TE Vwgh Erkenntnis 1989/2/21 88/05/0207

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Veröffentlicht am 21.02.1989
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Index

L82000 Bauordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauRallg;
VVG §10 Abs2 lita;
VVG §5;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte DDr. Hauer, Dr. Würth, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des CG in S, vertreten durch Dr. Richard Wandl, Rechtsanwalt in St. Pölten, Kremser Gasse 19, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 8. August 1988, Zl. R/1-B-888, betreffend die Verhängung einer Zwangsstrafe nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1950 in einer Bausache, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.540,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 7. Oktober 1987 hatte der Bürgermeister der Marktgemeinde H dem Beschwerdeführer den auf § 109 Abs. 1 der NÖ Bauordnung 1976 (BO) gestützten baupolizeilichen Auftrag erteilt, "das auf den Parzellen Nr. n1 und n2, KG S, begonnene Bauvorhaben einzustellen". Wegen Gefahr im Verzug war einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt worden. Zur Begründung wurde lediglich ausgeführt, eine Verhandlung am 1. Oktober 1987 habe ergeben, dass auf den genannten Grundstücken in verschiedenen Objekten Bauarbeiten durchgeführt worden seien. Für diese fehle die Zustimmung des Hälfteeigentümers G.S. Gefahr im Verzug sei dadurch gegeben, dass im gegenwärtigen Zeitpunkt infolge von Mängeln (durchhängende Decke, Setzungsrisse der Mauern, usw.) eine Gefahr im Rahmen der Bauführung, vor allem wegen des Fehlens von Unterlagen, nicht abschätzbar sei.

Mit Schreiben vom 8. Oktober 1987 ersuchte der Bürgermeister der genannten Gemeinde die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg um die Vollstreckung des Bescheides und um sofortige Baueinstellung, weil trotz der verfügten Einstellung an den Objekten weitergearbeitet werde.

Mit Erledigung vom 9. Oktober 1987 drohte die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg dem Beschwerdeführer die Verhängung einer Zwangsstrafe in der Höhe von S 2.000,-- an.

In einer Eingabe vom 12. Oktober 1987 wandte sich der Beschwerdeführer gegen die Androhung einer Zwangsstrafe, weil nicht klargestellt worden sei, in welcher Weise er einem Bauverbot der Gemeinde nicht nachgekommen sein soll. Auf eine Anfrage der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg führte ein technischer Amtssachverständiger des NÖ Gebietsbauamtes I in seiner Stellungnahme vom 26. April 1988 aus, dass wegen der unpräzisen Angaben im Bescheid vom 7. Oktober 1987 eine Erhebung, ob untersagte Arbeiten vorgenommen würden, nicht möglich sei. Ausreichende Unterlagen (mit Fotos) hätten auch von der Gemeinde nicht zur Verfügung gestellt werden können. Am Tag der Besichtigung sei keine Bautätigkeit zu beobachten gewesen.

Mit Bescheid vom 3. Mai 1988 verhängte die Bezirkshauptmannschaft Korneuburg gegen den Beschwerdeführer eine Zwangsstrafe in der Höhe von S 2.000,--, wobei ihm vorgeworfen wurde, entgegen dem Bescheid vom 7. Oktober 1987 Arbeiten fortgesetzt zu haben.

In seiner dagegen erhobenen Berufung behauptete der Beschwerdeführer, dass er selbstverständlich entsprechend dem seinerzeitigen Bescheid sämtliche bewilligungspflichtigen Arbeiten eingestellt habe. Auch decke sich die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides mit seiner Verantwortung, da ihm lediglich vorgeworfen werde, Arbeiten vorgenommen zu haben, jedoch ohne jegliche Konkretisierung nach Art und Umfang. Er halte daher seine Verantwortung aufrecht, dass er keine bewilligungspflichtigen Arbeiten durchgeführt habe. Nach weiteren Ausführungen beantragte der Beschwerdeführer, die über ihn verhängte Zwangsstrafe in der Höhe von S 2.000,-- nicht zu vollziehen und den Bescheid ersatzlos aufzuheben.

In der Folge fand am 9. Mai 1988 eine Augenscheinsverhandlung statt, bei welcher verschiedene Feststellungen getroffen wurden.

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 8. August 1988 wies die NÖ Landesregierung die Berufung des Beschwerdeführers ab. Zur Begründung wurde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt, dass Grundlage des Vollstreckungsverfahrens der Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde H vom 7. Oktober 1987 sei. Durch ein Schreiben der Gutsverwaltung S. vom 28. April 1988 und das Ergebnis der besonderen Beschau vom 9. Mai 1988 sei die Behauptung des Beschwerdeführers widerlegt, dass entsprechend dem seinerzeitigen Bescheid sämtliche bewilligungspflichtigen Bauarbeiten eingestellt worden seien. Da die Vollstreckungsverfügung der Bezirkshauptmannschaft mit dem zu vollstreckenden Bescheid des Bürgermeisters übereinstimme, liege eine zulässige Vollstreckung vor.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss ein baupolizeilicher Auftrag, damit er überhaupt vollstreckt werden kann, ausreichend konkretisiert sein (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1985, Zl. 82/06/0096, BauSlg. Nr. 454, vom 1. Juli 1986, Zl. 86/05/0073, BauSlg. Nr. 725, u.a.). Dies gilt insbesondere auch für einen Bescheid, mit dem eine Baueinstellung verfügt wird (vgl. etwa das Erkenntnis vom 3. Juli 1986, Zl. 86/06/0040, BauSlg. Nr. 735). Im Beschwerdefall lässt nun der dem Vollstreckungsverfahren zugrundeliegende Bescheid vom 7. Oktober 1987 nicht erkennen, welche begonnenen Bauvorhaben Gegenstand der verfügten Baueinstellung sein sollten. Weder dem Spruch des Bescheides noch seiner Begründung kann eine nähere Konkretisierung, wie sie im baupolizeilichen Auftragsverfahren notwendig ist, entnommen werden. Das allein bedeutet aber schon, wie der Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend erkannt hat, dass sich ein auf diesem Bescheid aufbauendes Vollstreckungsverfahren als unzulässig erweist. Da auf Grund der Mangelhaftigkeit des Titelbescheides ein Vollstreckungsverfahren gar nicht hätte eingeleitet werden dürfen, hätte die belangte Behörde den Bescheid über die dennoch von der Vollstreckungsbehörde erster Instanz verhängte Zwangsstrafe wegen Unzulässigkeit der Vollstreckung gemäß § 10 Abs. 2 lit. a VVG 1950 aufheben müssen. Ganz klar ergibt sich dies aus dem in der Sachverhaltsdarstellung erwähnten Gutachten des technischen Amtssachverständigen vom 26. April 1988, der sich im Hinblick auf die Beschreibung der "eingestellten Bauarbeiten" als "Reihe von Bauarbeiten in verschiedenen Objekten" außerstande sah, festzustellen, ob untersagte Arbeiten nach der Baueinstellung vorgenommen worden seien.

Da die belangte Behörde nicht erkannte, dass das Vollstreckungsverfahren angesichts der aufgezeigten Mangelhaftigkeit des dem Verfahren zugrundeliegenden Titelbescheides unzulässig ist, war ihr Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG Abstand genommen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die S 47 ff. VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 21. Februar 1989

Schlagworte

Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1989:1988050207.X00

Im RIS seit

03.11.2006

Zuletzt aktualisiert am

28.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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