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L80406 Altstadterhaltung Ortsbildschutz Steiermark;Norm
AltstadterhaltungsG Graz 1974 §3 Abs4;Beachte
Vorgeschichte: 2020/79 E 27. März 1980;Spruch
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Lehne und die Hofräte Dr. Straßmann, DDr. Hauer, Dr. Würth und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissär Dr. Forster, über die Beschwerde der CO KG in G, vertreten durch Dr. Reinhard Hohenberg, Rechtsanwalt in Graz, Schönaugasse 4, gegen den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz, betreffend die Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Bausache, gemäß § 42 Abs. 5 VwGG 1965 in Verbindung mit § 73 AVG 1950 sowie § 3 Abs. 4 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1974 festgestellt, dass die für das Gebäude Graz V, X 8-10, durchzuführenden Instandsetzungsarbeiten wirtschaftlich unzumutbar sind.
Der belangten Behörde wird aufgetragen, den versäumten Bescheid binnen acht Wochen unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung zu erlassen.
Die Landeshauptstadt Graz hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 2.120,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem dem Verwaltungsgeschehen zu Grunde liegenden Antrag der Beschwerdeführerin um Erteilung der Abbruchsbewilligung für das Haus Graz V, X 8-10, hatte sich der Verwaltungsgerichtshof bereits anlässlich der zur Zl. 1340/79 erhobenen Säumnisbeschwerde zu beschäftigen. Damals hatte die belangte Behörde, der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz, den zu erlassenden Bescheid nachgeholt und das Beschwerdeverfahren war mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1979 eingestellt worden. Den das Ansuchen abweisenden Bescheid hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. März 1980, Zl. 2020/79, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Mit Eingabe vom 27. März 1980 führte die Beschwerdeführerin aus, im Sinne der Novelle zum Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1979 seien auch für Objekte im Bereich der Schutzzone I Demolierungsbewilligungen möglich, wenn die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Instandsetzung ausgewiesen sei und der Grazer Altstadterhaltungsfonds die fehlenden finanziellen Mittel nicht im vollen Umfang beisteuere. Der Zustand des Gebäudes der Beschwerdeführerin sei überaus schlecht, Instandhaltungsarbeiten seien wirtschaftlich nicht zumutbar, wie sich bereits aus der bisherigen Aktenlage ergebe. Die Beschwerdeführerin beantragte, den Akt an das Kuratorium des Grazer Altstadterhaltungsfonds zu übermitteln und bescheidmäßig bekannt zu geben, "ob die vollen, verifizierten Fehlmittel zur Instandhaltung zuzüglich des Aufwandes für die Instandhaltung der nächsten zehn Jahre als verlorener Baukostenzuschuss zur Verfügung gestellt werden". Verneinendenfalls beantragte die Beschwerdeführerin die Genehmigung der Abbruchsbewilligung. Im Hinblick auf die neue Rechtslage, so führte die Beschwerdeführerin abschließend aus, handle es sich gegenüber dem bisherigen Antrag um Erteilung einer Demolierungsbewilligung und keine res iudicata.
Zu diesem Antrag gab der Amtssachverständige des Magistrates Graz Hochbauamt - Abteilung Wiederaufbau in einer Äußerung vom 4. Dezember 1980 bekannt, dass in einem Wirtschaftlichkeitsgutachten vom 29. Mai 1978 die notwendige Instandsetzungssumme des gegenständlichen Gebäudes mit S 1,416.000,-- angenommen worden sei. Rechne man zu dieser Summe die inzwischen erfolgten Lohn-Preiserhöhungen und eingetretene Bauzustandsverschlechterungen, gelange man zu einer Instandsetzungssumme, auf der Basis Herbst 1980, von rund S 1,600.000,--. Allerdings liege die tatsächliche Instandsetzungssumme höher und müsste noch genau berechnet werden. Schon mit der angenommenen Mindestsumme wäre eine Instandsetzung wirtschaftlich unzumutbar. Zunächst sei jener Betrag zu ermitteln, den der Altstadterhaltungsfonds leiste.
