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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
AlkAbgG §11;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte Dr. Karlik, Dr. Simon, Dr. Schubert und Dr. Pokorny als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Traumüller, über die Beschwerde des H B in T, vertreten durch Dr. Hermann Plochberger, Rechtsanwalt in Telfs, Weissenbachgasse 2/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 19. Dezember 1983, Z1. 55.311- 5/83, betreffend Haftung für Lohnsteuer, Umsatzsteuer und Alkoholabgabe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.400,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Laut Gesellschaftsvertrag vom 14. Mai 1980 war der Beschwerdeführer einer der beiden einzelzeichnungs- und einzelvertretungsbefugten Geschäftsführer der A-Gesellschaft mit beschränkter Haftung (im folgenden Text "Ges .m .b .H."), an deren Stammkapital von insgesamt S 100.000,-- er auch mit einer Stammeinlage von S 20.000,-- als Gesellschafter beteiligt war. Zufolge einer Änderung des Gesellschaftsvertrages mit Gesellschafterbeschluss vom 14. Oktober 1980 war der bis dahin zweite Geschäftsführer nicht mehr Geschäftsführer, so daß der Beschwerdeführer als der einzige Geschäftsführer der Ges.m.b.H. verblieb. Mit Beschluss des Landesgerichtes I. vom 16. September 1982 wurde über das Vermögen der Ges.m.b.H. der Konkurs eröffnet, mit Beschluss des genannten Gerichtes vom 18. Jänner 1983 dieser Konkurs mangels Deckung der Verfahrenskosten gemäß § 166 Abs. 2 KO aufgehoben.
Mit Haftungsbescheid des Finanzamtes I. vom 13. Juli 1983 wurde der Beschwerdeführer als Haftungspflichtiger gemäß § 9 Abs. 1 BAO für aushaftende Abgabenschuldigkeiten der Ges.m.b.H. im Ausmaß von S 290.305,-- (darunter Umsatzsteuer 1982 S 205.620,--, Alkoholabgabe 1982 S 21.260,-- und Lohnsteuer 1981 und 1982 S 34.108,--) in Anspruch genommen und aufgefordert, diesen Betrag innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheides zu entrichten. Zur Begründung dieses Bescheides wurde angeführt, der Beschwerdeführer sei als Geschäftsführer der Ges.m.b.H. im Hinblick auf § 80 Abs. 1 BAO insbesondere verpflichtet gewesen, dafür Sorge zu tragen, dass die Abgaben "des Betriebes" entrichtet würden. Bei der gegebenen Aktenlage müsse das Finanzamt bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer diese gesetzliche Verpflichtung schuldhaft verletzt habe.
In seiner Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer vor, er sei immer bestrebt gewesen, die Abgaben für die Ges.m.b.H. ordnungsgemäß zu entrichten. Durch einen Brückenneubau habe aber der hiefür notwendige Umsatz nicht mehr erreicht werden können. Die nötige Bezahlung eines zu hohen Pachtzinses, die "in diesem Betrieb aus gebäudebedingten Gründen hohen Personalkosten" und Betriebsstörungen durch (überdies verzögerte) Bauarbeiten seien Gründe für die Nichtentrichtung von Abgaben gewesen, wobei Schuldigkeiten wegen der geleisteten Zahlungen nur mehr aus dem Jahre 1982 bestehen könnten.
Nachdem das Finanzamt durch Berufungsvorentscheidung vom 25. Oktober 1983 dieser Berufung teilweise stattgegeben und den Haftungsbetrag mit S 167.773,-- festgesetzt hatte, weil die anderen Abgabenbeträge erst nach Eröffnung des Konkurses fällig geworden oder vorgeschrieben worden seien, stellte der Beschwerdeführer am 20. November 1983 einen als Berufung, gegen die Berufungsvorentscheidung bezeichneten Antrag auf Vorlage seiner Berufung an die belangte Behörde, in dem er zusätzlich ausführte, er bestreite in Ansehung seiner Person jedes Verschulden, weil seitens der Ges.m.b.H. und von seiner Seite aus die Zahlungswilligkeit immer gegeben gewesen sei, die Stadtgemeinde I. aber dem Betrieb durch den Neubau der Innbrücke und die Verlegung der Anschlüsse um das Betriebsgebäude den Todesstoß versetzt habe. Mit den dadurch entstandenen Umsatzausfällen hätten sonst nicht nur die rückständigen, sondern auch die laufenden Abgabenschuldigkeiten bestritten werden können. Für den "Außenstand" sei also nicht der Beschwerdeführer, sondern die Stadtgemeinde I. haftbar zu machen, weil diese die versprochenen Bauzeiten nicht eingehalten habe.
