TE Vwgh Erkenntnis 1988/11/23 86/01/0012

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Veröffentlicht am 23.11.1988
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/01 Rechtsanwälte;

Norm

RAO 1868 §45;
RAO 1868 §46 Abs1;
VwGG §61 Abs1 impl;
VwRallg;
ZPO §67;

Betreff

Mag. A gegen Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich betreffend die Bestellung eines rechtsanwaltlichen Vertreters

Spruch

Mag. A gegen Rechtsanwaltskammer für Niederösterreich betreffend die Bestellung eines rechtsanwaltlichen Vertreters

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Rechtsanwaltskammer für Wien, Niederösterreich und Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 2.300,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem "Rekurs" (richtig: der Vorstellung) des Beschwerdeführers gegen ihren Bescheid vom 4. Oktober 1985 über die Bestellung von Dr. R, Rechtsanwalt in N, zum Vertreter des Beschwerdeführers keine Folge.

Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, daß bei der Bestellung eines Rechtsanwaltes zum Vertreter gemäß § 46 RAO nach festen Regeln vorzugehen sei und der Beschwerdeführer als Vorstellungswerber keine Umstände behauptet habe, aus denen eine Verletzung dieser Regeln erkennbar gewesen wäre; solche Verletzungen seien im übrigen auch nicht festgestellt worden.

Dem Argument in der Vorstellung, der Beschwerdeführer werde durch die Bestellung Dris. R in seinen Rechten verletzt und stehe ihm keine Wahlmöglichkeit zu, begegnete die belangte Behörde mit dem Hinweis, daß der Beschwerdeführer von der Möglichkeit, einen Vorschlag zu unterbreiten, keinen Gebrauch gemacht habe. Es bleibe ihm aber unbenommen, jederzeit eine Neubestellung unter Namhaftmachung eines zur Übernahme seiner Vertretung bereiten Rechtsanwaltes zu beantragen. Im übrigen habe auch der bestellte Rechtsanwalt die Interessen des Beschwerdeführers ebenso zu wahren, wie ein frei gewählter. In Fällen von Befangenheit oder bei Gefahr einer Doppelvertretung sei der bestellte Rechtsanwalt gemäß § 45 Abs. 5 RAO von Amts wegen oder über Antrag der Partei zu entheben und ein anderer Rechtsanwalt zu bestellen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht, "einen Anwalt seiner Wahl und seines Vertrauens zu beauftragen", verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 67 ZPO normiert: Hat das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwaltes beschlossen, so hat es den Ausschuß der nach dem Sitz des Prozeßgerichts zuständigen Rechtsanwaltskammer zu benachrichtigen, damit der Ausschuß einen Rechtsanwalt zum Vertreter bestelle. Wünschen der Partei über die Auswahl dieses Rechtsanwaltes ist im Einvernehmen mit dem namhaft gemachten Rechtsanwalt nach Möglichkeit zu entsprechen.

§ 45 RAO bestimmt in seinen Absätzen 1, 4 und 5 folgendes:

(1) Hat das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwaltes beschlossen oder schließt die Bewilligung der Verfahrenshilfe eine solche Beigebung ein, so hat die Partei Anspruch auf die Bestellung eines Rechtsanwaltes durch die Rechtsanwaltskammer.

(4) Kann der bestellte Rechtsanwalt die Vertretung oder Verteidigung aus einem der im § 10 Abs. 1 erster Satz zweiter Halbsatz oder zweiter Satz angeführten Gründe oder wegen Befangenheit nicht übernehmen oder weiterführen, so ist er auf seinen Antrag, auf Antrag der Partei oder von Amts wegen zu entheben und ein anderer Rechtsanwalt zu bestellen ...

(5) Von jeder Bestellung hat der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer in den Fällen des Abs. 2 das benachrichtigende Gericht, in den Fällen des Abs. 3 das Gericht, bei dem das Verfahren erster Instanz geführt wird, oder, falls der bestellte Rechtsanwalt bei einem anderen Gericht einzuschreiten hat, dieses zu verständigen. Gleiches gilt in den Fällen des Abs. 4.

Gemäß § 46 Abs. 1 RAO haben die Ausschüsse der Rechtsanwaltskammern bei der Bestellung nach festen Regeln vorzugehen; diese haben eine möglichst gleichmäßige Heranziehung und Belastung der der betreffenden Kammer angehörenden Rechtsanwälte unter besonderer Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zu gewährleisten. Diese Regeln sind in den Geschäftsordnungen der Ausschüsse festzulegen.

Zunächst geht der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, er sei durch den angefochtenen Bescheid um sein Recht gebracht worden, einen Anwalt nach freier Wahl zu beauftragen, ins Leere. Der Beschwerdeführer verkennt in diesem Zusammenhang, daß er sich in dem konkreten zivilgerichtlichen Verfahren, um das es geht, von vornherein nicht eines von ihm frei gewählten Rechtsanwaltes bedient, sondern vielmehr um die Beigebung eines Rechtsanwaltes gemäß § 64 Abs. 1 Z. 3 ZPO ersucht hat. Von der dabei durch das Gesetz (§ 67 Abs. 2 ZPO) eröffneten Möglichkeit, einen Wunsch zu äußern, hat er aber nach den diesbezüglich von ihm selbst gar nicht bestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides keinen Gebrauch gemacht. Die behauptete Rechtsverletzung ist daher von vornherein nicht gegeben.

Was die Behauptung der Verletzung des Parteiengehörs anlangt, ist darauf hinzuweisen, daß eine entsprechende Anhörung des Verfahrenshilfewerbers, der seinen Antrag bei Gericht gestellt hat und schon dort die Möglichkeit hatte, seine Wünsche zu äußern, im Verfahren nach § 45 RAO, auf das das AVG 1950 nicht anzuwenden ist, nicht vorgesehen ist. Die belangte Behörde hat demnach auch zu Recht das Vorliegen einer Verletzung von Verfahrensvorschriften im Bestellungsverfahren verneint. Es erweist sich daher ihr Vorstellungsbescheid auch frei von der in der Beschwerde behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Schlagworte

Verfahrensgrundsätze außerhalb des Anwendungsbereiches des AVG VwRallg10/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1988:1986010012.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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