Index
L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;Norm
B-VG Art140 Abs7;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1990, 364;Betreff
N gegen Wiener Landesregierung vom 16. November 1988, Zl. MDR-P 84/88/Str, betreffend Verwaltungsübertretung nach dem Wiener Vergnügungssteuergesetz
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 22. September 1988 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 35 Abs. 1 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 iVm § 9 Abs. 1 VStG 1950 schuldig erkannt und über ihn nach der erstgenannten Gesetzesstelle eine Geldstrafe von S 11.500,-- (Ersatzarreststrafe: 12 Tage) verhängt, weil er es als Geschäftsführer der E-GmbH, vormals S-GmbH, bis zum 10. September 1987 unterlassen habe, die Vergnügungssteuer für die Zeit vom 1. Juni 1987 bis 15. Juli 1987 für den Betrieb in Wien , im Betrag von S 12.672,-- (Konsumationssteuer) und am 31. Dezember 1986 für denselben Betrieb, im Betrag von S 1.771,-- (Silvesterkarten) einzubekennen und zu entrichten. Er habe dadurch die Vergnügungssteuer in der Zeit vom 11. August 1987 bis 10. September 1987 mit dem Betrag von S 14.443,-- fahrlässig verkürzt und dadurch eine Verwaltungsübertretung begangen.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge. In der Begründung dieses Bescheides führte sie zur Strafbemessung aus, im Hinblick darauf, daß § 35 Abs. 1 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 für Handlungen oder Unterlassungen, wodurch die Steuer hinterzogen oder fahrlässig verkürzt werde, Strafen bis zum Dreißigfachen des Verkürzungsbetrages vorsehe, erscheine die unter dem verkürzten Steuerbetrag verhängte Strafe nich hoch und berücksichtige die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers als mildernden Umstand. Die angeführte Strafe nehme auch auf die Vermögenslosigkeit und auf das auch bei fehlender Sorgepflicht sehr bescheidene Einkommen des Beschwerdeführers Rücksicht. Immerhin sei das Interesse, dem die Strafdrohung diene (die ordnungsgemäße und fristgerechte Steuergebarung), erheblich gefährdet worden, sei doch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erst durch die Tätigkeit der Behörde beendet worden. Ebenso liege kein nur geringfügiges Verschulden des Beschwerdeführers vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Nach seinem gesamten Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht einer Verletzung des § 35 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 in der auf den Beschwerdefall anzuwendenden Fassung schuldig erkannt und deswegen bestraft zu werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Mit Beschluß vom 8. März 1989, Zl. A 14/89, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, festzustellen, daß § 35 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963, LGBl. Nr. 11, idF der Vergnügungssteuergesetznovelle 1976, LGBl. Nr. 37, und der Vergnügungsteuergesetznovelle 1981, LGBl. Nr. 16, verfassungswidrig war.
Mit Erkenntnis vom 27. September 1989, G 67/89-9 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof u.a. aus Anlaß des vorliegenden Falles ausgesprochen, daß die eben zitierte Gesetzesstelle verfassungswidrig war.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hat der Verfassungsgerichtshof wie im vorliegenden Fall ausgesprochen, daß eine Gesetzesstelle verfassungswidrig war, so ist diese Gesetzesstelle gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht, was mit dem besagten Erkenntnis vom 27. September 1989 aber nicht geschehen ist, auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände MIT AUSNAHME DES ANLASSFALLES weiterhin anzuwenden.
Da auch der Beschwerdefall Anlaßfall für das in Rede stehende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes war, ist die als verfassungswidrig erkannte Gesetzesstelle somit im vorliegenden Fall nicht mehr anzuwenden. Infolgedessen entbehrt aber der angefochtene Bescheid, mit dem der Beschwerdeführer einer Verletzung des § 35 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 1963 in der zitierten Fassung schuldig erkannt und deswegen bestraft worden war, einer gesetzlichen Grundlage.
Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Kostenersatz für Stempelgebühren war nur hinsichtlich der zur Beschwerdeführung notwendigen Urkunden zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988170244.X00Im RIS seit
19.01.1990