Die belangte Behörde gab der Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 19. Dezember 1983 teilweise dahin statt, dass der Haftungsumfang auf die nicht entrichtete Lohnsteuer Mai und Juni 1982 im Betrage von S 29.755,-- sowie auf nicht abgeführte Umsatzsteuer März bis Juni 1982 von S 29.087,--, auf Alkoholabgabe März bis Juni 1982 von S 5.621,-- und auf den diesem Haftungsumfang entsprechenden Säumniszuschlag von S 1.289,-- eingeschränkt wurde. Dies wurde, was den aufrechterhaltenen Umfang der Haftung angeht, im wesentlichen damit begründet, hinsichtlich des Lohnsteuerrückstandes für Mai und Juni 1982 könne sich der Beschwerdeführer nicht auf die schlechte Ertragslage und auf die Konkurseröffnung im September 1982 berufen, weil sich aus § 78 EStG 1972 ergebe, dass der Arbeitgeber keine Lohnzahlungen ohne Einbehaltung der darauf entfallenden Lohnsteuer leisten dürfe und er bei nicht ausreichenden Mitteln die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten habe. Also hätten Zahlungsschwierigkeiten, die die Auszahlung der Löhne nicht gehindert hätten, auch die Einbehaltung und Abfuhr der darauf entfallenden Lohnsteuer nicht gehindert. Die Umsätze des Unternehmens aber wären im wesentlichen Barumsätze gewesen, weshalb die daraus resultierende Umsatzsteuer und Alkoholabgabe im jeweiligen Besteuerungszeitraum auch tatsächlich (von der Ges.m.b.H.) vereinnahmt worden seien. Wenn der Beschwerdeführer diese Abgaben trotz Vereinnahmung nicht, bzw. nicht in vollem Umfang abgeführt habe, könne an seinem Verschulden nicht gezweifelt werden. Keine Entschuldigung für die Nichtabfuhr der laufenden Abgabenverbindlichkeiten könne es sein, wenn die beim Unternehmen eingehenden Mittel für Einkäufe und Personalaufwendungen ausgegeben worden seien. Außerdem ergebe eine Gegenüberstellung der im Jahre 1982 bis zur Konkurseröffnung fällig gewordenen Selbstberechnungsabgaben mit den vom Beschwerdeführer im gleichen Zeitraum (an die Abgabenbehörde zum Teil auch zur Tilgung älterer Rückstände) geleisteten Zahlungen, dass die einzubehaltenden Lohnabgaben und die aus Umsätzen zugeflossenen Selbstberechnungsabgaben (Umsatzsteuer und Alkoholabgabe) zusammen S 401.163,--, die geleisteten Einzahlungen aber nur S 336.700,-- betragen hätten. Der Beschwerdeführer habe also keineswegs - wie von ihm behauptet - die ihm zugeflossenen und von ihm abzuführenden Steuerbeträge vollständig der Rückstandstilgung zugeführt, sondern zumindest die Differenz aus diesen Zuflüssen und den erfolgten Zahlungen von S 64.463,-
anderweitig und somit pflichtwidrig verwendet. Jedenfalls also sei die - unbestrittene - Uneinbringlichkeit der Abgaben im Gesamtbetrag von S 64.463,-- (S 29.755,-- Lohnsteuer für Mai und Juni 1982, der Rest verhältnismäßig mit S 29.087,- an Umsatzsteuer und S 5.621,-- an Alkoholabgabe) auf ein Verschulden des Beschwerdeführers zurückzuführen. Da die Uneinbringlichkeit durch den später eingetretenen Konkurs der Ges.m.b.H. kausal mit diesem Verschulden zusammenhänge, seien insoweit die Voraussetzungen für die Haftungsinanspruchnahme gegeben, die sich gemäß § 7 Abs. 2 BAO auch auf die Säumniszuschläge zu erstrecken habe, soweit sie mit den dem Haftungsumfang entsprechenden noch unbeglichenen Abgaben im Zusammenhang stünden.
