TE Vwgh Erkenntnis 1981/6/22 3271/80

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Veröffentlicht am 22.06.1981
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §105 litf;
WRG 1959 §117;
WRG 1959 §41 Abs4;
WRG 1959 §65 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy, über die Beschwerde des PM in H, vertreten durch Dr. Luitpold Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, Kirchstraße 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 26. August 1980, Zl. VIb-123/5-1980, betreffend Einräumung von Zwangsrechten und wasserrechtliche Entschädigung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde H), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligte Gemeinde hat bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz um die wasserrechtliche Bewilligung für die Regulierung des Z-baches in H von km 0.000 - km 1.750 angesucht und für dieses Projekt auch die nach § 4 Abs. 3 des Vorarlberger Landschaftsschutzgesetzes erforderliche Bewilligung erwirkt. Da für diese Regulierung auch Grund und Boden aus dem Eigentum des Beschwerdeführers benötigt wurde, dieser aber mit dem Umfang der Grundinanspruchnahme nicht einverstanden war, stellte die mitbeteiligte Gemeinde am 6. Juni 1978 bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz den Antrag, das dafür erforderliche Enteignungsverfahren einzuleiten. Wegen der Dringlichkeit des Projektes erteilte die Bezirkshauptmannschaft über Antrag der Projektswerberin mit Bescheid vom 5. Februar 1979 (berichtigt mit Bescheid vom 15. Februar 1979) die Bewilligung zur Teilregulierung des Z-baches von km 0.055 - km 0.785, also vorerst nur für solche Regulierungsmaßnahmen, deren Vornahme durch die Zustimmung der Grundeigentümer gedeckt war. Hinsichtlich des zulässigen Umfanges der Begründung von Zwangsrechten gegenüber dem Beschwerdeführer und über die Höhe der diesem dafür zu leistenden Entschädigung führte die Bezirkshauptmannschaft ein Ermittlungsverfahren durch, in dessen Verlauf es aber weiterhin nicht gelang, eine gütliche Einigung herbeizuführen.

Dieses Verfahren schloss die Bezirkshauptmannschaft mit dem Bescheid vom 28. Dezember 1979 ab, in dessen Spruchpunkt I. sie der Regulierung des Z-baches auch von km 0.785 - km 1.750 gemäß dem eingebrachten Projekt und verschiedenen Vorschreibungen gemäß §§ 38 und 41 in Verbindung mit §§ 105 und 111 WRG 1959 die wasserrechtliche Bewilligung erteilte. Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde gemäß § 60 Abs. 3 und § 65 WRG 1959 zu Gunsten der Mitbeteiligten der für die Ausfüllung des Projektes im Bereich der Grundparzellen n1 und n2, KG X, erforderliche Grund, der sich im Allein- bzw. Miteigentum des Beschwerdeführers befindet, insgesamt 248 m2, enteignet. Gleichzeitig wurde im Bereich der Grundparzelle n1 zu Gunsten der Antragstellerin auf einem 1 m breiten Uferstreifen zum Zwecke der Erhaltung und Instandhaltung des projektierten Regulierungswasserbaues das Geh- und Fahrrecht eingeräumt. Im Spruchpunkt III. wurde die für die Begründung dieser Zwangsrechte zu leistende angemessene Entschädigung hinsichtlich der zwangsweisen Grundabtretung mit S 100,-- pro m2 und hinsichtlich der eingeräumten Dienstbarkeit mit S 60,-- pro m2, somit insgesamt mit S 31.760,--, festgesetzt, wobei sich die Wasserrechtsbehörde im Spruchpunkt IV. die Nachprüfung dieser Entschädigungsleistung über Antrag des betroffenen Grundeigentümers gemäß § 117 Abs. 1 WRG 1959 vorbehielt. Im Spruchpunkt V. wurde dem über diese Zwangsrechtsbegründungen hinausgehenden Antrag der mitbeteiligten Gemeinde auf Enteignung von Grund des Beschwerdeführers nicht Folge gegeben. Die weiteren Spruchpunkte VI. bis IX. des erstinstanzlichen Bescheides sind für das verwaltungsgerichtliche Verfahren nicht von Bedeutung.