Mit Eingabe vom 5. Dezember 1980 stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht an den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz. Mit Bescheid vom 10. April 1981 setzte der Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz das Verfahren über den Antrag vom 27. März 1980 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Grazer Altstadterhaltungsfonds über die Gewährung von Förderungsmitteln durch das Kuratorium zur Verwaltung des Grazer Altstadterhaltungsfonds aus. Mit Bescheid des Magistrates Graz als Geschäftsstelle des Grazer Altstadterhaltungsfonds vom 21. April 1981 wurden aus den Mitteln des Grazer Altstadterhaltungsfonds ein Förderungsbetrag von S 95.000,-- (für bestimmte ausdrücklich genannte Instandsetzungsarbeiten) gewährt. Mit einem Schreiben vom gleichen Tag wurden für bestimmte Arbeiten ein weiterer möglicher Förderungszuschuss in der Höhe von S 94.000,-- in Aussicht gestellt und ausgeführt, "außerdem würde, um die Wirtschaftlichkeit der Instandsetzung zu erreichen, ein Förderungszuschuss in der Höhe von S 200.000,-- gewährt werden".
In ihrer Äußerung vom 27. April 1981 legte die Beschwerdeführerin unter Anschluss eines Kostenvoranschlages dar, dass die gewährten und in Aussicht gestellten Förderungsmittel bei weitem nicht ausreichten, um davon ausgehen zu können, eine Instandsetzung sei im Sinne des § 3 Abs. 4 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes wirtschaftlich zumutbar. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Demolierungsbewilligung zu erteilen. Diese Eingabe langte beim Magistrat Graz am 28. April 1981 ein.
Am 29. April 1981 erhob die Beschwerdeführerin Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der sie unter anderem ausführte, gemäß § 3 Abs. 4 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1979, LGBl. Nr. 17/1980, sei Voraussetzung für die Erlassung einer Abbruchsbewilligung gemäß § 57 Abs. 1 lit. e der Steiermärkischen Bauordnung 1968, dass bei schutzwürdigen Gebäuden "(sowie hier)" die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Behebung der Baugebrechen trotz Einbeziehung von in Aussicht gestellter Förderungsmittel gegeben sei. Dies sei nach den Gutachten der Amtssachverständigen der Fall, weil auch ein Gesamtzuschuss von S 389.000,-- nicht einmal die Fehlmittel mit dem Stande per Anfang 1978 abdecke, geschweige denn die Fehlmittel nach dem neuesten Stand Anfang 1981, ergebe sich doch nach dem Generalunternehmerangebot vom 16. Februar 1981 eine Instandsetzungssumme von S 2,938.716,49.
Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde nun nicht die Entscheidungspflicht hinsichtlich ihres Ansuchens vom 27. März 1980 geltend, vielmehr rügt sie, dass die belangte Behörde nach Aufhebung ihres Bescheides vom 5. Juli 1979 durch das eingangs erwähnte Erkenntnis vom 27. März 1980, Zl. 2020/79, ihrer Verpflichtung zur Erlassung eines neuen Bescheides nicht nachgekommen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof leitete mit Verfügung vom 5. Mai 1981 gemäß § 35 Abs. 2 VwGG 1965 das Vorverfahren ein und stellte der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG 1965 frei, innerhalb der mit acht Wochen bestimmten Frist zur Einbringung der Gegenschrift und zur Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides vorzulegen.
In ihrer Gegenschrift vom 2. Juli 1981 verweist die belangte Behörde auf ihren Bescheid vom 10. April 1981 und darauf, es sei davon auszugehen gewesen, dass die Beschwerdeführerin zwei gleich lautende Anträge mit gleichem Sachverhalt eingebracht habe. Die Aussetzung des Verfahrens habe sich als erforderlich erwiesen und der Zeitpunkt des Vorliegens einer rechtskräftigen Entscheidung über die Vorfrage sei völlig unbestimmt gewesen. Die vorliegenden Verwaltungsakten seien dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung auf Grund einer Aktenanforderung vom 26. Februar 1981 zwecks Einsichtnahme übermittelt und erst am 25. Mai 1981 zurückgesendet worden. Abschließend heißt es in der Gegenschrift:
"Da für die Erlassung des Bescheides betreffend die Demolierungsbewilligung die Ausschreibung einer örtlichen Erhebung und mündlichen Verhandlung, Vorlage des Bescheides dem Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz zwecks Genehmigung, Anhörung der Sachverständigenkommission vor Erteilung der Abbruchbewilligung gemäß § 3 Abs. 4 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes 1980 erforderlich ist, war es nicht möglich, innerhalb der mit Verfügung des Hohen Verwaltungsgerichtshofes vom 5. 5. 1981 gewährten Frist den Bescheid zu erlassen, zumal die gegenständlichen Verwaltungsakten dem Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz vom Amt der Steiermärkischen Landesregierung erst am 26. Mai 1981 rückgemittelt wurden.