Über die gegen diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde und die dazu von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Als zur Vertretung der Ges.m.b.H. berufener Geschäftsführer hatte der Beschwerdeführer alle der von ihm vertretenen Gesellschaft obliegenden abgabenrechtlichen Pflichten zu erfüllen und insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die er verwaltete, entrichtet werden (§ 80 Abs. 1 BAO). Insofern Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der ihm als Geschäftsführer auferlegten Pflichten bei der Ges.m.b.H. nicht eingebracht werden können, haftet der Beschwerdeführer für die diese treffenden Abgaben (§ 9 Abs. 1 BAO).
Unbestritten ist, dass die Abgaben, für die der Beschwerdeführer im angefochtenen Bescheid als Haftungspflichtiger herangezogen wurde, einerseits bei der Ges.m.b.H. nicht eingebracht werden können und es sich anderseits bei diesen Abgaben um nicht abgeführte Lohnsteuer für ausbezahlte Löhne und um aus Barverkäufen resultierende Umsatzsteuer und Alkoholabgabe handelt.
Zur Abfuhr dieser Beträge war der Beschwerdeführer als Geschäftsführer der Ges.m.b.H. abgabenrechtlich verpflichtet. Die Verletzung dieser Verpflichtung durch ihn war eine jedenfalls schuldhafte, unabhängig von den in der Beschwerde abermals geschilderten wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Unternehmens, weil es sich bei den genannten Abgaben um solche handelte, deren Entrichtung bzw. Abfuhr bei korrekter Geschäftsführung durch diese Schwierigkeiten nicht gehindert war. Für die nicht abgeführte Lohnsteuer hat schon die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht auf § 78 Abs. 3 EStG 1972 hingewiesen, aus welcher Bestimmung sich ergibt, dass jede vom Beschwerdeführer vorgenommene Zahlung voller vereinbarter Arbeitslöhne, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht auch für die darauf entfallende und einzubehaltende Lohnsteuer ausreichten, eine schuldhafte Verletzung seiner abgabenrechtlichen Pflichten mit den Rechtsfolgen des § 9 Abs. 1 BAO darstellte. Umsatzsteuer und Abgabe von alkoholischen Getränken hat der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Ges.m.b.H. mit den Preisen für deren Produkte von Kunden zumindest in dem zahlenmäßigen Ausmaß, auf das die Haftung im angefochtenen Bescheid beschränkt wurde und das die Beschwerde nicht bestreitet, eingenommen. Wenn er sie - wenn auch wegen schlechter Wirtschaftslage des Unternehmens - nicht abgeführt, sondern zu anderen Zwecken verwendet hat, liegt auch darin ein abgabenrechtlich relevantes Verschulden. Konnte er den Betrieb ohne diese Verstöße gegen abgabenrechtliche Pflichten schon zu einem früheren Zeitpunkt als dem der wenig später erfolgten Konkurseröffnung nicht mehr weiterführen, hätte er die Konsequenzen daraus schon zum früheren Zeitpunkt ziehen müssen. Dass er dies nicht getan, sondern über an sich verfügbare Beträge, die als Abgaben zu leisten waren, in anderer Weise verfügt hat, begründet sein in der Unterlassung dieser Abgabenleistung liegendes Verschulden.
Die damit unbegründete Beschwerde musste gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1965 abgewiesen werden.
Der Zuspruch von Aufwandersatz an den Bund beruht auf den §§ 47 ff VwGG 1965.
Wien, am 2. Oktober 1984
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1984:1984140027.X00Im RIS seit
12.02.2002Zuletzt aktualisiert am
15.10.2008