Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §52 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Drexler, Dr. Närr und Dr. Herberth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde 1.) der AD in W und
2.) des RK in G, beide vertreten durch Dr. Friedrich Pechtold, Rechtsanwalt in Wien I, Kohlmarkt 12/8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 29. August 1977, Zl. 22.437/6/33/77, betreffend Denkmalschutz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 900,-- zu gleichen Teilen (also je S 450,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die belangte Behörde gab mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 29. August 1977 der Berufung der Beschwerdeführer als Eigentümer des Eckhauses Wien III, Y-Straße/X-Gasse, gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 6. November 1975, mit welchem festgestellt worden war, dass die Erhaltung dieses Objektes gemäß den §§ 1 und 3 des Denkmalschutzgesetzes, BGBl. Nr. 533/1923 in der damals - also vor der Novelle BGBl. Nr. 167/1978 - geltenden Fassung, im öffentlichen Interesse gelegen sei, gemäß dem § 66 Abs. 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 im Zusammenhalt mit dem § 13 des Denkmalschutzgesetzes teilweise, und zwar dahin Folge, dass von der genannten erstinstanzlichen Feststellung die Erhaltung der Erscheinung des Inneren der Wohn- und Geschäftsräumlichkeiten sowie des Bestandes der darin befindlichen leichten (nichttragenden) Zwischenwände ausgenommen sei. Im übrigen wurde der angefochtene erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt. Dies - soweit für das vorliegende verwaltungsgerichtliche Verfahren noch von Bedeutung - im wesentlichen mit folgender Begründung:
Das Bundesdenkmalamt habe die gegenständliche Unterschutzstellung (zusammenfassend) damit begründet, dass es sich um ein Haus handle, das 1853 von dem Baumeister EK errichtet worden sei, der zur gleichen Zeit auch bei der Erbauung des Wiener Arsenals beschäftigt gewesen sei. Auf Grund der Ausmaße, der ausgewogenen Gliederung und der städtebaulichen Bedeutung könne das Gebäude - das stilistisch ein naher Verwandter des Arsenals sei - als eines der prominenten romantischhistorischen Zinshäuser Wiens bezeichnet werden. Im Amtsgutachten des Landeskonservators für Wien vom 19. November 1974 sei darüber hinaus in eingehender Weise der künstlerische und kunsthistorische Wert des Objektes dargelegt worden. So sei u.a. festgestellt worden, dass es sich bei dem Bau um einen typischen Vertreter des frühen romantischen Historismus handle, bei dem in der Erdgeschoßzone noch klassizistische Formen herrschten, während an den Fensterrahmungen der Obergeschosse sich schon die neue Zeit in Form von gotischen und islamischen Formen verbunden mit solchen der Renaissance fänden. Besonders charakteristisch sei die untektonische Feinheit des Dekors, der über den blockhaft kubischen Baukörper gebreitet sei. Die geräumigen Innenhöfe hätten sich noch ihre originalen Fassaden bewahrt.
Anschließend fasste die belangte Behörde kurz den Inhalt der von den Beschwerdeführern vorgelegten 5 Gutachten zusammen (je eines dieser Gutachten wurde erstattet von Arch. R, staatlich befugter und beeideter Ziviltechniker, am 22. Jänner 1975, von Arch. C am 13. Februar 1975, von Arch. W, von Dr. Ing. H, am 8. Juni 1975, und von Dr. S, vom 6. November 1975). Der Arch. und Stadtbaumeister F habe kein Gutachten über den künstlerischen oder kunsthistorischen Wert des Objektes, sondern lediglich einen Kostenvoranschlag über die Höhe der notwendigen Reparaturen (am 21. November 1974 mit Deckenbefund vom 29. Oktober 1974) erstellt.
Die belangte Behörde fasste anschließend die Ausführungen der Beschwerdeführer in ihrer Berufung wie folgt zusammen: Das Bundesdenkmalamt habe sich im erstinstanzlichen Bescheid zu wenig mit den von ihnen vorgelegten Gutachten auseinander gesetzt. Diese seien alle zu dem Ergebnis gekommen, dass das Haus nicht unter Denkmalschutz zu stellen sei. Das Bundesdenkmalamt habe einfach die Meinung seiner eigenen Amtssachverständigen der einer größeren Anzahl der von den Beschwerdeführern zugezogenen Sachverständigen ohne nähere Wägung gegenübergestellt und es unterlassen, die "in der Fachwelt vorherrschende Auffassung" zu erforschen und entsprechend zu berücksichtigen. Der bloße knappe Hinweis auf das Gutachten des Amtssachverständigen sei in diesem Falle zu wenig.
