Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §62 Abs4;Betreff
N gegen Wiener Landesregierung vom 23. Oktober 1989, Zl. MA 70-11/1491/89/Str, betreffend Berichtigung eines wegen Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960 ergangenen Bescheides
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und der vorgelegten Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich der nachstehende Sachverhalt:
Mit Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Wien vom 2. Dezember 1988 war über den Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 93 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 5 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (Ersatzarreststrafe 60 Stunden) verhängt worden.
Dem lediglich gegen das Strafausmaß rechtzeitig dagegen eingebrachten und zufolge § 49 Abs. 2 VStG 1950 als Berufung anzusehenden Einspruch des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 23. Juni 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 hinsichtlich der Geldstrafe keine Folge gegeben, doch wurde die Ersatzarreststrafe auf 48 Stunden herabgesetzt.
Im 4. Absatz der Begründung ihres Bescheides führte die Berufungsbehörde dazu aus, daß unter Bedachtnahme auf die vorher angeführten Strafzumessungsgründe "und auf den bis S 10.000,-- reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden des Berufungswerbers die verhängte Geldstrafe im Hinblick auf die zahlreichen Vormerkungen des Berufungswerbers durchaus angemessen und keineswegs zu hoch ist, zumal keine weiteren Milderungsgründe im Verfahren hervorgekommen sind". Abschließend meinte die Berufungsbehörde, daß lediglich die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen gewesen sei, da gemäß § 99 Abs. 4 StVO 1960 bei Verhängung einer Geldstrafe von S 1.000,-- im Falle der Uneinbringlichkeit lediglich 48 Stunden Arrest zu verhängen seien.
Mit Bescheid vom 23. Oktober 1989 berichtigte die Wiener Landesregierung diesen Berufungsbescheid vom 23. Juni 1989 unter Berufung auf § 62 Abs. 4 AVG 1950 dahingehend, "daß anstelle des in Seite 2, 4. Absatz, zweite Zeile, zitierten Betrages von S 10.000,-- jener von S 1.000,-- tritt".
Die Wiener Landesregierung begründete diese Entscheidung damit, daß nach den Richtlinien der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die zu berichtigende Unrichtigkeit offenkundig, d.h. für jene Personen erkennbar sein müsse, für die der Bescheid bestimmt sei. Eine Berichtigung in Handhabung des § 62 Abs. 4 AVG 1950 sei ferner nur zulässig, wenn die Unrichtigkeit von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit schon bei Erlassung ihres Bescheides hätte vermieden werden können. Die Offenkundigkeit des Schreibfehlers (S 10.000,-- anstelle von S 1.000,--) könne aus folgenden Erwägungen nachvollzogen werden: 1) Die Berufungsbehörde habe über die anzuwendende Strafnorm nicht geirrt, sie habe daher auch über deren Inhalt Kenntnis gehabt. 2) In eben dieser Kenntnis sei die überzogene und gesetzlich nicht gedeckte Ersatzarreststrafe auf das Höchstmaß herabgesetzt worden. 3) Im Sinne der Verhältnismäßigkeit zwischen Geld- und Freiheitsstrafen habe die Behörde neben der Höchstersatzarreststrafe die Höchstgeldstrafe für angemessen erachtet und die erstinstanzliche Geldstrafe, die im Spruch des berichtigten Bescheides auch mit S 1.000,-- zitiert worden sei, bestätigt.
4) Seitens der Berufungsbehörde seien alle Erwägungen dargelegt worden, die gemäß den Richtlinien des § 19 VStG 1950 einer Herabsetzung der Geldstrafe entgegengestanden seien. Die Berufungsbehörde habe auch ausdrücklich in der Begründung des berichtigten Bescheides von der verhängten (also durch die Erstbehörde ausgesprochenen) Geldstrafe, jedoch von der herabgesetzten Ersatzarreststrafe gesprochen. Aus diesen Erwägungen sei auch evident, daß der gegenständliche Schreibfehler bei entsprechender Aufmerksamkeit schon bei der Erlassung des Berufungsbescheides durch richtige Übertragung aus der Urschrift hätte vermieden werden können.
Über die gegen diesen Berichtigungsbescheid eingebrachte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.
Die Anwendbarkeit dieser Vorschrift setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, daß eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben sind. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreicht, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides erkennen können, und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde - bei entsprechender Aufmerksamkeit - bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. März 1989, Zlen. 89/03/0013, 0014, und die darin zitierte Vorjudikatur).
