Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schima und die Hofräte Dr. Salcher, Dr. Fürnsinn, Dr. Zeizinger und Dr. Kremla als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Teissl, über die Beschwerde des RK in K, vertreten durch Dr. Heinz WALTHER, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Alter Platz 23, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 9. Dezember 1986, Z1. 8 Wa-170/3/1986, betreffend Schutz einer Wasserversorgungsanlage und wasserpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Parteien: H und G P in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.140,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Das dem angefochtenen Bescheid vorangegangene Verwaltungsverfahren nahm seinen Anfang mit einer Eingabe des Beschwerdeführers vom 9. Dezember 1984, in welcher der Beschwerdeführer die Bezirkshauptmannschaft Klagenfurt (BH) als Wasserrechtsbehörde erster Instanz ersuchte, folgende "Sachlage zu prüfen":
Für die Wasserversorgung des Hofes des Beschwerdeführers diene seit jeher eine Quellanlage auf dem den Mitbeteiligten (MB) gehörigen Grundstück nn/1 sowie eine auf dem dem Beschwerdeführer selbst gehörenden Grundstück nn/2 erschlossene weitere Quelle; ferner liege auf dem ebenfalls dem Beschwerdeführer gehörigen Grundstück nn/3 ein Wasserteich, der stets mit Wasser gefüllt gewesen sei und zur Tränkung von Weidevieh verwendet worden sei. Vor ca. acht Jahren hätten die MB auf ihrem oberhalb der Grundstücke des Beschwerdeführers gelegenen Grundstück nn/4 in einer Entfernung von 70 - 80 m von den Quellen des Beschwerdeführers zur Versorgung mehrerer Bauparzellen ohne wasserrechtliche Bewilligung eine größere Wasserversorgungsanlage errichtet. Seit dieser Zeit gehe die Ergiebigkeit der Wasserstellen des Beschwerdeführers, nämlich sämtlicher oben genannter Quellen und des Teiches, sehr stark zurück, weshalb durch die Maßnahmen der MB die Landwirtschaft auf den Grundstücken des Beschwerdeführers beeinträchtigt werde.
Zu diesem Antrag holte die BH eine Stellungnahme des Wasserbauamtes Klagenfurt ein, wonach eine nachteilige Beeinträchtigung des Beschwerdeführers "auf Grund der
Geländeverhältnisse ... eher unwahrscheinlich zu sein" scheine.
Dazu brachte der Beschwerdeführer vor, dass nach dieser Formulierung eine Beeinträchtigung offenbar nicht auszuschließen sei; ferner ergänzte der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahin gehend, dass auf Grund der Maßnahmen der MB seine Grundstücke auch durch die nunmehrige Verbringung von Überwässern beeinträchtigt würden; seine bisherigen Beschwerden halte er aufrecht.
In einer am 9. Oktober 1985 abgehaltenen mündlichen Verhandlung stellte die BH fest, dass für alle oben genannten Anlagen des Beschwerdeführers und der MB wasserrechtliche Bewilligungen nicht vorlägen.
Mit Bescheid vom 26. Februar 1986 wies die BH die Anträge des Beschwerdeführers betreffend die Beeinträchtigung seiner Wasserversorgungsanlage durch die Errichtung der Wasserversorgungsanlagen der MB und betreffend Schutzanordnungen gemäß den §§ 34, 98 und 138 WRG 1959 ab; gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer gemäß §§ 76 ff AVG 1950 eine Kommissionsgebühr in der Höhe von S 2.550,-- zur Zahlung vorgeschrieben. Begründend ging die BH davon aus, dass sich nur die Quellfassung auf dem Grundstück nn/2 auf Eigengrund des Beschwerdeführers befinde und somit im Sinne des § 5 Abs. 2 WRG 1959 als bewilligungsfreie Nutzung anzusehen sei; die übrigen Teile seiner Anlage hingegen befänden sich auf Fremdgrund, weshalb diese Anlage insgesamt im Sinne des § 9 Abs. 2 WRG 1959 wasserrechtlich bewilligungspflichtig sei. Mangels einer solchen Bewilligung sei der Beschwerdeführer nicht als "Betroffener" im Sinne des § 138 WRG 1959 anzusehen, da somit durch das Verhalten der MB in kein nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 geschütztes Recht des Beschwerdeführers eingegriffen worden sei. Aber auch ein Schutz einer Wasserversorgungsanlage gemäß § 34 WRG 1959 setze voraus, dass diese Anlage bewilligt sei. Zusätzlich sei nach dem Ermittlungsergebnis festzustellen, dass die Anlage des Beschwerdeführers auf Grund ihres derzeitigen Zustandes weder bewilligungsfähig noch schutzwürdig sei.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiederholte der Beschwerdeführer sein Vorbringen sowohl zur Beeinträchtigung seiner Wasserversorgung als auch zu den durch die Überwässer hervorgerufenen Schäden an seinen Grundstücken. Auch seien weder die Quellfassung auf dem Grundstück nn/2 noch der Teich wasserrechtlich bewilligungspflichtig, insoweit liege somit jedenfalls eine rechtmäßig geübte Wassernutzung des Beschwerdeführers vor. Außerdem wandte er sich neuerlich gegen die Ausführungen in der Stellungnahme des Wasserbauamtes, die auf keinen Tatsachen, sondern nur auf "Wahrscheinlichkeiten" aufbaue. Nach § 34 WRG 1959 seien im übrigen auch nicht bewilligungspflichtige Anlagen zu schützen.
Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren eine Stellungnahme ihres wasserbautechnischen Amtssachverständigen ein, der zusammenfassend ausführte:
"Eine neuerliche Überprüfung an Ort und Stelle kann nur dann zu einem stichhältigen Gutachten führen, wenn genaue Planunterlagen der WVA vorliegen, da ein Großteil der Anlagen im Zuge des bisherigen Verfahrens bei den Ortsaugenscheinen nicht aufgefunden werden konnte bzw. unterschiedliche Stellungnahmen der ortskundigen Betroffenen vorliegen. Die Ausarbeitung solcher Planunterlagen ist jedoch nicht Aufgabe des von der Behörde beigezogenen Sachverständigen für Wasserbau. Sollte die do. Behörde sich aus rechtlichen Überlegungen nicht der Entscheidung im Bescheid der BH Klagenfurt anschließen, wären daher Projekte aller drei betroffenen WVA ausarbeiten zu lassen und als Ergänzung vorzulegen. Im Hinblick auf die behauptete gegenseitige Beeinflussung wären die jeweiligen Längenschnitte mit absoluten Höhenlagen oder zumindest mit aufeinander abgestimmten relativen Höhen zu versehen. Im Hinblick auf die Bewilligungspflicht der WVA erscheint es daher sinnvoll, von Amts wegen ein Bewilligungsverfahren einzuleiten und die Vorlage dieser Unterlagen zu fordern."
Zu diesem Gutachten äußerte sich der Beschwerdeführer dahin gehend, dass sämtliche Anlagenteile seiner Wasserversorgungsanlage im Zeitpunkt ihrer Errichtung vor 80 - 100 Jahren auf Eigengrund gelegen gewesen seien, weshalb die Rechtsvorgänger der MB das Grundstück nn/1 bereits mit der Dienstbarkeit der Wasserversorgungsanlage übernommen hätten und eine Bewilligungspflicht nachträglich nicht gegeben sei. Außerdem rügte der Beschwerdeführer auch die unzulängliche Klärung des Sachverhaltes vor Erstellung der eingeholten Gutachten. So stelle etwa die Quelle auf dem Grundstück nn/2 des Beschwerdeführers seit den Maßnahmen der MB einen eigenen Wasserversorgungsteil für die Landwirtschaft des Beschwerdeführers dar, weil durch die Baumaßnahmen eine Verbindung mit der übrigen früheren Anlage beseitigt worden sei; dasselbe treffe für den Teich zu.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß S 66 Abs. 4 AVG 1950 als unbegründet abgewiesen. Begründend ging die belangte Behörde wie die BH davon aus, dass die Anlage des Beschwerdeführers teilweise auf Fremdgrund liege und daher nach § 9 WRG 1959 bewilligungspflichtig sei. Abgesehen von der in diesem Verfahren nicht in Frage stehenden Bewilligungspflicht der Anlage der MB sei primär die "Beschwerdelegitimation" des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren zu prüfen gewesen. Da der Beschwerdeführer aber eine genehmigungspflichtige Wasserversorgungsanlage ohne behördliche Bewilligung betreibe und somit keine rechtmäßige Wassernutzung ausübe, werde in seine in § 12 Abs. 2 WRG 1959 geschützten Rechte nicht eingegriffen, er sei daher auch nicht als "Betroffener" im Sinne des § 138 WRG 1959 antragslegitimiert. Ebenso setze die Festlegung eines Schutzgebietes gemäß § 34 WRG 1959 voraus, dass für eine bewilligungspflichtige Wasserversorgungsanlage eine dementsprechende behördliche Genehmigung vorliege.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die unrichtige Anwendung der einschlägigen wasserrechtlichen Bestimmungen (insbesondere der §§ 12 Abs. 2 und 34 WRG 1959) sowie in seinem Recht auf ein dem Gesetz entsprechendes Verfahren verletzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Die MB haben sich trotz gebotener Gelegenheit am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen.