Dazu führte die belangte Behörde zunächst folgendes aus: In seiner gutächtlichen Stellungnahme zu den vorliegenden Berufungsausführungen habe das Bundesdenkmalamt insbesondere auf die zahlreichen positiven Stellungnahmen in den verschiedenen Gutachten hingewiesen, die sich vollkommen mit den positiven Ansichten des Bundesdenkmalamtes über den Wert dieses Objektes deckten. Es werde in dieser gutächtlichen Stellungnahme betont, dass das Haus bedeutend genug sei, dass es eines berühmten Architektennamens gar nicht bedürfe. Allein vom Volumen her sei der Bau bemerkenswert. An seiner Architektur werde schon früh die Übernahme monumentaler Bauformen in die bürgerliche Architektur erkennbar, was den Vergleich mit den bedeutendsten Gebäuden des romantischen Historismus rechtfertige. Zur Behauptung der Beschwerdeführer, dass zwischen 1840 und 1870 in Wien nicht weniger als 2.156 derartiger Häuser entstanden seien, sei festgestellt worden, dass allein die Annahme, dass alle Häuser, die zwischen 1840 und 1870 erbaut worden seien, als Vergleich herangezogen werden könnten, falsch sei und für den Vergleich bestenfalls ein Zeitraum von 12 Jahren zur Verfügung stehe, da die Periode des romantischen Historismus, dem das in Rede stehende Haus als wichtiger früher Vertreter angehöre, in Wien eigentlich erst nach 1848 eingesetzt und nicht über 1860 hinaus gedauert habe. Der Hinweis auf "nicht weniger als 2.156 derartiger Häuser" könne "nicht ernst genommen werden". Die belangte Behörde habe sich als Berufungsbehörde nunmehr mit der Beurteilung einer ganzen Serie von Gutachten konfrontiert gesehen. Diese Gutachten seien - soweit es sich um amtssachverständige Gutachten des Bundesdenkmalamtes gehandelt habe - wohl begründet gewesen, durchaus positiv und überzeugend für die Erhaltung des Objektes. Hingegen sei die Beurteilung der von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten eher schwierig gewesen. Das Gutachten von Arch. F sei an der in diesem Verfahren zu prüfenden Frage der künstlerischen oder kunsthistorischen Bedeutung vorbeigegangen, da es lediglich einen Kostenvoranschlag über die notwendigen Reparaturen darstelle. Das Gutachten von Prof. C habe im großen und ganzen dem Objekt verhement (fast) jede künstlerische Bedeutung abgesprochen, sei aber bereits durch das gleichfalls von den Beschwerdeführern vorgelegte Gutachten von Prof. H ausdrücklich widerlegt und als unsachlich abqualifiziert worden. Den Gutachten von Prof. W, Arch. R, Univ. Prof. H und Univ.Prof. S sei - bei unterschiedlichem wissenschaftlichem Niveau - eines gemeinsam: Dass sie das Objekt in vielfacher Hinsicht positiv und lobend beschrieben hätten, aber aus den verschiedenartigsten Gründen schließlich doch immer wieder zum Ergebnis gekommen seien, es wäre im Grunde genommen eigentlich kein erhaltenswertes Denkmal. Während Univ. Prof. Dr. H eine Unterschutzstellung letztlich aus rein finanziellen Überlegungen abgelehnt habe, seien Prof. W und Arch. R dafür eingetreten, größere Teile des Objektes in der X-Gasse (wo sich die wesentlich längere Fassade als in der Y-Straße befinde) erhalten bleiben sollte, was wiederum von Univ. Prof. H und Univ. Prof. S aus künstlerischen Gründen abgelehnt worden sei.
Die belangte Behörde habe im Hinblick auf die voneinander abweichenden Meinungen der Sachverständigen ein weiteres wissenschaftliches Gutachten eines Sachverständigen, und zwar in Anbetracht der bereits vorliegenden Gutachten unbedingt eines fachlich zuständigen ordentlichen Prof. einer Universität, einholen müssen, wobei diesem Sachverständigen auch die Aufgabe zugekommen sei, die bisher vorliegenden zahlreichen Gutachten einer Überbegutachtung zu unterziehen (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Februar 1976, Zl. 1891/75). Die Ergebnisse des Lokalaugenscheines hätten diese Notwendigkeit unterstrichen. Die belangte Behörde habe daher den Vorstand des Kunsthistorischen Institutes der Universität Graz o. Univ. Prof. Dr. A mit dieser Aufgabe betraut. Da sich dieser Sachverständige in seinem Gutachten in umfangreicher Weise auch mit den Gründen beschäftige, die bei der Beurteilung der Objekte der gegenständlichen Bauperiode in der Fachwelt zum Teil noch immer zu Schwierigkeiten führe, und hievon ausgehend mit den vorliegenden Gutachten hinsichtlich ihrer vielfach nicht zwingenden und unrichtigen Schlussfolgerungen auseinander setze, erscheine es der belangten Behörde angebracht, dieses Gutachten nachfolgend im vollen Wortlaut wiederzugeben: Das Bundesdenkmalamt stellte das Haus Wien, Y-Straße mit Bescheid vom 4. Dezember 1974 und vom 6. November 1975 unter Denkmalschutz. In einer Vorstellung vom 17. Dezember 1974 und einer Berufung vom 20. November 1975 suchen die Hauseigentümer die Erhaltungswürdigkeit des Objektes in Frage zu stellen und bestreiten die Voraussetzung für eine Unterschutzstellung im Sinne des Denkmalschutzgesetzes. Dazu werden von den Berufungswerbern sechs Gutachten vorgelegt, verfasst von:
1)
Architekt Dipl.-Ing. Dr. W,
2)
Architekt Prof. Dr. C,
3)
Architekt R,
4)
Architekt und Stadtbaumeister F,
5)
Univ.-Prof. Dr. Ing. H,
6)
Univ.-Prof. Dr. S
