TE Vwgh Beschluss 1987/5/15 87/17/0168

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.05.1987
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §27;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Scheinecker, in der Beschwerdesache des XY, vertreten durch Dr. Max Josef Allmayer-Beck, Rechtsanwalt in Wien I, Parkring 2, gegen den Magistrat der Stadt Wien wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in Angelegenheit der Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966 und der Straßenverkehrsordnung 1960, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Aus den Beschwerdeausführungen sowie der von der beschwerdeführenden Partei vorgelegten Ausfertigung des vom Magistrat der Stadt Wien als Behörde erster Instanz erlassenen Bescheid vom 25. Juni 1986 und der dagegen von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufung vom 30. Juli 1986 ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem zitierten Bescheid erteilte die genannte Behörde der M-gesmbH laut Spruchabschnitt I gemäß § 1 des Gebrauchsabgabegesetzes 1966, LGBl. für Wien Nr. 20 und gemäß § 82 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, jeweils in der geltenden Fassung, unter bestimmten Bedingungen die Erlaubnis, in einem örtlich und flächenmäßig näher umschriebenen Ausmaß den öffentlichen Grund und den darüber befindlichen Luftraum vor ihrem Gasthausbetrieb bis 30. November 1986 zur Aufstellung von Tischen und Stühlen zu benützen. Nach Spruchabschnitt II wurde die MgesmbH gemäß dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz zur Entrichtung einer einmaligen Gebrauchsabgabe verpflichtet.

Diesem Verfahren wurde die beschwerdeführende Partei nicht beigezogen. Nach ihren eigenen Angaben wurde jedoch dem Beschwerdevertreter dieser Bescheid am 17. Juli 1986 in Kopie ausgefolgt.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei eine an den Magistrat der Stadt Wien gerichtete, mit 30. Juli 1986 datierte Berufung. In der Begründung ihrer Berufung nahm die beschwerdeführende Partei ausschließlich auf die im Spruchabschnitt I des bekämpften Bescheides erteilte Gebrauchserlaubnis Bezug und führte ihre Begründung nur zu diesem Gegenstand näher aus.

Mit der vorliegenden, auf Art. 132 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend gemacht. Als belangte Behörde bezeichnet die beschwerdeführende Partei den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 35.

Die Beschwerde ist unzulässig.

Gemäß § 27 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat.

Der Verwaltungsgerichtshof geht auf Grund des Inhaltes der von der beschwerdeführenden Partei erhobenen Berufung davon aus, dass sich diese ausschließlich gegen den Spruchabschnitt I des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien vom 25. Juni 1986 richtet.

Demnach betrifft die dem Beschwerdefall zugrundeliegende Angelegenheit einerseits die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach dem Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966, LGBl. Nr. 20, zum anderen die straßenpolizeiliche Bewilligung zur Benützung von Straßen zu verkehrsfremden Zwecken nach § 82 der Straßeverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159.

Gemäß § 17 Abs. 1 des Wiener Gebrauchsabgabegesetzes 1966 in der Fassung der Gebrauchsabgabegesetz-Novelle 1968, LGBl. Nr. 25 ist der Magistrat Behörde erster Instanz. Nach Abs. 2 leg. cit. hat die Gemeinde ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.

§ 94 d StVO 1960 in der Fassung der 6. Straßenverkehrsordnungs-Novelle, BGBl. Nr. 412/1976, verweist die Besorgung bestimmter, taxativ aufgezählter Angelegenheiten in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde, sofern der Akt der Vollziehung nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf Straßen, die nach den Rechtsvorschriften weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen gelten noch diesen Straßen gleichzuhalten sind, beziehen soll; darunter fällt gemäß Z. 9 die Bewilligung nach § 82 leg. cit. Die Voraussetzungen des § 94 d StVO 1960 treffen im Beschwerdefall zu.

Gemäß § 105 Abs. 2 der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (Wiener Stadtverfassung - WStV), LGBl. Nr. 28/1968 in der Fassung des Gesetzes vom 17. März 1978, LGBl. Nr. 12, vollzieht der Magistrat alle behördlichen Angelegenheiten, soweit hiefür nicht andere Organe zuständig sind. Mangels einer abweichenden gesetzlichen Regelung war im Beschwerdefall der Magistrat zur Erteilung der Bewilligung gemäß § 82 StVO 1960 als Behörde erster Instanz zuständig.

Gemäß § 99 Abs. 1 WStV in der oben zitierten Fassung entscheidet, sofern nicht durch ein Gesetz eine andere Rechtsmittelinstanz gegeben ist, in den zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehörenden Angelegenheiten der Berufungssenat über Rechtsmittel gegen Verfügungen oder Entscheidungen des Magistrates.

Mangels einer speziellen gesetzlichen Regelung ist in den dem Beschwerdefall zugrundeliegenden Angelegenheiten der Berufungssenat Rechtsmittelbehörde. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss eines verstärkten Senates vom 24. April 1986, Zl. 85/02/0281, auf den gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, näher dargelegt hat, untersteht der Berufungssenat in seiner Tätigkeit im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde dem Gemeinderat als oberstem Organ in der Weise, dass dem Gemeinderat sowohl das Weisungs- als auch das Aufsichtsrecht zukommt. Als oberste Behörde im Sinne des § 27 VwGG ist daher der Gemeinderat anzusehen.

Da der Gemeinderat aber von der beschwerdeführenden Partei nach ihrem eigenen Vorbringen nicht im Wege eines Antrages nach § 73 Abs. 2 AVG 1950 angerufen wurde, sind die Voraussetzungen für eine Beschwerdeführung nach § 27 VwGG nicht gegeben.

Die Beschwerde ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.

Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall von der Beantwortung der Frage absehen, welcher Behörde die beschwerdeführende Partei letztlich die Verletzung der Entscheidungspflicht vorgeworfen hat (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1986, Zl. 85/18/0078 - verstärkter Senat) und ob die Beschwerde allenfalls nicht auch aus dem Grund zurückzuweisen gewesen wäre, weil einer Behörde die Verletzung der Entscheidungspflicht vorgeworfen wurde, die mangels funktioneller Zuständigkeit als Berufungsbehörde in den dem Beschwerdefall zugrundeliegenden Angelegenheiten nicht säumig werden konnte.

Wien, am 15. Mai 1987

Schlagworte

Anrufung der obersten BehördeVerletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1987:1987170168.X00

Im RIS seit

03.03.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten