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L82000 Bauordnung;Norm
AVG §56 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hinterauer und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Hnatek und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Davy, über die Beschwerde der Wasserwerksgenossenschaft F in E, vertreten Dr. Arnulf Hummer, Rechtsanwalt in Wien I, Maysedergasse 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 4. Dezember 1981, Zl. 15.672/04-I 5/81, betreffend einstweilige Verfügung (16 mitbeteiligte Parteien), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.960,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Landeshauptmann von Niederösterreich erteilte den mitbeteiligten Parteien des verwaltungsgerichtsgerichtlichen Verfahrens im Instanzenzug wasserrechtliche Bewilligungen zur Bewässerung ihrer landwirtschaftlich genutzten Grundstücke, die in dem durch Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 11. April 1969, BGBl. Nr. 126, zum Schutze des Grundwasservorkommens in der Mitterndorfer Senke festgelegten Grundwasserschongebiete gelegen sind. Die Wasserentnahme soll hiebei aus dem Grundwasser und Oberflächengewässern erfolgen. Diese Berufungsbescheide hat die Beschwerdeführerin mit Berufungen bekämpft, über die die belangte Behörde noch nicht entschieden hat. Vor Erlassung dieser Bescheide erließ der Landeshauptmann von Niederösterreich mit Bescheiden vom 28. August und 2. September 1981 gemäß § 122 WRG 1959 einstweilige Verfügungen, in denen er den mitbeteiligten Parteien die vorläufige Befugnis zur künstlichen Beregnung von jeweils näher bezeichneten, im Besitze der mitbeteiligten Parteien befindlichen, landwirtschaftlich genutzten Grundstücken erteilte, und zwar jeweils nach Maßgabe der bezughabenden Ausführungen in der Verhandlungsschrift der Behörde erster Instanz. Diese Befugnisse, die im wesentlichen den im Instanzenzug erteilten Bewilligungen entsprechen, wurden an die Bedingung geknüpft, dass die in den Verhandlungsschriften der Behörde erster Instanz enthaltenen Vorschreibungen bzw. Erklärungen der Parteien zu beachten sind. Weiters wurden diese Befugnisse bis 30. September 1983 befristet. Schließlich wurden die Anträge der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung einer jährlichen Entschädigungssumme in der Höhe von S 5.000,-- als unbegründet abgewiesen.
Gegen diese 16 einstweiligen Verfügungen hat die Beschwerdeführerin berufen. In den Berufungsschriften wurde im wesentlichen gleich lautend ausgeführt, dass von einer Gefahr im Verzug keine Rede sein könne, da jenes Gebiet seit 1000 Jahren intensiv landwirtschaftlich genutzt werde und dies bisher ohne künstliche Beregnung erfolgt sei. Es habe sich an den klimatischen Verhältnissen und am natürlichen Wasserdargebot seither nichts Wesentliches geändert. Eine künstliche Beregnung vermöge lediglich einer Ertragssteigerung zu dienen, an der aber wegen einer Überproduktion an landwirtschaftlichen Erzeugnissen kein öffentliches Interesse bestünde. Umgekehrt reiche die elektrische Energie nicht einmal für den Inlandbedarf aus, und es würden hier wegen Schmälerung der dazu benötigten Wassermengen mit der Verringerung der Kraftwerksleistung nicht nur Industrie- und Gewerbebetriebe, sondern auch die Allgemeinheit geschädigt.
Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 4. Dezember 1981 wurde den Berufungen gegen die als einstweilige Verfügung erlassenen Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. August und 2. September 1981 gemäß § 66 AVG 1950 nicht Folge gegeben. In der Begründung dieses Bescheides wird ausgeführt, es sei unbestritten, dass das Gebiet des südlichen Wiener Beckens intensiv landwirtschaftlich genutzt werde und es auf Grund des pannonischen Klimas zu hohen Temperatur- und Verdunstungsraten komme. Auf Grund dieser Umstände und der in weiten Teilen des Gebietes gegebenen geringen wasserhaltenden Kraft der Böden komme einer dem Entwicklungsstadium der Feldfrüchte entsprechenden Wasserzufuhr entscheidende Bedeutung zu. Im Hinblick auf die in vielen Fällen zur Erzielung der erforderlichen Ertragssicherung nicht ausreichenden Niederschlagsmengen und auf die vielfach sehr ungünstige Niederschlagsverteilung sei vor allem bei Hackfrüchten, in extremen Jahren aber auch bei Getreide, der Einsatz der künstlichen Feldberegnung die einzige Möglichkeit, um Missernten zu verhindern. Daraus ergebe sich aber, dass bei einer Unterbindung der Möglichkeit der künstlichen Feldberegnung Gefahr im Verzug für die landwirtschaftlichen Kulturen gegeben sei. Es handle sich somit entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin bei der künstlichen Feldberegnung nicht primär um eine Maßnahme zur Ertragssteigerung, sondern vielmehr um eine Vorkehrung, durch die ein drohender Schaden - nämlich Missernten - abgewendet werden solle. Daraus ergebe sich, dass die Behörde erster Instanz die bekämpften einstweiligen Verfügungen zum Schutze von gemäß der angeführten Gesetzesstelle über Antrag zu berücksichtigenden Interessen und somit zu Recht erlassen habe. Aus dem Blickwinkel öffentlicher Interessen ergebe sich, dass gemäß § 105 WRG 1959 eine Gefährdung der Landeskultur zur Abweisung eines Vorhabens oder zu einer Bewilligung nur unter entsprechenden Auflagen führen könne. Da aus den zuvor angegebenen Ausführungen erhelle, dass eine