In der Begründung dieses Bescheides führte die Bezirkshauptmannschaft aus, die mehrfach versuchte Erzielung eines Einvernehmens zwischen dem Beschwerdeführer und der mitbeteiligten Gemeinde in dieser Angelegenheit sei gescheitert. Die Begründung von Zwangsrechten finde ihre Deckung im § 65 WRG 1959, wobei kein Zweifel darüber bestehe, dass das vorgesehene Projekt überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse mit sich bringe. Hinsichtlich des im Projekt vorgesehenen 1 m breiten Begehungsstreifens zum Zwecke der Erhaltung der Regulierungsstrecke vertrete die Wasserrechtsbehörde jedoch die Ansicht, dass diesem Bedürfnis die Einräumung einer Dienstbarkeit an Stelle der Übertragung des Volleigentums Genüge getan werden könne. Die Festsetzung der Entschädigung stütze sich auf das von der Wasserrechtsbehörde eingeholte Gutachten eines Sachverständigen für Land- und Forstwirtschaft.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben und darin ausgeführt, dass über das unbedingt erforderliche Ausmaß hinaus Grundflächen aus seinem Eigentum in Anspruch genommen würden. Das Regulierungsprojekt sehe bis unmittelbar oberhalb der betroffenen Grundstücke des Beschwerdeführers ein Bauwerk mit einer maximalen Breite von ca. 2,20 m, ab dort jedoch ein Bauwerk mit einer Breite von ca. 4,50 m vor, wobei diese Verbreiterung offenbar nicht aus wasserbautechnischen Notwendigkeiten, sondern aus Landschaftschutzgründen vorgesehen sei. Für Maßnahmen des Landschaftsschutzes sehe aber das Wasserrechtsgesetz keine Enteignungsmöglichkeiten vor. Eine weitere Rechtswidrigkeit erblicke der Beschwerdeführer in der Höhe der festgesetzten Entschädigung, welche auf einem fehlerhaften Gutachten beruhe. In der Gemeinde H seien in den letzten Jahren entgegen der Behauptung der Sachverständigen vergleichbare Rechtsgeschäfte abgeschlossen worden, insbesondere seien im Zuge des Baues der Rheintalautobahn auch landwirtschaftlich genutzte Grundstücke verkauft bzw. enteignet worden, wobei der Durchschnittspreis bei S 450,-- bis S 460,-- pro m2 gelegen gewesen sei.

Im Verfahren über diese Berufung holte der Landeshauptmann von Vorarlberg (in der Folge: belangte Behörde) vorerst Grundbuchsauszüge betreffend die von den strittigen Zwangsrechten erfassten Grundstücke des Beschwerdeführers sowie weitere Gutachten eines Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und des gerichtlich beeidigten Sachverständigen für Realitäten RH ein und gab dem Beschwerdeführer die Möglichkeit, zu diesen Beweisergebnissen Stellung zu nehmen. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. August 1980 änderte die belangte Behörde schließlich auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft gemäß § 66 AVG 1950 - allerdings nicht im Sinne der Berufungsausführungen - teilweise ab. Demnach wurden gemäß Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides in Abweichung vom Spruchpunkt II. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft gemäß §§ 60 Abs. 3 und 65 WRG 1959 von der im Hälfteeigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundparzelle n2 ca. 113 m2 und von der in seinem Alleineigentum stehenden Grundparzellen n1 ca. 260 m2 zu Gunsten der Republik Österreich (öffentliches Wassergut) enteignet. Diese Enteignung umfasste demnach auch den für den Begehungsstreifen erforderlichen Grund. Gemäß Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde der Spruchpunkt III. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft dahin gehend abgeändert, dass die mitbeteiligte Gemeinde gemäß § 60 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 117 und 118 WRG 1959 dem Beschwerdeführer eine angemessene Entschädigung in der Gesamthöhe von S 22.620,-- zu leisten habe, wobei die belangte Behörde von einem Grundpreis von S 100,-- pro m2 ausging, davon aber für den bereits bisher vom Gerinne des Z-baches eingenommenen Grund sowie mit Rücksicht auf ein grundbücherlich eingetragenes Gehrecht der mitbeteiligten Gemeinde auch für den als Begehungsstreifen erforderlichen Grund gewisse Abstriche vornahm. Die belangte Behörde behielt sich gemäß § 117 Abs. 1 WRG 1959 die Neufestsetzung der Entschädigung nach Durchführung der Regulierung und Vermessung des Gerinnes, jedoch nur auf Grund der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Quadratmeterpreise, vor. Die Spruchpunkte 3. und 4. des angefochtenen Bescheides schließlich betrafen diese Abänderungen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft entsprechende Korrekturen des erstinstanzlichen Bescheides, welchen die belangte Behörde im übrigen mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte.