Von den Berufungswerbern wird bestritten, dass es sich bei dem Gebäude um ein künstlerisch bedeutsames Haus handelt, dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse gelegen ist, wie es in dem Amtsgutachten ausgesprochen und begründet ist. Um zu den in den Gutachten gegebenen Begründungen Stellung zu nehmen, kann ich auf eine Beschreibung des Objektes verzichten, da diese sowohl in dem Amtsgutachten wie in den Bescheiden des Bundesdenkmalamtes als auch in dem von den Berufungswerbern vorgelegten Gutachten von Architekt R, Wien I., vom 22. Jänner 1975 gegeben wurden. Es geht um die Frage nach dem geschichtlichen, künstlerischen oder kulturellen Wert des Gebäudes. Die Sachverständigengutachten, die von den Berufungswerbern eingebracht wurden, sollen, wie es in der Vorstellung vom 17. Dezember 1974 heißt, "die künstlerische Bedeutungslosigkeit des in Rede stehenden Bauwerkes" erweisen. Es wird gesagt, dass es sich bei dem Gebäude um eine "nichts weniger als originelle Bauweise handelt, die dadurch hervorsticht, dass der Aufwand für die nach dem seit langem vorherrschenden ästhetischen Empfinden, abgeschmackte Fassade im auffallenden Missverhältnis zur Miserabilität der Innenausstattung steht". Das Gebäude wurde 1854 von einem Baumeister EK erbaut, der durch seine Mitwirkung am Arsenal und als Erbauer eines weiteren neuerlich unter Schutz gestellten Zinshauses bekannt geworden ist. Es entstand in einer Epoche, deren künstlerische Leistung auf dem Gebiet der Architektur bis in die Zeit vor etwa 30 - 40 Jahren noch durchaus in Frage gestellt war. Bauten wie dem vorliegenden hätte man in den 30er und 40er Jahren, vielleicht sogar auch noch in den 50er Jahren kaum eine Beachtung geschenkt und ihrer architektonischen Gliederung jeden künstlerischen Wert abgesprochen. Aus dem Blickpunkt der Neuen Sachlichkeit, des Konstruktivismus, der kubistischen Gestaltungsweise und verwandter Kunstrichtungen des 20. Jahrhunderts wurde in derartigen Werken nur die Imitation historischer Vorbilder bzw. die Anlehnung an solche gesehen und dem Bau jede künstlerische Originalität abgesprochen. In diesem Punkt hat sich unsere Einstellung seit wenigen Jahrzehnten grundlegend geändert, und die Kunstwissenschaft bemüht sich, von verschiedenen Seiten her die positiven Elemente und Faktoren von Werken dieser Zeit zu erfassen und verständlich zu machen, die jetzt als eigenkünstlerische Leistungen von uns gewürdigt und anerkannt werden. Die Entwicklung ist hier zweifellos noch im Fluss, aber es ist uns doch bereits möglich, eine einigermaßen objektive Einstellung bei der Beurteilung von Werken des hohen 19. Jahrhunderts einzunehmen. Dies muss ausgeführt werden, um die Grundlagen deutlich zu machen, von denen her heute ein Bau wie der vorliegende beurteilt werden muss und kann. Bei der Wertung müssen wir mit der allergrößten Behutsamkeit vorgehen, was, wie ich glaube, auch in dem größten Teil der vorgelegten Gutachten geschehen ist - das rein subjektive, aus zeitkünstlerischem Blickwinkel gefällte Urteil von Prof. C ausgenommen. Niemand wagt dem Bau positive künstlerische Qualitäten abzusprechen, Unklarheit herrscht bei den Begutachtern nur über die Einstufung in der künstlerischen Wertskala. In dem Gutachten R wird dem Objekt eine "gepflegte Baukultur" bescheinigt, und es wird gesagt, dass es "eine stilistisch bedeutsame Fassadenfront" darstellt, und es wird dafür plädiert, dass "soviel als möglich von der Althaussubstanz" bewahrt wird. Im Gutachten von Prof. H wird die "wohl überlegte Anordnung und Gliederung" hervorgehoben, der Baumeister EK "als guter Könner" gewertet. In dem Gutachten Prof. S wird das Gebäude als "ein interessanter Vertreter" der Zeit mit "feinem Formempfinden der Biedermeierzeit" bezeichnet, dann wird aber gesagt, dass es "keine hervorstechenden künstlerischen Eigenschaften besitzt" und "ein wohl geratenes Kind seiner Zeit" sei. Hier wird versucht dem Bau gewissermaßen Noten zu erteilen. Die Berufungswerber suchen die Folgerung zu ziehen, dass die künstlerische Bedeutung des Objekts "in sämtlichen von den Berufungswerbern vorgelegten Gutachten im Endergebnis verneint wird". Aus den vorliegenden Gutachten spricht meines Erachtens viel mehr eine ausgesprochene Unsicherheit der Gutachter, sich für eine endgültige Bewertung des Baues hinsichtlich seiner Erhaltungswürdigkeit einzusetzen. Bezeichnend dafür ist, dass in dem Gutachten von Prof. S dann wesentlich auf die städtebauliche Funktion ausgewichen wird. Wenn von den Berufungswerbern mehrfach auf das Fehlen von Fachliteratur zu dem in Frage stehenden Objekt verwiesen wird, darf daraus keinesfalls die Berechtigung abgeleitet werden, dieses aus dem Katalog künstlerisch beachtenswerter Bauten zu streichen. Vielmehr wird daraus nur ersichtlich, dass im Bereich der Kunst des 19. Jahrhunderts die Kunstwissenschaft erst in den Anfängen steht und auf weite Strecken sich konfrontiert sieht mit bislang kaum oder nur oberflächlich und ohne tieferes Verständnis registrierten Werken. Das gilt in erster Linie für die Architektur des 19. Jahrhunderts seit etwa 1840. Es darf in diesem Zusammenhang daran erinnert, werden, dass aus der Erkenntnis heraus, dass wir dieser gesamten Periode gegenüber eine völlig neue Einstellung gefunden haben und es dringend notwendig ist, dass die Wissenschaft hier eine bislang ungenügend erkannte und gewürdigte Periode in ihr Arbeitsprogramm einbezieht, in der Bundesrepublik Deutschland im Auftrag der Thyssen-Stiftung ein umfangreiches Forschungsprojekt anläuft, das ausschließlich der Untersuchung der Kunst des 19. Jahrhunderts gewidmet ist. Mit anderen Worten gesagt, es gehen uns erst allmählich die Augen auf für die künstlerischen Leistungen, die das spätere 19. Jahrhundert auch im Bereich der Architektur erbracht hat, und unserer Generation ist die sehr verantwortungsvolle Aufgabe erwachsen, hiermit besonderer Behutsamkeit das uns überkommene künstlerische Erbe zu schützen und zu wahren, nachdem aus Mangel an Verständnis bereits sehr vieles der Zerstörung und dem Verfall preisgegeben worden ist, das wir heute als erhaltenswert ansprechen würden. Das gilt auch für das in Frage stehende Objekt, bei dem sich - vielleicht in bezeichnender Weise - die herangezogenen Gutachter schwer tun, mit Entschiedenheit für die positiven Künstlerischen Werte des Gebäudes einzutreten. Man wird es vielleicht verständlich finden, dass der im zeitgenössischen Architekturschaffen praktisch Verankerte noch nicht die volle Distanz zu jener Periode gefunden hat, deren Auffassungen die Architektur