TE Vwgh Erkenntnis 1986/12/17 86/03/0125

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Veröffentlicht am 17.12.1986
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §46 idF 1984/299;
KFG 1967 §103 Abs2 idF 1986/106 impl;
StVO 1960 §52 lita Z10a;
VStG §25 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Kobazina und die Hofräte Dr. Weiss und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Renner, über die Beschwerde des DDr. GC in X, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 12. Mai 1986, Zl. 9/01- 24933/2-1986, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 27. Juni 1985 um 14.45 Uhr im Gemeindegebiet Golling auf der A 10 bei km 31,04 im Bereich der durch Verkehrszeichen kundgemachten Geschwindigkeitsbeschränkung auf 80 km/h den Pkw K-nn.nnn laut Radarmessung mit einer Geschwindigkeit von mindestens 110 km/h in Richtung Villach gelenkt und dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 52 lit. a Z. 10 a StVO 1960 begangen. Gemäß § 99 Abs. 3 lit. a leg. cit. wurde über ihn eine Geldstrafe von S 900,-- (Ersatzarrest 54 Stunden) verhängt. Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, es stehe unbestritten fest, dass der Lenker des (für den Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer zugelassenen) Pkws K-nn.nnn zur angeführten Zeit im angeführten Bereich die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um mindestens 30 km/h überschritten habe. Unbestritten sei auch, dass sich der Beschwerdeführer in seinem Pkw befunden habe. Auf Grund der Radarmessung sei eine so genannte Kennzeichenanzeige erstattet worden. Die Behörde habe daraufhin eine Lenkererhebung veranlasst, wobei der Beschwerdeführer CM aus Italien als Lenker namhaft gemacht habe. Die Behörde erster Instanz habe sich mit der Namhaftmachung eines Ausländers, den sie nicht verfolgen könne, nicht begnügt, sondern den Beschwerdeführer veranlasst, entsprechende Beweise für die Richtigkeit seiner Angaben vorzulegen bzw. anzubieten. Dies habe der Beschwerdeführer mit dem Argument, hiezu nicht verpflichtet zu sein, kategorisch abgelehnt. Auffallend sei nun, dass die Behörde erster Instanz wenige Monate früher denselben Tatort betreffend gegen den Lenker des Pkw K-nn.nnn ebenfalls ein Verfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitung zu führen gehabt und der Beschwerdeführer damals bei der Lenkererhebung gleichfalls eine in Italien wohnhafte Person als Lenker namhaft gemacht habe. Die Behörde erster Instanz habe aber trotzdem ein Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer eingeleitet. Dieser habe in der Folge zugegeben, tatsächlich selbst der Lenker gewesen zu sein. Das diesbezügliche Straferkenntnis sei nur wenige Wochen vor der das gegenständliche Verfahren betreffenden Lenkererhebung erlassen worden. Der Behörde erster Instanz könne daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bei der Lenkererhebung vom August 1985 gehabt und den Beschwerdeführer zur Vorlage von Beweisen verhalten habe. Wenn sich der Beschwerdeführer zweimal beharrlich geweigert habe, am erstinstanzlichen Verfahren mitzuwirken, so könne der erstinstanzlichen Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie diese Weigerungen als Indiz für die Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers als Lenker seines Pkws gewertet habe. Der Beschwerdeführer habe aber auch mit der Berufung keine Beweismittel vorgelegt, aus denen deutlich werde, dass CM damals mit ihm in Salzburg gewesen sei. Aus der vorgelegten Ablichtung (der ersten Seite des Protokolls über eine mündliche Verhandlung in einem Zivilprozess vom 27. Juni 1985 samt der Ladung zu dieser Tagsatzung) werde lediglich die Anwesenheit des Beschwerdeführers bei der Verhandlung und damit in Salzburg deutlich, wovon die Behörde ohnehin überzeugt sei. Trotzdem habe die belangte Behörde dem Beschwerdeführer neuerlich Gelegenheit gegeben, seine Verantwortung, nicht der Lenker seines Pkws, sondern nur Beifahrer gewesen zu sein, unter Beweis zu stellen. Der Beschwerdeführer sei jedoch zur erforderlichen Mitwirkung wieder nicht bereit gewesen, "wenn" er am 7. März 1986 erklärt habe, dass er weder in der Lage noch bereit sei, die geforderte Erklärung (des CM über die Richtigkeit der Verantwortung des Beschwerdeführers) schriftlich zu liefern. Er sei der Meinung, dass er dazu gesetzlich nicht verpflichtet sei. Er gebe nochmals an, dass zum Tatzeitpunkt lediglich CM seinen Pkw gelenkt habe. Einen Grund, warum er nicht in der Lage sei, die Erklärung vorzulegen, habe er nicht angeführt, sodass im Vordergrund wohl die fehlende Bereitschaft stehe. Die belangte Behörde sei der Ansicht, dass sie sehr wohl berechtigt gewesen sei, eine solche Erklärung vom Beschwerdeführer zu verlangen und seine Weigerung entsprechend zu werten, und dass das Argument, zur Vorlage einer Erklärung gesetzlich nicht verpflichtet zu sein, nicht dafür ausreiche, dass die Behörde von der Richtigkeit der Behauptung des Beschwerdeführers auszugehen gehabt hätte. Der Behörde sei es durchaus freigestanden, sich der Mithilfe des Beschwerdeführers zu bedienen. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, selbst Erhebungen im Ausland zu veranlassen. Hiezu komme noch, dass auch das Radarfoto nicht zu Gunsten der Verantwortung des Beschwerdeführers spreche, weil daraus nicht zu ersehen sei, ob bzw. dass sich ein Beifahrer im Fahrzeug befinde. Feststehe allein, dass sich der Beschwerdeführer zur Tatzeit im Fahrzeug und vorher in Salzburg befunden habe, während für den Aufenthalt des CM auch nur in Salzburg nach der Aktenlage kein auch nur ansatzweise unter Beweis gestellter Anhaltspunkt bestehe. Auf Grund der auch im Berufungsverfahren nicht abgelegten Art der Verantwortung des Beschwerdeführers sei daher mit Berechtigung davon auszugehen, dass dieser selbst seinen Pkw zur Tatzeit gelenkt und dabei die erlaubte Höchstgeschwindigkeit erheblich überschritten habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt die der Feststellung seiner Tätereigenschaft zugrundeliegende Beweiswürdigung der belangten Behörde. Seiner Meinung nach seien die ihm im Verwaltungsstrafverfahren erteilten Aufträge zur Vorlage einer notariell oder gerichtlich beglaubigten Erklärung des von ihm als Lenker namhaft gemachten CM darüber, dass dieser und nicht er selbst im Tatzeitpunkt das Fahrzeug gelenkt habe, rechtswidrig gewesen. Die belangte Behörde hätte vielmehr die Vernehmung des Genannten im Rechtshilfewege veranlassen müssen.