Auch die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid bei der Begründung der Zwangsrechte von § 65 WRG 1959 aus, wobei sie sich hinsichtlich des Umfanges der von ihr verfügten Zwangsrechte auf das im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik bezog. Demnach sei nicht nur die vorgesehene Regulierung des Z-baches grundsätzlich im öffentlichen Interesse gelegen, sondern auch die im Bereich der Grundstücke des Beschwerdeführers vorgesehene Verwendung des Profils Nr. 1, für welches eine Grundbreite von 6,4 m benötigt werde, gerechtfertigt. Dieses Profil Nr. 1 (offenes Trapezprofil) entspreche am ehesten den Zielsetzungen des naturnahen Wasserbaues und sei grundsätzlich überall anzuwenden. Ausnahmen würden dann gemacht, wenn eine echte Zwangslage vorliege, wie es zum Beispiel oberhalb der Grundstücke des Beschwerdeführers gegeben sei. Der Zbach verlaufe dort zwischen den Häusern, es habe daher für die Regulierung in diesem Bereich das Platz sparende Ausbauprofil Nr. 2 (Breite des zukünftigen öffentlichen Wassergutes daher 4,4 m) gewählt werden müssen. Es sei in diesem Zusammenhang auch darauf hinzuweisen, dass sowohl der Subventionsgeber Bund als auch das Land grundsätzlich einen naturnahen Wasserbau verlangten und ein betoniertes U-Profil (Profil Nr. 2) im Bereich der Parzellen des Beschwerdeführers weder technisch noch finanziell die Genehmigung der Subventionsgeber finden würde. Aus diesen sachverständigen Ausführungen schloss die belangte Behörde, dass die Finanzierung der Regulierungsmaßnahmen überhaupt nur dann gesichert sei, wenn das im Projekt vorgesehene Regulierungsbauwerk im Bereiche der Grundstücke des Beschwerdeführers zur Ausführung gelange. Eine Änderung der Bachverbauung in der vom Beschwerdeführer gewünschten Art hätte demgegenüber zur Folge, dass weder Bund noch Land finanzielle Mittel für diesen Zweck bereitstellen würden. Der Beschwerdeführer sei auch zu Unrecht der Meinung, dass das Wasserrechtsgesetz für die Belange des Naturschutzes keine Enteignungsmöglichkeit vorsehe, zumal § 105 WRG 1959 unter den öffentlichen Interessen auch solche des Naturschutzes nenne. Eine Behauptung, wonach das Wasserrechtsgesetz Naturschutzbelange außer Betracht lasse, widerspreche daher sowohl dem Buchstaben als auch dem Geist dieses Gesetzes. Auch zur Frage, ob der Begehungsstreifen in der Breite von 1 m beiderseits des Regulierungsgerinnes in das öffentliche Wassergut übertragen werden müsse, schloss sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen an, wonach für die ordnungsgemäße Instandhaltung des Gewässers ein entsprechender Begehungsstreifen erforderlich sei. Die Betreuung von Gewässerstrecken ohne Begehungsstreifen, insbesondere dann, wenn fremder Grund für die Begehung und Betreuung in Anspruch genommen werden müsse, sei verschiedentlich auf Schwierigkeiten gestoßen. Aus diesem Grund habe der Bund als Subventionsgeber bei Regulierungen dieser Größenordnung zumindest einen 1 m breiten beidseitigen Begehungsstreifen für das öffentliche Gut gefordert. Dazu sei darauf hinzuweisen, dass im gesamten Regulierungsbereich dieser Begehungsstreifen in das öffentliche Wassergut übertragen worden sei. Abgesehen davon, dass bei Einräumung nur eines Geh- und Fahrrechtes im Bereiche der Grundstücke des Beschwerdeführers eine unterschiedliche Behandlung der Grundeigentümer entstehen würde, wären damit auch die rechtlichen Verhältnisse hinsichtlich der Grundinanspruchnahme verschieden, was zu Schwierigkeiten bei den notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen führen könnte. Außerdem sei dem Beschwerdeführer auch in der Vergangenheit keine unbeschränkte Nutzungsmöglichkeit