TE Vwgh Erkenntnis 1980/2/14 2945/79

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Veröffentlicht am 14.02.1980
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

VwGG §42 Abs2 lita;
VwGG §42 Abs2 Z1 impl;
WRG 1959 §112 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 3324/79 Fortgesetztes Verfahren: 86/07/0230 E 7. Juli 1987;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Aigner, über die Beschwerde der ML in K, vertreten durch Erich Vlasek, Rechtsanwalt in Kirchdorf an der Krems, Krankenhausstraße 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes, von Oberösterreich vom 2. Oktober 1979, Zl. Wa- 2628/3-1979/Spe, betreffend wasserrechtliche Überprüfung und Feststellung des Erlöschens eines Wasserrechtes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm die Berufung gegen Spruchabschnitt IV des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft K vom 26. April 1979, Zl. WA-44/1951 und Zl. Wa-53/196o, abgewiesen worden ist, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K vom 22. Juli 1952 wurde Dr. SL, dem Ehemann der Beschwerdeführerin, die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung einer Kleinwasserkraftanlage zur Erzeugung elektrischer Energie für den Eigenbedarf am S-bach (1175 m bachaufwärts von der Mündung des Sbaches in die S) auf der GP nn, KG S, erteilt. In der Folge hat der Wasserberechtigte sein Wasserrecht an die Beschwerdeführerin übertragen. Am 21. Mai 1970 beantragte der seinerzeitige Wasserberechtigte namens der Beschwerdeführerin eine Kollaudierung der bestehenden Anlage vorzunehmen und das Wasserrecht in das Wasserbuch einzutragen.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K vom 16. März 1971 wurde der Beschwerdeführerin die wasserrechtliche Bewilligung zur Änderung der Wasserkraftanlage, die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K vom 22. Juli 1952 bewilligt worden ist, und zwar die Erhöhung der Staumauer und die Abänderung der Rohrleitung, der hydromotorischen Einrichtung sowie der Unterwasserführung beim Kraftwerk am S-bach bei Einhaltung bestimmter Auflagen erteilt. Soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, wurde in Punkt 9 die Nebenbestimmung vorgeschrieben:

"Mit den Bauarbeiten kann sogleich nach Eintritt der Rechtskraft des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides begonnen werden. Für die Fertigstellung wird eine Frist von 3 Jahren nach Rechtskraft des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides festgelegt."

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin eine Berufung eingebracht, die sie mit einem am 14. Dezember 1976 bei der Bezirkshauptmannschaft K eingelangten Schriftsatz vom 10. Dezember 1976 zurückgezogen hat, wobei die Beschwerdeführerin der Zurückziehung unter anderem folgendes beigefügt hat:

"Im Sinne des Punktes 9 der Vorschreibungen des Bescheides vom 16. III. 1971, G.Zl. Wa-53/1960, beginnt mit dem oben angeführten Termin die 3-jährige Bauvollendungsfrist, da der angeführte Bescheid G.Zl. Wa-53/1960 nunmehr rechtskräftig geworden ist, nachdem die Berufung zurückgezogen wurde. Wenn die Witterungsverhältnisse einigermaßen entsprechen,wird alles daran gesetzt werden, den Bau im kommenden Jahr zu vollenden."

Mit Kundmachung der Bezirkshauptmannschaft K vom 3. April 1979 wurde eine mündliche Verhandlung zur Feststellung, ob bzw. inwieweit die ausgeführte Anlage mit der erteilten Bewilligung übereinstimmt, für 19. April 1979 anberaumt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K vom 26. April 1979 wurde im Punkt I des Spruches des Bescheides gemäß §§ 98 und 121 WRG 1959 festgestellt, dass die mit Bescheid vom 22. Juli 1952 wasserrechtlich genehmigte Kleinwasserkraftanlage am S-bach mit der wasserrechtlichen Bewilligung nicht übereinstimmend ausgeführt wurde. Im Punkt II des Spruches wurde gemäß §§ 98 und 138 Abs. 2 WRG 1959 die Beschwerdeführerin angewiesen, für die ohne wasserrechtliche Bewilligung vorgenommenen Abänderungen und Erweiterungen der genannten Wasserkraftanlage unter Beachtung bestimmter Vorschreibungen um die nachträgliche Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung anzusuchen oder die konsenslosen Neuerungen zu entfernen. Im Punkt III des Spruches wurde die Beschwerdeführerin gemäß §§ 98, 50 und 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 verpflichtet, bestimmte Arbeiten bis spätestens 30. Juni 1980 durchzuführen. Im Punkt IV des Spruches des Bescheides wurde gemäß §§ 27 Abs. 1 lit. f, 29 Abs. 5 und 98 WRG 1959 festgestellt, dass das mit hieramtlichem Bescheid vom 16. März 1971 erteilte Wasserbenutzungsrecht (Abänderung der Wasserkraftanlage) mit Ablauf des 5. April 1974 erloschen ist. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass alle durch das Erlöschen dieses Wasserbenutzungsrechtes entbehrlich gewordenen, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten ebenfalls erloschen sind.

Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin berufen, im wesentlichen mit der Begründung, dass die Feststellung unter Punkt I unrichtig sei. Auch die Feststellung des Erlöschens des Wasserrechtes in Punkt IV entspreche nicht dem Gesetz, da mit der Zurückziehung der Berufung der Bewilligungsbescheid vom 16. März 1971 erst rechtskräftig geworden sei. Von diesem Zeitpunkt an sei die Bauvollendungsfrist zu berechnen. Demnach werde die 3-jährige Bauvollendungsfrist erst am 10. Dezember 1979 erlöschen. Aus der Zurückziehung der Berufung gehe auch hervor, dass die Beschwerdeführerin um eine Verlängerung der Baufrist bis zu diesem Zeitpunkt angesucht habe. Die Punkte II und III des Bescheides würden mit der Aufhebung des Punktes IV des Bescheides hinfällig werden.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 2. Oktober 1979 wurden gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit den §§ 27, 29, 121 und 138 WRG 1959 die Spruchabschnitte I, II und IV des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft K vom 26. April 1979 vollinhaltlich bestätigt, der Spruchabschnitt III dieses Bescheides jedoch aufgehoben. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, durch die Berufungszurückziehung sei der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K vom 16. März 1971 zwei Wochen nach dem 22. März 1971, also am 5. April 1971, in Rechtskraft erwachsen. Bei Einrechnung der 3-jährigen Bauvollendungsfrist habe diese am 5. April 1974 geendet. Dadurch hätten die mit dem Bewilligungsbescheid genehmigten Anlagen nicht ausgeführt werden können. Auf Grund einer Vorsprache des Vertreters der Beschwerdeführerin bei der Berufungsbehörde sei diesem bei bewilligungsgemäßem und raschem Bau der Anlage eine letztmalige Frist für die Fertigstellung der Anlage bis 31. Dezember 1979 gestellt worden. Bei einem Lokalaugenschein am 28. September 1979 sei festgestellt worden, dass von einem beschleunigten Endausbau nichts zu sehen sei und die Baustelle, auf der trotz Niedrigwasser und Schönwetter nicht gearbeitet worden sei, einen sehr desolaten Zustand aufgewiesen habe. Auf Grund des Ergebnisses dieses Lokalaugenscheines sei es unvertretbar erschienen, dem Weiterbau in der vorgefundenen Art zuzustimmen. Da seitens der Beschwerdeführerin es nicht einmal der Mühe wert gefunden worden sei, dem Lokalaugenschein beizuwohnen, und alle Indizien darauf hindeuten, dass ohne geeignetes Fachwissen und geschulte Arbeitskräfte an diesem Bauwerk weiter gearbeitet werden solle, sei die Feststellung des Erlöschens zu bestätigen gewesen. Die Feststellung im Spruchabschnitt I des Bescheides der Behörde erster Instanz werde zwar bestritten, ohne jedoch irgendwelche Gründe anzugeben. Anlässlich der Überprüfungsverhandlung der Bezirkshauptmannschaft K am 19. April 1979 sei vom Amtssachverständigen für Wasserbautechnik festgestellt worden, dass eine Überprüfung der mit Bescheid aus dem Jahre 1952 bewilligten Anlagen gar nicht mehr möglich sei, da in den Jahren 1953 und 1966 die Anlagen ohne wasserrechtliche Bewilligungen erweitert worden und daher die ehemaligen Bauwerke gänzlich überbaut seien. Da der am 19. April 1979 vorgefundene Bauzustand unbestreitbar keinesfalls den mit Bescheid vom 22. Juli 1952 wasserrechtlich bewilligten Anlagen entsprochen habe, sei diese Feststellung zutreffend. Spruchabschnitt II des Bescheides der Behörde erster Instanz resultiere aus dem Spruchabschnitt über die Feststellung des Erlöschens des mit Bescheid vom 16. März 1971 erteilten Wasserbenutzungsrechtes und entspreche der Gesetzesstelle des § 138 Abs. 2 WRG 1959. Die Aufhebung des Spruchabschnittes III seitens der Berufungsbehörde sei deshalb auszusprechen gewesen, da diese Maßnahmen unter anderem erst dann Platz greifen könnten, wenn bis zum im Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides festgesetzten Zeitpunkt nicht um wasserrechtliche Bewilligung angesucht werde oder die vorgenommenen Neuerungen nicht entfernt wurden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Aus dem Inhalt der Beschwerde ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bekämpft. Sie erachtet sich in ihrem Recht dadurch verletzt, dass festgestellt worden sei, dass das ihr mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft K vom 16. März 1971 verliehene Wasserrecht für erloschen erklärt worden sei. Die in der Berufung angeführte Bauzeit von 3 Jahren ab Rücknahme der Berufung hätte unter allen Umständen als Fristerstreckungsantrag behandelt werden müssen, weil es der Wasserrechtsbehörde jederzeit freistehe, solche Fristen zu verlängern. Die schriftlich eingeräumte Fristerstreckung und Ermächtigung, bis 31. Dezember 1979 den Bau zu vollenden, könne man nicht mit einem Bescheid außer Kraft setzen, bei dem es kein Parteiengehör gegeben habe. Die Bauvollendungsfrist hätte vom Zeitpunkt der Zurücknahme der Berufung berechnet werden müssen.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde eingebrachte Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 112 Abs. 1 WRG 1959 sind zugleich mit der Bewilligung einer Wasseranlage angemessene Fristen für den Baubeginn und die Bauvollendung, bei Wasserbenutzungsanlagen unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 27 Abs. 1 lit. f kalendermäßig zu bestimmen. Erforderlichenfalls können Teilfristen für wesentliche Anlageteile festgesetzt werden. Fristverlängerungen, die durch das Berufungsverfahren notwendig werden, sind von Amts wegen vorzunehmen. Aus dieser gesetzlichen Bestimmung zeigt sich bereits, dass die im Punkt I/9 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft K vom 16. März 1971 bestimmte Bauvollendungsfrist nicht den gesetzlichen Erfordernissen entspricht, da sie einerseits nicht kalendermäßig (also mit Datum) begrenzt ist, andererseits aber auch nicht darin auf die Rechtsfolgen des § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 ausdrücklich hingewiesen worden ist.

