TE Vfgh Beschluss 1987/6/15 B242/87

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Veröffentlicht am 15.06.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
18. Ergänzung zum LandesbeamtenG. LGBl für Oö 70/1973 ArtI Abs1 litc
Dienstpragmatik §67 Abs8

Leitsatz

Anordnung einer Verwendungsänderung - hier weder Bescheid noch Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, sondern bloß schriftlicher Dienstbefehl; mangelnde Anfechtbarkeit einer Weisung vor dem VfGH und dem VwGH; Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber, ob die verfügte Maßnahme ohne Einhaltung der Formerfordernisse des §67 Abs8 der (als landesgesetzliche Vorschrift in OÖ in Geltung stehenden) Dienstpragmatik zulässig war, steht offen

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag, die Beschwerde an den VwGH abzutreten, wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Der Bf. steht als Hofrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Oberösterreich, seine Dienststelle ist die Agrarbezirksbehörde Linz. In seiner Funktion als Leiter des Aufgabenbereiches Baudienst oblag ihm gemäß dem Organisationsplan der Agrarbezirksbehörde Linz vom 14. 1. 1985, AL-1152/82-1984, die Organisation, Anordnung und Überwachung der dieser Abteilung zugewiesenen Agenden (Wegebau, wasserbauliche Maßnahmen, Geländekorrektur, landschaftsgestaltende Maßnahmen, landwirtschaftlicher Hochbau, usw.).

2. Mit Bescheid der Disziplinarkommission für Landesbeamte beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung vom 25. 11. 1986, Z Pers.R-15/19-1986/Bum, wurde eine bereits zuvor über den Bf. verhängte vorläufige Suspendierung bestätigt und dessen Dienstbezüge für die Dauer der Suspendierung auf 90 v.H. herabgesetzt.

Anlaß dieser Maßnahme war ein Raufhandel am 3. 11. 1986, in den der Bf. verwickelt war und in dessen Folge gegen ihn Strafanzeige erstattet worden war.

3. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde gab die Disziplinaroberkommission beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung mit Bescheid vom 2. 2. 1987, PersR-15/4-1987/Bum, statt und hob die Suspendierung mit sofortiger Wirkung sowie die Bezugskürzung rückwirkend ab dem Zeitpunkt ihrer Verhängung auf.

4. Der Bf. erhielt in der Folge am 6. 2. 1987 ein Schreiben der Agrarbezirksbehörde Linz vom 3. 2. 1987 welches vom unmittelbaren Dienstvorgesetzten des Bf., dem Leiter der agrartechnischen Abteilung unterfertigt war und folgenden Wortlaut aufwies:

"Im Hinblick auf das Schreiben des Landesamtsdirektors vom 2. Februar 1987, PräsI-421243/6-1987, werden Sie angewiesen, zur notwendigen Abänderung bzw. Ergänzung des Planes der gemeinsamen Maßnahmen und Anlagen der Zusammenlegung Gallham eine Gegenüberstellung der mit den Bescheiden vom 27.1.1978, 3645/429, vom 11.10.1979, 3645 (657, vom 15.10.1980, 3645/878, vom 25.11.1982, 3645/1319, angeordneten Wege und der tatsächlich ausgebauten Wege im Bezug auf die für die neuerliche Bescheiderlassung notwendigen technischen Daten (Länge, Breite, Kosten und dgl.) unter Zugrundelegung der seit Erlassung der oben angeführten Bescheide vom Operationsleiter abgefaßten Niederschriften betreffend den Wegebau in der Zusammenlegung Gallham bis spätestens 17.2.1987 zu erstellen.

Sollte bei der Ausführung der neu zugewiesenen Aufgabe die Mitarbeit eines technischen Bediensteten notwendig werden, haben Sie sich vorher an den Technischen Leiter zu wenden und seine Zustimmung einzuholen."

Ebenfalls am 6. 2. 1987 kam dem Bf. eine als "Dienstanweisung" bezeichnete Erledigung zu, welche vom Amtsvorstand der Agrarbezirksbehörde Linz sowie vom Leiter der agrartechnischen Abteilung unterfertigt war. Diese lautete wie folgt:

"In Durchführung der an die Agrarbezirksbehörde Linz gerichteten Anordnung des Herrn Landesamtsdirektors vom 2.2.1987 wird mit sofortiger Wirkung bis auf weiteres folgendes verfügt:

1.)

es ist kein Außendienst zu verrichten;

2.)

es werden daher laufend vom Technischen Leiter Arbeiten zur Erledigung im Innendienst zugewiesen (siehe derzeitige Anweisung vom 3.2.1987, Zl. AL-800/246-1987); 3.) allfällige

Weisungen an Bedienstete sind ausschließlich

schriftlich zu erteilen; 4.) sämtliche schriftliche Erledigungen (einschließlich Weisungen gem. Zi. 2) bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Technischen Leiters; 5.) Ladungen bzw. Einladungen an Personen sind an die Zustimmung

des Technischen Leiters gebunden; 6.) sollte sich bei der Aufgabenerledigung die Notwendigkeit der Mitwirkung von weiteren Bediensteten ergeben, so ist auch hiefür die vorherige schriftliche Zustimmung des Technischen

