TE Vwgh Erkenntnis 1979/12/21 3131/79

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Veröffentlicht am 21.12.1979
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Index

80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §16 Abs1;
ForstG 1975 §16 Abs2 litc;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §172 Abs6 litb;
ForstG 1975 §172 Abs6;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 3132/79

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Schima, Dr. Salcher, Dr. Hoffmann und Dr. Hnatek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Aigner, über die Beschwerde der EZ in W, vertreten durch Dr. Anton Gradischnig und Dr. Peter Gradischnig, Rechtsanwälte in Villach, Moritschstraße 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 29. Oktober 1979, Zl. 10-R- 607/2/79, betreffend Vorkehrungen zur Verhinderung und Abstandnahme von Waldverwüstungen gemäß § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 27. Juli 1979 hatte die Bezirkshauptmannschaft Villach der Beschwerdeführerin gemäß § 172 Abs. 6 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440 (FG 1975), zur Verhinderung und Abstandnahme von Waldverwüstungen aufgetragen, alle Arbeiten auf dem südlichen Teil der Parzelle Nr. n1, KG. W, zwischen dem Forstaufschließungsweg W und der südlichen Parzellengrenze, insbesondere die weitere Überschüttung mit Gesteinsmaterial, die Errichtung von Fundamenten und sonstige Betonierungsarbeiten und die Anlegung von Etagen einzustellen. Die Bezirkshauptmannschaft Villach hatte diesen Bescheid damit begründet, dass durch die angeführten Maßnahmen nicht nur die Verpflichtung zur Sanierung außer acht gelassen, sondern überdies eine Waldverwüstung begangen werde, welche eine Wiederbewaldung wesentlich erschwere und im Bereich der betonierten Schotterbetriebsanlage fast unmöglich mache. Die belangte Behörde gab der von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950, in Verbindung mit § 172 Abs. 6 FG 1975, nicht Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Begründung, die Behörde erster Instanz habe in richtiger Erkennung der Rechtslage die Einstellung weiterer Abbaumaßnahmen verfügt, um eine weitere Waldverwüstung zu verhindern und eine Wiederaufforstung zu ermöglichen. Von der Beschwerdeführerin seien die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 9. September 1977 erteilten Auflagen, nach beendetem Abbau das Arbeitsplateau im unteren Bereich der Parzelle Nr. n1, KG. W, bis 30. Juni 1979 zu humusieren und aufzuforsten bzw. die Abbaufläche selbst, soweit möglich, wiederaufzuforsten und zu begrünen, nicht erfüllt worden. Die Beschwerdeführerin habe nicht nur diesen Auflagen nicht entsprochen, sondern überdies ohne Bewilligung im südlichen Teil der Rodefläche einen Zufahrtsweg errichtet, nördlich davon Betonierungsarbeiten für eine Schottersiebanlage aufgenommen, zwei Baubaracken und Treibstofftanks errichtet und nördlich der Schottersiebanlage zusätzlich eine weitere Etage angelegt, um die schon aufgestellte Schotterbrechanlage in Betrieb zunehmen. Auf Grund dieser Sachlage habe die Behörde erster Instanz zu Recht im Sinne des § 172 Abs. 6 FG 1975 die Einstellung aller Arbeiten auf dem südlichen Teil der Parzelle Nr. n1, KG. W, verfügt, da durch die ohne Bewilligung vorgenommenen Arbeiten auf der gegenständlichen Parzelle eine Waldverwüstung herbeigeführt worden sei und eine Wiederbewaldung wesentlich erschwert und im Bereich der betonierten Schottersiebanlage fast unmöglich gemacht werde. Ein Rodungsansuchen und das auf Grund desselben eingeleitete Rodungsverfahren stelle noch keine rechtskräftige Rodungsbewilligung dar. Erst nach Vorliegen einer solchen Bewilligung hätte die Beschwerdeführerin mit den Arbeiten beginnen dürfen. Die Bauwerke seien ebenso wie der Zufahrtsweg nicht auf der Gesteinshalde, sondern auf produktivem Boden errichtet worden.

