TE Vwgh Erkenntnis 1990/1/19 88/17/0134

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Veröffentlicht am 19.01.1990
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Index

L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art140 Abs7;
VergnügungssteuerG Wr 1963 §35 Abs1 idF 1981/016;

Betreff

N gegen Wiener Landesregierung vom 29. April 1988, Zl. MDR-D 26/87/Str, betreffend Verwaltungsübertretung nach dem Wiener Vergnügungssteuergesetz

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.470,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 8. Oktober 1987 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 35 Abs. 1 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 schuldig erkannt und über ihn nach dieser Gesetzesstelle eine Geldstrafe von

S 552.000,-- (Ersatzarreststrafe: 70 Tage) verhängt, weil er für 23 in seinem Betrieb in Wien, gehaltene Unterhaltungsspielapparate für den Monat Juli 1986 Vergnügungssteuer unter Verletzung der Anmeldepflicht nicht rechtzeitig entrichtet und dadurch diese Steuer in der Zeit vom

22. bis 23. Juli 1986 mit dem Betrag von S 276.000,-- verkürzt habe.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge; dies mit der Maßgabe, daß im ersten Satz des Straferkenntnisses vom 8. Oktober 1987 nach dem Wort "verkürzt" der Klammerausdruck "(hinterzogen)" eingefügt wurde. Gleichzeitig wurde die über den Beschwerdeführer verhängte Geldstrafe gemäß § 51 Abs. 4 des Verwaltungsstrafgesetzes 1950 auf S 276.000,-- (Ersatzarreststrafe: 35 Tage) herabgesetzt. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde zur Strafbemessung aus, die Strafe sei im Hinblick auf die als mildernder Umstand zu wertende bisherige Unbescholtenheit des Beschwerdeführers herabgesetzt worden. Soweit der Beschwerdeführer behaupte, über kein Vermögen zu verfügen, sei diese Angabe unglaubhaft, weil er gleichzeitig "Lebensunterhalt durch Ersparnisse" angegeben habe und jedenfalls über ein Betriebsvermögen verfüge. Selbst wenn seine Angabe richtig sei, daß sein Betrieb derzeit nur Verluste bringe und er für seine Ehegattin und zwei Kinder sorgepflichtig sei, könne die herabgesetzte Strafe nicht als überhöht angesehen werden. Immerhin liege eine Abgabenhinterziehung vor und sei die "nachträgliche Anmeldung" nur durch die Kenntnis des Beschwerdeführers über die Tätigkeit von Organen der Abgabenbehörde bewirkt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Nach seinem gesamten Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht einer Verletzung des § 35 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes schuldig erkannt und deswegen bestraft zu werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Mit Beschluß vom 8. März 1989, Zl. A 6/89, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, festzustellen, daß § 35 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963, LGBl. Nr. 11, idF der Vergnügungssteuergesetznovelle 1976, LGBl. Nr. 37, und der Vergnügungsteuergesetznovelle 1981, LGBl. Nr. 16, verfassungswidrig war.

Mit Erkenntnis vom 27. September 1989, G 23/89-10 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof u.a. aus Anlaß des vorliegenden Falles ausgesprochen, daß die eben zitierte Gesetzesstelle verfassungswidrig war.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Hat der Verfassungsgerichtshof wie im vorliegenden Fall ausgesprochen, daß eine Gesetzesstelle verfassungswidrig war, so ist diese Gesetzesstelle gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht, was mit dem besagten Erkenntnis vom 27. September 1989 aber nicht geschehen ist, auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände MIT AUSNAHME DES ANLASSFALLES weiterhin anzuwenden.

Da auch der Beschwerdefall Anlaßfall für das in Rede stehende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes war, ist die als verfassungswidrig erkannte Gesetzesstelle somit im vorliegenden Fall nicht mehr anzuwenden. Infolgedessen entbehrt aber der angefochtene Bescheid, mit dem der Beschwerdeführer einer Verletzung des § 35 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 1963 in der zitierten Fassung schuldig erkannt und deswegen bestraft worden war, einer gesetzlichen Grundlage.

Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Umsatzsteuer ist in den pauschalierten Sätzen dieser Verordnung bereits berücksichtigt.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988170134.X00

Im RIS seit

19.01.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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