dieses Grundstreifens zugestanden; weil im Grundbuch auf der Parzelle n1 die Dienstbarkeit des Fußsteiges zu Gunsten der mitbeteiligten Gemeinde eingetragen sei. Hinsichtlich der Höhe der dem Beschwerdeführer zu leistenden Entschädigung habe die belangte Behörde ein neuerliches Gutachten eingeholt, welchem die belangte Behörde gefolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes erhobene Beschwerde. Als Verfahrensmängel führt der Beschwerdeführer an, die belangte Behörde habe sich im angefochtenen Bescheid nicht mit der Frage auseinander gesetzt, woran die beabsichtigte gütliche Einigung gescheitert sei. Ferner habe es die belangte Behörde unterlassen, dem Verfahren einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet des Naturschutzes beizuziehen. Schließlich stütze sich der angefochtene Bescheid auch hinsichtlich der dem Beschwerdeführer zuerkannten Entschädigung auf ein völlig unzulängliches Sachverständigengutachten. Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird in der Beschwerde darin erblickt, dass die Bezugnahme der belangten Behörde auf § 65 WRG 1959 die Enteignung nur in dem Umfang gerechtfertigt hätte, als sie zur Vermeidung von Hochwasser technisch erforderlich gewesen sei. Für eine aufwendigere Ausführung der Regulierung, als dies technisch zur Erreichung des Schutz- und Regulierungszweckes erforderlich gewesen wäre, könne § 65 WRG 1959 nicht herangezogen werden. Die belangte Behörde habe sich ferner zu Unrecht zur Begründung des Umfanges der von ihr verfügten Zwangsrechte darauf berufen, dass eine weniger aufwendige Ausführung weder technisch noch finanziell die Genehmigung der Subventionsgeber finden würde, zumal anderenfalls die zuständige Wasserrechtsbehörde über die Subventionsrichtlinien des Bundes und des Landes "erpresst" werden könnte. Schließlich sei die belangte Behörde auch bei der Festsetzung der Entschädigung zu einem mit dem Gesetz nicht im Einklang stehenden Ergebnis gelangt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in welcher sie ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde in der von ihr erstatteten Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer hat weder im Verwaltungsverfahren noch in seiner Beschwerde bestritten, dass die Ausführung der Regulierung des Z-baches grundsätzlich im öffentlichen Interesse unternommen wird. Er vertritt jedoch in seiner Beschwerde wie bereits in seiner im Verwaltungsverfahren erhobenen Berufung die Auffassung, dass diesem öffentlichen Interesse an der Regulierung auch auf eine Weise Rechnung getragen werden könnte, die mit einer geringeren Inanspruchnahme seines Grundeigentums verbunden wäre. Tatsächlich lassen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid erkennen, dass auch die belangte Behörde davon ausgegangen ist, dass der Regulierungszweck auch dann erzielt würde, wenn im Bereich der betroffenen Grundstücke des Beschwerdeführers nicht das einen breiteren Grundstreifen in Anspruch nehmende Profil Nr. 1, sondern das Profil Nr. 2, wie auch oberhalb der Grundstücke des Beschwerdeführers, verwendet würde. Allerdings lassen weder der Spruch des angefochtenen Bescheides noch die in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Projektsunterlagen mit der nötigen Eindeutigkeit erkennen, welche Profile in den einzelnen Abschnitten der Regulierung tatsächlich Verwendung finden sollen. Die Notwendigkeit und der Umfang der Enteignung und des Enteignungsgegenstandes hängen aber ebenso von der eindeutigen Festlegung der Ausführungsart im Bescheid ab wie die Antwort auf die Frage, warum gerade im Falle des Beschwerdeführers von der Verwendung des Profils Nr. 2 abgegangen werden soll.