Da aus den angeführten Gründen zu ersehen ist, dass durch den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz eine Säumigkeit nicht erfolgt ist, wird der Antrag gestellt, der Hohe Verwaltungsgerichtshof wolle die eingebrachte Beschwerde als unbegründet abweisen."
Über die Beschwerde sowie über die erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG 1965 sind die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 oder 131 a B-VG stattgegeben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde der im Erkenntnis vom 27. März 1980, Zl. 2020/79, ausgesprochenen Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes bisher nicht entsprochen. Die belangte Behörde hat es bisher insbesondere unterlassen, einen neuerlichen Bescheid zu fällen. Der Bescheid des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 10. April 1981 hat sich ausdrücklich nur auf den Antrag der Beschwerdeführerin vom 27. März 1980 bezogen, sodass damit auch keine Unterbrechung des Verfahrens eingetreten ist, welches die belangte Behörde auf Grund des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes durchzuführen verpflichtet gewesen wäre. Da auch die im § 27 VwGG 1965 festgesetzte Frist von sechs Monaten abgelaufen war, erweist sich die nunmehr neuerlich erhobene Säumnisbeschwerde als zulässig. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang behauptet, es sei ihr die fristgemäße Erlassung eines Ersatzbescheides nicht möglich gewesen, so ist hiezu festzustellen, dass unbestritten innerhalb von sechs Monaten ab Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. März 1980 keine Entscheidung erging und das Recht zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde nicht von einem Verschulden der säumigen Behörde abhängig ist (vgl. etwa die Erkenntnisse VwSlg. Nr. 7417/A., 5768/A, u.a.). Im übrigen vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen, aus welchen Gründen die belangte Behörde, obwohl sie schon auf Grund der Bestimmungen des § 63 VwGG 1965 zu einer raschestmöglichen Entscheidung verpflichtet war, die dem Amt der Steiermärkischen Landesregierung übermittelten Akten erst nach Zustellung der Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Mai 1981 mit Schreiben vom 21. Mai 1981 zurückforderte.
In der Sache selbst ist nach § 3 Abs. 4 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes, LGBl. Nr. 117/1974, in der Fassung der Grazer Altstadterhaltungsnovelle 1979, LGBl. Nr. 60/1979, nunmehr als Grazer Altstadterhaltungsgesetz 1980 wiederverlautbart, LGBl. Nr. 17/1980, davon auszugehen, dass für schutzwürdige Gebäude oder Gebäudeteile eine Abbruchbewilligung gemäß § 57 Abs. 1 lit. e der Steiermärkischen Bauordnung 1968 oder ein Abbruchauftrag gemäß § 70 Abs. 3 desselben Gesetzes nur dann erteilt werden darf, wenn die technische Unmöglichkeit der Behebung der Baugebrechen erwiesen oder die wirtschaftliche Unzumutbarkeit trotz Einbeziehung von in Aussicht gestellten Förderungsmitteln gegeben ist. Vor Erteilung solcher Bewilligungen oder Aufträge ist die Sachverständigenkommission (§ 11) zu hören. Diese durch die Grazer Altstadterhaltungsnovelle 1979 geänderte Rechtslage war im Hinblick auf die getroffenen Übergangsbestimmungen (Art. II ordnet an, dass diese Novelle mit dem der Verlautbarung folgenden Tag in Kraft tritt, also am 19. Oktober 1979) vom Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die erhobene Säumnisbeschwerde zu beachten. Während die Beschwerdeführerin in dem zur Zl. 2020/79 durchgeführten Verfahren noch bestritt, dass das Gebäude oder Gebäudeteile schutzwürdig im Sinne des § 3 Abs. 4 