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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Seiler und Dr. Närr als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Novak, über die Beschwerde des Dr. WV in W, gegen den Bescheid des Akademischen Senates der Universität Wien vom 31. März 1982, Zl. 221/3-1973/74, betreffend einen Antrag auf Wiederaufnahme eines Verfahrens über einen Antrag auf Weiterbestellung als Universitätsassistent, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die vorliegende Beschwerde beinhaltet in Verbindung mit dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid und dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. Februar 1980, Zl. 1498/79, im wesentlichen folgendes:
Der Beschwerdeführer hatte u.a. in der Zeit vom 14. Dezember 1977 bis 15. März 1978 insgesamt 4 Anträge an die Personalkommission der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien auf Weiterbestellung als Universitätsassistent am Institut für Staats- und Verwaltungsrecht (Fachbereich: Steuerrecht) für die Zeit vom 1. Mai 1978 bis 30. April 1982 gerichtet. Das gemäß § 7 Abs. 3 (ursprüngliche Fassung) des Universitäts-Organisationsgesetzes und § 73 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 zuständig gewordene Fakultätskollegium der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien wies diese Anträge mit Bescheid vom 30. Oktober 1978 ab. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers gab der Akademische Senat der Universität Wien mit Bescheid vom 14. Mai 1979 nicht Folge. Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers wies der Verwaltungsgerichtshof mit dem oben erwähnten Erkenntnis als unbegründet ab und führte in den Entscheidungsgründen u. a. folgendes aus:
"Dass der Beschwerdeführer für den Fall der Verlängerung seines Dienstverhältnisses bereit wäre, finanzrechtliche Themen hermeneutisch-spekulativ zu behandeln, hat er selbst nicht behauptet und wurde von der belangten Behörde, schon im Hinblick auf die in dieser Frage auch noch aus der Berufung in der vorliegenden Sache entnehmbare eindeutige Haltung des Beschwerdeführers ohne Verstoß gegen verfahrensrechtliche Bestimmungen nicht angenommen."
Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 31. März 1982 wies die belangte Behörde den unter Berufung auf den § 69 Abs. 1 lit. b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 gestellten Antrag des Beschwerdeführers vom 1. November 1981 auf Wiederaufnahme des oben dargestellten Verfahrens über seine Weiterbestellung als Universitätsassistent für die Zeit vom 1. Mai 1978 bis 30. April 1982 ab. Als Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in diesem vorgebracht:
(1) er habe seit Erlassung der Beschwerde (richtig wohl des Bescheides) vom 14. Mai 1979 auf dem Gebiet des Finanzrechtes nicht nur analytisch-experimentelle Arbeiten, sondern auch eine hermeneutisch-spekulative Arbeit durchgeführt (Arbeit vom 24. Oktober 1981); (2) es läge dem Bescheid vom 14. Mai 1979 zu Grunde, dass er keine hermeneutisch-spekulativen, sondern nur analytisch-experimentelle Arbeiten durchzuführen bereit sei; (3) die in Rede stehende Tatsache hätte schon für sich allein einen anders lautenden Bescheid herbeiführen müssen. Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 69 Abs. 1 lit. b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 führte die belangte Behörde unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Oktober 1970, Zl. 1256/69, aus, der Beschwerdeführer mache jedoch keine neuen Tatsachen und Beweismittel im Sinne dieser Gesetzesstelle geltend; als neue Tatsachen und Beweismittel seien nur solche zu betrachten, die neu hervorgekommen seien, d. h. diese müssten schon früher bestanden haben, ohne der Behörde bekannt gewesen zu sein, so daß sie im durchgeführten Verfahren nicht berücksichtigt hätten werden können. Der Beschwerdeführer sehe nun als Grundlage dieses Bescheides vom 14. Mai 1979 die Sachverhaltsannahme, dass er für den Fall der Verlängerung seines Dienstverhältnisses keine hermeneutisch-spekulativen, sondern nur analytisch-experimentelle Arbeiten auf dem Gebiet des Finanzrechtes durchführen werde bzw. durchzuführen bereit sein werde. Dies gehe bereits aus seiner Berufungsschrift vom 8. November 1978 hervor und sei auch vom Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis vom 27. Februar 1980, Zl. 1498/79, berücksichtigt worden. Abschließend führte die belangte Behörde unter Hinweis auf Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes, 1978, S. 176, noch folgendes aus:
