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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ForstG 1975 §14 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Hoffmann, Dr. Fürnsinn und Dr. Zeizinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Pinter, über die Beschwerde des 1.) Ing. A R und 2.) der H R, beide in H, beide vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 27. November 1985, Zl. 12.325/04-I A2c/85, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: H H in H, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in S), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei zu gleichen Teilen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 9.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 7. Februar 1983 hat die Bezirkshauptmannschaft Hallein (BH) der mitbeteiligten Partei (MB) gemäß §§ 17, 18 und 19 des Forstgesetzes 1975 (FG) die forstrechtliche Bewilligung erteilt, den südlichen Teil ihres Grundstücks Nr. 3/153, KG. X, im Ausmaß von ca. 3565 m2 gemäß Lageplan unter Einhaltung bestimmter Auflagen zu roden. Die Einwendungen der beiden Beschwerdeführer wurden gleichzeitig mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen abgewiesen.
Auf Grund der dagegen von den Beschwerdeführern erhobenen Berufung hat der Landeshauptmann von Salzburg (LH) als Forstbehörde zweiter Instanz vorerst das Ermittlungsverfahren ergänzt und eine weitere mündliche Verhandlung über den Rodungsantrag abgehalten. In einem Antrag vom 6. August 1985 gab die MB eine geringfügige Änderung der Rodungsfläche dahin gehend bekannt, als deren Grenze gegenüber dem Grundstück der Beschwerdeführer (Nr. 3/266, KG. X) um 10 m zurückgenommen werde, sodass zwischen der Rodungsfläche und dem Grundstück der Beschwerdeführer ein 10 m breiter, viertelkreisförmiger Grundstreifen im Flächenausmaß von 76 m2 zu liegen komme. Durch diese Reduzierung besäßen die Beschwerdeführer im Hinblick auf § 19 Abs. 4 lit. d, zweiter Satz in Verbindung mit § 14 Abs. 3, zweiter Halbsatz FG im anhängigen Rodungsverfahren keine Parteistellung mehr. Zu diesem Antrag nahmen die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 30. August 1985 dahin gehend Stellung, dass ihre Parteistellung davon unberührt bestehen geblieben sei, weil die in ihrem Eigentum stehende Waldfläche Nr. 3/266 an die zur Rodung beantragte Rodungsfläche angrenze. Jede andere Beurteilung der Parteistellung müsse zur Folge haben, dass das ergänzende Vorbringen der MB als eine unzulässige Abänderung der von der Berufungsbehörde zu entscheidenden Sache gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 zurückgewiesen werden müsste.
Tatsächlich entschied der LH mit seinem Bescheid vom 2. Oktober 1985 über die Berufung der Beschwerdeführer dahin gehend, dass der Bescheid der BH vom 7. Februar 1983 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 aufgehoben wurde. Begründend führte der LH in dieser Entscheidung aus, bei einer Einschränkung einer Rodungsfläche von rund 3500 m2 um ca. 76 m2 handle es sich zwar um eine geringfügige Abänderung des Rodungsantrages, die üblicherweise auch im Zuge des Rechtsmittelverfahrens vorgenommen werden könne. Da aber eine Rodungsbewilligung ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt sei, könne die Behörde eine Genehmigung nur in dem Ausmaß erteilen, um welches der Bewilligungswerber angesucht habe, es hätte daher die erstinstanzliche Bewilligung entsprechend abgeändert werden müssen. Eine derartige Einschränkung sei aber im gegenständlichen Verfahren mit Rücksicht auf die dadurch verloren gehende Parteistellung der Beschwerdeführer (§ 19 Abs. 4 lit. d FG) von enormer Bedeutung. Da auf Grund der ansonsten geringfügigen Modifikation des Rodungsvorhabens die Berufung als unzulässig zurückzuweisen wäre, seien damit derartige Konsequenzen verbunden, dass das Vorhaben nach Ansicht des LH nicht mehr als dieselbe Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 angesehen werden könne. Der LH sei deshalb nicht berechtigt, über die Berufung in der Sache selbst zu entscheiden, weshalb der Bescheid zum Zwecke der neuerlichen Entscheidung über das nunmehr eingeschränkte Rodungsbegehren durch die BH aufgehoben habe werden müssen.
Gegen diesen Bescheid des LH hat die MB Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft (die belangte Behörde) erhoben, der darüber mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. November 1985 ohne weitere Verfahrensschritte entschieden hat.