Bei diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren trotz der Bestimmung des § 25 Abs. 2 VStG 1950, wonach die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen sind wie die belastenden und die Behörde auf Grund des Offizialprinzips zur amtswegigen Ermittlung verpflichtet ist, eine Mitwirkungspflicht des Beschuldigten besteht. Wenn der Beschwerdeführer behauptet, bloß das Fahrzeug habe zur Tatzeit eine im Ausland erreichbare Person gelenkt, und es unterlässt, nähere überprüfbare Umstände über die Existenz und den angeblichen Aufenthalt dieser Person zur Tatzeit in Österreich bekannt zu geben, dann stellt es eine durchaus zulässige Vorgangsweise dar, wenn ihm die Behörde die Möglichkeit einräumt, seine Behauptungen durch Vorlage einer entsprechenden schriftlichen Erklärung des angeblichen Lenkers unter Beweis zu stellen. Kommt der Beschwerdeführer der ihm gebotenen Gelegenheit nicht nach, dann verletzt er die ihm obliegende Mitwirkungspflicht. In einem solchen Fall ist die Behörde nicht gehalten, weitere aufwändige Ermittlungen, wie etwa die Vernehmung eines im Ausland wohnhaften Zeugen im Rechtshilfeweg, durchzuführen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 1985, Zl. 85/03/0074), zumal der Beschwerdeführer selbst im Verwaltungsstrafverfahren keine konkreten Beweisanträge stellte.

