TE Vfgh Beschluss 1987/6/12 B524/86, V42/86, G120/86

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Veröffentlicht am 12.06.1987
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8000 Raumordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
VfGG §19 Abs3 Z2 lite
Tir RaumOG 1984 §28

Leitsatz

Gegenüber den vom Flächenwidmungsplan Betroffenen ist der den Plan genehmigende oder die Genehmigung versagende Bescheid der LReg nur ein Teilakt im Verfahren zur Erlassung der V, der als solcher nicht angefochten werden kann; Zurückweisung der Beschwerde Individualantrag auf teilweise Aufhebung des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde Ischgl vom 8.5.1986; Verwaltungsrechtsweg nur dann unzumutbar, wenn der Antragsteller allein für diesen Zweck die nach der Tir. BauO für ein Bauansuchen erforderlichen Planunterlagen anfertigen lassen müßte - hier Bauverfahren in Gang; mangelnde Antragslegitimation Individualantrag auf Aufhebung des §26 Abs4 und 5 sowie des §28 Abs4 TROG; Bauverfahren in Gang - mangelnde Antragslegitimation

Spruch

Die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde und die auf Art139 und 140 B-VG gestützten Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Mit Bescheid vom 26. März 1986 versagte die Tiroler Landesregierung gemäß §28 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1984, LGBl. 4 (TROG), dem Beschluß des Gemeinderates der Gemeinde Ischgl vom 22. Mai 1985 auf Umwidmung der Grundparzelle 793/3 der KG Ischgl in Fremdenverkehrs-Aufschließungsgebiet die Genehmigung.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Bf. vorbringen, Eigentümer der von der (versagten) Umwidmung betroffenen Grundparzelle zu sein und behaupten, durch diesen Bescheid wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetze und Verordnungen sowie in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt zu sein.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH ist lediglich die Gemeinde Adressat des einen Flächenwidmungsplan genehmigenden Bescheides. Gegenüber den vom Flächenwidmungsplan Betroffenen ist die Genehmigung (oder deren Versagung) nur ein Teilakt im Verfahren zur Erlassung der V, der als solcher nicht angefochten werden kann (vgl. zB VfSlg. 8463/1978, 9350/1982). Die gegen die Versagung der Genehmigung gerichtete Beschwerde ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

II. 1. Die Bf. stellen gleichzeitig einen auf Art139 B-VG gestützten Antrag, "den auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses der Gemeinde Ischgl vom 8.5.1986 erlassenen Flächenwidmungsplan hinsichtlich der Gp. 793/3 KG Ischgl oder allenfalls auch den gesamten vorgenannten Flächenwidmungsplan als gesetzwidrig" aufzuheben.

Nach ihrem Vorbringen bewirke dieser Flächenwidmungsplan nach der Versagung der Umwidmung für ihr Grundstück Gp. 793/3 die Widmung "Freiland", obwohl den Beschwerdeführern erstmalig bereits mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Ischgl vom 16. Mai 1983 die Baubewilligung für den Neubau eines Hotelgebäudes mit Garage auf diesem Grundstück erteilt worden sei. Diesen Baubewilligungsbescheid habe die Bezirkshauptmannschaft Landeck als Aufsichtsbehörde wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan gemäß §52 Abs1 litb TBO iVm §31 Abs3 lita und d TBO als nichtig aufgehoben. (Die Behandlung der von den Antragstellern gegen den diesen Bescheid bestätigenden Berufungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 16. Oktober 1985 erhobenen Beschwerde hat der VfGH mit Beschluß vom 6. Juni 1986, B869/85 abgelehnt.)

2. Voraussetzung der Legitimation zur Stellung eines Antrages gemäß Art139 B-VG ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene V im Hinblick auf die Gesetzwidrigkeit in seinen Rechten verletzt worden zu sein, andererseits aber auch, daß die V für den Antragsteller tatsächlich ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Legitimation ist, daß die V in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit verletzt.

Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Ein unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die V eindeutig bestimmt ist, wenn er die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers nicht nur potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (vgl. zB VfSlg. 9773/1983, Seite 47).

Im vorliegenden Fall steht den Antragstellern ein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Rechtswidrigkeit der V zur Verfügung:

Der Baubewilligungsbescheid für die von der Widmung betroffene Liegenschaft Gp. 793/3 KG Ischgl der Bf. vom 16. 5. 1983 wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 11. April 1985 als nichtig aufgehoben. Die Gemeindebehörden haben nunmehr neuerlich über das Bauansuchen der Bf. zu entscheiden, wobei dieser Entscheidung der hier bekämpfte Flächenwidmungsplan zugrundezulegen ist. Die behauptete Gesetzwidrigkeit dieses Flächenwidmungsplanes können die Antragsteller nach Erschöpfung des Instanzenzuges durch Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts geltend machen.

Dieser Weg der Geltendmachung der behaupteten Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplanes ist auch zumutbar. Die Rechtsprechung des VfGH zur Zulässigkeit der Anfechtung von Flächenwidmungsplänen in Tirol durch Grundeigentümer (vgl. zB VfSlg. 9260/1981, 10354/1985) wertet diesen Weg nur dann als unzumutbar, wenn der Antragsteller allein für diesen Zweck die nach der Tiroler Bauordnung für ein Bauansuchen erforderlichen Planunterlagen anfertigen lassen müßte. Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu, weil ein Bauverfahren im Gange ist und man andernfalls zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes gelangen würde (vgl. VfSlg. 10251/1984).

Der auf Art139 B-VG gestützte Antrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG mangels Legitimation der Antragsteller zurückzuweisen.

III. 1. Die Bf. stellen weiters gleichzeitig einen auf Art140 B-VG gestützten Antrag, "die Bestimmung des §26 Abs4 und 5 sowie allenfalls §28 Abs4 TROG i.d.F. Tir.LGBl. 38/1984 als verfassungswidrig" aufzuheben. Nach diesen Bestimmungen sind vom Gemeinderat beschlossene Flächenwidmungspläne bzw. Änderungen von Flächenwidmungsplänen der Landesregierung zur Genehmigung vorzulegen, die Entscheidung der Landesregierung hat in Bescheidform zu erfolgen.

2. Für die Zulässigkeit eines Individualantrages nach Art140 B-VG gelten grundsätzlich die gleichen Prozeßvoraussetzungen wie für einen Individualantrag nach Art139 B-VG. Die Antragsteller können die behauptete Verfassungswidrigkeit der von ihnen bekämpften gesetzlichen Bestimmungen im Wege der Anfechtung des ihr Bauansuchen letztinstanzlich erledigenden Bescheides vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts geltend machen.

Der auf Art140 B-VG gestützte Antrag ist daher schon deshalb ebenfalls gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG mangels Legitimation der Antragsteller in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

Baurecht, Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Verordnung, VfGH / Legitimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B524.1986

Dokumentnummer

JFT_10129388_86B00524_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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