Durch diesen Bescheid erachtet sich die Beschwerdeführerin, wie dem Beschwerdeinhalt entnommen werden kann, in ihrem Recht darauf verletzt, dass ihr der ergangene Arbeitseinstellungsauftrag nicht erteilt werde. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben und macht zur Begründung der Beschwerde geltend, beim südlichen Teil der Parzelle Nr. n1, KG. W, habe es sich schon vor erteilter Rodungsbewilligung um eine Gesteinshalde gehandelt, auf der eine Waldverwüstung nicht vorgenommen werden könne, die Beschwerdeführerin habe es anlässlich des Rodungsverfahrens hinsichtlich des nördlichen Teiles der Parzelle Nr. n1, KG. W, freiwillig übernommen, den südlichen Teil dieses Grundstückes bis 30. Juni 1979 zu humusieren und aufzuforsten, soweit dies überhaupt technisch möglich sei. Nachdem sich im Rahmen der erteilten Betriebsstättengenehmigung hinsichtlich des nördlich des Forstaufschließungsweges W gelegenen Teiles der erwähnten Parzelle herausgestellt habe, dass sich der Abbau des Gesteins dort ohne Inanspruchnahme des auch südlich dieses Forstaufschließungsweges gelegenen Teiles des Grundstückes nicht bewerkstelligen lasse, habe die Beschwerdeführerin bereits am 6. April 1979 um die Erteilung einer befristeten Rodungsbewilligung auch auf dem südlichen Teil des Grundstückes angesucht. Diese Bewilligung sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 5. Juni 1979 aus Gründen, die die Beschwerdeführerin für nicht stichhältig halte, versagt worden. Über die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung sei bisher nicht entschieden worden. Durch die Unterlassung einer solchen Entscheidung und durch das Gebot der Einstellung jeglicher Arbeiten auf dem südlichen Teil des Grundstückes werde der Beschwerdeführerin die Ausübung ihrer Betriebsstättengenehmigung in rechtswidriger Weise verhindert. Gehe man von der Tatsache aus, dass der südliche Teil des Grundstückes schon seit vielen Jahren eine reine Gesteinshalde darstelle, so könne von einer Waldverwüstung auf dieser Teilfläche nicht die Rede sein, sodass es an der gesetzlichen Grundlage für die Vorkehrung im Sinne des § 172 Abs. 6 FG 1975 gefehlt habe. Der Beschwerdeführerin hätte lediglich wegen Nichteinhaltung der Auflage innerhalb der gesetzten Frist eine Ersatzvornahme angedroht werden dürfen. Es wäre aber Aufgabe der Berufungsbehörde gewesen, über die Berufung der Beschwerdeführerin betreffend die befristete Rodungsbewilligung raschest zu entscheiden. Fehle es an dem Kriterium der Waldverwüstung, so erweise sich der angefochtene Bescheid hinsichtlich der auferlegten Vorkehrungen als rechtswidrig. Es wäre zumindest Aufgabe des Landeshauptmannes von Kärnten gewesen zu prüfen, inwieweit die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass es sich bei dem südlichen Teil der Parzelle seit Jahren nur um eine Gesteinshalde handle, richtig sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Von der Beschwerdeführerin wird nicht in Abrede gestellt, dass es sich beim südlichen Teil der Parzelle Nr. n1, KG. W, um eine Grundfläche handelt, die Wald im Sinne des Forstgesetzes 1975 darstellt. Andernfalls wäre es auch nicht verständlich, dass die Beschwerdeführerin, wie sie in ihrer Beschwerde selbst ausführt, am 6. April 1979 hinsichtlich dieses Teiles der Parzelle Nr. n1, KG. W, um Erteilung einer befristeten Rodungsbewilligung angesucht hat. Auch schließt der Umstand, dass es sich nach der Behauptung der Beschwerdeführerin um eine Gesteinshalde handle, die Waldeigenschaft nicht aus, sind doch gemäß § 1 Abs. 2 FG 1975 als Wald im Sinne des Abs. 1 auch Grundflächen anzusehen, deren forstlicher Bewuchs infolge Nutzung oder aus sonstigem Anlass vorübergehend vermindert oder beseitigt ist.

Gemäß § 16 Abs. 1 FG 1975 ist jede Waldverwüstung verboten. Dieses Verbot richtet sich gegen jedermann. Gemäß § 16 Abs. 2 lit. c FG 1975 liegt eine Waldverwüstung vor, wenn durch Handlungen oder Unterlassungen die rechtzeitige Wiederbewaldung unmöglich gemacht wird. Gemäß § 172 Abs. 6 lit. b FG 1975 hat die Behörde, wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte und andere Personen, bei Behandlung des Waldes die forstrechtlichen Vorschriften außer acht lassen, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen, wie insbesondere die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen zu veranlassen.

Gemäß § 17 Abs. 1 FG 1975 ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten. Gemäß § 17 Abs. 2 FG 1975 kann die gemäß § 19 Abs. 1 zuständige Behörde unbeschadet der Bestimmung des § 17 Abs. 1 FG 1975 eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

Aus diesen Bestimmungen des Gesetzes ergibt sich, dass der von der Beschwerdeführerin am 6. April 1979 gestellte Antrag auf Erteilung einer befristeten Rodungsbewilligung für den südlichen Teil der Parzelle Nr. n1, KG. W, für die Beurteilung ihres Verhaltens als Waldverwüstung und die Verpflichtung der Behörde, umgehend drohender Waldverwüstung gemäß § 172 Abs. 6 FG 1975 entgegenzuwirken, ohne Bedeutung ist. Erst mit Rechtskraft der erteilten Rodungsbewilligung werden nach Art und Ausmaß der erteilten Bewilligung die gesetzliche Widmung des Waldbodens zu Zwecken der Waldkultur und damit die aus dem Grundsatz, der Walderhaltung entspringenden Pflichten beseitigt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin haftet dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit deshalb, weil die belangte Behörde das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Erteilung einer Rodungsbewilligung nicht als Hindernis für eine Vorkehrung gemäß § 172 Abs. 6 lit. b FG 1975 betrachtete, nicht an.

