TE Vwgh Erkenntnis 1984/9/26 82/13/0051

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Veröffentlicht am 26.09.1984
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1972 §5;
EStG 1972 §6 Z2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 82/13/0059, 82/13/0060, 82/13/0061, 82/13/0062

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Hofstätter und die Hofräte Dr. Iro, Dr. Drexler, Dr. Pokorny und Dr. Fürnsinn als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerde der X Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 17. November 1981, Zl. 6/2- 3192/1/80, betreffend Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1976, Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. Jänner 1977, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.310,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die beschwerdeführende Ges.m.b.H. ist Eigentümerin eines Theatergebäudes, das jahrelang in Bestand gegeben worden war. Im Hinblick auf die starke Abnutzung und andere Schäden, die vom Bestandnehmer zu verantworten waren, bezahlte dieser der Beschwerdeführerin anlässlich der Beendigung des Bestandverhältnisses im Jahre 1976 an Stelle der Wiederherstellung des gebrauchsfähigen Zustandes des Bestandobjektes eine Entschädigung in Höhe von S 14,000.000,--, die von der Beschwerdeführerin als ao Ertrag verbucht wurde.

Gegen Ende desselben Jahres gab die Beschwerdeführerin das Theatergebäude einem Verein in Bestand. Vor dem Vertragsabschluss richtete der steuerliche Vertreter der Beschwerdeführerin an das Finanzamt für Körperschaften in W eine Anfrage, die auszugsweise folgenden Inhalt hatte:

     "....... Eine Wiederherstellung des Mietobjektes erschien

solange nicht zweckmäßig, als nicht mit Sicherheit feststand, ob

und welcher neue Mieter sich finden würde. Nun ergibt sich der

Sachverhalt, dass ein Verein ... die Räumlichkeiten mieten würde,

allerdings nur dann, wenn das Mietobjekt in einem tunlichst

gebrauchsfähigen Zustand von der (Beschwerdeführerin) zur

Verfügung gestellt werden könnte. Hiezu ist es notwendig und als

einzig gangbarer Weg zweckdienlich, die seinerzeit (vom Vormieter)

zur Verfügung gestellten S 14,000.000,-- zumindest als teilweisen

Ersatz dem präsumtiven Mieter anzubieten, um den Abschluss des

Mietvertrages zu erreichen; denn nur unter dieser Bedingung wäre

der Mieter bereit, einen Mietvertrag, etwa zu den gleichen

Bedingungen wie (der Vormieter) abzuschließen. .......

Voraussetzung für die Vertragsdurchführung wäre die Klärung der

Frage, ob eine Entrichtung der S 14,000.000,-- an den präsumtiven

Mieter als Entschädigung für die nicht erfolgte Herstellung des

gebrauchsfähigen Zustandes und als Verzicht des präsumtiven

Mieters auf eine etwaige Einrede hinsichtlich des Zustandes des

Mietobjektes, als Betriebsausgabe des Jahres 1976 anerkannt werden

würde. ........"

Zur weiteren Information wurde dieser Anfrage ein Artikel in der C Zeitung beigelegt, dem zu entnehmen ist, dass zum "Startkapital" des als Mieter vorgesehenen Vereins auch die vom Vormieter als Entschädigung bezahlten 14 Millionen Schilling gehörten.

Das Finanzamt für Körperschaften teilte der Beschwerdeführerin mit, "dass richtige und vollständige Sachverhaltsdarstellung vorausgesetzt", die Entschädigungszahlung an den Mieter als Betriebsausgabe anzuerkennen sei. Diese Rechtsauffassung könne allerdings "durch etwaige fortschreitende Judikatur bzw. durch ergehende Weisungen geändert werden".

Daraufhin wurde der Bestandvertrag am 30. Dezember 1976 abgeschlossen. Die Entschädigungszahlung von S 14,000.000,-- wurde an den Verein als Bestandnehmer am 3. Jänner 1977 durch Überreichung eines Bankschecks geleistet. Zum selben Zeitpunkt übergab der Verein eine von der Ybank mit Datum 30. Dezember 1976 erstellte Bankgarantie, in der die Erfüllung der Rückzahlungsverpflichtung des Vereins betreffend die S 14,000.000,-

- (samt Zinsen) für den Fall garantiert wurde, dass der Verein seiner Verpflichtung, das Theatergebäude "in tadellosen Zustand zu versetzen, sodass es bis spätestens 31. Dezember 1978 als Theater kommissioniert wird", nicht nachkommen sollte.

Die Beschwerdeführerin passivierte die am 3. Jänner 1977 erfüllte Verpflichtung zur Leistung der Entschädigungszahlung von S 14,000.000,-- an den Verein als Rückstellung in der Schlussbilanz zum 31. Dezember 1976. Das Finanzamt erkannte die Rückstellung an und erließ gemäß § 200 BAO vorläufige Bescheide betreffend Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1976 sowie Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. Jänner 1977.

Im Jahr 1978 fand bei der Beschwerdeführerin eine Betriebsprüfung betreffend die Jahre 1974 bis 1976 statt. Dabei traf der Prüfer im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin habe mit dem Verein einen im Sinne des Prinzips der Vertragsfreiheit "gemischten Bestandvertrag" abgeschlossen. Dieser Vertrag setze sich aus einem in mündlicher Form abgeschlossenen Vertrag sowie aus einem am 30. Dezember 1976 in schriftlicher Form niedergelegten Bestandvertrag zusammen. Wie der Rechtsanwalt der Beschwerdeführerin, Dr. L., gegenüber dem Finanzamt ausgeführt habe, sei der Abschluss des mündlichen Vertrages eine unabdingbare Voraussetzung für den Abschluss des (schriftlichen) Bestandvertrages gewesen. Die Beschwerdeführerin habe sich in diesem mündlichen Vertrag dem Verein gegenüber verpflichtet, diesem einen Bankscheck in Höhe von S 14,000.000,-- zu übergeben. Der Verein habe sich seinerseits dafür verpflichtet

a) bis zum 31. Dezember 1978 das Theatergebäude in tadellosen Zustand zu versetzen, d. h. bis zu diesem Zeitpunkt ein vollständig spielfertiges Theater zu errichten und

b) bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung der Beschwerdeführerin den Betrag von S 14,000.000,-- zurückzuzahlen sowie

c) zur Besicherung der widmungsgemäßen Verwendung des übergebenen Bankscheckes der Beschwerdeführerin eine Bankgarantie zu überreichen.

Der Beschwerdeführerin sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses die wesentliche und große Bedeutung dieser Verpflichtung des Vereins bekannt gewesen. Nach Abschluss dieses mündlichen Vertrages sei am 30. Dezember 1976 der Bestandvertrag zwischen den Parteien abgeschlossen worden. Demzufolge habe der Verein ab 30. Dezember 1976 das Theatergebäude samt bestimmten Nebenräumen und Fahrnissen in Bestand genommen. Die Vertragsdauer sei mit unbestimmter Zeit, die Kündigungsfrist mit einem Jahr, jeweils zum 31. August eines jeden Jahres festgelegt worden. Ferner habe sich der Verein in Anlehnung an den in mündlicher Form errichteten Vertrag verpflichtet, unter anderem bei Beendigung des Bestandverhältnisses das Theater in spielfertigem Zustand und mit aufrechter Kommissionierung zurückzustellen. Als Entgelt seitens des Vereines sei ein Bestandzins von S 120.000,-- monatlich, laufend wertgesichert sowie die Entrichtung der laufenden Betriebskosten festgelegt worden.

Die Beschwerdeführerin habe anschließend in Erfüllung der angeführten Verträge am 3. Jänner 1977 dem Vertreter des Vereins einen Bankscheck in Höhe von S 14,000.000,-- überreicht. Zum selben Zeitpunkt habe der Verein der Beschwerdeführerin wie vereinbart die Bankgarantie übergeben.

In der Folge habe der Verein seine eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt. So habe die Beschwerdeführerin in einem Schreiben vom 15. April 1977 an den Verein festgehalten, dass dieser noch vom Monat Jänner 1977 datierende Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt habe. Die letzte Bestandzinszahlung habe der Verein am 7. April 1977 geleistet.

Am 8. August 1977 habe der Rechtsvertreter des Vereins ein Schreiben an die Beschwerdeführerin gerichtet, in welchem unter anderem ausgeführt werde, "dass der Verein, da die Mittel zur Weiterführung des Vereines und die vom Verein beabsichtigte Zielsetzung nicht gewährleistet seien, vorerst seine Liquidation beschlossen habe". Außerdem habe der Rechtsvertreter des Vereins den Bestandvertrag unter Einhaltung der einjährigen Kündigungsfrist mit Wirkung vom 31. August 1978 aufgekündigt.