des 20. Jahrhunderts letztlich zu überwinden bestrebt gewesen ist, und daher noch nicht zu einer vollen objektiven Würdigung von deren Leistungen zu gelangen vermag. Diese Einstellung wird besonders in schon erwähnten Gutachten von Prof. C auffallen, der in dem Bau eine "unorganische Fassadenmacherei", einen "Baublock mit aufgeklebter Fassade" sieht, dann aber doch von einer "anzuerkennenden Architektur aus der Gründerzeit" - der Begriff der "Gründerzeit" ist hier natürlich stilgeschichtlich nicht am Platze - spricht, er sieht "den Wert der Fassade" durch die Geschäftseinbauten im Erdgeschoß zerstört, über deren Scheußlichkeit sich natürlich alle einig sein dürften. Zu einer totalen Verneinung des künstlerischen Wertes des Gebäudes kann sich bezeichnenderweise keiner der herangezogener Gutachter durchringen, und es ist vielleicht angebracht, von Seiten der Kunstgeschichte hier eine Verständnishilfe zu bieten. Wenn von dem Gutachten, das von Seiten der Technischen Universität in Graz durch Prof. S erstellt wurde, befunden wird, dass keine "hervorstechenden künstlerischen Eigenschaften" an dem Bau zu finden sind, so tut man vielleicht gut, das Wort "künstlerisch" durch "gestalterisch" zu ersetzen. Unter diesem Aspekt erschließen sich an den Bau sofort Werte, die auch in den Beschreibungen der Gutachter zum Ausdruck kommen, auf die schon verwiesen wurde. Es wird hier von "ausgeprägten architektonischen Akzenten", von einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Mauerfläche und Fensteröffnung" gesprochen, es wird auf die bemerkenswerte "Geschlossenheit des Baukörpers" verwiesen, "der gepflegte Baukultur vermittelt". "Bei der Gestaltung der Fassaden ist auf Regelmäßigkeit, Ausgewogenheit und Symmetrie Bedacht genommen". Es ist dem Begutachter offensichtlich durchaus bewusst geworden, dass positive künstlerische Elemente in der Gestaltung der "Schauwände" zu sehen sind, und ich möchte einen Schritt weitergehen und betonen, dass gerade in diesem Bemühen um ein ausgeglichenes Gliederungssystem, bei dem die sparsame Verwendung von dekorativen und architektonischen Elementen hervorsticht, ein entscheidender Wesenszug der Gestaltungsweise zu sehen ist. In der Rhythmisierung der Fensterfolge wie in der horizontalen Abfolge der Geschosse hat der Architekt eine ganz eigene Formen- und Ausdruckssprache entwickelt. In dem Bau manifestieren sich somit gestalterische Ideale und künstlerische Zielsetzungen, die für die Entstehungszeit ebenso wie für das Wollen des Architekten bezeichnend sind. Er suchte ideale gestalterische Werte in der Architektur zu entwickeln; und hier liegt zweifellos auch für den modernen Betrachter ein künstlerischer Wert und Reiz, der die unbedingte Erhaltungswürdigkeit eines Baues wie des vorliegenden zu begründen vermag. Diese künstlerische Gesinnung, für die das Maßvolle und auch der Verzicht auf lautstarken Effekt bezeichnend sind, zeigt sich nicht nur in den Fassaden, sondern auch in der Gesamtanlage des Baues, in der Gestaltung des Hofes, der Stiegenhäuser und bezieht sich selbst auf dekorative Ausstattungsstücke wie etwa das Stiegenhausgeländer und ähnliches. Es kann daher vollkommen beigestimmt werden, wenn von Seiten der Gutachter bereits hervorgehoben wurde, dass der Bau als Ganzes eine Einheit bildet und es mit der Erhaltung von Teilen desselben nicht getan sei. Wenn wir heute uns bemühen, ein objektives Denkmalbewusstsein zu entwickeln, müssen wir einsehen, dass im Rahmen der lebendig gewachsenen Stadt auch gerade den Bauten eine Erhaltungswürdigkeit zugebilligt werden muss, in denen die künstlerischen Werte nicht lautstark hervorstechen. Damit wäre ein weiterer Punkt zu erörtern: die städtebauliche Bedeutung des Objekts, seine Funktion und Stellung als markant hervortretendes Eckhaus zwischen Y-Straße und X-Gasse. Wenn man eingesehen hat, dass ästhetisch, künstlerisch und gestalterisch das in Frage stehende Gebäude als geschlossene Einheit erhaltungswürdig ist, so kommt ihm auch in städtebaulicher Hinsicht eine höchst bedeutsame Funktion zu. Der Architekt hat es sehr gut verstanden, durch die abgeschrägte Ecke und die darauf bezogene Gliederung der anschließenden Fensterachsen die Rolle des Baues als Eckpfeiler zwischen X-Gasse und Y-Straße zur Geltung zu bringen. Dass dabei der Bau über die heute gezogene Baufluchtlinie der Y-Straße hinausgreift, halte ich keineswegs für ein Übel oder eine "Sünde". Solche Unregelmäßigkeiten dienen vielmehr zur Belebung des Straßenbildes und der Straßenflucht, und die Brandmauer zu dem an der Y-Straße abgerissenen Nebenhaus könnte leicht in eine reizvolle neue Fassadierung einbezogen werden. Sollte sich eine Verbreiterung der Fahrbahn als notwendig erweisen, könnte man leicht das Gebäude an der Stelle, wo sich heute Kaufläden eingebaut finden, durch gewölbte Fußgeherarkaden unterfangen, wie das auch in anderen Teilen Wiens geschehen ist. Ohne Zweifel gibt der Bau dem Straßenensemble an dieser Stelle eine würdige und noble Note. Ganz besonders ist auch die Ensemble-Wirkung im Zuge der X-Gasse hervorzuheben. Hier ist der gesamte Straßenzug noch ganz entscheidend bestimmt von Bauten der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, die in ihrer stilistischen Erscheinung in wohl tuender Weise mit der Fassadenarchitektur des Eckhauses zur Y-Straße zusammenwirken. Hier würde es sich besonders verheerend auswirken, wenn man das in Frage stehende Objekt herausbrechen würde. Nicht genug kann darauf hingewiesen werden, wie wichtig es ist, derartige von einer guten Architektur des 19. Jahrhunderts geprägte Straßenzüge in ihrem Bestand zu erhalten. Prof. S kommt in seinem Gutachten hinsichtlich der Situation des Objektes in den beiden Straßenensembles zu dem Ergebnis, dass der Bau als "Einzelbau nicht so beherrschend sei, dass er als schützenwertes Denkmal zu erhalten wäre".
