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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §8;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Seiler und die Hofräte Dr. Herberth, Dr. Knell, Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ing. J in M, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht, Kunst und Sport wegen Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich eines Feststellungsantrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Antrag des Beschwerdeführers auf "bescheidmäßige Feststellung, dass die Befolgung der mir am 15. Mai 1986 ausgehändigten schriftlichen Weisung vom 13. Mai 1986, Zl. I/Pers.- 1852/53-1986, wonach ich trotz Innehabung der Direktorstelle an der Meisterschule des österr. Malerhandwerkes X an derselben Schule bloß als Lehrer Dienst zu versehen habe, nicht zu meinen Dienstpflichten zählt", wird zurückgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Bundesministers für Unterricht und Kunst vom 27. Februar 1980 gemäß den §§ 3 und 5 BDG 1979 mit Wirksamkeit vom 1. April 1980 auf die Planstelle eines "Direktors (lebende Subvention) (Verwendungsgruppe L2a2)" an der Meisterschule des österreichischen Malerhandwerkes X im Planstellenbereich der technischen und gewerblichen Lehranstalten des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst ernannt.
Mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 20. September 1985 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 38 BDG 1979 mit sofortiger Wirksamkeit an die Höhere technische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt M versetzt. Diese Entscheidung wurde im wesentlichen damit begründet, dass der Gemeinnützige Verein der Förderer des Malerhandwerkes und seiner Bildungsstätten als Schulerhalter der obgenannten Privatschule mit Schreiben vom 19. Februar 1985 auf die weitere Verwendung des Beschwerdeführers verzichtet habe und dieser Verzicht (nach einer näher begründeten Auffassung der entscheidenden Behörde) ebenso wie die dadurch notwendig werdende Versetzung zulässig sei.
Diesen Bescheid hob die belangte Behörde über Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 8. April 1986 mit der Begründung auf, dass ihrer Auffassung nach eine Versetzung nicht ohne Zustimmung des Beschwerdeführers zulässig sei, der Beschwerdeführer aber die Zustimmung verweigert habe.
Daraufhin richtete der Landesschulrat für Niederösterreich am 13. Mai 1986 an den Beschwerdeführer folgendes, ihm am 15. Mai 1986 zugestelltes Schreiben:
"Der Gemeinnützige Verein der Förderer des Malerhandwerks und seiner Bildungsstätten als Schulerhalter der Fachschule für Malerei, Anstrich und verwandte handwerkliche Techniken und Meisterschule für Malerei in X hat dem Landesschulrat für NÖ die Verwendung von OStR Prof. Dipl. Ing. Dr. E als Leiter sowie die Verwendung von Dir. Ing. J als Lehrer an der oben bezeichneten Schule angezeigt.
Der Landesschulrat für NÖ hat diese Verwendungen mit Bescheid vom 13. Mai 1986, GZ I-16555/65-1986, nicht untersagt. Sie können daher Ihren Dienst an dieser Schule als Lehrer versehen."
Am 26. Mai 1986 stellte, der Beschwerdeführer im Hinblick auf dieses Schreiben einerseits den im Spruch genannten Antrag, andererseits begehrte er die Zustellung des in diesem Schreiben genannten Bescheides des Landesschulrates für Niederösterreich vom 13. Mai 1986.
Den zweitgenannten Antrag (auf den sich das vorliegende Beschwerdeverfahren nicht bezieht) wies die gemäß § 73 Abs. 2 AVG 1950 zuständig gewordene belangte Behörde mit Bescheid vom 15. Juni 1987 mangels Parteistellung des Beschwerdeführers zurück. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 9. Mai 1988, Zl. 87/12/0147, als unbegründet ab. Der Gerichtshof begründete die fehlende Parteistellung des Beschwerdeführers in dem aufsichtsbehördlichen Verfahren nach den §§ 22, 23 in Verbindung mit § 5 Abs. 6 des Privatschulgesetzes, in dem der im Schreiben des Landesschulrates für Niederösterreich bezogene Bescheid ergangen sei, damit, dass dem im Bescheid genannten Leiter oder Lehrer aus der Nichtuntersagung durch die Aufsichtsbehörde weder ein Recht gegen den Schulerhalter auf Verwendung noch die Pflicht, sich durch ihn verwenden zu lassen, erwachse und dass wegen des eingeschränkten Prüfungsgegenstandes durch diese Nichtuntersagung auch nicht in die Rechtsstellung einer Person eingegriffen werde, der gegen den Schulerhalter das Recht zustehe, als Leiter oder Lehrer (anstelle der Person, die der Schulerhalter gegenüber der Aufsichtsbehörde als Leiter oder Lehrer angezeigt habe) verwendet zu werden.
