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66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;Norm
ARÜG 1961;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell und Dr. Puck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde der N, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. Februar 1989, Zl. MA 14-St 20/88, betreffend Begünstigung nach § 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG (mitbeteiligte Partei: Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten ), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit er den Zeitraum vom 1. September 1940 bis 31. März 1959 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Bescheid vom 9. Mai 1988 rechnete die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten für die am 2. Juni 1926 geborene und im Dezember 1938 ausgewanderte Beschwerdeführerin die Zeit vom 1. Juli 1940 bis 31. August 1940 gemäß § 502 Abs. 1 in Verbindung mit § 502 Abs. 6 ASVG in der Fassung der 41. Novelle beitragsfrei begünstigt an. Eine weiterreichende Begünstigung der Beschwerdeführerin vom 4. März 1933 bis 30. Juni 1940 und vom 1. September 1940 bis 31. März 1959 wurde abgelehnt.
Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch.
1.2. Mit Bescheid vom 21. Februar 1989 wies der Landeshauptmann von Wien diesen Einspruch als unbegründet ab und bestätigte den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt "auf Grund von § 502 ASVG". Die Beschwerdeführerin habe weder Beitrags- noch Ersatzzeiten gemäß § 226 bzw. §§ 228 oder 229 ASVG zurückgelegt. Die Zeit der Auswanderung bis 31. März 1959 könne auch deswegen nicht begünstigt angerechnet werden, da die Beschwerdeführerin am 12. März 1938 noch nicht älter als 14 Jahre gewesen sei und den Zeiten der Auswanderung Beitrags- oder Ersatzzeiten weder vorangingen noch nachfolgten.
1.3. Gegen diesen Bescheid wendet sich vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Unbestritten sei, daß die Beschwerdeführerin Beitragszeiten gemäß § 226 oder Ersatzzeiten gemäß §§ 228 und 229 ASVG nicht zurückgelegt habe, weshalb sie jene Begünstigungstatbestände des § 502 ASVG, die vom Vorliegen solcher Versicherungszeiten abhängig seien, nicht in Anspruch nehmen könne. Die Beschwerdeführerin erachte sich jedoch in ihrem Recht auf begünstigte Anrechnung ihrer Emigrationszeit gemäß § 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG in der Fassung der 44. Novelle, BGBl. Nr. 609/1987, als verletzt. Hätte der Gesetzgeber eine Beschränkung auf BESTIMMTE Beitrags- oder Ersatzzeiten (etwa gemäß §§ 226, 228 oder 229 ASVG) vornehmen wollen, so hätte er dies auch im letzten Satz des § 502 Abs. 1 ASVG zweifellos zum Ausdruck gebracht.
1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor. 2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:
2.1. § 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG in der Fassung der 44. Novelle, BGBl. Nr. 609/1987, lautet:
"Zeiten der Auswanderung gemäß Abs. 4 bis 31. März 1959 gelten ab Vollendung des 15. Lebensjahres der in Betracht kommenden Person als Ersatzzeiten, wenn ihnen eine Beitrags- oder Ersatzzeit vorangeht oder nachfolgt, und zwar in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die letzte vorangegangene Beitrags- oder Ersatzzeit vorliegt, bzw. beim Fehlen einer solchen in dem Zweig der Pensionsversicherung, in dem die erste nachfolgende Beitrags- oder Ersatzzeit vorliegt."
2.2. Die hier in Rede stehende Begünstigung von Auswanderungszeiten als ERSATZzeit setzt nicht wie § 502 Abs. 1 erster Satz oder § 502 Abs. 4 erster Satz ASVG den vorhergehenden Erwerb bzw. die vorhergehende Zurücklegung von "Beitragszeiten gemäß § 226, Ersatzzeiten gemäß §§ 228 oder 229 oder Zeiten nach dem Auslandsrenten-Übernahmegesetz, BGBl. Nr. 290/1961," voraus. Insbesondere der Umstand, daß der Begünstigungstatbestand nach § 502 Abs. 1 letzter Satz ASVG in der Fassung der 44. Novelle auch erfüllt ist, wenn der Auswanderungszeit bis 31. März 1959 eine "Beitrags- oder Ersatzzeit" NACHFOLGT, schließt es aus, diesen Begriff auf die Fälle des § 502 Abs. 1 erster Satz ASVG einzuschränken, da die dort genannten Beitrags- oder Ersatzzeiten (nach den §§ 226, 228, 229 ASVG) solche sind, die vor dem 1. Jänner 1956 liegen. Auf diese sowie die weiteren systematischen, teleologischen und historischen Auslegungsgesichtspunkte, die im hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1989, Zl. 88/08/0307, ausführlich dargestellt sind, wird unter Heranziehung des § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen.
Aus diesen Erwägungen folgt, daß die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid wie im Spruch mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet hat.
Der angefochtene Bescheid war infolgedessen spruchgemäß nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
2.3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit Art. I und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst BGBl. Nr. 206/1989.
2.4. Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989080113.X00Im RIS seit
16.01.1990Zuletzt aktualisiert am
02.06.2009