Hier liegt meines Erachtens ein dem Grundgedanken des Denkmalschutzes völlig zuwiderlaufendes Bewusstsein zu Grunde. Es sind zwei vollkommen andersartige Fragestellungen, ob ich einem Bau eine Originalität, künstlerische, geistige, kulturelle Aussagekraft zubillige oder mir überlege, ob, wie das Prof. S abschließend tut, bei einem eventuellen Neubau eine Verbesserung der Situation zu erreichen wäre. Damit wird das Problem, das hier zu beantworten ist, auf ein falsches Gleis geschoben. Auch innerhalb der Y-Straße kann man aber meines Erachtens nicht sagen, dass das Objekt "einen Fremdkörper" darstellt. Wo kämen wir hin, wenn wir allein aus der Tatsache des Zusammentreffens von Bauten verschiedener Stilrichtungen als Einzelkörper erhaltenswerte Bauten zerstören würden. Der Bau gibt in der Position, wie er sich befindet, dem Straßenzug seine eigene Note und stellt einen ästhetisch wohl tuenden Akzent innerhalb dieses Straßenbildes dar. Wahrscheinlich wird man eines Tages auch für die Ladeneinbauten eine weniger hässliche Form finden, die sich harmonischer in das Ganze der Architektur einfügt. Es kann auch in diesem Punkt auf die Stellungnahme des Gutachtens von Prof. H hingewiesen werden, der im Gegensatz zu dem von ihm - sicher mit Recht - als "völlig unreflektiert und auch unmodifiert" bezeichneten Gutachten von Prof. C ausführt: "Es bleibt unverständlich, warum ein relativ gutes altes Haus, das durch eine jetzt willkürlich begradigte Baulinie etwas über die neue Bauflucht vorsteht, der städtebaulichen Funktion Hohn spricht" oder gar plötzlich "die städtebaulich bestehende Sünde" sein soll. In der Beurteilung der städtebaulichen Funktion des Gebäudes scheint mir auch das Gutachten von Prof. W ganz fehl zu gehen, dass man einen Bruch der Baulinie als blickstörend und negativ empfindet. Über eine solche Einstellung, so sollte man wenigstens meinen, sind wir heute längst hinaus und haben gelernt, der gewachsenen Unregelmäßigkeit des Straßenbildes ihre eigenen positiven Werte abzugewinnen. Schließlich soll noch ein Wort zu der beigelegten Liste von Zinshäusern aus der Zeit der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts aus dem 1. - 9. Bezirk ein Wort gesagt werden. Es erscheint mir geradezu absurd, aus der Tatsache, dass es aus dem gleichen Zeitraum eine größere Anzahl stilverwandter Häuser gibt, die Berechtigung ableiten zu wollen, deshalb einige davon zu demolieren. Abgesehen davon, dass die Liste zeigt, dass aus dem Zeitraum etwa der 50er Jahre des 19. Jahrhunderts, in dem das in Frage stehende Objekt errichtet worden ist, ein gar nicht allzu großer Bestand an Zinshäusern namhaft zu machen ist, geht es auch darum, dass mit der Erhaltung der Bauten ein bestimmter städtebaulicher Charakter und Ausdruck der Stadt gewahrt werden soll. Sicher wird bei den in der Liste verzeichneten Häusern - soweit sie überhaupt heute noch existieren - von Fall zu Fall die Frage gestellt werden müssen, inwieweit es sich dabei um ein künstlerisch erhaltenswertes Objekt handelt. Auf Grund der vorliegenden Liste aber die Erhaltungswürdigkeit des - vorliegenden Gebäudes anzweifeln zu wollen, halte ich für absolut unberechtigt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach gewissenhafter Erwägung der verschiedenen Gesichtspunkte, der künstlerischen, kunsthistorischen, gestalterischen wie der städtebaulichen Aspekte unbedingt auf eine Erhaltung des vorliegenden Gebäudes gedrängt werden muss."
Die zu diesem Gutachten von den Beschwerdeführern abgegebene Stellungnahme habe keine wie immer geartete sachverständige Ausführung enthalten. Die belangte Behörde habe erwogen:
Wie aus dem Gutachten von Univ.Prof.Dr. A in völlig klarer Weise hervorgehe, handle es sich vorliegend um ein künstlerisch und kunsthistorisch bedeutendes Objekt aus der Stilepoche des romantischen Historismus. In Aussage und Schlussfolgerung decke sich sohin die Meinung des Sachverständigen völlig mit der der Amtssachverständigen des Bundesdenkmalamtes. Sie decke sich aber auch vielfach mit den Ansichten, wie sie in den von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten vertreten würden. Univ.Prof. Dr. A weise dementsprechend nicht nur auf die klar sichtbaren Unterschiede hin, die zwischen dem Erkennen der künstlerischen Bedeutung des Objektes durch eine Reihe von Sachverständigen (W, R, H, S) und den gezogenen Schlussfolgerungen bestehe, in denen dann dennoch letztlich die Schutzwürdigkeit verneint werde, er zeige auch deutlich auf, dass aus dieser Diskrepanz "eine ausgesprochene Unsicherheit der Gutachter, sich für eine endgültige Bewertung des Baues hinsichtlich seiner Erhaltungswürdigkeit einzusetzen", spreche, und zeige weiters auch die Ursachen dieser Unsicherheit auf. Aus dem vorliegenden Gutachten von Univ.Prof. Dr. A komme in klarer und überzeugender Weise zum Ausdruck, dass es sich vorliegend um ein Objekt handle, dessen Erhaltung schon für sich allein betrachtet aus künstlerischen und kunsthistorischen Gründen unbedingt im öffentlichen Interesse gelegen sei. Daneben aber komme dem Objekt auch Bedeutung im Zusammenhang mit den benachbarten Objekten (Ensemblewirkung) in der X-Gasse zu. Überdies bilde es - als rechtlich wenig entscheidenden Umstand - auch einen bedeutenden, erhaltenswerten "städtebaulichen" Akzent. Dieses Gutachten gehe völlig konform mit den Ansichten, die in den Amtsgutachten des Bundesdenkmalamtes zum Ausdruck kämen, und decke sich - trotz abweichender Schlussfolgerungen - letztlich in erstaunlich weit gehendem Maße auch mit den oben erwähnten vier von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten. Klar und überzeugend werde im Gutachten von Univ. Prof. Dr. A auch nachgewiesen, dass die in den von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten gezogenen Schlussfolgerungen, dem Objekt komme trotz allen positiven künstlerischen und kunsthistorischen Kriterien keine schutzwürdige Bedeutung zu (was teilweise mit "ausweichenden" Begründungen geschehe), unhaltbar und mit der heute herrschenden Fachmeinung bei der Beurteilung von Häusern dieser Stilepoche unvereinbar seien und dass das Haus vielmehr aus "künstlerischen" und "kunsthistorischen" Gründen erhalten bleiben müsse. Die von den Beschwerdeführern unter Hinweis auf die von ihnen vorgelegten Gutachten geltend gemachten Gründe, die nicht künstlerischer, geschichtlicher oder kultureller Natur seien, seien unerheblich gewesen, da sie - nach den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes -
in einem Verfahren nach § 3 des Denkmalschutzgesetzes nicht zum Tragen kommen könnten, wie dies schon im angefochtenen Bescheid richtig ausgeführt worden sei. Unerheblich seien daher die Überlegungen der Beschwerdeführer gewesen, ob an dieser Stelle eine U-Bahn gebaut würde, ob das Haus ein Verkehrshindernis sei, ob durch den Abbruch des Nachbarhauses eine städtebaulich ungünstige Situation entstanden sei oder nicht (was im übrigen nach Ansicht mancher Gutachter, etwa von Univ.Prof. Dr. H durch eine Arkadierung, Verlegung eines U-Bahnaufganges in das Haus und Neufassadierung der schmalen frei bleibenden Feuermauer durchaus zu bereinigen wäre). Aber auch der Hinweis der Beschwerdeführer auf "2.156" zur gleichen Zeit erbauter Häuser sei nicht geeignet gewesen, ihren Standpunkt zu unterstützen. Dieses "Argument" sei erstmals im Gutachten von Arch.Prof. W aufgeschienen, wobei der Sachverständige noch einige - seiner Meinung nach - bessere Beispiele dieser Stilepoche adressenmäßig aufgezählt habe, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, in irgendeiner wissenschaftlichen oder auch nur unwissenschaftlichen Weise aufzuzeigen, warum das vorliegende Haus zumindest im Vergleich zu den anderen Objekten der gleichen Stilrichtung künstlerisch oder kunsthistorisch schlecht oder zumindest schlechter sein sollte. Dementsprechend habe daher sowohl das Bundesdenkmalamt in seiner gutächtlichen Stellungnahme zur Berufung die diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführer als unrichtig und unerheblich widerlegt und schließlich auch Univ. Prof. Dr. A in seinem Gutachten ein derartiges Argumentieren mit ganzen Hausverzeichnissen über mehrere Jahre als "absurd" bezeichnet. Überdies sei auch - unabhängig von der Qualität des vorliegenden Objektes - wohl zu beachten, dass auf Grund der Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes durchaus nicht nur die besten Vertreter einer Stilepoche unter Denkmalschutz gestellt werden könnten oder sollten; eine andere nicht im Gesetz gedeckte Meinung würde "Denkmalschutz" auf wenige Spitzenwerke einschränken.
Aus allen Gutachten und nicht zuletzt auch aus dem von Univ. Prof. Dr. A lasse sich klar erkennen, dass die Bedeutung des Objektes in seiner Gesamtanlage (straßen- und hofseitige Erscheinung, Stiegen, Gänge und Durchfahrten) gelegen sei. Abschließend begründete die belangte Behörde unter Hinweis auf den § 5 des Denkmalschutzgesetzes, warum der Berufung teilweise Folge gegeben worden sei.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst an den Verfassungsgerichtshof Beschwerde, die von diesem mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1981, B 384/77 - 8, abgewiesen wurde, weil die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden sind. Gleichzeitig wurde die Beschwerde antragsgemäß zur Entscheidung darüber, ob die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden sind, dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Hier behaupten die Beschwerdeführer, sie seien in dem ihnen als Grundeigentümer zustehenden Verfügungsrecht über das gegenständliche Wohnhaus durch dessen mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte - auf einer unrichtigen Anwendung der §§ 1 und 3 des Denkmalschutzgesetzes sowie der §§ 52 ff des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 beruhenden - Unterschutzstellung verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführer hatten bereits (und nur) in ihrer in erster Linie an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde für den Fall der Abtretung ihrer Beschwerde gemäß dem Art. 144 Abs. 2 B-VG die Beschwerdegründe wie folgt ausgeführt:
Wie bereits in der Berufung ausgeführt, sei bei der Lösung der Frage, ob es sich bei einem Objekt um einen Gegenstand von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung handle, die in der Fachwelt vorherrschende Auffassung zu ermitteln. Die belangte Behörde verkenne dies, wenn sie vermeine, die im konkreten Fall allein richtige Auffassung ermitteln zu müssen. Von dieser unrichtigen Voraussetzung ausgehend, habe sie bei Vorliegen von insgesamt 6 Gutachten, und zwar eines Gutachtens des Bundesdenkmalamtes als Amtssachverständigen, sowie von weiteren 5 Gutachten namhafter Fachleute, darunter zwei Univ.Prof., in dem im Ergebnis eine, der Auffassung des Bundesdenkmalamtes entgegengesetzte, Meinung vertreten worden sei, ein "Übergutachten" eingeholt. Abgesehen davon, dass es schon rechtlich verfehlt gewesen sei, die Richtigkeit der von namhaften Sachverständigen vertretenen Meinung überprüfen zu wollen, sei in den Bestimmungen der §§ 52 ff des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 die Bestellung eines "Übergutachters" gar nicht vorgesehen, und es sei schließlich auch nicht einzusehen, warum gerade der Auffassung des Herrn Prof. Dr. A von der Universität Graz um so viel mehr Bedeutung zukommen solle als der aller anderen Fachleute, die ihr Gutachten in diesem Zusammenhang erstattet hätten. Die belangte Behörde halte sich auch in der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides ausschließlich an das Gutachten des Herrn Prof. Dr. A, das im vollen Wortlaut wiedergegeben werde, wobei die übrigen Gutachten, ausgenommen das des Bundesdenkmalamtes, soweit sie eine andere Meinung verträten als Herr Prof. Dr. A, als unhaltbar mit der herrschenden Fachmeinung (die eben mit der Meinung des Herrn Prof. Dr. A gleichgesetzt werde) unvereinbar und sogar als "absurd" abgetan würden; eine Beurteilung, die schon im Hinblick darauf, dass es sich durchwegs um angesehene und anerkannte Fachleute, darunter wie schon erwähnt zwei Universitätsprofessoren und den international bekannten Architekten Prof. C, handle, weder dem Univ. Prof. Dr. A noch der belangten Behörde zugestanden sei. Maßgebend erscheine aber auch gar nicht, welches Gutachten einer bis zu einem gewissen Grad imaginären - es handle sich schließlich um Werturteile - absoluten Richtigkeit am nächsten komme, sondern -
wie schon eingangs bemerkt - um die in der Fachwelt vorherrschende Meinung. Da sich die Gutachter zur Frage der künstlerischen Bedeutung des gegenständlichen Objektes doch überwiegend negativ ausgesprochen hätten und die gegenteilige Auffassung des Gutachtens des Prof. Dr. A auch nicht so überzeugend begründet werde, wie die belangte Behörde vermeine - um Wiederholungen zu vermeiden, werde auf die schriftliche Stellungnahme zu diesem Gutachten verwiesen -, könne keine Rede davon sein, dass die künstlerische Bedeutung dieses Objektes "nach der in der Fachwelt vorherrschenden Auffassung" zu bejahen sei.