Im angefochtenen Bescheid wurde von der belangten Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 9. September 1977 die Auflage erteilt worden war, nach beendetem Abbau das Arbeitsplateau im unteren Bereich der Parzelle Nr. n1, KG. W, bis 30. Juni 1979 zu humusieren und aufzuforsten bzw. die Abbaufläche selbst - soweit möglich - wiederaufzuforsten und zu begrünen. Diese Feststellung der belangten Behörde wird in der Beschwerde nicht bestritten; den Ausführungen in der Beschwerde ist vielmehr zu entnehmen, dass sich die anlässlich des Rodungsverfahrens hinsichtlich des nördlichen Teiles der Parzelle Nr. n1, KG. W, der Beschwerdeführerin mit ihrer Einwilligung erteilte Auflage der Wiederbewaldung auf den südlichen Teil dieses Grundstückes, also jenen erstreckt, der vom angefochtenen Bescheid betroffen wird. Mag es sich bei diesem südlichen Teil des Grundstückes daher auch um eine Gesteinshalde handeln, so trifft die Beschwerdeführerin doch, wie im angefochtenen Bescheid festgestellt, eine Wiederbewaldungspflicht, die bis 30. Juni 1979 zu erfüllen gewesen wäre. Nun liegt zwar Waldverwüstung im Sinne des § 16 Abs. 2 lit. c FG 1975 nicht schon dann vor, wenn die Wiederbewaldung nicht rechtzeitig erfolgt, wohl aber bei Herbeiführung oder gesetzwidrigem Dulden von Wiederbewaldungshindernissen in der Natur (vgl. Bobek-Plattner-Reindl, Forstgesetz 1975, Anmerkung 4 zu § 16 FG 1975, Seite 56). Dass die Beschwerdeführerin die ihr im angefochtenen Bescheid angelasteten Handlungen auf dem südlichen Teil der Parzelle Nr. n1, KG. W, wie die Errichtung eines Zufahrtsweges, Betonierungsarbeiten für eine Schottersiebanlage, zwei Baubaracken und Treibstofftanks und Anlegung einer weiteren Etage nördlich der Schottersiebanlage, um die schon aufgestellte Schotterbrechanlage in Betrieb zu nehmen, gesetzt habe, wird von ihr nicht in Abrede gestellt. Darin, dass die belangte Behörde diese Handlungsweise als eine solche betrachtete, die als Wiederbewaldungshindernis droht, weil sie die rechtzeitige Wiederbewaldung unmöglich zu machen geeignet ist, kann eine Rechtswidrigkeit nicht erblickt werden. Die Beschwerdeführerin hat aber auch nicht vorgebracht, dass sich die ihr durch den angefochtenen Bescheid verbotenen Arbeiten etwa auf solche Teile des Grundstückes erstreckten, auf denen die Wiederbewaldung entsprechend der Auflage im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 9. September 1977 nicht möglich sei. Aus dem Umstand, dass der südliche Grundstücksteil eine reine Gesteinshalde darstelle, zieht selbst die Beschwerdeführerin nicht den Schluss der Unmöglichkeit der Wiederbewaldung im Sinne der im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 9. September 1977 erteilten Auflagen, und zwar völlig zu Recht, weil die Auflage, das Grundstück sei zu humusieren, erkennen lässt, dass die Behörde das Grundstück zumindest teilweise als humuslose Gesteinshalde erkannt hatte, auf die sich die Wiederbewaldungspflicht der Beschwerdeführerin erstrecken soll.

Die belangte Behörde ging daher zu Recht davon aus, dass sie gemäß § 172 Abs. 6 lit. b FG 1975 verpflichtet war, umgehend die Fortsetzung der Waldverwüstung zu untersagen.

Daraus ergibt sich, dass selbst dann, wenn die belangte Behörde die im angefochtenen Bescheid enthaltene Feststellung, die gegenständlichen Bauwerke, ebenso wie der Zufahrtsweg, seien entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht auf der Gesteinshalde, sondern auf produktivem Waldboden errichtet worden, getroffen haben sollte, ohne zu prüfen, inwieweit die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass es sich bei dem südlichen Teil der Parzelle seit Jahren nur um eine Gesteinshalde handle, richtig sei, es sich nicht um eine Verletzung von Verfahrensvorschriften im Sinne des § 42 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 handeln könnte, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Somit ließ der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt. Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG 1965 ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen:

Damit ist für die aufrechte Erledigung des von der Beschwerdeführerin gleichzeitig gestellten Antrages gemäß § 30 Abs. 2 VwGG 1965 kein Raum.

Wien, am 21. Dezember 1979

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1979:1979003131.X00

Im RIS seit

28.01.2004

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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