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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art131a;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 1716/80Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Karlik und Dr. Herberth als Richter, im Beisein der Schriftführer Magistratsrat Dr. Thumb und Mag. Novak, in der Beschwerdesache des G V in W, gegen eine von einem Organ des Magistrates der Stadt Wien vorgenommene Vollstreckungshandlung in Form einer Gehaltsexekution hinsichtlich von Teilen der Bezüge des Beschwerdeführers für den Monat November 1976, den Beschluss gefasst:
Spruch
1) Das Verfahren über den Antrag des Beschwerdeführers, die angefochtene Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt des Magistrates der Stadt Wien gemäß § 42 VwGG 1965 für rechtswidrig zu erklären, wird eingestellt.
2) Der Antrag, die Gemeinde Wien bei Zwang schuldig zu erklären, dem Beschwerdeführer S 1.820,90 samt 7,33 % Inflationsabgeltung ab 1. November 1976 zurückzuerstatten, wird zurückgewiesen:
3) Das Aufwandersatzbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.
Begründung
Mit seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131a B-VG machte der Beschwerdeführer geltend, durch gesetzwidrige Vollstreckungshandlungen seien Teile seiner Bezüge in der Höhe von S 1.820,90 beschlagnahmt und zu Gunsten des Magistrates der Stadt Wien durch das Zentralbesoldungsamt eingezogen worden. Eine Vollstreckungsverfügung nach den Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1950 (VStG) sei ihm nicht zugestellt worden, so daß die gesetzte Vollstreckungshandlung eine faktische Amtshandlung darstelle. Er beantragte, der Verwaltungsgerichtshof möge
"a) die angefochtene Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt des Magistrates der Stadt Wien gemäß § 42 VwGG 1965 für rechtswidrig erklären,
b) aussprechen, dass die Gemeinde Wien bei Zwang schuldig sei, dem Beschwerdeführer S 1.820,90 samt 7,33 % Inflationsabgeltung ab 1. 11. 1976 zurückzuerstatten,
c) erkennen, dass die Gemeinde Wien bei Zwang schuldig sei, dem Beschwerdeführer den Aufwandersatz gemäß der Verordnung des Bundeskanzlers vom 19. Dezember 1974, BGBl. Nr. 4/1975, zu leisten".
In einer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 144 B-VG beantragte der Beschwerdeführer, dieselbe faktische Amtshandlung als verfassungswidrig aufzuheben. Über diese Beschwerde erkannte der Verfassungsgerichtshof am 29. Februar 1980 zu Zl. B 66/77, der Beschwerdeführer sei dadurch, dass der Magistrat der Stadt Wien im Oktober 1976 bewirkt habe, dass der Dienstgeber des Beschwerdeführers einen Geldbetrag von S 1.820,90 aus den Bezügen des Beschwerdeführers einbehalten und der Stadt Wien überwiesen habe, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Durch dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ist der in der vorliegenden Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof in erster Linie gestellte Antrag des Beschwerdeführers gegenstandslos geworden. Der Beschwerdeführer könnte durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes im Sinne seines Antrages nicht günstiger gestellt werden als durch das angeführte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, mit dem die Rechtswidrigkeit der faktischen Amtshandlung ausgesprochen worden ist. An einem Ausspruch des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 42 Abs. 4 VwGG 1965 kann, nachdem der Verfassungsgerichtshof die faktische Amtshandlung bereits für rechtswidrig erklärt hat, kein rechtliches Interesse mehr bestehen. Der Beschwerdeführer hat sich zwar über Anfrage nicht für klaglos gestellt erklärt, doch wird der Verwaltungsgerichtshof durch diese Stellungnahme nicht gehindert, die Beschwerde als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren in dieser Richtung einzustellen (vgl. auch Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, 2. Auflage, S. 40, Anm.2).
Für die Geltendmachung des im zweiten Antrag des Beschwerdeführers geltend gemachten Anspruches auf Rückerstattung der einbehaltenen Bezüge ist der Verwaltungsgerichtshof unzuständig. Es handelt sich dabei um einen vermögensrechtlichen Anspruch gegenüber einer Gebietskörperschaft, der weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen ist, weshalb nur eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art. 137 B-VG hiefür in Frage käme. Eine Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes für vermögensrechtliche Ansprüche gegen Gebietskörperschaften ist hingegen selbst im Falle der Feststellung einer rechtswidrigen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 a B-VG nicht gegeben. Die Beschwerde musste daher in diesem Umfang wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen werden.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz an den Beschwerdeführer kommt im Beschwerdefall schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich nicht um einen Fall der Klaglosstellung im Sinne des § 33 Abs. 1 VwGG 1965 handelt. Richtet sich eine gemäß § 131a B-VG erhobene Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, so tritt eine Klaglosstellung weder durch das Aufhören des rechtswidrigen Zustandes noch durch die Feststellung der Rechtswidrigkeit mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes ein (vgl. hiezu auch Dolp, S 40). Somit ist die Beschwerde zwar gegenstandslos geworden, nicht jedoch durch eine Klaglosstellung des Beschwerdeführers. Das aber hat, wie der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Zl. 1809/77, ausgesprochen hat, zur Folge, dass der Verwaltungsgerichtshof zwar das Beschwerdeverfahren einzustellen hat, nicht aber, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines Kostenersatzanspruches an den Beschwerdeführer in Anwendung der §§ 47, 48 Abs. 1 und 56 erster Satz VwGG 1965 vorliegen würden. Im Falle des Beschwerdeführers kommt vielmehr ausschließlich § 58 VwGG 1965 zur Anwendung, wonach, da die vorzitierten Gesetzesbestimmungen auf ihn keine Anwendung finden, jede Partei den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat.
Wien, am 30. Juni 1980
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1980:1977000260.X00Im RIS seit
23.04.2003Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008