Im Bericht der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin für das Wirtschaftsjahr 1977 sei unter anderem ausgeführt worden, "dass spätestens nach Ablauf des Herbstes 1976 offenbar wurde, dass die von interessierten Personen ausposaunten Engagements zu Gunsten des (Theatergebäudes) finanziell nicht durchführbar waren. Um den Schein zu wahren und um die von der Gesellschaft für die Renovierung des (Theatergebäudes) angebotenen S 14,000.000,-- zu vereinnahmen, wurde kurz vor Jahresende der Verein ... gegründet". Daraus sei zu schließen, dass die Beschwerdeführerin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr damit gerechnet habe, dass der Verein seine Verpflichtungen erfüllen werde. Dieser Umstand, der der Beschwerdeführerin vor dem Zeitpunkt der Bilanzerstellung bekannt geworden und daher bei letzterer zu berücksichtigen gewesen sei, habe zur Folge gehabt, dass auch die Verpflichtung der Beschwerdeführerin dem Verein gegenüber nicht mehr bestanden habe. Daraus folge weiters, dass die Bildung einer Rückstellung in der Schlussbilanz des Jahres 1976 für diese Verpflichtung als unzulässig angesehen werden müsse.

Das Finanzamt schloss sich der Auffassung des Betriebsprüfers an und erließ entsprechend geänderte endgültige Bescheide betreffend Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer 1976 sowie Einheitswert des Betriebsvermögens, Vermögensteuer und Erbschaftssteueräquivalent ab dem 1. Jänner 1977. Außerdem erließ das Finanzamt einen Feststellungsbescheid betreffend den gemeinen Wert der Anteile an der beschwerdeführenden Ges.m.b.H.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung. Der Umstand, dass die der Rückstellungsbildung in der Schlussbilanz des Jahres 1976 zu Grunde liegende Verpflichtung bereits am 3. Jänner 1977 (sohin noch lange vor dem Bilanzerstellungszeitpunkt) erfüllt worden sei, spreche für die Rechtmäßigkeit der Rückstellungsbildung. Selbst wenn sich noch vor dem Bilanzerstellungszeitpunkt herausgestellt hätte, dass der Verein seinen Verpflichtungen nicht nachkommen würde, so hätte dies an der Berechtigung bzw. Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Rückstellung ihrer Verbindlichkeit nichts geändert. Umstände, die geeignet gewesen wären, Zweifel an der Vertragserfüllung durch den Verein aufkommen zu lassen, seien nämlich erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten.

Was die im Geschäftsführerbericht enthaltenen Worte "... um den Schein zu wahren ..." betreffe, so sei zu sagen, dass sich diese Worte rückblickend auf das Verhalten einiger Politiker bezogen hätten.

Das Finanzamt habe seine Auskunft, dass die Entschädigungszahlung an den Verein als Betriebsausgabe anzuerkennen sei, in voller Kenntnis aller maßgebenden Umstände erteilt und sei daher an diese Auskunft nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gebunden.

Die belangte Behörde gab der Berufung hinsichtlich eines Eventualbegehrens auf Bildung einer Investitionsrücklage teilweise statt, versagte jedoch der streitgegenständlichen Rückstellung die Anerkennung. Bezüglich der Feststellung des gemeinen Wertes der Gesellschaftsanteile wurde eine gesonderte Erledigung in Aussicht gestellt. (Diese ist zwischenzeitlich ergangen, jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.)

