Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
N gegen Steiermärkische Landesregierung vom 25. Jänner 1989, Zl. 11-75 Ste 30-1988, betreffend Übertretungen der StVO
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 13. Dezember 1986 um 7.45 Uhr ereignete sich in Graz, B-gasse, vor dem Haus Nr. 30 ein Verkehrsunfall dergestalt, daß der Pkw mit dem Kennzeichen XY, in welchem sich außer dem Lenker drei weitere Personen befanden, auf dem linken Fahrstreifen in östliche Richtung fahrend mit der linken Fahrzeugseite gegen die hintere Stoßstange eines vorschriftsmäßig schräg parkenden Pkws stieß. Der Lenker des genannten Pkws setzte sein Fahrt, ohne anzuhalten, fort und parkte vor dem Haus B-gasse Nr. 28. Sodann entfernte er sich mit seinen Begleitern. A, welcher den Unfall beobachtet hatte, verständigte die Polizei sowie den Zulassungsbesitzer des zweitbeteiligten Pkws. Während A an der Unfallstelle von den hinzugekommenen Polizeibeamten befragt wurde, näherten sich nach 8.05 Uhr der Halter des unfallsverursachenden Fahrzeuges, H, sowie die Mitfahrerin E H wurde von A als Lenker des Fahrzeuges identifiziert. Als sich die beiden genannten Personen beim Anblick der Polizeibeamten von der Unfallstelle wieder entfernen wollten, wurden sie vom Meldungsleger eingeholt, demgegenüber H zwar zugab, das Fahrzeug gelenkt zu haben, jedoch ankündigte, diese Aussage vor der Behörde widerrufen zu wollen. Am 14. Dezember 1986 kam der Beschwerdeführer zur Bundespolizeidirektion Graz und erklärte, er habe zum Unfallszeitpunkt das Fahrzeug auf Wunsch des Fahrzeughalters H, da dieser alkoholisiert und deshalb nur Mitfahrer gewesen sei, gelenkt. Er bestätigte diese Erklärung in seiner Zeugenaussage vom 23. Dezember 1986. Ebenso wurde dies von der Mitfahrerin E am selben Tag zeugenschaftlich bestätigt. Das zunächst gegen H geführte Strafverfahren wurde deshalb am 3. Februar 1987 eingestellt.
Mit Straferkenntnis vom 20. Februar 1987 wurde der Beschwerdeführer von der Bundespolizeidirektion Graz schuldig erkannt, am 13. Dezember 1986 um 7.45 Uhr in Graz 6, B-gasse, vor dem Haus Nr. 30, als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws 1) es unterlassen zu haben, beim Vorbeifahren einen der Verkehrssicherheit und Fahrgeschwindigkeit entsprechenden seitlichen Abstand von einem ebenfalls dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw, an dem vorbeigefahren worden sei, einzuhalten, wodurch es zum gegenständlichen Verkehrsunfall gekommen sei, 2) es unterlassen zu haben, das Fahrzeug sofort anzuhalten, obwohl sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall gestanden sei, und 3) es unterlassen zu haben, obwohl sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, ohne unnötigen Aufschub die nächste Sicherheitsdienststelle zu verständigen. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach 1) § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 StVO, 2) § 4 Abs. 1 lit. a StVO und
3) § 4 Abs. 5 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß 1) § 99 Abs. 3 lit. a StVO, 2) § 99 Abs. 2 lit. a StVO und 3) § 99 Abs. 3 lit. b StVO 1960 Geldstrafen in der Höhe von
1) S 1.000,-- (36 Stunden Ersatzarrest), 2) S 2.000,-- (72 Stunden Ersatzarrest) und 3) S 3.000,-- (108 Stunden Ersatzarreststrafe) verhängt wurden.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er vorbrachte, es sei nicht richtig, daß er einen zu geringen Seitenabstand vom zweitbeteiligten Pkw eingehalten habe und infolgedessen gegen diesen Pkw geprallt sei. Zur Kollision sei es einzig und allein auf Grund eines technischen Gebrechens, welches urplötzlich und unvorhersehbar bei dem von ihm gelenkten Pkw aufgetreten sei, gekommen, welcher Umstand von sämtlichen Fahrzeuginsassen bestätigt werden könne. Zum Beweis bot der Beschwerdeführer vor allem ein vorzulegendes Schadensgutachten betreffend den von ihm gelenkten Pkw an. Hinsichtlich Punkt 2) des Straferkenntnisses brachte der Beschwerdeführer vor, er habe selbstverständlich unmittelbar hinter