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes sei, räumt sie in ihrer nunmehrigen Beschwerde dies ausdrücklich ein. Da diese Schutzwürdigkeit insbesondere im Hinblick auf das Gutachten der Sachverständigenkommission vom 28. Mai 1979 zu bejahen ist, geht auch der Verwaltungsgerichtshof von der Annahme des Vorliegens eines schutzwürdigen Gebäudes aus. Dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Abbruchbewilligung kann demnach nur dann entsprochen werden, wenn entweder die technische Unmöglichkeit der Behebung der bestehenden Baugebrechen erwiesen oder die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Behebung dieser Gebrechen trotz Einbeziehung von in Aussicht gestellter Förderungsmittel gegeben ist. Die technische Möglichkeit der Behebung der Baugebrechen hat auch die Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen - die Aktenlage bietet für eine gegenteilige Annahme auch keinerlei Anhaltspunkte -, sodass Voraussetzung für die Erlassung des beantragten Bescheides die Beantwortung der Frage ist, ob im Sinne der genannten Gesetzesstelle die wirtschaftliche Unzumutbarkeit gegeben ist.
Der Begriff der wirtschaftlichen Zumutbarkeit wird im Gesetz nicht näher bestimmt. In seinem zur Bauordnung für Wien ergangenen Erkenntnis vom 24. Mai 1976, Zl. 797/74, Slg. N.F. Nr. 9063/A, hat sich der Verwaltungsgerichtshof eingehend mit diesem Begriff auseinander gesetzt. Der Gerichtshof betonte damals, dass für die wirtschaftliche Zumutbarkeit verschiedene Gesichtspunkte maßgeblich sein können. Es könne eine Instandsetzungsmaßnahme als wirtschaftlich zumutbar angesehen werden, wenn sich daraus eine Erhöhung des Verkehrswertes oder des Ertragswertes des Eigentums ergebe, in welcher die Kosten der Maßnahme Deckung fänden. Wirtschaftlich zumutbar seien dem Hauseigentümer ferner solche Maßnahmen, zu deren finanzieller Deckung er öffentliche Mittel, aus welchem Titel immer, anzusprechen in der Lage sei, mag er eine solche Maßnahme auch aus freier Willensentschließung unterlassen haben. Die wirtschaftliche Zumutbarkeit sei weiters dann anzunehmen, wenn der Hauseigentümer die Kosten auf Miet- oder Pachtzinse überwälzen könne; in diesem Falle müsse allerdings mit berücksichtigt werden, ob die Möglichkeit einer Vermietung oder Verpachtung nach der vorausschaubaren Entwicklung unter Bedachtnahme auf einen allfälligen Wandel in den allgemeinen Anschauungen über die Ausstattung eines Bestandobjektes innerhalb der Amortisationszeit eines zur Deckung des finanziellen Aufwandes nötigen Darlehens gewährleistet sei. Stets müsse der gesamte notwendige Erhaltungsaufwand für die während des Amortisationszeitraumes eines aufzunehmenden Instandsetzungsdarlehens notwendigen Erhaltungsmaßnahmen sowie dem bereits vorher aufgelaufenen und noch nicht getilgten Instandsetzungsaufwand für das Haus umfassen. Keinen tauglichen Maßstab für die Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit einer Instandsetzung sei dagegen die Gegenüberstellung der Reparaturkosten mit den Kosten eines Neubaues, weil daraus lediglich die objektive Wirtschaftlichkeit abgeleitet werden könne. In verfahrensrechtlicher Hinsicht stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass die Frage, ob die Instandsetzung dem Eigentümer eines Gebäudes in einer Schutzzone wirtschaftlich zumutbar ist oder nicht, die Baubehörde grundsätzlich von Amts wegen zu untersuchen habe, die Partei allerdings im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht an der Klarstellung des Sachverhaltes durch ein entsprechendes prozessuales Verhalten zur Wahrheitsfindung beizutragen habe.