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, dass sich dem Bestandvertrag einesteils keine Verpflichtung zur Bezahlung der S 14,000.000,-- entnehmen lasse und anderenteils unter Abschnitt "XVII Schlussbestimmungen" ausdrücklich vereinbart sei, dass "sämtliche vor Unterfertigung dieses Vertrages gepflogenen Unterredungen und Zusagen, Erklärungen oder Verabredungen, die nicht in diesen Vertrag aufgenommen oder etwa sonst einverständlich beurkundet wurden oder werden, ... unwirksam (sind)" und sämtliche Vereinbarungen der Vertragspartner zu ihrer Gültigkeit der Schriftform bedürften. Die von der Beschwerdeführerin behauptete mündliche Zusatzvereinbarung könne daher nicht als rechtswirksam angesehen werden. Auch fehle es an der vertraglichen Auflage, dass der Verein das Theatergebäude in tadellosen Zustand zu versetzen habe. Es gebe daher "keinerlei Anhaltspunkt, wonach die (Beschwerdeführerin) verpflichtet gewesen wäre, den streitgegenständlichen Betrag im Jahre 1976 oder zu irgendeinem Zeitpunkt zu bezahlen". Für die Bildung einer Rückstellung in der Bilanz zum 31. Dezember 1976 bestehe sohin keine Veranlassung. Der Umstand, dass die Zahlung der S 14,000.000,-- bereits am 3. Jänner 1977 erfolgt sei und dass die Ybank am 30. Dezember 1976 eine Bankgarantie "als Sicherung zur Deckung eines eventuellen Rückgriffsanspruches (gegenüber dem Verein)" erteilt habe, seien Ereignisse, die nicht das Jahr 1976 betreffen. Zur Zahlung selbst sei zu bemerken, dass aus dem vorgelegten Zahlungsbeleg weder der Zahlungsgrund noch der Auftraggeber ersichtlich sei. Der Beleg könne daher nicht als Zahlungsnachweis der Beschwerdeführerin gelten.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin ermittelt als Ges.m.b.H. ihren Gewinn gemäß § 5 EStG. Nach den von ihr zu beachtenden Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung besteht die Verpflichtung, für künftige Ausgaben, die wirtschaftlich mit einem abgelaufenen Wirtschaftsjahr in ursächlichem Zusammenhang stehen, Rückstellungen zu bilden. Voraussetzung dafür ist, dass ein Aufwand bestimmter Art ernsthaft droht, also mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussehbar ist, oder dass der Aufwand schon sicher und nur der Höhe nach unbestimmt ist. Die Bildung einer Rückstellung setzt demnach nicht das Bestehen einer rechtsverbindlichen Verpflichtung am Bilanzstichtag, wohl aber die Wahrscheinlichkeit voraus, dass eine wirtschaftlich das abgelaufene Jahr betreffende Schuld entstehen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Juni 1983, Zl. 1419/79, und die dort zitierte hg. Rechtsprechung).

Die belangte Behörde vertritt die Rechtsansicht, dass für die Beschwerdeführerin zum Bilanzstichtag 1976 keine passivierbare Verpflichtung zur Bezahlung der S 14,000.000,-- an den Verein bestand. Sie stützt sich dabei ausschließlich auf den Inhalt des Bestandvertrages selbst, der einerseits keine derartige Verpflichtung vorsieht und andererseits bestimmt, dass allfällige zusätzliche Vereinbarungen der Schriftform bedürfen. Eine schriftliche Zusatzvereinbarung sei aber nicht vorgelegt worden. Außerdem beinhalte der Bestandvertrag keine Verpflichtung des Vereins zur Instandsetzung des Theatergebäudes.

Was die letztgenannte Feststellung der belangten Behörde betrifft, so ist zu sagen, dass die Beschwerdeführerin dem Finanzamt vor Vertragsabschluss durch ihren steuerlichen Vertreter mitgeteilt hat, mit Rücksicht auf den schlechten Allgemeinzustand des Theatergebäudes sei in Aussicht genommen worden, dem als Bestandnehmer in Betracht kommenden Verein jenen Betrag zur Verfügung zu stellen, den sie selbst als Entschädigung für die nicht ordnungsgemäße Rückstellung des Bestandobjektes durch den Vormieter von diesem erhalten habe. Nach dem Betriebsprüfungsbericht wird am Zustandekommen und am Inhalt dieses mündlichen Vertrages ebenso wenig gezweifelt, wie an der tatsächlichen Vertragserfüllung am 3. Jänner 1977 durch Übergabe eines Bankschecks. Der Hinweis der belangten Behörde auf den schriftlichen Bestandvertrag, der keine derartige Verpflichtung enthalte und für Zusatzvereinbarungen die Schriftform vorsehe, ist für sich allein nicht geeignet, berechtigte Zweifel an der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerdeführerin aufkommen zu lassen. Abgesehen davon, dass die allgemein üblichen Vertragsklauseln, wonach allfällige in den Vertrag nicht aufgenommene Nebenabreden ungültig sein sollen, für die Vertragspartner kein Hindernis darstellen, einvernehmlich weitere Vereinbarungen zu treffen, knüpft das Ertragssteuerrecht nicht formal an Vertragsgestaltungen, sondern am tatsächlichen wirtschaftlichen Geschehen und den diesem Geschehen zu Grunde liegenden Rechten und Pflichten an. Bei dieser Betrachtungsweise ist zunächst zu beachten, dass der Inhalt der Verwaltungsakten (Schriftverkehr zwischen der ......bank und dem Finanzamt für Körperschaften) dafür spricht, dass der Betrag von S 14,000.000,-- tatsächlich auf einem Konto des Vereines eingegangen ist und der Bank zur Deckung jener Bankgarantie diente, die über den gleichen Betrag am 30. Dezember 1976 zwecks Sicherung eines allfälligen Rückgriffsanspruches seitens der Beschwerdeführerin eingeräumt wordenwar. Es entspricht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass derartige Beträge nicht ohne jede vorangehende Vereinbarung bezahlt werden. Auch Bankgarantien über derartige Beträge liegen üblicherweise entsprechende Vereinbarungen zu Grunde. Dementsprechend hegte das Finanzamt, wie bereits erwähnt, keine Zweifel an der Zahlung und der ihr zugrundeliegenden Vereinbarung. Die Rückstellungsbildung wurde von der ersten Instanz vielmehr mit der Begründung nicht anerkannt, dass zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung bereits deutlich erkennbar gewesen sei, dass der Verein seiner Verpflichtung zur Instandsetzung des Theatergebäudes nicht entsprechen würde, womit auch die korrespondierende Verpflichtung der Beschwerdeführerin auf Hingabe der S 14,000.000,-