***** Leiters einzuholen."

5. Dipl.Ing. N wendet sich mit der vorliegenden, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde gegen diese von ihm als Intimierungsbescheide - da offenbar durch Weisungen des Landesamtsdirektors veranlaßt - bezeichneten Erledigungen der Agrarbezirksbehörde Linz an den VfGH. Er behauptet die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsakte. Für den Fall, daß die bekämpften Erledigungen nicht als Bescheide qualifiziert werden würden, erhebt er "gleichzeitig mit dieser Bescheidbeschwerdeschrift eine Maßnahmenbeschwerde." Weiters beantragt er, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Da vor dem VfGH mit Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG nur verwaltungsbehördliche Bescheide sowie die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden können, war zu prüfen, ob die Behauptung des Bf. zutrifft, daß die angefochtenen Verwaltungsakte Bescheidqualität besäßen bzw. hilfsweise als sog. "faktische Amtshandlungen" zu werten wären.

2. Gemäß ArtI Abs1 litc der 18. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl. für Oberösterreich 70/1973, gelten für oberösterreichische Landesbeamte die Bestimmungen der Dienstpragmatik, RGBl. 15/1914 i.d.F. der Nov. BGBl. 148/1969 (folgende: DP), sinngemäß als landesgesetzliche Vorschriften, soweit durch das Oö. Landesbeamtengesetz nichts anderes bestimmt wird. Den Gegenstand der angefochtenen Erledigungen bildete die Anordnung einer Verwendungsänderung.

Gemäß §67 Abs4 DP ist eine Verwendungsänderung einer Versetzung - von hier nicht zu berücksichtigenden Ausnahmen abgesehen (§67/5 DP) - gleichzuhalten, wenn a) dadurch in der Laufbahn des Beamten eine Verschlechterung zu erwarten ist, b) die neue Verwendung der bisherigen nicht mindestens gleichwertig ist oder c) die neue Verwendung einer langdauernden und umfangreichen Einarbeitung bedarf. Einer Versetzung ist ferner die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung ohne gleichzeitige Zuweisung einer neuen Verwendung gleichzuhalten. Solche als Versetzung zu wertende Verwendungsänderungen sind gemäß §67 Abs8 DP - wie Versetzungen selbst - mit Bescheid zu verfügen. In allen übrigen Fällen hat die Anordnung einer Verwendungsänderung nicht im Wege eines Bescheides, sondern durch innerdienstliche Weisung (Dienstauftrag) zu ergehen (vgl. VfSlg. 9420/1982, 9797/1983 und die dort angeführte weitere Vorjudikatur; VwSlg. 11153 (A)).

Für die Anordnung einer Verwendungsänderung kommt somit je nach Lage des Falles entweder das rechtstechnische Mittel des Bescheides oder jenes der Weisung in Betracht.

3. Die angefochtenen Verwaltungsakte sind weder als Bescheide bezeichnet noch in Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung unterteilt. Auch sonst ist in keiner Weise erkennbar, daß die bel. Beh. mit ihren Erledigungen Bescheide erlassen wollte.

Doch auch die hilfsweise Behauptung des Vorliegens von Akten unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt geht ins Leere, da die Nichtbefolgung derartiger Anordnungen nicht zur unmittelbaren Anwendung von Zwang führt (vgl. VfSlg. 9866/1983, VfGH v. 27. 11. 1986, B349/86). Dementsprechend handelt es sich hier weder um Bescheide noch um Akte unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt, sondern bloß um schriftliche Dienstbefehle, die als innere Verwaltungsakte einer Anfechtung im Beschwerdeverfahren nach Art144 Abs1 B-VG entzogen sind (vgl. VfSlg. 9797/1983, 9420/1982, 9866/1983, VfGH 28. 11.1986, B894-909/86).

4. Vertritt der betroffene Beamte die Auffassung, daß eine durch Weisung angeordnete Verwendungsänderung einer Versetzung gleichzuhalten sei und darum mit Bescheid zu verfügen gewesen wäre, so hätte er die Möglichkeit, bei der zuständigen Dienstbehörde die Erlassung eines Feststellungsbescheides darüber zu beantragen, ob die verfügte Maßnahme ohne Einhaltung der Formerfordernisse des §67 Abs8 DP zulässig war. Er kann aber die Weisung selbst weder beim VfGH mit Beschwerde nach Art144 Abs1 B-VG noch beim VwGH mit Beschwerde gemäß Art131 Abs1 Z1 B-VG oder Art131a B-VG anfechten (VfSlg. 9420/1982, 9797/1983; VwSlg. 11153 (A)).

5. Die Beschwerde war daher wegen Unzuständigkeit des VfGH zurückzuweisen.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.

7. Dies konnte ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs3 Z2 lita VerfGG 1953).

8. Der Antrag, die Beschwerde dem VwGH abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den VfGH in Betracht kommt.

Schlagworte

VfGH / Zuständigkeit, Dienstrecht, Weisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:B242.1987

Dokumentnummer

JFT_10129385_87B00242_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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