Ertragssicherung in diesem Gebiet nur bei einer Ermöglichung der Feldberegnung zu erzielen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass bei mangelnder Ertragssicherung die Landeskulturen gefährdet erscheinen und somit Gefahr im Verzug liege. Auch aus diesem Grund erweise sich somit die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung. Zur Argumentation, dass die in Frage stehenden Flächen auch bisher über lange Zeiträume ohne künstliche Beregnung landwirtschaftlich genutzt worden seien, sei festzuhalten, dass dieser Umstand nichts darüber auszusagen vermöge, inwieweit die gegenwärtig gepflanzten Feldfrüchte zur Hintanhaltung von Missernten einer künstlichen Beregnung bedürften. Auch Fragen einer Stützung der Landwirtschaft durch die öffentliche Hand könnten in einem wasserrechtlichen Verfahren nicht als entscheidungsrelevant angesehen werden. Hinsichtlich der Frage einer Verringerung der Triebwerksleistung der von der Beschwerdeführerin erfassten Wasserkraftanlagen habe der Landeshauptmann von Niederösterreich in den bisherigen Verfahren über die Berufungen gegen die 1974 erstinstanzlich von der Bezirkshauptmannschaft Baden erteilten wasserrechtlichen Bewilligungen für die gegenständlichen Beregnungsanlagen umfangreiche Sachverhaltsermittlungen in die Wege geleitet, deren Ergebnis in den diesbezüglichen Berufungsentscheidungen einen Niederschlag gefunden hätten. Im übrigen sei die Beschwerdeführerin dem ihr mitgeteilten schlüssigen Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen nicht auf sachverständiger Basis, sondern nur mit eigenen Behauptungen entgegengetreten, sodass dieses Gutachten in seiner Beweiskraft nicht erschüttert erscheine und somit als Entscheidungsgrundlage heranzuziehen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides erhobene Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht verletzt, durch einstweilige Verfügungen gemäß § 122 WRG 1959 in ihren Wasserrechten nicht beeinträchtigt zu werden, wenn Gefahr im Verzug nicht vorliege, sowie in ihrem Recht darauf, dass bei Beurteilung der Frage, ob Gefahr im Verzug gegeben sei, nicht nur die Interessen des Antragstellers, sondern auch jene des Antragsgegners sowie der österreichischen Volkswirtschaft, Berücksichtigung finden, und schließlich in ihrem Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Die mitbeteiligten Parteien erstatteten keine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 122 Abs. 1 WRG 1959 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei Gefahr im Verzuge - zur Wahrung öffentlicher Interessen von Amts wegen, zum Schutze Dritter auf deren Antrag - die erforderlichen einstweiligen Verfügungen treffen; die nach § 99 oder § 100 zuständige Wasserrechtsbehörde kann solche einstweilige Verfügungen abändern oder selbst treffen. Diese Befugnis steht während der Anhängigkeit eines Berufungsverfahrens auch der Berufungsbehörde zu, selbst dann, wenn gegen die einstweilige Verfügung keine Berufung erhoben wurde.
Eine einstweilige Verfügung nach § 122 Abs. 1 WRG 1959 setzt u. a. voraus, dass das behördliche Handeln durch eine drohende Gefahr, wobei es ohne Belang ist, woher sie rührt, ausgelöst wird und die Abwehr der Gefahr so dringlich ist, dass keine Zeit mehr für die Durchführung eines Verwaltungsverfahrens bleibt. Im Spruch einer nach der angeführten Gesetzesstelle erlassenen einstweiligen Verfügung können jedoch nur solche Maßnahmen (Leistungen, Duldungen, Unterlassungen) angeordnet werden, die Inhalt eines wasserpolizeilichen Auftrages sein können und somit einer Vollstreckung zugänglich sind. Eine einstweilige Verfügung, mit der das Recht (die Befugnis) zu einer Wasserentnahme und zur Beregnung von Grundstücken im Sinne des bewilligten Projektes, aber vor Rechtskraft des Bewilligungsbescheides eingeräumt wird, findet daher in der angeführten Gesetzesstelle keine Deckung. Im übrigen wird noch auf folgendes hingewiesen: die Behörde erster Instanz - die belangte Behörde hat die Bescheide der Behörde erster Instanz bestätigt - hat zwar im Spruch ihres Bescheides nach Festlegung der zu beregnenden Flächen und der Leistung der Pumpe auf die Beachtung der in den Verhandlungsschriften der Behörde erster Instanz enthaltenen Vorschreibungen bzw. Erklärungen hingewiesen, doch ist damit dem unabdingbaren Erfordernis der Präzisierung von Auflagen im Spruch des Bescheides nicht entsprochen; der bloße Hinweis auf Vorschreibungen in einer Verhandlungsschrift, ohne dass diese im einzelnen geprüft und gewürdigt wurden, ist gesetzwidrig (vgl. auch Verwaltungsgerichtshoferkenntnisse vom 3. März 1977, Zl. 1697/76, vom 16. Juni 1977, Zl. 1754/74).
Da die belangte Behörde insoweit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 lit. a VwGG 1965 aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 lit. f VwGG 1965 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 203/1982 abgesehen werden, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren für Umsatzsteuer war abzuweisen, da ein besondere Vergütung hiefür im Gesetz nicht vorgesehen ist.
Wien, am 6. Juli 1982
Schlagworte
Maßgebender Bescheidinhalt Inhaltliche und zeitliche Erstreckung des Abspruches und der RechtskraftInhalt des Spruches DiversesAuflagen BauRallg7Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1982:1982070019.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009