Nach § 41 Abs. 4 WRG 1959 sind Schutz- und Regulierungswasserbauten so auszuführen, dass öffentliche Interessen nicht verletzt werden und eine Beeinträchtigung fremder Rechte vermieden wird. In diesem Sinne schränkt auch § 65 Abs. 1 WRG 1959 die Möglichkeit einer Enteignung zur Ausführung und Erhaltung von Schutz- und Regulierungswasserbauten, die im öffentlichen Interesse unternommen werden, mit den Worten "soweit erforderlich" ein. Damit wurde dem Grundsatz Ausdruck verliehen, dass die Enteignung nur so weit gehen dürfe, als dies für den vorgesehenen Zweck im Interesse des öffentlichen Wohles notwendig ist, dass eine Enteignung demnach nur insoweit Platz greifen darf, als diese Maßnahme zum Zweck der Förderung der nutzbringenden Verwendung der Gewässer oder der Begegnung ihrer schädlichen Wirkungen erforderlich ist (vgl. hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1971, Slg. Nr. 7985/A).

Zur Begründung dafür, dass die Verwendung des Profils Nr. 1 für die Regulierung des Z-baches im Bereiche der Grundstücke des Beschwerdeführers unabdingbar sei, berief sich die belangte Behörde ausschließlich auf das von ihr eingeholte Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen. Aus diesem Gutachten geht allerdings nur hervor, dass das Profil Nr. 1 am ehesten den Zielsetzungen des naturnahen Wasserbaues entspreche und grundsätzlich überall anzuwenden sei. Ausnahmen würden nur bei Vorliegen einer echten Zwangslage gemacht. Auch die Subventionsgeber Bund und Land verlangten grundsätzlich einen naturnahen Wasserbau. Diese Überlegungen gehen jedoch über den Regulierungszweck selbst hinaus und finden ihre Begründung in Gedanken des Natur- und Landschaftsschutzes, auf deren Wahrnehmung sich die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde - von § 105 lit. f WRG 1959 abgesehen - jedoch nicht erstreckt. Damit Enteignungen für Schutz- und Regulierungsbauten nach § 65 WRG 1959 vorgenommen werden dürfen, ist es erforderlich, dass sie selbst und als solche im öffentlichen Interesse liegen, während ein im öffentlichen Interesse liegender Nebenzweck dafür nicht hinreicht (vgl. Grabmayr-Rossmann, Das Österreichische Wasserrecht, 2. Auflage, Anmerkung 1 zu § 65 WRG 1959).

Auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalts kann aber auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine Bewilligung der Regulierung des Z-baches unter Verwendung des Profils Nr. 2 im Bereich der Grundstücke des Beschwerdeführers im Sinne des § 41 Abs. 4 WRG 1959 öffentliche Interessen verletzen würde. Dies wäre nach § 105 lit. f WRG 1959 unter anderem dann der Fall, wenn das Unternehmen auf diese Weise eine wesentliche Beeinträchtigung oder Gefährdung des Naturdenkmales, der ästhetischen Wirkung eines Ortsbildes oder der Naturschönheit mit sich bringen würde. Dies wurde aber im Verwaltungsverfahren nicht geprüft.

Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid mit der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtswidrigkeit des Inhaltes dadurch belastet, dass sie trotz der wasserbautechnisch gegebenen Möglichkeit, das Regulierungsvorhaben mit einem geringeren Aufwand an zu enteignendem Grund des Beschwerdeführers zu bewilligen, dieses Projekt unter Berufung auf § 65 WRG 1959 in der beantragten aufwendigeren Form bewilligte und demgemäß einen entsprechend breiteren Grundstreifen des Beschwerdeführers enteignete, ohne zu prüfen, ob dies vom Standpunkt des Naturschutzes unausweichlich war. Schon aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Dazu kommt, dass der angefochtene Bescheid jede Begründung dafür vermissen lässt, warum im Beschwerdefall die Enteignung nicht zu Gunsten der mitbeteiligten Projektswerberin, sondern zu Gunsten eines am Verfahren gar nicht beteiligten Dritten erfolgen soll.

