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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AlVG 1977 §12 Abs6 lita;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Zach und die Hofräte Dr. Liska, Dr. Knell, Dr. Puck und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein des Schriftführers Rat Dr. Novak, über die Beschwerde des RS in W, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt Dr. Edwin Morent, Wien I, Spiegelgasse 19, gegen den auf Grund des Beschlusses des Unterausschusses des zuständigen Verwaltungsausschusses ausgefertigten Bescheid des Landesarbeitsamtes Wien vom 4. September 1987, Zl. IVb/7022/7100 B, betreffend Rückforderung unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 27. Februar 1987 sprach das Arbeitsamt 9020- Versicherungsdienste aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes im Gesamtbetrag von S 28.476,-- verpflichtet sei. Nach der Begründung stehe er seit 1. März 1976 bei der XY AG in einem arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstverhältnis und habe vom 30. Mai bis 27. Juni, vom 30. Juni bis 10. Juli, vom 14. Juli bis 30. August und vom 4. September bis 25. Oktober 1986 Arbeitslosengeld bezogen.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung. Darin machte er geltend, dass er bei der genannten Firma in den im Bescheid angegebenen Zeit nicht mehr als S 2.199,60 monatlich brutto erhalten habe.
Im Zuge des weiteren Verfahrens holte die Behörde eine Lohnbestätigung der XY AG ein, derzufolge der Beschwerdeführer ab 1. März 1986 folgende monatliche Bezüge hatte:
"Entgelt (§ 7 Abs. 1 HBG), d.i. Reinigungsgeld einschl. des
monatl. Anteiles für die Gehsteigreinigung, jedoch
ohne Vergütung für das
Reinigungsmaterial
S
1.639
g
70
Urlaubszuschuss
S
136
g
60
Weihnachtsremuneration
S
136
g
60
Entgelt für Nichtbenützung
einer Dienstwohnung
S
360
g
____
zusammen
S
2.272
g
90"
===================
Am 17. Juli 1987 niederschriftlich vernommen, gab der Beschwerdeführer unter anderem folgendes an:
"Mir wurde die Geringfügigkeitsgrenze von S 2.354,-für das Jahr 1986 zur Kenntnis gebracht. Die S 2.272,90 (incl. Sonderzahlung) habe ich von der Fa. XY AG immer bar auf die Hand erhalten, da davon keine Abzüge mehr erfolgten. Mir wurde weiters zur Kenntnis gebracht, dass die obrige Grenze ein Bruttobetrag ist und dass bei dem von der FA XY AG angegebenen Betrag noch die Sozialversicherungsbeiträge hinzukommen, womit ich über der Geringfügigkeitsgrenze verdiene. Den Antrag vom 30. 5. 86 habe ich nicht selbst ausgefüllt. Hiebei war mir ein Beamter vom Arbeitsamt behilflich. Dieser hat mich nicht gefragt, ob ich Hausbesorger bin, da ich ihm dies dann auch gleich gesagt hätte. Den Antrag habe ich aber selbst unterschrieben."
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Zur Begründung wurde folgendes ausgeführt:
"Im Zuge des ha. durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurden Ihre Hausbesorgerbezüge ab 1. 3. 1986 wie folgt festgestellt:
Reinigungsgeld (ohne Reinigungsmaterial
S
1.639,70
+ Entgelt für Nichtbenützung der
Dienstwohnung
S
360,--
+ Dienstnehmeranteil zur Sozialversicherung incl. Arbeiterkammerumlage
S
386,41
S
2.386,11
=
Bruttoentgelt
Da die Entgeltgrenze gemäß § 12 Abs. 6 lit. a AlVG (1986: S 2.354,-- mtl. brutto), bis zu der ein Anspruch auf Arbeitslosengeld bestünde, somit überschritten wurde, war die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für die oa. Zeiträume zu widerrufen.
In Ihrem Antrag vom 30. 5. 86 haben Sie auch nicht angegeben, als Hausbesorger beschäftigt zu sein. Anlässlich Ihrer ha. Vorsprache haben Sie zwar behauptet, diesen Umstand bei Ihrer Antragstellung dem Arbeitsamt mitgeteilt zu haben, jedoch haben Sie mit Ihrer Unterschrift im Antrag bestätigt, dass die auf dem Antragsformular gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen und hätten Sie daher jedenfalls bemerken müssen, dass die Punkte 4 und 7 (hinsichtlich der Beschäftigung und des eigenen Einkommens) nicht wahrheitsgemäß beantwortet wurden, weshalb Ihrer diesbezüglichen Behauptung keine Bedeutung beigemessen werden konnte. Da also eine Meldung nicht vorlag, war das unberechtigt empfangene Arbeitslosengeld zum Rückersatz vorzuschreiben."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 24 Abs. 2 AlVG ist die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen, wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung nachträglich als gesetzlich nicht begründet herausstellt.
Bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.
Der Anspruch auf Arbeitslosengeld setzt gemäß § 7 Z. 1 AlVG unter anderem voraus, dass der Antragsteller arbeitslos ist.
Arbeitslos ist nach § 12 Abs. 1 AlVG, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat. Wer in einem Dienstverhältnis steht, gilt nach § 12 Abs. 3 lit. a AlVG nicht als arbeitslos.