Angesichts dieser Rechtslage vermag der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid nicht für rechtswidrig zu erkennen.
Der Beschwerdeführer hat in seiner zu hg. Zl. 89/18/0127 protokollierten Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde (vom 14. Juli 1989) gegen den dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 1989 nach einer Wiedergabe des Wortlautes des § 99 Abs. 4 lit. h StVO 1960 (wonach eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe bis zu S 1.000,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 48 Stunden, zu bestrafen ist, wer entgegen der sich für ihn aus § 93 ergebenden Verpflichtung nicht für die Säuberung oder Bestreuung der Straße sorgt) ausgeführt, es habe "also die Verwaltungsbehörde I. Instanz den Strafrahmen voll ausgeschöpft und die höchstzulässige Strafe über mich verhängt. Bei der Ersatzarreststrafe ist sie darüber hinausgegangen, doch hat die belangte Behörde die Ersatzarreststrafe auf 48 Stunden reduziert". Dieses Beschwerdevorbringen läßt mit der gebotenen Deutlichkeit erkennen, daß für den Beschwerdeführer, für den dieser Bescheid bestimmt war, jedenfalls schon anläßlich der Verfassung der Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde vom 14. Juli 1989 gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 1989, also bereits vor der Erlassung des angefochtenen Berichtigungsbescheides vom 23. Oktober 1989, offenkundig war, daß in der Begründung des Bescheides vom 23. Juni 1989 irrtümlich von dem bis "S 10.000.-" reichenden Strafsatz die Rede war, dieser Betrag also im Hinblick auf § 99 Abs. 4 lit. h StVO 1960 "S 1.000.-" zu lauten gehabt hätte. Die belangte Behörde hat ja demgemäß in dem
schon wiedergegebenen Teil der Begründung ihres Bescheides vom 23. Juni 1989 nach Zitierung des "§ 99 Abs. 4 StVO 1960", also jener Bestimmung, aus der sich die im Beschwerdefall zulässigen Höchststrafen von S 1.000,-- bzw. 48 Stunden Ersatzarrest ergeben, ausgeführt, daß "bei Verhängung einer Geldstrafe von S 1.000,-- im Falle der Uneinbringlichkeit lediglich 48 Stunden Arrest zu verhängen sind".
Wenn der Beschwerdeführer in Ausführung des Beschwerdepunktes (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG) meint, es sei für ihn beim Lesen des Bescheides vom 23. Juni 1989 nicht erkennbar gewesen, daß die belangte Behörde, ausgehend von der zulässigen Höchststrafe gemäß § 99 Abs. 4 lit. h StVO 1960 von S 1.000,--, diese Höchststrafe über ihn habe verhängen wollen, so muß ihm entgegnet werden, daß dies bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Berichtigung des Bescheides vom 23. Juni 1989 im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG 1950 nicht wesentlich ist, weil es - lediglich - darauf ankommt, ob für den Beschwerdeführer die Fehlerhaftigkeit des Ausdruckes "S 10.000,--" (und nur dieser wurde mit dem angefochtenen Bescheid berichtigt) offenkundig war, wovon aber nach dem vorher Gesagten auszugehen ist. Es kann daher im gegebenen Zusammenhang - also bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides - entgegen der Meinung des Beschwerdeführers auch nicht von Bedeutung sein, daß "die Ausführungen zur Strafbemessung" entsprechend dem Formulierungsvorschlag in der Beschwerde anders "zu lauten gehabt hätten". Es kann jedenfalls nicht davon die Rede sein, daß die belangte Behörde unter dem Deckmantel der Berichtigung eine Änderung in der Begründung ihres Bescheides vom 23. Juni 1989 vornehmen wollte (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 1947, Slg. N.F. Nr. 172/A).
Da für den Gerichtshof im übrigen auch nicht zweifelhaft ist, daß die in Rede stehende Unrichtigkeit im Sinne der wiedergegebenen hg. Judikatur auf einem Versehen beruhte und bereits bei der Erlassung des Bescheides vom 23. Juni 1989 hätte vermieden werden können, muß von der Gesetzmäßigkeit der durch den angefochtenen Bescheid vorgenommenen Berichtigung ausgegangen werden.
Da sohin schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989180183.X00Im RIS seit
12.06.2001Zuletzt aktualisiert am
12.08.2009