Im Beschwerdefall scheint die belangte Behörde davon ausgegangen zu sein, dass die MB durch die Errichtung und den Betrieb ihrer Wasserversorgungsanlage ohne die dafür erforderliche wasserrechtliche Bewilligung Bestimmungen des WRG 1959 übertreten haben. Die belangte Behörde hat ferner den Antrag des Beschwerdeführers - soweit er nicht ausdrücklich auf § 34 WRG 1959 gestützt worden ist - als ein Verlangen im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 behandelt; der Beschwerdeführer hat gegen diese rechtliche Qualifikation seines Antrages nichts eingewendet. Strittig ist daher insoweit nur die Frage, ob dem Beschwerdeführer bei der gegebenen Sachlage die Stellung eines "Betroffenen" zukommt.
Die belangte Behörde hat diese Frage ausschließlich mit der Begründung verneint, dass auch der Beschwerdeführer für die von ihm unterhaltene Wasserversorgungsanlage einer wasserrechtlichen Bewilligung bedurft hätte, und dass mangels einer solchen wasserrechtlich geschützte Rechte des Beschwerdeführers durch das Vorgehen der MB nicht verletzt worden sein können. Dieser Ansicht vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Richtig ist, dass als "Betroffener" im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 nur derjenige angesehen werden kann, in dessen Rechte durch die eigenmächtige Neuerung eingegriffen wird. Als solche Rechte kommen nur die im § 12 Abs. 2 WRG 1959 angeführten Rechte in Betracht, nämlich rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Juni 1960, Slg. Nr. 5327/A). Der Beschwerdeführer rügt nun mit Recht, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auf sein dazu erstattetes Vorbringen nur zum Teil eingegangen ist und -
ausgehend von der unrichtigen Rechtsansicht, schon das Fehlen einer wasserrechtlichen Bewilligung schließe die Stellung des Beschwerdeführers als eines "Betroffenen" aus - den diesbezüglich wesentlichen Sachverhalt nicht vollständig ermittelt hat.
Der Beschwerdeführer hat nämlich seine Antragslegitimation nicht auf eine ihm erteilte wasserrechtliche Bewilligung gestützt, sondern hat behauptet, durch die von den MB errichtete Anlage würden seine Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 WRG 1959 an der auf seinem Grundstück nn/2 entspringenden Quelle, an dem auf seinem Grundstück nn/3 gelegenen Teich und am Grundwasser (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 1966, Zl. 1229/65) beeinträchtigt, und durch die Überwässer überdies sein Grundeigentum verletzt. Auf diese Behauptungen ist die belangte Behörde jedoch ebenso wenig eingegangen wie auf das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach auch die Benutzung der Quellwässer aus dem derzeit den MB gehörigen Grundstück nn/1 infolge eines zu Grunde liegenden Privatrechtstitels (Dienstbarkeit) auf einer bewilligungsfreien Nutzungsbefugnis nach § 5 Abs. 2 WRG 1959 beruhe (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. April 1976, Zl. 1611/75).
Gemäß § 34 Abs. 1 erster Satz WRG 1959 kann zum Schutze von Wasserversorgungsanlagen gegen Verunreinigung (§ 30 Abs. 2) oder gegen eine Beeinträchtigung ihrer Ergiebigkeit die zur Bewilligung dieser Anlagen zuständige Wasserrechtsbehörde - zum Schutze von nicht bewilligungspflichtigen Wasserversorgungsanlagen die Bezirksverwaltungsbehörde - durch Bescheid besondere Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung von Grundstücken und Gewässern treffen, die Errichtung bestimmter Anlagen untersagen und entsprechende Schutzgebiete bestimmen.
Auch für die vom Beschwerdeführer beantragte Anordnung solcher Schutzbestimmungen ist es daher keine gesetzliche Voraussetzung, dass die zu schützende Wasserversorgungsanlage einer wasserrechtlichen Bewilligung bedarf. Da nach dem oben Gesagten im Beschwerdefall nicht auszuschließen ist, dass es sich bei der vom Beschwerdeführer betriebenen um eine gar nicht bewilligungspflichtige Wasserversorgungsanlage handelt, erweist sich die Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages auch in diesem Punkt als rechtswidrig.
Da der Sachverhalt somit - infolge der von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid vertretenen unrichtigen Rechtsansicht zur Bedeutung einer dem Beschwerdeführer fehlenden wasserrechtlichen Bewilligung - noch in wesentlichen Punkten der Ergänzung bedarf, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs.1 Z. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I A Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243.
Wien, am 19. Mai 1987
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1987:1987070013.X00Im RIS seit
14.03.2006Zuletzt aktualisiert am
29.05.2012