dem beschädigten Pkw den von ihm gelenkten Pkw zunächst angehalten und sodann, nachdem er in der Nähe des Unfallsortes eine freie Parklücke erblickt habe, den Pkw in dieser Parklücke abgestellt, um den fließenden Verkehr nicht zu behindern. Zur Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO 1960 brachte der Beschwerdeführer vor, er habe dringend nach Wien-Schwechat reisen müssen, weshalb sich der Fahrzeughalter H erbötig gemacht habe, unverzüglich und ohne weiteren Aufschub den gegenständlichen Verkehrsunfall der nächsten Sicherheitsdienststelle zu melden und dies auch die mitgefahrene Zeugin E gehört habe, weshalb er darauf vertrauen habe können, daß diese beiden Zeugen den gegenständlichen Verkehrsunfall unverzüglich zur Anzeige bringen würden. Der Beschwerdeführer bekämpfte weiters die Strafzumessung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25. Jänner 1989 wies die Steiermärkische Landesregierung die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 ab. Hinsichtlich der Übertretung des § 17 Abs. 1 StVO 1960 berief sich die Berufungsbehörde im wesentlichen auf die Zeugenaussage des A, welcher angegeben habe, daß der Pkw eine erhebliche Geschwindigkeit eingehalten habe und nachdem er vom Lenker "mit quietschenden Rädern" abgebremst worden sei, gegen den am linken Fahrbahnrand abgestellten Pkw gestoßen sei. Die erst im späteren Verlauf des Verfahrens vom Beschwerdeführer aufgestellte Behauptung, es sei auf Grund eines technischen Gebrechens zum Unfall gekommen, stelle eine reine Schutzbehauptung dar. Der Beschwerdeführer habe es unterlassen, einen der Verkehrssicherheit und der Fahrgeschwindigkeit entsprechenden seitlichen Abstand vom anderen Pkw einzuhalten. Zum Einwand, der Beschwerdeführer habe zunächst angehalten und danach seinen Pkw in der Nähe des Unfallsortes abgestellt, wurde ausgeführt, daß der Unfallsbeteiligte verpflichtet sei, sofort am Unfallsort anzuhalten. Da der Beschwerdeführer nicht unmittelbar am Unfallsort, sondern erst in einiger Entfernung davon sein Fahrzeug abgestellt habe, sei er zu Recht einer Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 schuldig erkannt worden. Zur Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO 1960 erklärte die Behörde, der Beschwerdeführer hätte sich nicht darauf verlassen dürfen, daß die Sicherheitsorgane von dritter Stelle verständigt würden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Übertretung des § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 StVO 1960:
Der Beschwerdeführer rügt, es seien die Zeugen A und E nie im Verfahren gegen seine Person vernommen worden, was auch deshalb von Bedeutung sei, da die Zeugin E als seine Verwandte von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machen hätte können. Darüberhinaus habe er gehörig unter Beweis gestellt, daß er mit dem Fahrzeug nur durch vorzeitiges Blockieren der linken Räder wegen eines Bremsdefektes kurvenbedingt tangential nach außen abgetragen worden und es deshalb zur Kollision gekommen sei.
Was die Zeugeneinvernahme anlangt, ist dem Beschwerdeführer zu entgegnen, daß beide Zeugen im Verfahren, welches zunächst gegen den Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Pkws geführt wurde, einvernommen wurden, und zwar insbesondere zur Frage, wer das Fahrzeug gelenkt hat. Auf Grund der Aussage, welche der Beschwerdeführer selbst in diesem Verfahren als Zeuge tätigte und welche inhaltlich mit der Aussage der Zeugin E übereinstimmt, wurde das Verfahren wegen des Vorfalls entgegen der Aussage des Zeugen A gegen den Beschwerdeführer als Lenker des gegenständlichen Pkws weitergeführt. Der Beschwerdeführer stellt auch nicht in Abrede, das Fahrzeug zum Unfallszeitpunkt gelenkt zu haben. Es ist daher nicht ersichtlich, warum die genannten Zeugen hiezu in einem Verfahren gegen den Beschwerdeführer neuerlich einvernommen hätten werden sollen und inwiefern sich eine eventuelle Entschlagung der Zeugenaussage durch E zugunsten des Beschwerdeführers hätte auswirken können.
