Index
63/02 Gehaltsgesetz;Norm
BLVG 1965 §10;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Seiler, Dr. Drexler, Dr. Herberth, und Dr. Germ als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rat Dr. Forster, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 4. Februar 1985, Zl. SchA-64485/31/1986, betreffend Mehrdienstleistungen nach § 61 des Gehaltsgesetzes 1956, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9,660,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Berufsschuldirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Kärnten. Er ist Leiter der Berufsschule X. Darüber hinaus führte er im Schuljahr 1984/85 auch die Klassenvorstandsgeschäfte der 1.
Installateurklasse und unterrichtete in dieser vier Wochenstunden der Fachgruppe Il, wobei in dem von ihm unterrichteten Gegenstand "Fachrechnen" Schularbeiten zulässig sind.
Nach Angabe des Beschwerdeführers habe er bis zu dem vorher genannten Schuljahr die ihm für seine außerhalb der Leitertätigkeit erbrachten Mehrleistungen zustehende Vergütung unter Hinzurechnung jener Stundenzahlen erhalten, die gemäß der damaligen Fassung des Landeslehrer-Dienstgesetzes für Klassenvorstandstätigkeit bzw. den Unterricht in Fächern mit Schularbeiten vorgesehen waren. Im Schuljahr 1984/85 sei dies geändert worden. Die Mehrdienstleistungsvergütung werde nur mehr ausgehend von der Zahl der tatsächlich gehaltenen Unterrichtsstunden berechnet.
Am 8. Jänner 1985 beantragte der Beschwerdeführer daraufhin bescheidmäßige Absprache.
Die belangte Behörde entschied mit Bescheid vom 4. Februar 1985 wie folgt:
"Ihr Antrag vom 8. 1. 1985, der Berechnung Ihrer dauernden Mehrdienstleistungen nach § 61 des Gehaltsgesetzes 1956 auch ihre Tätigkeit als Klassenvorstand und den Umstand, dass Sie einen Gegenstand unterrichten, in dem lehrplanmäßig Schularbeiten zulässig sind, zu Grunde zu legen, wird abgewiesen."
Begründet wurde dieser Bescheid nach Darlegung des bereits vorher dargestellten Sachverhaltes insbesondere wie folgt:
Da der Beschwerdeführer als Leiter keine Lehrverpflichtung mehr aufweise, würden ihm die vier Unterrichtsstunden gemäß § 61 des Gehaltsgesetzes 1956 als dauernde Mehrdienstleistungen vergütet. Die Tatsache, dass er für eine Klasse die Klassenvorstandsgeschäfte führe und Unterricht in einem Gegenstand der Fachgruppe II erteile, in dem lehrplanmäßig Schularbeiten zulässig seien, könne sich auf seine Lehrverpflichtung im Sinne der Bestimmungen der § 52 Abs. 3 Z. 1 und 3 LDG 1984 nicht mehr auswirken, da eine Herabsetzung der Lehrverpflichtung auf weniger als Null Stunden (also eine negative Lehrverpflichtung) im Gesetz nicht vorgesehen sei. Die Bewertung dieser Tätigkeiten als Zurechnungsstunden zu den tatsächlich gehaltenen vier Unterrichtsstunden finde in den Bestimmungen über die Lehrverpflichtung keine Deckung. § 53 Abs. 3 LDG 1984 bezeichne die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Tätigkeiten nur als Faktoren zur Verminderung der Lehrverpflichtung.
Einer positiven Erledigung seines Ansuchens stünden aber auch die Bestimmungen des § 61 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 entgegen. Diese lauten: "Wird durch dauernde Unterrichtserteilung sowie Einrechnung von Nebenleistungen nach § 9 BLVG (d.h.:
Bundesgesetz über das Ausmaß der Lehrverpflichtung der Bundeslehrer, BGBl. Nr. 244/1965) und Einrechnung von Erziehertätigkeiten und Aufsichtsführung nach § 10 BLVG das Ausmaß der Lehrverpflichtung überschritten, so gebührt hiefür dem Lehrer an Stelle der in den §§ 16 bis 18 angeführten Nebengebühren eine besondere Vergütung".
Auch aus dieser Bestimmung sei zu ersehen, dass eine gesonderte Abgeltung der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Tätigkeiten nicht erfolgen könne, weil nur Nebenleistungen nach dem Bundesgesetz über die Lehrverpflichtung der Bundeslehrer, BGBl. Nr. 244/1965, nicht aber die der Landeslehrer abgegolten werden könnten. § 61 des Gehaltsgesetzes 1956 spreche bei Landeslehrern nur von der Abgeltung einer über der Lehrverpflichtung liegenden Unterrichtserteilung, wobei im Fall des Beschwerdeführers mit der Zuerkennung von vier Mehrdienstleistungsstunden für vier tatsächlich gehaltene Unterrichtsstunden dieser Gesetzesbestimmung Genüge getan worden sei.
Gegen diesen Bescheid, gegen den kein ordentliches Rechtsmittel mehr zulässig ist, richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht und die Aufhebung des Bescheides begehrt wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Mehrdienstleistung nach § 61 des Gehaltsgesetzes 1956 durch unrichtige Anwendung dieser Vorschrift in Verbindung mit § 52 LDG 1984 verletzt.
Begründet wird dieses Vorbringen insbesondere damit, dass das Gehaltsgesetz 1956 unmittelbar nur die Bezüge der Bundesbeamten regle. Dass dieses Gesetz aber auch auf die Landeslehrer anwendbar sei, ergebe sich erst durch § 106 LDG 1984. § 106 Abs. 2 Z. 5 LDG 1984 lege fest, dass, sofern im Gehaltsgesetz auf andere dienstrechtliche Bestimmungen verwiesen werde, an Stelle derer die entsprechenden Bestimmungen des LDG 1984 zu treten hätten. Wenn daher § 61 des Gehaltsgesetzes u.a. auf § 9 BLVG verweise, so hätte an Stelle der Bestimmung des § 9 BLVG die entsprechende Bestimmung des LDG 1984, nämlich § 52 Abs. 3 Z. 1, zu treten. Ähnlich sei die Lage bezüglich der Anrechnungsbestimmung des § 52 Abs. 3 Z. 3 LDG 1984. Dass diese Regelung keine Entsprechung in den Einrechnungsbestimmungen des § 9 oder des § 10 BLVG habe, sei allein darauf zurückzuführen, dass Mehrbelastungen, wie sie u. a. durch Schularbeiten verursacht würden, im Rahmen des BLVG schon durch die Einteilung in insgesamt neun Unterrichtsgruppen berücksichtigt würden. Auf die diesen Lehrverpflichtungsgruppen zugewiesenen "Werteinheiten" würden die Abs. 2 ff des § 61 des Gehaltsgesetzes Bezug nehmen. Auch bei deren Anwendung sei die vorher erwähnte Bestimmung des § 106 Abs. 2 Z. 5 LDG 1984 zu berücksichtigen, woraus folge, dass auch die gegenständliche Anrechnungsbestimmung des § 52 Abs. 2 Z. 3 LDG 1984 im Rahmen der Mehrdienstleistungsvergütung angewendet werden müsste.
Nach einer anderen Überlegung stelle die Mehrarbeit durch Verbesserung von Schularbeiten ein zur Unterrichtserteilung selbst gehöriges Erfordernis dar. Es handle sich also bei § 52 Abs. 3 Z. 3 LDG 1984 um die Festsetzung eines Maßes für die Unterrichtsstunden in solchen Gegenständen, wobei nur rechnerisch ein anderer Weg beschritten werde als durch die Berücksichtigung im Rahmen der Werteinheiten des § 2 Abs. 1 BLVG.
Wenn sich nun unmittelbar aus den bezugsrechtlichen Bestimmungen (§ 61 des Gehaltsgesetzes, §§ 2, 9 BLVG, § 106 LDG 1984) die Anordnung der Berücksichtigung der gegenständlichen Mehrleistungsanteile ergebe, könne es keine entscheidende Bedeutung haben, wie diese in das System der Lehrverpflichtung eingebaut wären. § 52 Abs. 3 LDG 1984 regle eben nicht die Abgeltung von Mehrdienstleistungen, sondern die Lehrverpflichtung. Bei diesem Bezug sei ebenso nahe liegend wie sinnvoll, für Nebenleistungen Abzugspositionen von einem Grundmaß festzusetzen. Allein schon aus dem Prinzip, dass Gesetze nicht unter engem Haften am Wortlaut, sondern sinngemäß anzuwenden seien, folge die Forderung, dass bei einem überschreiten der Lehrverpflichtung eine sinnentsprechend geänderte Betrachtung dahin gehend erfolgen müsste, wie im Rahmen der damit erbrachten Mehrdienstleistungen der Gesetzesauftrag zu befolgen sei.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 61 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54, in der Fassung der 39. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 350/1982, gebührt dem Lehrer an Stelle der in den §§ 16 bis 18 angeführten Nebengebühren eine besondere Vergütung, wenn durch dauernde Unterrichtserteilung sowie Einrechnung von Nebenleistungen nach § 9 BLVG und Einrechnung von Erziehertätigkeiten und Aufsichtsführung nach § 10 BLVG das Ausmaß der Lehrverpflichtung überschritten wird.
§ 52 des Landeslehrer-Dienstgesetzes (LDG) 1984, BGBl. Nr. 302, regelt das Ausmaß der Lehrverpflichtung der Lehrer an Berufsschulen. Im Abs. 1 wird die Lehrverpflichtung nach Fachgruppen gestaffelt in Wochenstunden festgelegt. Abs. 3 beinhaltet Lehrverpflichtungsminderungen, nach Z. 1 für die Führung der Klassenvorstandsgeschäfte um eine Wochenstunde und nach Z. 3 für den Unterricht in Gegenständen der Fachgruppe II, in denen Schularbeiten zulässig oder vorgeschrieben sind, ebenfalls um eine Wochenstunde. In Abs. 7 ist die Lehrverpflichtung der Leiter von Berufsschulen grundsätzlich mit 23 Wochenstundenfestgelegt, die sich aber nach der Größe der Schule verringert. Sofern sich aus der Berechnung der Verringerung nach Abs. 7 mehr als 29 Abzugsstunden ergeben, ist nach Abs. 8 ein Stellvertreter des Leiters zu bestellen.