Gemäß Spruchpunkt 1) des angefochtenen Bescheides wurde der Bescheid der BH vom 7. Februar 1983 mit all seinen Vorschreibungen in der Weise bestätigt, als der MB für deren Grundstück Nr. 3/153, KG. X, eine Rodungsbewilligung im Ausmaß von 3489 m2 entsprechend dem beiliegenden, einen Bescheidbestandteil bildenden Lageplan erteilt wurde. Mit Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde die "dagegen erhobene Berufung" der Beschwerdeführer ab.
Die BH sei davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Baulandbeschaffung im Gegenstand höher zu bewerten sei als das Interesse an der Walderhaltung. Bei der Rodungsfläche handle es sich um den Rest einer Au, die bis in die Nachkriegszeit größtenteils bestockt gewesen und nach und nach in Bauland umgewidmet worden sei. Nutz- und Schutzfunktion seien nicht gegeben; Leitfunktion sei die Wohlfahrtsfunktion mit Bewertungsziffer 3. Die Erholungsfunktion der Au sei immer nur in einem etwa 30 m breiten Streifen entlang der Königseeache genutzt worden, durch Regulierungsmaßnahmen sei dieser Streifen auf etwa 20 - 25 m geschrumpft. Das gesamte Gebiet mit Ausnahme eines 30 m breiten Grundstreifens sei 1975 in Bauland umgewidmet worden; etwas weiter östlich befinde sich der einzige in diesem Raum bestehende Industriebetrieb. Auch mit Rücksicht auf die Stellungnahme der Gemeinde Hallein sei die BH nach Ansicht der belangten Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass im vorliegenden Fall das Interesse an der Rodung zur Bauland-Schaffung höher zu bewerten sei als das an der Erhaltung der restlichen Waldfläche.
Die belangte Behörde pflichte der BH auch darin bei, dass den Beschwerdeführern, deren Grundstück Nr. 3/266 gemäß § 5 FG als Wald festgestellt worden sei, Parteistellung im Rodungsverfahren nach § 19 Abs. 4 lit. d FG zukomme. Die von den Beschwerdeführern zulässigerweise erhobenen Einwendungen seien im Verfahren vor der BH mangels Berechtigung abgewiesen worden. Es handle sich bei dem Grundstück der Beschwerdeführer um ein rundum eingezäuntes, gartenmäßig genutztes Grundstück; eine Windgefährdung könne nach den vom forsttechnischen Amtssachverständigen getroffenen Feststellungen so gut wie ausgeschlossen werden. Die belangte Behörde schließe sich auch in dieser Frage der BH an. Andere öffentliche Interessen, etwa in Richtung der behördlicherseits vorgenommenen Interessenabwägung hinsichtlich des Erfordernisses der Walderhaltung im allgemeinen, geltend zu machen, seien die Beschwerdeführer jedoch nicht berechtigt gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde, in der die Beschwerdeführer ihre Parteistellung im Rodungsverfahren wiederum auf die Feststellung ihres Grundstücks als Wald gemäß § 5 FG sowie auf § 19 Abs. 4 lit. d FG stützen.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie - unter Aufrechterhaltung der Bejahung der Parteistellung der Beschwerdeführer im Rodungsverfahren sowie unter Hinweis auf das für die Rodungsbewilligung sprechende Ergebnis der Interessenabwägung im Beschwerdefall - die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Auch die MB hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie zwar die Stellung der Beschwerdeführer als Waldeigentümer bzw. als beschwerdelegitimierte Eigentümer "angrenzender" Waldflächen bestreitet, im Ergebnis aber ebenfalls die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die Beschwerde erweist sich aus den nachstehenden Gründen als unzulässig:
Auszugehen ist davon, dass sowohl das teilweise zur Rodung bestimme Grundstück Nr. 3/153 der MB als auch das Grundstück Nr. 3/266 der Beschwerdeführer Wald im Sinne des FG sind. Die Waldeigenschaft des zuletzt genannten Grundstücks der Beschwerdeführer wurde überdies gemäß § 5 FG mit Bescheid der BH vom 29. Jänner 1976 festgestellt.
Unbestritten ist, dass die der MB von der BH als Forstbehörde erster Instanz erteilte Rodungsbewilligung den südlichen Teil des Grundstücks Nr. 3/153 im Ausmaß von ca. 3565 m2 umfasst hatte. Wie auch aus dem dem angefochtenen Bescheid angeschlossenen Lageplan ersichtlich ist, sollte ein als Grünland ausgewiesener Streifen im Norden mit 30 m Breite Wald bleiben und die Nordgrenze der Rodungsfläche in der Baufluchtlinie der westlich angrenzenden Häuser verlaufen; daraus ergab sich ein "Angrenzen" der Rodungsfläche an das Grundstück Nr. 3/266 der Beschwerdeführer nur an dessen südöstlichem Eckpunkt.
