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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §32;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Bernard als Richter, im Beisein des Schriftführers Regierungskommissär Dr. Kundegraber, über die Beschwerde des GL in W, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 26. Juni 1986, Zl. MA 70-9/662/86/Str, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Verwaltungsstrafsache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen
Begründung
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass ihm im Zuge des zu Zl. Pst 1431/W/85 der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Wieden, anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens "eine Frist zu einer schriftlichen Rechtfertigung bis 3. 7. 1985 eingeräumt, bzw. mit diesem Tag eine mündliche Verhandlung anberaumt" worden sei. "Die entsprechende Ladung, bzw. Aufforderung zur schriftlichen Rechtfertigung" habe er jedoch erst "nach diesem Termin (5. 7. 1985)" erhalten. Das in dieser Angelegenheit ergangene Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Wieden, habe er am 2. Jänner 1986 erhalten. Infolge persönlicher Verhinderung habe er sich jedoch erst am 8. Jänner 1986 "mit diesem Straferkenntnis auseinander setzen" können. Er habe daher auch erst "in diesem Zeitpunkt von der Versäumung der Rechtfertigungsfrist, bzw. der Verhandlung vom 3. 7. 1985" Kenntnis erlangt.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Wiener Landesregierung vom 26. Juni 1986 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, "datiert mit 8. 1. 1986, im Amte persönlich am 14. 1. 1986 überreicht, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur schriftlichen Rechtfertigung bis 3. 7. 1985 bzw. wegen Versäumung der mündlichen Verhandlung am 3. 7. 1985 gemäß § 71 AVG 1950 als verspätet zurückgewiesen". Dies wurde damit begründet, dass die einwöchige Frist des § 71 Abs. 2 AVG 1950 zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages mit der Zustellung des Straferkenntnisses am 2. Jänner 1986 zu laufen begonnen habe und vom Beschwerdeführer versäumt worden sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Die Anwendung des § 71 AVG 1950 setzt voraus, dass eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt wurde und die betreffende Partei dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Die Versäumung einer mündlichen Verhandlung tritt dann nicht ein, wenn eine Partei hiezu nicht (oder nicht ordnungsgemäß) geladen wurde (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Februar 1981, Zl. 81/05/0013, auf welches unter Erinnerung an Art. 14 Abs. 4 seiner Geschäftsordnung, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen wird); dies ist auch dann der Fall, wenn die Ladung erst zu einem nach dem Verhandlungstermin liegenden Zeitpunkt und daher nicht mehr rechtzeitig zugestellt wurde. Ebenso gilt in Ansehung einer Frist diese erst dann als versäumt, wenn sie bereits rechtswirksam begonnen hat und ungenützt verstrichen ist. Im vorliegenden Beschwerdefall konnte aber der Beschwerdeführer nur deshalb, weil er erst am 5. Juli 1985 den betreffenden Beschuldigten-Ladungsbebescheid zugestellt erhalten hat, und nicht deshalb, weil ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne des § 71 Abs. 1 lit. a AVG 1950 vorgelegen wäre, weder den Verhandlungstermin vom 3. Juli 1985 einhalten noch die bis zu diesem Zeitpunkt gesetzte Frist wahrnehmen. Es kann daher auch keine Rede davon sein, dass der Beschwerdeführer insofern eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt habe. Sollte die Erstbehörde dessen ungeachtet bei Erlassung ihres Straferkenntnisses von einer Versäumung ausgegangen sein und der Beschwerdeführer dadurch einen Rechtsnachteil erlitten haben, so wäre dieser Umstand in einem allfälligen Berufungsverfahren von Bedeutung gewesen und würde die Rechtmäßigkeit des Straferkenntnisses selbst betreffen.
Da somit die belangte Behörde übersehen hat, dass dem Wiedereinsetzungsantrag aus dem genannten Grunde als unzulässig nicht stattzugeben gewesen wäre - was auch bedeutet, dass die Frist des § 71 Abs. 2 AVG 1950 gar nicht versäumt worden sein konnte, weil sie mangels Vorliegens eines Hindernisses, das in der Folge zu bestehen aufgehört hätte, gar nicht zu laufen beginnen konnte -, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet. Der Beschwerdeführer wurde aber dadurch, dass die belangte Behörde einen anderen Zurückweisungsgrund herangezogen hat, in keinem subjektiven öffentlichen Recht verletzt.
Im Hinblick darauf, dass der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Damit erübrigt sich auch die Erledigung des Antrages, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen (Zl. AW 86/02/0014).
Wien, am 20. November 1986
Schlagworte
Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Verhältnis zu anderen Materien und Normen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Parteiengehör Verletzung des Parteiengehörs Verfahrensmangel Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungsrecht und Präklusion (AVG §42 Abs1)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1986:1986020104.X00Im RIS seit
20.11.1986Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008