- erloschen wäre. Außerdem bestanden nach Ansicht des Finanzamtes berechtigte Zweifel an der Ernsthaftigkeit der ganzen Transaktion, weil der Geschäftsführerbericht im Zusammenhang mit der Gründung des Vereines die Worte "um den Schein zu wahren und um die ... S 14,000.000,-- zu vereinnahmen" verwendet. Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung klargestellt, dass sich diese Formulierung rückblickend auf das Verhalten einiger Politiker bezogen habe, die eine Unterstützung mit öffentlichen Mitteln in Aussicht gestellt hätten. Von Seiten der Beschwerdeführerin habe aber immer die ernsthafte Absicht bestanden, das Theatergebäude durch Abschluss des Bestandvertrages und Hingabe der S 14,000.000,-- wiederum spielbereit zu machen. Da die belangte Behörde die Argumente des Finanzamtes nicht in ihre Bescheidbegründung übernommen hat, erübrigt es sich, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren dazu Stellung zu nehmen. Aus Gründen der Prozessökonomie sei aber darauf hingewiesen, dass nach dem Bilanzstichtag eingetretene Umstände, die eine Instandsetzung des Theatergebäudes durch den Verein unwahrscheinlich erscheinen ließen, für sich allein an der steuerlichen Berücksichtigung der zum Bilanzstichtag bestehenden Zahlungsverpflichtung der Beschwerdeführerin nichts ändern würden. Maßgebend für die Bilanzerstellung sind nämlich stets nur solche bis zum Bilanzerstellungszeitpunkt bekannt gewordenen Umstände, die am Bilanzstichtag bereits bestanden haben.

Wenn die belangte Behörde ungeachtet des oben dargelegten Inhaltes der Verwaltungsakten Zweifel am Vorliegen vertraglicher Vereinbarungen hatte, wonach die Beschwerdeführerin zum Bilanzstichtag 1976 eine Zahlungsverpflichtung dem Verein gegenüber im Ausmaß vom S 14,000.000,-- getroffen hat, so wäre sie gehalten gewesen, weitere Erhebungen, insbesondere durch Einvernahme der an der Vertragsgestaltung beteiligten Personen, vorzunehmen. Schließlich hätte sie der Beschwerdeführerin gemäß § 183 Abs. 4 BAO vor Erlassung des angefochtenen Bescheides das Ergebnis der Beweisaufnahmen zur Kenntnis bringen müssen, um ihr Gelegenheit zur Äußerung und allfälliger Namhaftmachung weiterer Beweismittel zu geben. Dadurch, dass die belangte Behörde dies nicht getan hat, hat sie Verfahrensvorschriften verletzt, eine Rechtsverletzung, die vom Verwaltungsgerichtshof auch dann aufzugreifen ist, wenn sie der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich rügt. Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 lit. c VwGG 1965 aufzuheben.

Abschließend sei noch festgestellt, dass der Gerichtshof keine Veranlassung sah, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob für den Fall, dass das Bestehen der Verpflichtung zum 31. Dezember 1976 bejaht wird, tatsächlich eine Rückstellung oder - mit derselben Auswirkung auf das Betriebsergebnis - eher eine Verbindlichkeit in der Bilanz auszuweisen gewesen wäre.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 7. April 1981, BGBl. Nr. 221. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil ein Zuspruch von Umsatzsteuer über den mit S 8.060,-- pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes hinaus nicht vorgesehen ist, und der Schriftsatzaufwand auch dann nur in einfacher Höhe gebührt, wenn im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mehrere Schriftsätze erstattet werden.

Wien, am 26. September 1984

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1984:1982130051.X00

Im RIS seit

26.09.1984

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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