Als arbeitslos gilt jedoch gemäß § 12 Abs. 6 lit. a AlVG, wer aus einer oder mehreren Beschäftigungen ein Entgelt erzielt, das die im § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG angeführten Beträge nicht übersteigt.
Der Beschwerdeführer zieht zunächst die "Sinnhaftigkeit" der angefochtenen Entscheidung mit dem Hinweis in Zweifel, dass ihm damit die Rückzahlung von mehr als dem Doppelten dessen auferlegt worden sei, was er in der Zeit des Bezuges von Arbeitslosengeld verdient habe. Damit vermag er jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil die Höhe des Ersatzbetrages nach § 25 Abs. 1 AlVG nicht von der Höhe des vom Empfänger des Arbeitslosengeldes während der Dauer des Bezuges des Arbeitslosengeldes aus einer oder mehreren Beschäftigungen erzielten, die in § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG angeführten Beträge übersteigenden Entgeltes abhängt.
Ferner macht der Beschwerdeführer eine Verletzung des Parteiengehörs im erstinstanzlichen Verfahren geltend. Dieses Vorbringen vermag der Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs in erster Instanz jedenfalls im Berufungsverfahren durch die mit der Berufung gegebenen Möglichkeiten der Stellungnahme saniert erscheint (vgl. Verwaltungsgerichtshof 30. September 1958, 338/56).
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, dass die Annahme eines Bruttoentgeltes von S 2.386,11 im Hinblick auf den in der Lohnbestätigung des Dienstgebers angegebenen Betrag von S 2.272,90 aktenwidrig und durch die Verfahrensergebnisse nicht gedeckt sei. Dabei übersieht er, dass es sich bei dem in der Lohnbestätigung angegebenen Betrag, wie er in seiner niederschriftlichen Vernehmung am 17. Juli 1987 selbst eingeräumt hat, um das ihm ausgezahlte Nettoentgelt handelt. Zu diesem Betrag - abzüglich der aliquoten Anteile am Urlaubszuschuss und an der Weihnachtsremuneration - hat die belangte Behörde, um auf das Bruttoentgelt zu kommen, noch die vom Dienstgeber abzuführenden, auf den Dienstnehmer entfallenden Anteile an den Sozialversicherungsbeiträgen sowie an sonstigen gesetzlichen Umlagen und Beiträgen hinzugerechnet. Dass der von der belangten Behörde angenommene "Hinzurechnungsbetrag" von S 386,41 unrichtig berechnet worden wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Wenn er in diesem Zusammenhang eine Verletzung des Parteiengehörs geltend macht, weil ihm "dieser Gedankengang der belangten Behörde nicht zur Stellungnahme vor Erlassung des Bescheides" zur Kenntnis gebracht worden sei, so ist dieses Vorbringen unwesentlich, weil der Beschwerdeführer nicht ausführt, was er vorgebracht hätte, wenn ihm Gelegenheit zur Stellungnahme geboten worden wäre.
Wenn der Beschwerdeführer meint, dass es sich bei den in § 12 Abs. 6 lit. a AlVG angeführten Entgeltsbeträgen nach § 5 Abs. 2 lit. a bis c ASVG um Bezüge handle, "die dem Berechtigten/Verpflichteten tatsächlich zukommen und nicht um Beträge, welche ihm rechnerisch zuzuordnen wären," so ist er gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Jänner 1987, Zl. 86/08/0006, zu verweisen. Dort wurde ausgesprochen, dass bei der Ermittlung des Entgeltes gemäß § 12 Abs. 6 lit. a AlVG von den Bruttobezügen auszugehen sei.
Schließlich ist dem Beschwerdeführer in Erwiderung seines Vorbringens noch zu entgegnen, dass es für die Frage, ob ihm die in dem von ihm unterschriebenen Antrag auf Gewährung von Arbeitslosengeld enthaltenen Angaben über das (Nicht)bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses und den (Nicht)bezug eines Einkommens zuzurechnen sind, gleichgültig ist, ob er den Antrag selbst ausgefüllt hat oder nicht. Da er diese Angaben unterschrieben hat, muss er sie auch als von ihm abgegeben gegen sich gelten lassen. Unwesentlich ist es auch, ob der Beschwerdeführer ausdrücklich nach einer Beschäftigung als Hausbesorger gefragt worden ist oder nicht; er hätte nämlich in Beantwortung der Frage, ob er derzeit in Beschäftigung stehe (Frage Nr. 4 des Antragsformulares), von sich aus seine Tätigkeit als Hausbesorger bekannt geben müssen. Dass ihm die Frage nach einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis überhaupt nicht gestellt worden sei, hat er im Verwaltungsverfahren nicht behauptet. Bei seinem Beschwerdevorbringen, dass er nach einer wie immer gearteten Nebentätigkeit gar nicht gefragt worden sei und dass er der deutschen Sprache nur mangelhaft mächtig sei, handelt es sich um Neuerungen, auf die einzugehen dem Verwaltungsgerichtshof kraft des in § 41 Abs. 1 VwGG normierten Neuerungsverbotes verwehrt ist.
Die Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 25. Februar 1988
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1988:1987080290.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
01.01.2009