Die Beschwerde ist nicht begründet.
Ganz abgesehen davon, dass u.a. dem Erfordernis des § 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG 1965, wonach die Beschwerde die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, zu enthalten hat, nicht genüge getan wird, soweit in ihr auf die schriftliche Stellungnahme der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren zu dem Gutachten des Sachverständigen Dr. A verwiesen wird, so wäre selbst unter Bedachtnahme auf diese im Sinne der §§ 37 und 45 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 abgegebenen Stellungnahme vom 8. August 1977 für die Beschwerde nichts zu gewinnen. Sie enthält nämlich - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausführt - keine wie immer geartete sachverständige Ausführung und außer (sicher nicht im Range des Gutachtens eines Sachverständigen stehende) Erörterungen der Kritik des zuletzt genannten Sachverständigen an dem Gutachten des Sachverständigen Dr. S lediglich folgende allgemeine Behauptungen: Das Gutachten setze sich im wesentlichen mit den von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten, in denen eine künstlerische Bedeutung des in Rede stehenden Objektes insofern verneint werde, als ihm "hervorstechende künstlerische Eigenschaften" (Sachverständiger Dr. S) abgesprochen werde, auseinander, ohne diese jedoch hinsichtlich des Endergebnisses zu widerlegen. Das Gutachten verweise zunächst auf eine angebliche "Unsicherheit" der Gutachter bei der endgültigen Bewertung des Baues (S 4) sowie darauf, dass diese sich "schwer tun mit Entschiedenheit für die positiven Werte des Gebäudes einzutreten". Genau dies treffe aber auch für das Gutachten des Sachverständigen Dr. A zu. Nicht nur bei der zuletzt erwähnten Kritik scheinen die Beschwerdeführer die maßgebende Rechtslage zu übersehen. Die hier wesentlichen §§ 1 und 3 des Denkmalschutzgesetzes in der für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutsamen Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 167/1978 lauten wie folgt:
"§ 1. (1) Die in diesem Gesetz enthaltenen Beschränkungen finden auf unbewegliche und bewegliche Gegenstände von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung (Denkmale) Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Die für Denkmale getroffenen Bestimmungen gelten auch für Gruppen und Sammlungen von Gegenständen, die vermöge ihres geschichtlichen, künstlerischen oder kulturellen Zusammenhanges ein einheitliches Ganzes bilden, wenn ihre Erhaltung als Einheit im öffentlichen Interesse gelegen ist.
(2) Darüber, ob ein solches Interesse besteht, entscheidet das Bundesdenkmalamt.
§ 3. Bei Denkmalen, die sich nicht im Eigentum oder Besitze der im § 2 bezeichneten Personen befinden (Privatbesitz), gilt ein derartiges öffentliches Interesse erst als gegeben, wenn sein Vorhandensein vom Bundesdenkmalamt ausdrücklich festgestellt worden ist. Von der Entscheidung hat das Bundesdenkmalamt sowohl den Eigentümer oder Besitzer als auch den zuständigen Landeshauptmann zu verständigen."
Es ist also, wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. schon in seinem Erkenntnis vom 18. Mai 1972, Zl. 2262/71, dargelegt hat, eine hervorragende oder außerordentliche Bedeutung des Objektes im Gesetz nicht gefordert. Schon deshalb könnten alle Ausführungen der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den Worten des Sachverständigen Dr. S, wonach das gegenständliche Objekt "ein wohlgeratenes Kind seiner Zeit ist, doch keine hervorstechenden künstlerischen Eigenschaften besitzt", die Beschwerde nicht zu dem von ihr angestrebten Erfolg führen. Schließlich hängt das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Gegenstandes von künstlerischer Bedeutung nicht nur von dem absoluten Rang ab, der dem Gegenstand als Werk der Kunst (hier: der Baukunst) zukommt, sondern wesentlich auch davon, inwieweit er als Repräsentant einer bestimmten Stilrichtung oder einer bestimmten Epoche der Geschichte der Kunst anzusehen ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Februar 1980, Zl. 2556/79). Nun wird aber das gegenständliche Objekt auch in dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten des Sachverständigen Arch. R als typischer Vertreter des frühen romantischen Historismus bezeichnet. Eine Art von "Übergangsstil" steht der Annahme einer künstlerischen Bedeutung eines Gebäudes keineswegs entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. Jänner 1980, Zl. 2369/79). In diesem Zusammenhang wird in dem von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten des Sachverständigen Dr. S u. a. wörtlich folgendes ausgeführt:
"Die stilistischen Eigentümlichkeiten des Gebäudes lassen es als einen interessanten Vertreter der Übergangsphase vom romantischen zum ausgebildeten Historismus der Ringstraßenzeit erscheinen. Nach dem Vormärz und vor dem Bau der Ringstraße entstanden, besitzt das Gebäude noch das feine Formempfinden der Biedermeierzeit, weist jedoch durch die kräftigere Ausbildung der prominenten Bauteile auf die kommende Zeit des hohen Historismus hin."