Im Hinblick auf die Gleichartigkeit der Problematik nach den Bestimmungen des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes hat der Verwaltungsgerichtshof keine Bedenken, diese zur Bauordnung für Wien dargelegten Beurteilungskriterien auf den Beschwerdefall zu übertragen (vgl. das vom gleichen Grundgedanken getragene Erkenntnis vom 19. September 1979, Zl. 922/79). Betrachtet man unter Zugrundelegung der aufgezeigten Erwägungen den dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Sachverhalt, dann zeigt schon das dem Antrag der Beschwerdeführerin an die Baubehörde erster Instanz beigelegte Gutachten, dass die wirtschaftliche Zumutbarkeit einer Instandsetzungsmaßnahme unter jedem der oben angeführten Gesichtspunkte zu verneinen ist. Zur Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit von Instandsetzungsarbeiten hat auch bereits ein Amtssachverständiger des Magistrates Graz in seinem, im Akt erliegenden Gutachten vom 29. Mai 1978 ausgeführt, dass als finanziell tragbar Aufwendungen in dem Ausmaß von S 835.825,50 anzusehen seien und als fehlend per Stichtag 20. März 1978 ein Betrag von insgesamt zirka S 780.174,50 zu schätzen sei. Wenngleich der Amtssachverständige bei seiner gutächtlichen Äußerung entgegen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. etwa Mietsammlung 28.305/4) von einer Begrenzung der Mietzinserhöhung in § 7 Abs. 2 Mietengesetz ausgegangen ist, sind doch die Sachverhaltsgrundlagen ausreichend, um die aufgeworfene Frage zu beantworten. Danach ist auch unter Einbeziehung der durch den Grazer Altstadterhaltungsfonds mit Bescheid vom 21. April 1981 zur Verfügung gestellten Mitteln im Ausmaß von S 95.000,-- und weiterer mit Schreiben vom 21. April 1981 in Aussicht gestellter Zuschüsse im Ausmaß von insgesamt S 294.000,-- eine Behebung der Baugebrechen wirtschaftlich nicht zumutbar, selbst wenn zwischenzeitige Erhöhungen der Kosten und eine zusätzliche Zustandsverschlechterung unberücksichtigt bleiben. Diese Auffassung entspricht auch der gutächtlichen Äußerung des Amtssachverständigen des Grazer Magistrates vom 4. Dezember 1980. Bei dieser Sachlage erübrigte sich eine Prüfung des von der Beschwerdeführerin vorgelegten Kostenvoranschlages (Generalunternehmeranbot), demzufolge die durchzuführenden Instandsetzungsarbeiten einen Kostenaufwand von insgesamt S 2,938.716,49 erfordern würden, weil bereits die im Akt erliegenden Gutachten des Amtssachverständigen zur Beantwortung der zu lösenden Fragen ausreichen. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt .bleiben, dass auch die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift die wirtschaftliche Zumutbarkeit der durchzuführenden Instandsetzungsmaßnahmen nicht behauptete.
Ist aber auf Grund der dargelegten Erwägungen die wirtschaftliche Unzumutbarkeit der Instandsetzung zu bejahen, dann liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abbruchsbewilligung gemäß § 3 Abs. 4 des Grazer Altstadterhaltungsgesetzes vor. Gemäß § 42 Abs. 5 VwGG 1965 konnte der Verwaltungsgerichtshof vorerst sein Erkenntnis auf die Entscheidung dieser Rechtsfrage beschränken und der belangten Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung binnen acht Wochen zu erlassen. Die belangte Behörde wird vor Erlassung der zu erteilenden Abbruchsbewilligung im Sinne des § 61 Abs. 1 der Steiermärkischen Bauordnung 1968 eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung der erforderlichen Sachverständigen durchzuführen haben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz richtet sich nach den Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG 1965 sowie die Verordnung BGBl. Nr. 221/1981 im Rahmen des gestellten Antrages. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft zu viel entrichtete Stempelgebühren.
Wien, am 15. Oktober 1981
Schlagworte
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Baugebrechen Instandhaltungspflicht Instandsetzungspflicht BauRallg9/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1981:1981060068.X00Im RIS seit
22.03.2004Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008