Index
L34006 Abgabenordnung Steiermark;Norm
Getränke- und SpeiseeisabgabeO Leoben;Betreff
N gegen die Steiermärkische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Getränke- und Speiseeisabgabenangelegenheit
Spruch
Der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 betreffend Festsetzung von Getränke- und Speiseeisabgabe für den Zeitraum vom 1. Jänner 1982 bis 31. Dezember 1984 wird Folge gegeben, der mit Vorstellung bekämpfte Bescheid gemäß § 94 Abs. 5 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115 idgF, aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Leoben verwiesen. Das Bundesland Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.410,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem für den Bürgermeister gefertigten Bescheid des Stadtamtes Leoben-Stadtsteueramt vom 11. September 1986 wurde gegenüber der Beschwerdeführerin für die von ihr in der Zeit vom 1. Jänner 1982 bis 31. Dezember 1984 in ihren Betriebsstätten in der Stadtgemeinde Leoben entgeltlich an Letztverbraucher abgegebenen Getränke und für das von ihr abgegebene Speiseeis
"gemäß den Bestimmungen der Getränke- und Speiseeisabgabeordnung der Stadtgemeinde Leoben vom 22.12.1970, in der Fassung der Gemeinderatsbeschlüsse vom 14.3.1974, vom 17.7.1978 und vom 4.11.1981, in Verbindung mit § 153 Abs. 2 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 158/1963, i. d.g.F., ... eine Getränke- und Speiseeisabgabe" von insgesamt S 6,797.549,-- festgesetzt.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung bekämpfte die Beschwerdeführerin die Einbeziehung der Entgelte für Verpackungswerte in die Bemessungsgrundlagen der festgesetzten Abgaben.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin "gemäß den Bestimmungen des § 213 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 158/1963, i.d.g.F., als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Abgabenbescheid vollinhaltlich bestätigt". Dies nach Darstellung des Sachverhaltes mit folgender, im Wortlaut wiedergegebener Begründung:
"Zu den Einwänden der Berufungswerberin wird festgehalten, daß für die Bemessung, wie aus der Zitierung im bekämpften Bescheid hervorgeht, die Definition des Begriffes 'Entgelt' maßgeblich ist. Danach gehört zum Entgelt alles, was aufgewendet werden muß, damit der Verbraucher das Getränk oder Speiseeis erhält, somit ist auch der Wert der üblicherweise mitverkauften Warenumschließungen (Gefäße, Löffel, Trinkhalme u. dgl.), soweit dafür nicht Pfandrückvergütungen geleistet werden, ebenfalls eingeschlossen.
Die Getränke- und Speiseeisabgabeordnung der Stadtgemeinde Leoben normiert hiezu ausdrücklich, welche Preisbestandteile zur Feststellung des für die Abgabenbemessung maßgeblichen Entgeltes abzuziehen sind. Nicht zum Entgelt und damit nicht zur Bemessungsgrundlage gehören lediglich die Umsatzsteuer, die Alkoholabgabe, das Bedienungsgeld und die Getränke- und Speiseeisabgabe selbst. Eine grammatikalische Interpretation des im Getränkeabgaberecht verankerten Entgeltbegriffes läßt somit keinen Schluß dahingehend zu, daß der Wert der Warenumschließungen bzw. des Verpackungsmaterials oder sonstige Bezugskosten von der Bemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden können.
Für diese Rechtsauffassung spricht auch, daß die im Umsatzsteuerrecht enthaltene Gesetzesdefinition des Entgeltbegriffes auch für den Bereich des Getränkeabgaberechts anwendbar ist, weil sowohl im Umsatz- als auch im Getränkeabgaberecht der Entgeltleistung ein Leistungsaustausch vorangeht. Gemäß § 4 Abs. 1 des UStG 1972 ist Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung aufzuwenden hat, um diese zu erhalten. Demnach haben die Letztverbraucher eines Getränkes oder Speiseeises schon allein aus diesem Grunde nicht nur primär ein Entgelt für das Getränk bzw. Speiseeis im engeren Sinne, sondern auch ein solches für Warenumschließungen zu entrichten. Das führt nach der herrschenden Lehre zur Rechtsauffassung, daß die Lieferung der Ware und die Überlassung der Warenumschließungen in der Regel wirtschaftlich eine einheitliche Leistung bilden.
Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist somit vom Letztverbraucherpreis auszugehen. Dieser setzt sich aus verschiedenen Kostenfaktoren (Personal- und Materialkosten, fiskalische Kosten usw.) zusammen. Im besonderen verlangt eine flüssige Ware zwingend eine Warenumschließung in Form von Behältnissen, einerseits aus der Natur der Sache und andererseits aus Gründen der Lager- und Transportfähigkeit.
Wie bei der Berechnung des Letztverbraucherpreises vorzugehen ist, ist durch die oben dargestellte taxative Aufzählung der Preisbestandteile, die nach den Bestimmungen der Abgabenordnung zulässigerweise abgezogen werden dürfen, zwingend vorgezeichnet. Wie daher im erstinstanzlichen Bescheid richtig erkannt worden ist, sind im Letztverbraucherpreis nicht nur die Kosten für die eigentliche Ware beinhaltet, sondern auch die Behältniskosten. Entsprechend diesem Letztverbraucherpreis wurde die Bemessungsgrundlage errechnet und so der Nachzahlungsbetrag festgestellt. Im Hinblick auf die angeführte
Rechtsausführung erscheint die Nachforderung um den Wert der Verpackungsanteile daher gerechtfertigt.
Der in der Berufung enthaltene Hinweis auf das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 17.1.1969, Zl. 1054/68, kann die Argumentation der Berufungswerberin nicht bekräftigen, da dieses Erkenntnis nicht vergleichbar mit dem Anlaßfall ist, da es sich bei der Automatenabgabe um eine andere Form (offene Abgabe der Flüssigkeit) der Getränkeabgabe handelt.
Aus den vorangeführten sach- und rechtlichen Erwägungen war daher wie im Spruch zu entscheiden."
Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Vorstellung langte nach der Aktenlage am 1. Juni 1988 beim Stadtamt Leoben ein.
Die Beschwerdeführerin beantragte darin, den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an diese Stadtgemeinde zu verweisen.
Mit der vorliegenden, am 5. Juli 1989 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geltend. Die Beschwerdeführerin beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge der Säumnisbeschwerde Folge geben und über die Vorstellung selbst dahingehend entscheiden, daß der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 aufgehoben, die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat dieser Stadtgemeinde zurückverwiesen und der belangten Behörde Kostenersatz auferlegt wird.
Mit Verfügung vom 20. Juli 1989 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren über die Beschwerde ein. Die hiebei gesetzte Frist von drei Monaten zur Nachholung des versäumten Bescheides ist ungenützt verstrichen. Die belangte Behörde teilte nach Erinnerung unter Vorlage der Verwaltungsakten mit, daß ein "klaglos stellender Vorstellungsbescheid" nicht ergangen sei.
Bei dem geschilderten Sachverhalt ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen. Der Gerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat in der Sache erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinen Erkenntnissen vom 27. März 1987, Zlen. 83/17/0056, 83/17/0131, ausgesprochen, die Regelung des § 2 Abs. 1 Stmk. Getränkeabgabegesetz biete keinen Anlaß, die (grundsätzlich im § 1 leg. cit. erfolgte) gesetzliche Umschreibung des Steuergegenstandes so zu verstehen, daß darunter nicht nur das Getränk selbst (aus Anlaß seiner Abgabe an den Letztverbraucher) zu verstehen wäre, sondern das Getränk mit der allenfalls vorhandenen "Warenumschließung" (Verpackung, Gebinde) den (einheitlichen) Steuergegenstand bildete.
Ausgehend von dieser Rechtsprechung, von der abzugehen im vorliegenden Beschwerdefall kein Anlaß besteht, erweist sich der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 insofern als rechtswidrig, als damit Entgeltanteile für Verpackungswerte in die Bemessungsgrundlage der Getränke- und Speiseeissteuer einbezogen wurden.
Da durch den mit Vorstellung der Beschwerdeführerin bekämpften Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 sohin Rechte der Beschwerdeführerin verletzt wurden, war dieser Bescheid gemäß § 94 Abs. 5 Stkm. Gemeindeordnung 1967 aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Leoben zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Stempelgebührenersatz war nur für die zur Beschwerdeführung notwendigen Unterlagen zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989170125.X00Im RIS seit
20.11.2001