Die oben wiedergegebenen Ausführungen in der Beschwerde richten sich im wesentlichen in Wahrheit gegen die von der belangten Behörde vorgenommene freie Beweiswürdigung auf Grund des § 45 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950, wonach die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Es sind nämlich alle Umstände, von denen die geschichtliche, künstlerische oder kulturelle Bedeutung eines Gegenstandes abhängen kann und die darüber in der Fachwelt herrschende Auffassungen, Tatsachen, deren einwandfreie Ermittlung vorzugsweise die Aufnahme des Sachverständigenbeweises verlangt. Sind diese Tatsachen durch die geeigneten Beweise, unter denen die Aussage des Sachverständigen immer an erster Stelle stehen wird, zweifelsfrei und bei - wie im vorliegenden Fall - widersprechenden Ergebnissen unter Darlegung der für die freie Beweiswürdigung der Behörde maßgebenden Erwägungen geklärt, dann hat die Behörde in Ausübung der ihr allein obliegenden rechtlichen Beurteilung aus ihnen zu folgern, ob eine geschichtliche, künstlerische oder kulturelle Bedeutung des Gegenstandes zu bejahen oder zu verneinen und - für den Fall der Bejahung - die Bedeutung eine solche ist, dass ihretwegen öffentliches Interesse an der Erhaltung des Gegenstandes besteht. Wenn die gutächtlichen Äußerungen der Sachverständigen teilweise in Überschreitung der ihnen zukommenden Aufgaben auf diese Rechtsfrage eingehen, führt dies nur zur Unbeachtlichkeit dieser Teile ihrer Ausführungen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Februar 1974, Zl. 1891/75, Slg. Nr. 8982/A).
Die Beschwerdeführer irren, wenn sie in der Bestellung des Dr. A zum Sachverständigen eine Verletzung von Verfahrensvorschriften erblicken. Als Sachverständige sind gemäß dem § 52 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 die der Behörde beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen (Amtssachverständige) beizuziehen. Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle kann die Behörde aber ausnahmsweise andere geeignete Personen als Sachverständige heranziehen und beeiden, wenn Amtssachverständige nicht zur Verfügung stehen oder es mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles geboten erscheint. Überdies ist auch der von der belangten Behörde herangezogene Univ. Prof. Dr. A, Vorstand des Kunsthistorischen Institutes an der Universität Graz, als Amtssachverständiger anzusehen (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1966, Zl. 1553/65, und vom 9. Jänner 1980, Zl. 2369/79). In dem zuletzt angeführten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof in einem mit dem vorliegenden durchaus vergleichbaren Fall ausgeführt, dass die für die Erstattung des hier nötigen Gutachtens unerlässlichen Kenntnisse kunst- und kulturhistorischer sowie kunstwissenschaftlicher Art sind. Sie sind bei einem Inhaber einer Lehrkanzel für Kunstgeschichte an einer österreichischen Universität ohne weiters, bei einem Architekten aber auf Grund der ihm zuteil gewordenen Ausbildung und der ihm obliegenden Tätigkeit (die sich auf die Errichtung von Bauten der Gegenwart bezieht) nicht ohne weiteres vorauszusetzen. Die belangte Behörde handelte also keineswegs rechtswidrig, wenn sie sich im wesentlichen auf das unter Verwertung aller Sachverständigenäußerungen - in kritischer Sicht - erstattete Gutachten des Sachverständigen Dr. A stützte (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 1972, Zl. 370/72, Slg. Nr. 8268/A, und vom 9. Jänner 1980, Zl. 2369/79).
Mit ihren Ausführungen, der Sachverständige Dr. A tue gegenteilige Gutachten sogar als "absurd" ab, übersehen die Beschwerdeführer die Aktenlage. Der genannte Sachverständige hat dieses Wort nämlich nur in folgenden Zusammenhang gebraucht: Es erscheine ihm geradezu absurd, aus der Tatsache, dass es aus dem gleichen Zeitraum eine größere Anzahl stilverwandter Häuser gebe, die Berechtigung ableiten zu wollen, deshalb einige davon zu demolieren. Diese Auffassung widerspricht keineswegs den Denkgesetzen, und die Beschwerdeführer könnten auch aus der Tatsache, dass andere gleichartige Bauten nicht unter Denkmalschutz gestellt wurden, keine Rechte für sich ableiten, weil das Gesetz einen Vergleich mit anderen Fällen nicht vorsieht, sondern jeder einzelne Fall nach den Bestimmungen des Gesetzes für sich allein zu beurteilen und entscheiden ist (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. November 1966, Zl. 1553/65, und vom 9. Jänner 1980, Zl. 2369/79).
Den Beschwerdeführern ist durchaus beizupflichten, wenn sie die Auffassung vertreten, dass der in der Fachwelt vorherrschenden Auffassung entscheidende Bedeutung bei der Lösung der Frage zukommt, ob es sich bei einem Objekt um einen Gegenstand von geschichtlicher, künstlerischer oder kultureller Bedeutung handelt (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1964, Zlen. 1555/62, 15/63, vom 29. Mai 1963, Zl. 2119/62, vom 10. Februar 1965, Zl. 516/64, vom 16. November 1966, Zl. 1553/65, von 19. März 1968, Zl. 155/67, vom 18. Mai 1972, Zl. 2262/71, und vom 6. Juli 1972, Zl. 370/72, Slg. Nr. 8268/A). Entgegen der in der Beschwerde geäußerten Ansicht handelte die belangte Behörde aber keineswegs rechtswidrig, wenn sie bei ihren Erwägungen auf Grund des mit dem Gutachten des Amtssachverständigen - in wesentlichen Teilen jedoch auch mit den von den Beschwerdeführern vorgelegten Gutachten - übereinstimmenden Gutachtens des Sachverständigen Dr. A dessen zusammenfassende Meinung mit der in der Fachwelt vorherrschenden Auffassung gleich setzte.
Aus den angeführten Überlegungen erweist sich die vorliegende Beschwerde somit als unbegründet, weshalb sie gemäß dem § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 lit. a und b, 53 Abs. 1 letzter Satz, sowie 59 Abs. 1 VwGG 1965 in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221.
Wien, am 29. März 1982
Schlagworte
Befangenheit von Sachverständigen Befangenheit der Mitglieder von Kollegialbehörden Amtssachverständiger Person BejahungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1982:1981120194.X00Im RIS seit
04.05.2004Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008