Was die Unfallsursache betrifft, hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren lediglich behauptet, es sei ein technisches Gebrechen vorgelegen, und zum Beweis dafür ein "vorzulegendes Schadensgutachten" angeboten. Da er somit - im Gegensatz zur Beschwerde - den angeblichen technischen Mangel seines Fahrzeuges nicht näher konkretisierte und auch das erwähnte "Schadensgutachten" nicht vorlegte, es daher an der nötigen Mitwirkung mangeln ließ, kann der belangten Behörde kein Vorwurf gemacht werden, daß sie sich im Hinblick auf dieses Vorbringen und die weitere Aktenlage nicht zu weiteren Ermittlungen veranlaßt sah. Schließlich hat der Beschwerdeführer, als er am 14. Dezember 1986 bei der Bundespolizeidirektion Graz vorsprach und eingestand, der Lenker des Pkws gewesen zu sein, trotz ausführlicher Darlegungen über den Unfallshergang keine Erwähnung von einem plötzlich aufgetretenen Gebrechen am Fahrzeug gemacht und auch als Zeuge in dem zunächst gegen den Zulassungsbesitzer geführten Strafverfahren am 23. Dezember 1986 nichts in dieser Hinsicht vorgebracht. Erstmals in der rund ein Jahr später erhobenen Berufung behauptete er ein plötzlich aufgetretenes Gebrechen, ohne dies aber zu konkretisieren. Selbst mit der Beschwerde hat er das in der Berufung genannte Gutachten nicht vorgelegt. Der Meinung der belangten Behörde, das Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers stelle eine Schutzbehauptung dar, kann daher nicht wirksam entgegengetreten werden. In bezug auf die Einhaltung des erforderlichen Sicherheitsabstandes erübrigten sich die vom Beschwerdeführer beantragten Zeugeneinvernahmen schon deshalb, weil die Tatsache, daß das von ihm gelenkte Fahrzeug mit einem am Fahrbahnrand abgestellten Fahrzeug kollidierte, eindeutig darauf schließen läßt, daß der nötige Sicherheitsabstand zu diesem Zeitpunkt nicht eingehalten wurde (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1987, Zl. 87/02/0004). Da § 17 Abs. 1 StVO 1960, welcher das "Vorbeifahren" regelt, im Hinblick auf den dabei einzuhaltenden Sicherheitsabstand auf die Vorschriften zum "Überholen" (§ 15 StVO 1960) verweist, war auch die Mitzitierung des § 15 Abs. 4 StVO 1960 korrekt. Darin liegt - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - kein Vorwurf, mit dem Pkw ein anderes Fahrzeug überholt zu haben.
Für die Verwirklichung des Tatbestandes des § 17 Abs. 1 StVO 1960 ist es ohne Bedeutung, wieweit an dem abgestellten Fahrzeug schon vorbeigefahren wurde, ehe es infolge zu geringen Seitenabstandes zur Kollision kam. Es liegt daher auch diesbezüglich kein Mangel der Tatumschreibung im Sinne des § 44a lit. a VStG 1950 vor.
Zur Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960:
Der Beschwerdeführer meint eine Übertretung nach der genannten Bestimmung deshalb nicht begangen zu haben, weil er das Fahrzeug nach "Wiederanfahren aus der Unfallsendlage" lediglich zum nächsten freien Parkplatz gefahren habe, um es dort "beiseite zu stellen". Mit diesen Ausführungen übersieht der Beschwerdeführer, daß das Gebot des § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 ein sofortiges Anhalten unmittelbar an der Unfallstelle verlangt, um die entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen im Sinne des § 4 Abs. 1 lit. c StVO 1960, insbesondere die Sicherung der Spuren, zu ermöglichen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1988, Zl. 87/18/0131). Es bedarf keiner näheren Erläuterung, daß der Beschwerdeführer diesem Erfordernis durch sein Verhalten nicht gerecht wurde. Daß das in der Nähe geparkte Fahrzeug dennoch vom einschreitenden Polizeibeamten anhand des Kennzeichens identifiziert werden konnte, vermag an der Rechtswidrigkeit des Handelns des Beschwerdeführers nichts zu ändern. Die Bestrafung wegen der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 erfolgte daher zu Recht.
Zur Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO 1960:
Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang die Ansicht, seiner Verpflichtung zur Meldung des Verkehrsunfalles durch die Beauftragung verläßlicher Boten ausreichend nachgekommen zu sein, zumal er die Meldung infolge Zeitdruckes nicht persönlich habe vornehmen können. Daß die Boten auf Grund der plötzlich gegen sie geführten Amtshandlung eingeschüchtert worden seien und keine Meldung durch sie erfolgt sei, könne nicht ihm zur Last fallen.
Dem ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshof entgegenzuhalten, wonach der Meldepflichtige, wenn er sich auch eines tauglichen Boten bedienen kann, dadurch nicht davon befreit wird, seiner Meldepflicht ohne unnötigen Aufschub nachzukommen. Das Risiko, daß vom Boten dieser Beauftragung nicht nachgekommen wird, übernimmt grundsätzlich die meldepflichtige Person, im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. November 1978, Zl. 1345/78, sowie die darin zitierte Vorjudikatur). Dabei kommt es auf die Ursache des Unterbleibens der Meldung durch den Boten nicht an. Die Tatsache, daß der zum Boten bestellte Fahrzeughalter H vom Zeugen A als Lenker identifiziert und der Meldungsleger deshalb die Amtshandlung gegen ihn vornahm, vermag den Beschwerdeführer darüberhinaus schon deshalb nicht zu entlasten, weil H zu diesem Zeitpunkt selbst angab, der Lenker des Fahrzeuges gewesen zu sein.
Da es dem Beschwerdeführer sohin nicht gelungen ist, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
Schlagworte
Ablehnung eines Beweismittels Beweismittel Zeugenbeweis Meldepflicht Mitwirkung und Feststellung des Sachverhaltes Spruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Tatvorwurf Beschreibung des in der BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989030076.X00Im RIS seit
12.06.2001