Zum Zeitpunkt der Erlassung des in Frage stehenden Bescheides müsse jedenfalls eine mangelnde Bereitschaft des Beschwerdeführers, hermeneutisch-spekulative Arbeiten durchzuführen, als Entscheidungsgrundlage angenommen werden. Bringe der Beschwerdeführer nun seine Bereitschaft zur Tätigkeit auf diesem Bereich wissenschaftlicher Arbeit zum Ausdruck - eine Tatsache, die zur Zeit der Bescheiderlassung nicht bestanden habe - , so liege eine wesentliche Änderung der Tatsachenlage nach der Erlassung des Bescheides vor, die nicht durch Wiederaufnahme geltend gemacht werden könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Der Beschwerdeführer führt im wesentlichen folgendes aus: Durch den angefochtenen Bescheid werde er in seinen Rechten auf eine dem Gesetz entsprechende Sachentscheidung insofern verletzt, als die belangte Behörde seine am 24. Oktober 1981 verfasste hermeneutisch-spekulative Arbeit über ein finanzrechtliches Thema nicht als neue Tatsache (Beweismittel) im Sinne des § 69 Abs. 1 lit. b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 gelten lasse, obwohl sie in ihrem rechtskräftigen Bescheid vom 14. Mai 1979 von der Sachverhaltsannahme ausgegangen sei, dass der Beschwerdeführer jedenfalls bis zum 30. April 1982 und damit auch im Jahre 1981 keine hermeneutisch-spekulativen Arbeiten über finanzrechtliche Themen verfassen werde, und obwohl der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkenne, dass eine neue Tatsache im Sinne der angeführten Gesetzesstelle stets auch dann vorliege, wenn die Behörde ihrem Bescheid in der Zukunft liegende, erst nach Bescheiderlassung eintretende Tatsachen zu Grunde gelegt habe und sodann im entscheidungs(bescheid-)wesentlichen Zeitraum Tatsachen eingetreten seien, die die Behörde im Bescheid nicht berücksichtigt habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß dem § 69 Abs. 1 lit. b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit den sonstigen Ergebnissen des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung eignen sich Tatsachen oder Beweismittel, die erst nach dem rechtskräftigen Abschluss des vorangegangenen Verfahrens entstanden sind, nicht als Wiederaufnahmegründe, sondern nur solche, die schon zur Zeit des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens bestanden haben, aber nicht bekannt waren (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes außer dem von der belangten Behörde zutreffend angeführten Erkenntnis noch das vom 26. Februar 1959, Zl. 2192/58, Slg. Nr. 4890/A, und aus der damit in Einklang stehenden Lehre z.B. Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen, I. Band, 1953, S. 455 f, sowie Ringhofer, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, 1978, S. 63, Anm. 122, und Walter-Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts2, 1980, S. 186 Abs. 2). Der Beschwerdeführer scheint überdies zu verkennen, dass nicht nur sinnlich wahrnehmbare Umstände, sondern auch innere Vorgänge, soweit sie rational feststellbar sind (Ansichten, Absichten oder Gesinnungen, die der Selbstbeobachtung eines anderen zugänglich sind, wie z.B. die Zahlungswilligkeit) Tatsachen sind (vgl. z.B. Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch2, 1979, S. 980, und den u.a. zum Begriff "Ereignis" ergangenen Beschluss eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. März 1976, Zl. 265/75, Slg. Nr. 9024/A).
Bereits diese Ausführungen zeigen, dass eine erst am 24. Oktober 1981 verfasste bzw. entstandene hermeneutischspekulative Arbeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 69 Abs.1 lit. b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 kein Grund für die Wiederaufnahme des mit Bescheid des Akademischen Senates der Universität Wien vom 14. Mai 1979 rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens über die Anträge des Beschwerdeführers auf Weiterbestellung als Universitätsassistent sein kann.
Da schon der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung gemäß dem § 35 Abs. 1 VwGG 1965 - somit ohne Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages - als unbegründet abzuweisen, und zwar durch den gemäß dem § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG 1965 in der Fassung des Art. I Z. 2 des Bundesgesetzes vom 11. März 1982, BGBl. Nr. 203, zuständigen Senat.
Wien, am 14. Juni 1982
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1982:1982120056.X00Im RIS seit
26.11.2004Zuletzt aktualisiert am
05.10.2008