Mit der Begründung, dass der Landesschulrat für Niederösterreich hinsichtlich des im Spruch genannten Antrages "weder ohne unnötigen Aufschub noch spätestens innerhalb von sechs Monaten den Bescheid erlassen" habe, beantragte der Beschwerdeführer mit dem an die belangte Behörde gerichteten Schreiben vom 18. Dezember 1986 den Übergang der Entscheidungszuständigkeit an diese Behörde.
In der vorliegenden, am 8. März 1988 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, dass die belangte Behörde ihre Entscheidungspflicht verletzt habe.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Nichtentscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers damit begründete, dass die Gespräche über die weitere Verwendung des Beschwerdeführers bisher noch zu keinem Ergebnis geführt hätten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Nach § 27 VwGG kann die Beschwerde erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.
Im Beschluss eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass jede Partei des Verwaltungsverfahrens Anspruch auf die Erlassung eines Bescheides hat, wenn ein Antrag oder eine Berufung offen ist. Dieser Anspruch sei auch dann gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages oder der Berufung vorlägen. In diesem Falle habe sie den Anspruch auf Erlassung eines Bescheides betreffend die Zurückweisung ihres Antrages oder ihrer Berufung; auch im Streit um Parteistellung und Antragsbefugnis bestehe, insoweit diese zur Entscheidung stünden, Parteistellung und entsprechende Entscheidungspflicht.
Da die belangte Behörde nicht fristgerecht über den im Devolutionsantrag des Beschwerdeführers geltend gemachten, auf die Behauptung des Vorliegens einer Weisung gestützten Anspruch auf Erlassung des im Spruch genannten Feststellungsbescheides entschieden hat, dieses Versäumnis bislang nicht nachgeholt hat und auch die übrigen Prozessvoraussetzungen des § 27 VwGG vorliegen, ist die Säumnisbeschwerde zulässig.
Der im Spruch genannte Antrag ist aber deshalb unzulässig, weil - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers - die im Antrag umschriebene Weisung nicht erteilt wurde. Dass aus der Nichtuntersagung der vom Erhalter der Privatschule angezeigten Verwendung des Beschwerdeführers als Lehrer keine Pflicht des Beschwerdeführers erwuchs, sich in dieser Weise verwenden zu lassen, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem obzitierten Erkenntnis vom 9. Mai 1988, Zl. 87/12/0147, ausgesprochen.) Der im oben wiedergegebenen Schreiben des Landesschulrates für Niederösterreich vom 13. Mai 1986 enthaltene Satz "Sie können daher Ihren Dienst an dieser Schule als Lehrer versehen" kann aber ebenfalls nicht als die Statuierung einer Verpflichtung, sich in dieser Weise verwenden zu lassen, verstanden werden. Der insofern völlig eindeutige Wortlaut des zitierten Satzes entspricht im übrigen auch, wie die Aktenlage zeigt, der Intention des Landesschulrates für Niederöstereich. Denn der strittige Satz lautete im Original ursprünglich: "Sie haben daher Ihren Dienst an dieser Schule als Lehrer zu versehen", wurde aber dann handschriftlich durch Streichung der Worte "haben" und "zu" und durch Hinzufügen des Wortes "können" korrigiert.
Mangels Vorliegens der vom Beschwerdeführer behaupteten schriftlichen Weisung erweist sich aber nicht nur der im Spruch genannte Antrag als unzulässig, sondern kann auch offen bleiben, ob, wie der Beschwerdeführer in der Säumnisbeschwerde behauptet, sein Antrag vom 26. Mai 1986 auch auf die Feststellung abgezielt habe, "ob die Personalmaßnahme ohne Einhaltung des Formerfordernisses des § 38 Abs. 5 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - in Verbindung mit § 167 dieses Gesetzes - zulässig war", da eben eine solche "Personalmaßnahme" (im Sinne einer Weisung, sich als Lehrer an der obgenannten Privatschule verwenden zu lassen) nicht vorlag.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie § 55 Abs. 1 erster Satz VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Wien, am 16. Oktober 1989
Schlagworte
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH AllgemeinParteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger ZustellungOrganisationsrecht Diverses Weisung Aufsicht VwRallg5/4Anspruch auf Sachentscheidung AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1989:1988120054.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
15.11.2011