§ 9 des Bundesgesetzes über das Ausmaß der Lehrverpflichtung der Bundeslehrer regelt die Einrechnung von Nebenleistungen, wie beispielsweise die mit der Führung der Klassenvorstandsgeschäfte verbundene zusätzliche Belastung des Lehrers.
Abschnitt VIII LDG 1984 bestimmt, dass für die Besoldung der Landeslehrer das Gehaltsgesetz 1956 gilt (§ 106 Abs. 1 Z. 1 LDG 1984), wobei aber nach Abs. 2 Z. 5 dieser Bestimmung für den Fall, dass die übernommenen Vorschriften (im Beschwerdefall das Gehaltsgesetz 1956) auf andere dienstrechtliche Bestimmungen (im Beschwerdefall das BLVG) verweisen, deren Inhalt für Landeslehrer im LDG 1984 geregelt sind (im Beschwerdefall die Lehrverpflichtung), nicht die Bestimmungen, auf die verwiesen wurde (im Beschwerdefall die §§ 9 und 10 BLVG), sondern die Bestimmungen des LDG 1984 (im Beschwerdefall § 52 LDG 1984) zur Anwendung kommen.
Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer die normale Lehrverpflichtung von 23 Wochenstunden als Leiter einer Berufsschule im Hinblick auf deren Größe gleichsam "übererfüllt", so daß für ihn ein Stellvertreter zu bestellen war. Die Tatsache der Stellvertretung setzt nämlich im Sinne des § 52 Abs. 8 LDG 1984 voraus, dass der normalen Lehrverpflichtung von 23 Wochenstunden im Hinblick auf die Schülerzahl (fiktive) 29 Abzugsstunden gegenüberstehen. Daraus folgt, dass das LDG 1984 einen entschädigungslosen Überhang an (fiktiven) Lehrverpflichtungsstunden kennt, und zwar insbesondere dann, wenn die Tätigkeit nicht in Unterrichtserteilung besteht.
§ 61 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes regelt die Vergütung für Mehrdienstleistungen im Rahmen der Sonderbestimmungen des Gehaltsgesetzes 1956 für Lehrer. Demnach gebührt eine solche besondere Vergütung dann, wenn durch dauernde Unterrichtserteilung unter Einrechnung von Nebenleistungen das Ausmaß der Lehrverpflichtung überschritten wird. Die Lehrverpflichtung für Leiter von Berufsschulen beträgt nach § 52 Abs. 7 LDG 1984 23 Wochenstunden und gilt im Beschwerdefall durch die Leitertätigkeit als erfüllt. Für die Feststellung der Mehrdienstleistung des Beschwerdeführers folgt aus dem Zusammenhang von Gehaltsgesetz 1956 und LDG 1984, dass jedenfalls die zusätzlich erbrachte Tätigkeit des Beschwerdeführers von vier Wochenstunden - auch nach Ansicht der belangten Behörde - dieser durch Leistungstätigkeit erfüllten Lehrverpflichtung zuzurechnen ist. Für die Nebenleistungen sieht § 52 Abs. 3 LDG 1984 die Verringerung der Lehrverpflichtung vor. Bei Lehrern, die nicht mit der Leitung einer Schule betraut sind, bedeutet diese Verringerung der Lehrverpflichtung als Abgeltung für Nebenleistungen, dass allenfalls von ihnen erbrachte Mehrdienstleistungen von einer niedrigeren Lehrverpflichtungsgrenze aus berechnet werden. Im Beschwerdefall kann die Normalleistung des Beschwerdeführers, nämlich Leitung einer Berufsschule, aus dienstlichen Gründen nicht sinnvoll verringert werden, so daß die dem Freizeitausgleich in der Verwaltung vergleichbare Regelung des LDG 1984, nämlich der Berücksichtigung der Nebenleistung durch Verringerung der Normalleistung, nicht Platz greifen kann. Da es aber unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer zusätzlich zu seiner Leitungstätigkeit als Lehrer eingesetzt wurde, dürfen - dem dem § 61 des Gehaltsgesetzes 1956 zu Grunde liegenden System der Abgeltung von Mehrleistungen durch Gegenleistung folgend - auch die Nebenleistungen des Beschwerdeführers als Klassenvorstand und im Zusammenhang mit Schularbeiten nicht unberücksichtigt bleiben, sondern müssten durch Zurechnung abgegolten werden.
Da der angefochtene Bescheid im wesentlichen davon ausging, dass die Nebenleistungen des Beschwerdeführers nur im Lichte des LDG 1984 als Verringerung der Lehrverpflichtung zu werten und damit im Beschwerdefall besoldungsrechtlich überhaupt nicht zu berücksichtigen wären, war der Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 27. Jänner 1986
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1985120082.X00Im RIS seit
22.02.2006Zuletzt aktualisiert am
06.08.2008