Zur Enteignung des Begehungsstreifens ist darauf hinzuweisen, dass mit Rücksicht auf die in § 72 WRG 1959 vorgesehene Legalservitut wichtige Gründe dafür sprechen müssten, über diese hinausgehende Zwangsrechte zu Lasten der Anrainer zu begründen. Die im angefochtenen Bescheid zu dieser Frage angeführten Gründe lassen nicht erkennen, dass zur Erhaltung der geplanten Regulierungsbauten die Enteignung von landwirtschaftlichem Grund im Sinne der oben angeführten gesetzlichen Bestimmungen erforderlich wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich überdies zu dem Hinweis veranlasst, dass der angefochtene Bescheid hinsichtlich der Ermittlung der dem Beschwerdeführer zuerkannten Entschädigung der Höhe nach nicht auf einem einwandfreien Verfahren beruht. Die belangte Behörde hat offenbar die vom Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid geltend gemachten Bedenken gegen die Vollständigkeit der Ausführungen des in erster Instanz beigezogenen Sachverständigen zur Frage der Angemessenheit der Entschädigung geteilt, da sie sich veranlasst sah, im Berufungsverfahren einen weiteren Sachverständigen zu dieser Frage beizuziehen. Der in erster Instanz beigezogene Sachverständige hat nämlich seine Annahme eines Bodenwerts für landwirtschaftliche Gründe im Ortsbereich mit S 100,-- nicht weiter begründet, wohl aber auf ein Fehlen echter Vergleichspreise hingewiesen. Dieser Grundpreis von S 100,-- pro m2 liegt auch dem angefochtenen Bescheid zu Grunde, wobei sich die belangte Behörde auf das von ihr eingeholte, mit dem bereits vorliegenden übereinstimmende Gutachten berief. Der Beschwerdeführer weist aber zutreffend darauf hin, dass sich die Begründung der Höhe dieses Quadratmeterpreises im Gutachten des Sachverständigen H darin erschöpft, dass dieser Quadratmeterpreis laut Aussage des Bürgermeisters als angemessen zu bezeichnen sei und akzeptiert werde. Trotz dieser offenbar unzulänglichen Ausführungen der Sachverständigen und der dagegen gerichteten Hinweise des Beschwerdeführers sah sich die belangte Behörde jedoch nicht veranlasst, zur Frage der Höhe einer dem Beschwerdeführer zu gewährenden Entschädigung weitere Ermittlungen anzustellen. Entschädigungen nach dem Wasserrechtsgesetz sind in erster Linie durch Vergleich der enteigneten Grundfläche mit den Preisen gleichartiger Grundstücke zu ermitteln. Da im Beschwerdefall nicht festgestellt wurde, dass in der weiteren Umgebung von H überhaupt keine vergleichbaren Grundstücke veräußert oder enteignet wurden, durfte sich die belangte Behörde nicht auf die oben wiedergegebenen unzulänglichen Gutachten stützen, ohne den Versuch zu unternehmen, durch geeignete Erhebungen eine taugliche Bemessungsgrundlage für die dem Beschwerdeführer zu gewährende Entschädigung zu schaffen. Die Begründung des angefochtenen Bescheides lässt auch jede Auseinandersetzung mit den Hinweisen des Beschwerdeführers auf seiner Auffassung nach vergleichbaren Entschädigungen aus Anlass von Enteignungen beim Autobahnbau vermissen. Diesem Begründungsmangel konnte auch nicht durch Ausführungen im Rahmen der Gegenschrift im verwaltungsgerichtlichen Verfahren abgeholfen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 sowie auf Art. I A Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221/1981.

Wien, am 22. Juni 1981

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1981:1980003271.X00

Im RIS seit

22.01.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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