Die von der Bezirkshauptmannschaft K bestimmte Bauvollendungsfrist soll 3 Jahre nach Rechtskraft des Bescheides ablaufen. Rechtskraft im allgemeinen heißt Unabänderlichkeit eines staatlichen Aktes, formelle Rechtskraft bedeutet Unanfechtbarkeit. Der Zeitpunkt des Eintrittes der formellen Rechtskraft ist bei einem Bescheid, der noch der Berufung unterliegt, mit dem ungenützten Ablauf der Berufungsfrist, wenn aber, wie im vorliegenden Fall, eine schon eingebrachte Berufung zurückgezogen wird, mit der der Behörde zugekommenen Erklärung des Verzichtes oder der Zurückziehung gegeben. Die Erklärung der Zurückziehung der Berufung ist der Bezirkshauptmannschaft K am 14. Dezember 1976 zugekommen. Mit diesem Datum ist die formelle Rechtskraft des Bescheides vom 16. März 1971 eingetreten. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde endete sohin die Bauvollendungsfrist am 14. Dezember 1979. Hat die belangte Behörde überdies im Sinne des § 112 Abs. 1 letzter Satz WRG 1959 durch mündlich verkündeten Bescheid die Bauvollendungsfrist bis 31. Dezember 1979 verlängert, dann durfte sie keinesfalls vor Ablauf dieser Frist, selbst wenn die Beschwerdeführerin die Bauarbeiten nicht zügig durchgeführt hat, eine Feststellung des Erlöschens des mit dem mehrfach genannten Bescheid vom 16. März 1971 verliehenen Wasserrechtes treffen.

Aus diesen Gründen war daher der angefochtene Bescheid im Umfang des geltend gemachten Beschwerdepunktes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.

Da in der Hauptsache bereits entschieden worden ist, erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 14. Februar 1980

Schlagworte

Ermessen Vorstellungsbehörde (B-VG Art119a Abs5)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1980:1979002945.X00

Im RIS seit

22.01.2004

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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