungen des § 84 Abs. 2 StVO angelastet worden, zumal behauptet worden sei, dass er für 10 Werbungen und Ankündigungen am Tatort verantwortlich sei. Die Vorinstanz habe über ihn jedoch nur eine Geldstrafe verhängt, obwohl gemäß § 22 Abs. 1 VStG 1950 bei Vorliegen mehrerer selbstständiger Verwaltungsübertretungen die Strafen nebeneinander, somit zehn Strafen zu verhängen gewesen wären. § 22 VStG 1950 normiere ausdrücklich, dass die Strafen nebeneinander zu verhängen seien, wenn jemand durch verschiedene selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen habe. Entgegen diesem Kumulationsprinzip habe die Vorinstanz jedoch für alle zehn Übertretungen nur eine Geldstrafe verhängt. Die Berufungsbehörde sei daher der Ansicht, dass auch dem gegenständlichen Bescheid ein solcher wesentlicher Verfahrensmangel anhafte, der von der Berufungsbehörde selbst nicht behoben werden könne. Das angefochtene Straferkenntnis habe daher anlässlich der rechtzeitig eingebrachten Berufung behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen werden müssen. (Dieser Bescheid wurde erst später auf Grund einer dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1978, Zl. 2351/77, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes im wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, dass die belangte Behörde nicht berechtigt war, mit Behebung gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 vorzugehen, weil die in dieser Bestimmung festgelegten Voraussetzungen nicht gegeben waren.)

Die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung sprach in der Folge mit Straferkenntnis vom 6. September 1977 aus, der Beschwerdeführer habe als Verantwortlicher der Fa. XY Ges.m.b.H., wie eine am 15. April 1976 durchgeführte Erhebung ergeben habe, auf dem Wiesengrundstück des Fritz P., R n, in einer Entfernung von 24 m vom Fahrbahnrand der Schnellstraße S 35 (westlich derselben) außerhalb des Ortsgebietes, ohne behördliche Ausnahmebewilligung nach § 84 Abs. 3 StVO 1960, auf einer großformatigen nordseitig beklebten Plakatwand 1. (verbunden mit einer bildlichen Darstellung des Grazer Landhauses) - die Werbung "Ein Juwel der Baukunst" mit der Ankündigung "Besuchen Sie die Grazer Altstadt", 2. - 9. je eine Ankündigung "2. Internationales Motocross, Samstag, 1. Mai 1976 in Schloss Waasen" (8 Kleinplakate), 10. die Werbung " im Blickpunkt Golf Sonderserie Black & White & Silber" mit der Ankündigung "Besuchen Sie jetzt Ihren VW-Partner" anbringen lassen und es werde über den Beschwerdeführer wegen der unter 1. - 10. begangenen Übertretungen nach §§ 7 und 9 VStG 1950 in Verbindung mit § 84 Abs. 2 StVO 1960 und § 99 Abs. 4 lit. i leg. cit. je eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe je 48 Stunden = zusammen S 10.000,--, 20 Tage) verhängt. Zur Strafbemessung wurde begründend ausgeführt, es seien die einschlägigen Vorstrafen als erschwerend zu werten, auf die Einkommensverhältnisse habe nicht Bedacht genommen werden können, da keine Angaben darüber gemacht worden seien und die Strafe entspreche dem Verschulden.

In der gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer u.a. aus, dass das Straferkenntnis u.a. gegen den fundamentalen Grundsatz des Verbotes der reformatio in peius verstoße, da ein ausschließlich zu Gunsten des Bestraften ergriffenes Rechtsmittel niemals zu einer strengeren Bestrafung führen könne.

Mit Bescheid vom 15. November 1977 gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 6. September 1977 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass gegen das Verbot der "reformatio in peius" - entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Meinung - nicht verstoßen worden sei, wenn im zuletzt bekämpften Straferkenntnis eine höhere Strafe verhängt worden sei, da das ursprüngliche Straferkenntnis wegen Nichtbeachtung der Bestimmung des § 22 VStG 1950 durch die belangte Behörde außer Kraft getreten und das seinerzeitige Berufungsverfahren hiemit abgeschlossen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:

Gemäß § 84 Abs. 2 StVO 1960 sind außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdeführer, geht man vom Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 12. Jänner 1977 aus, durch das Anbringen dreier, inhaltlich verschiedener Plakate - noch dazu, wenn diese zu verschiedenen Zeiten aufgemacht wurden - auf einer einzigen Plakatwand die Übertretung des § 84 Abs. 2 StVO dreimal oder nur einmal begangen hat. Auf keinen Fall ist es aber zulässig, den Umstand, dass ein und dasselbe Plakat auf einer Plakatwand zum gleichen Zeitpunkt in achtfacher Ausfertigung angebracht wird, als die achtmalige Begehung der Übertretung des § 84 Abs. 2 StVO zu werten, wie dies die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid getan hat. (Vgl. hiezu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. Juni 1969, Slg. N. F. Nr. 7584/A, und vom 18. September 1973, Zlen. 269, 271/72.) Die belangte Behörde hat daher schon deshalb ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastest, weil sie - in Widerspruch mit der Rechtsprechung - von der Rechtsansicht ausgegangen war, dass der Beschwerdeführer durch das Anbringen von acht völlig gleichartigen Kleinplakaten an einer Stelle acht (gesondert zu bestrafende) Verwaltungsübertretungen nach § 84 Abs. 2 StVO 1960 begangen hat, obwohl es sich bei den in Rede stehenden acht Kleinplakaten "2. Internationales MOTO-CROSS Samstag, 1. Mai 1976 in Schloss Waasen" offensichtlich und offenkundig nur um eine Werbung bzw. Ankündigung und somit lediglich um ein (fortgesetztes) Delikt handelt.