Dass dem Beschwerdeführer die Beibringung der verlangten Erklärung des angeblichen Lenkers unmöglich gewesen wäre, wurde von ihm im Verwaltungsstrafverfahren nicht behauptet. Dem in der Beschwerde vorgebrachten Einwand, er habe keine rechtliche Möglichkeit, den Lenker seines Fahrzeuges zur Abgabe einer solchen Erklärung zu zwingen, kommt keine Bedeutung zu, solange der Beschwerdeführer nicht einmal den Versuch unternahm, diese Erklärung vom Lenker zu verlangen. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, mit denen er darzutun versucht, dass ihn keine gesetzliche Verpflichtung zum Festhalten der "vollständigen Führerscheindaten" desjenigen treffe, dem er das Lenken des Fahrzeuges überlassen habe, geht ins Leere, weil die belangte Behörde ihre Beweiswürdigung nicht darauf stützte, dass der Beschwerdeführer diese Daten nicht bekannt gegeben habe.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich die "Feststellung" als rechtswidrig rügt, dass das Radarfoto nicht zu Gunsten seiner Verantwortung spreche, weil daraus nicht zu ersehen sei, ob sich ein Beifahrer im Fahrzeug befunden habe, so ist dies nicht recht verständlich; im übrigen wertete die belangte Behörde das Radarfoto ohnedies nicht als gegen die Verantwortung des Beschwerdeführers sprechend.

Soweit der Beschwerdeführer meint, dass die Tatsache, wonach er in einem anderen Verwaltungsstrafverfahren zunächst einen ausländischen Lenker genannt, dann aber, nachdem ihm der Tatort genau geschildert worden sei, zugegeben habe, selbst der Lenker seines Fahrzeuges gewesen zu sein, seine Glaubwürdigkeit nicht in Zweifel ziehen könne, ist ihm zu erwidern, dass die belangte Behörde auf diese Verhaltensweise des Beschwerdeführers nur zur Begründung der Zweifel an der Richtigkeit seiner Verantwortung aus der Sicht der Behörde erster Instanz verwies, ihr aber keine entscheidende Bedeutung für die eigene Beweiswürdigung zumaß.

Zusammenfassend kann der Verwaltungsgerichtshof bei der ihm obliegenden Kontrolle der Sachverhaltsermittlung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Mai 1974, Slg. Nr. 8619/A) auf Grund der gegebenen Sach- und Rechtslage daher nicht finden, dass die belangte Behörde rechtswidrig handelte, wenn sie davon ausging, dass der Beschwerdeführer mit seiner Weigerung, die verlangte Erklärung des angeblichen Lenkers vorzulegen, seine Mitwirkungspflicht verletzte, im Hinblick darauf von der Aufnahme weiterer Beweise Abstand nahm und im Rahmen der freien Beweiswürdigung nach der gemäß § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG 1950 die Tätereigenschaft des Beschwerdeführers als erwiesen annahm.

Die Beschwerde erweist sich somit als nicht berechtigt und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 17. Dezember 1986

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel ZeugenbeweisSachverhalt Sachverhaltsfeststellung BeweislastSachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle WahrheitBegründungspflicht Manuduktionspflicht MitwirkungspflichtBeweismittel BeschuldigtenverantwortungBeweismittel Auskünfte Bestätigungen Stellungnahmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1986:1986030125.X00

Im RIS seit

04.08.2005

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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