Unbestritten und ebenfalls aus dem Lageplan ersichtlich ist ferner, dass die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid erteilte Rodungsbewilligung um ca. 76 m2 weniger umfasste als jene der BH, was auf die Reduzierung der beantragten Rodungsfläche durch die MB im Verfahren vor dem LH - wie oben näher dargelegt - zurückging, sodass ein gemeinsamer Eckpunkt zwischen dem Grundstück der Beschwerdeführer und dem der MB weiterhin nicht mehr bestand.
Gemäß § 19 Abs. 4 lit. d FG ist im Rodungsverfahren Partei u. a. der Eigentümer der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen; § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz ist hiebei zu berücksichtigen.
Der zweite Halbsatz des § 14 Abs. 3 FG lautet: "allfällige zwischen den Waldflächen liegende, unter § 1 Abs. 1 nicht fallende Grundflächen von weniger als 10 Meter Breite sind hiebei nicht einzurechnen".
Unter § 1 Abs. 1 FG nicht fallende Grundflächen kommen im Beschwerdefall nicht in Betracht, da es sich, wie gesagt, bei den Grundstücken sowohl der MB als auch der Beschwerdeführer jedenfalls um Waldflächen handelt; aus § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz FG kann daher für den Beschwerdefall nichts gewonnen werden. Durch die Einschränkung der Rodungsfläche im Verfahren vor dem LH liegt ein 10 m breiter Waldstreifen zwischen der Rodungsfläche und dem besagten Eckpunkt des Grundstücks der Beschwerdeführer; dadurch ist - das hat der LH richtig erkannt - jedenfalls für das weitere Verfahren die Parteistellung der Beschwerdeführer weggefallen. Die gegenteilige Auffassung der belangten Behörde zu Spruchpunkt 2) des angefochtenen Bescheides lässt demgegenüber jede Begründung vermissen. Die geringfügige Einschränkung des Rodungsantrages durch die MB im Berufungsverfahren hätte den LH allerdings nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nicht veranlassen dürfen, die erstinstanzliche Rodungsbewilligung aufzuheben. Da die Berufungsbehörde bei ihrer Entscheidung stets auf neue Tatsachen und Beweise Bedacht zu nehmen und gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 außer im Falle des Abs. 2 dieses Paragraphen immer in der Sache selbst zu entscheiden hat, hätte sie vielmehr in Erledigung des bei ihr auf Grund einer zulässigerweise erhobenen Berufung anhängigen Verfahrens über den nunmehr eingeschränkten Rodungsantrag meritorisch absprechen müssen. Gegen eine derartige Sachentscheidung des LH hätten die Beschwerdeführer wegen des Wegfalls ihrer Parteistellung bereits nicht mehr zulässigerweise Berufung erheben können.
Tatsächlich aber hat der LH den erstinstanzlichen Rodungsbewilligungsbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 ersatzlos behoben und den Wegfall der Parteistellung der Beschwerdeführer zur tragenden Begründung dieser Aufhebung herangezogen. Im weiteren Verfahren über den eingeschränkten Rodungsantrag stand nun den Beschwerdeführern, ausgehend von dem dadurch ausgelösten Wegfall ihrer Parteistellung, keine Möglichkeit einer rechtlichen Einwirkung mehr offen. Ein dem eingeschränkten Rodungsantrag stattgebender Bescheid welcher Instanz auch immer konnte keinesfalls mehr Auswirkungen auf die rechtlich geschützte Stellung der Beschwerdeführer haben. Die Möglichkeit eines Eingriffes in ihre Rechtssphäre wäre aber Voraussetzung der Legitimation der Beschwerdeführer zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gewesen.
Unter diesen Umständen musste die Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG als unzulässig zurückgewiesen werden, ohne dass noch darauf eingegangen werden konnte, ob die belangte Behörde mit Rücksicht auf die "Sache" des bei ihr anhängigen Berufungsverfahrens zu einer meritorischen Erledigung des eingeschränkten Rodungsantrages der MB, bzw. zur Abweisung einer bei der belangten Behörde gar nicht anhängig gewesenen Berufung der Beschwerdeführer gelangen durfte.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 und Abs. 3 Z. 1 und 2, sowie auf die §§ 51, 53 Abs. 1 und 59 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 sowie C Z. 7 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 29. April 1986
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1986070006.X00Im RIS seit
07.03.2006Zuletzt aktualisiert am
06.08.2008