Aber auch das Beschwerdevorbringen, der in Beschwerde gezogene Bescheid sei deshalb rechtswidrig, weil er gegen den Grundsatz des Verbotes der reformatio in peius verstoße, erweist sich als zutreffend.

Es ist - wie bereits dargelegt - davon auszugehen, dass über den Beschwerdeführer wegen der von ihm am Tatort und zur Tatzeit gesetzten Taten von der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung mit Straferkenntnis vom 12. Jänner 1977 eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe 48 Stunden) verhängt und dieses Straferkenntnis auf' Grund einer vom Beschwerdeführer ergriffenen Berufung gemäß § 66 Abs. 2 AVG 1950 wegen Nichtbeachtung der Bestimmung des § 22 VStG 1950 behoben wurde. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 6. September 1977, welches von der belangten Behörde mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid bestätigt worden war, wurden dieselben Tathandlungen des Beschwerdeführers als zehn Verwaltungsübertretungen gewertet und über ihn zehn Geldstrafen in Höhe von je S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe jeweils 48 Stunden), zusammen also Geldstrafen in Höhe von S 10.000,-- (Ersatzarreststrafe zusammen 20 Tage) verhängt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem Erkenntnis vom 9. Jänner 1928, Slg. Nr. 15.057/A, ausgeführt und in ständiger Rechtsprechung (siehe etwa das Erkenntnis vom 9. Juni 1949, 1515/48, Slg. N. F. Nr. 890/A) festgehalten hat, ist es ein allgemeiner Grundsatz jedes Strafverfahrens, dass ein ausschließlich zu Gunsten des Verurteilten ergriffenes Rechtsmittel niemals zu einer strengeren Verurteilung führen darf, als dies durch das angefochtene Straferkenntnis geschehen war. Durch dieses so genannte Verbot der "reformatio in peius" soll verhindert werden, dass der Betroffene von der Ergreifung einer Berufung durch die Möglichkeit einer strengeren Bestrafung abgehalten wird. Die Bestimmungen des § 66 Abs. 4 AVG, die gemäß § 24 VStG auch für den Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens Anwendung finden, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, berechtigen zwar die Berufungsinstanz, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Da indes im § 51 Abs. 4 VStG ausdrücklich festgesetzt ist, dass die Berufungsbehörde die verhängte Strafe auch in eine Geldstrafe umwandeln oder diese ganz nachsehen kann - was doch nicht besonders gesagt werden musste, wenn das Abänderungsrecht nach § 66 Abs. 4 AVG unbeschränkt in das Strafverfahren übernommen werden sollte -, so ergibt sich folgerichtig daraus, dass das Gesetz eine Verschlechterung der Lage des Berufungswerbers durch die Rechtsmittelinstanz ausschließen wollte. Demnach besteht das Verbot der reformatio in peius auch dann, wenn die vom Verurteilten ergriffene Berufung zunächst zur Behebung des ergangenen Straferkenntnisses geführt hat und sodann die Behörde neuerlich eine Strafe ausspricht. Da die belangte Behörde dies im vorliegenden Fall verkannte, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben, ohne dass auf das übrige Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste. Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte im Hinblick darauf, dass Bescheide, in denen gegen das Verbot der reformatio in peius verstoßen wird, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben sind, gemäß § 39 Abs. 2 lit. d VwGG 1965 abgesehen werden. (Siehe etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Februar 1979, Zl. 1144/78, und vom 30. Oktober 1978, Zl. 599/76; auf die das unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, verwiesen wird.)

Im übrigen wird bemerkt, dass sich infolge des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. Mai 1978, Zl. 2351/77, mit welchem der Bescheid der belangten Behörde vom 18. August 1977 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden ist, die Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 13. Juli 1977 - nach der Aktenlage - als noch nicht erledigt darstellt. Das heißt mit anderen Worten, dass dieses Straferkenntnis wieder in Wirksamkeit getreten, jedoch als noch nicht rechtskräftig - weil mit Berufung angefochten - anzusehen ist. Dies hat aber zur Folge, dass hinsichtlich des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 6. September 1977 gemäß § 45 VStG 1950 vorzugehen sein wird, da sonst gegen den das Strafrecht beherrschenden Grundsatz des "ne bis in idem" verstoßen würde.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965, in der Fassung des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1976, BGBl. Nr. 316, in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 31. Oktober 1977, BGBl. Nr. 542. Das Mehrbegehren, betreffend die über den Pauschalbetrag hinausgehende Umsatzsteuer sowie die weiteren Stempelgebühren im Ausmaß von S 140,--, war deshalb abzuweisen, weil die Umsatzsteuer bereits im Pauschalbetrag für den Schriftsatzaufwand enthalten ist (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 29. September 1965, Slg. N. F. Nr. 6774/A) und für eine Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde als Eingabe (§ 14 TP 6 Abs. 1 Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267, in der seit 1. Jänner 1977 geltenden Fassung, BGBl. Nr. 668/1976) der Stempelgebührenersatz auch dann nur S 70 beträgt, wenn die Beschwerde aus mehreren Bogen besteht (vgl. den hg. Beschluss vom 18. Oktober 1977, Zl. 1214/77). Wien, am 9. November 1979

Schlagworte

Verbot der reformatio in peius

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1979:1978000019.X00

Im RIS seit

12.08.2003

Zuletzt aktualisiert am

08.04.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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