Index
L34006 Abgabenordnung Steiermark;Norm
F-VG 1948 §8 Abs4;Beachte
Besprechung in: ÖStZ 1990, 401;Betreff
N gegen die Steiermärkische Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Getränke- und Speiseeisabgabenangelegenheit
Spruch
Der Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 betreffend Festsetzung von Getränke- und Speiseeisabgabe für den Zeitraum vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1985 wird Folge gegeben, der mit Vorstellung bekämpfte Bescheid gemäß § 94 Abs. 5 der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967, LGBl. Nr. 115 idgF, aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Leoben verwiesen.
Das Bundesland Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 10.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem für den Bürgermeister gefertigten Bescheid des Stadtamtes Leoben-Stadtsteueramt vom 12. September 1986 wurde gegenüber der Beschwerdeführerin für die von ihr in der Zeit vom 1. Jänner bis 31. Dezember 1985 in ihren Betriebsstätten in der Stadtgemeinde Leoben entgeltlich an Letztverbraucher abgegebenen Getränke und für das von ihr abgegebene Speiseeis "gemäß den Bestimmungen der Getränke- und Speiseeisabgabeordnung der Stadtgemeinde Leoben vom 22.12.1970, in der Fassung der Gemeinderatsbeschlüsse vom 14.3.1974, vom 17.7.1978 und vom 4.11.1981, in Verbindung mit § 153 Abs. 2 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung (LAO), LGBl. Nr. 158/1963, i.d.g.F., ... eine Getränke- und Speiseeisabgabe von insgesamt S 2,350.005,-- festgesetzt."
In ihrer dagegen erhobenen Berufung bekämpfte die Beschwerdeführerin die Einbeziehung von Entgeltanteilen für Verpackungswerte und von in der Stadtgemeinde Leoben verkauften, dort aber nicht verbrauchten Getränken und Speiseeis in die Bemessungsgrundlagen der festgesetzten Abgaben sowie die Nichtanerkennung von an ihre Mitglieder nachträglich gewährten Entgeltrückvergütungen als Abzugsposten.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin "gemäß den Bestimmungen des § 213 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 158/1963, i.d.g.F., als unbegründet abgewiesen" und die erstinstanzliche Abgabenfestsetzung bestätigt. Dies nach Darstellung des Sachverhaltes mit folgender, im Wortlaut wiedergegebener Begründung:
"1. Nachweispflicht des Unternehmers:
Zur Behauptung der Berufungswerberin, daß die fehlenden Aufzeichnungen über die Ortsansässigkeit ihrer Käufer nicht zu einer Beweislastumkehr führen könnten und vielmehr eine materielle Sachverhaltsermittlung Platz zu greifen gehabt hätte, bzw. eine Glaubhaftmachung auf Grund der von ihr vorgelegten Berechnungsformel ausreichend wäre, kann der Berufungswerberin lediglich beigepflichtet werden, daß es sich bei der Getränkeabgabe derzeit unbestritten um eine Verbrauchsabgabe handelt, obwohl im Gegensatz zur Meinung der Berufungswerberin eine umsatzsteuerähnliche Konstruktion der Getränkeabgabe durchaus rechtlich vertretbar wäre. Zwar hat die Abgabenbehörde primär Ermittlungen zu führen, für den Fall, daß diese jedoch zu keinem Ergebnis führen, hat die Abgabenbehörde den Unternehmer zum Nachweis seiner Behauptung des Verbrauches außerhalb des Gemeindegebietes aufzufordern, zumal die Unternehmer grundsätzlich keine Behauptung aufstellen dürfen, welche diese nicht auch beweisen können. Die Untätigkeit des Unternehmers bzw. die Nichtbeibringung des entsprechenden Nachweises befreit die Abgabenbehörde zwar nicht vom Amtswegigkeitsgrundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit und bewirkt auch keine Beweislastumkehr zuungunsten des Abgabepflichtigen, doch kann die Behörde dabei die Argumente des Unternehmers im Rahmen der freien Beweiswürdigung prüfen.
Eine diesbezügliche Nachweispflicht war hinsichtlich der Berufungswerberin sowohl den formellen Bestimmungen nach notwendig, als auch aus materiellen Überlegungen möglich. Nach allgemeinen Rechtsnormen, insbesondere nach den Bestimmungen des § 95 und der §§ 100 ff der LAO sowie § 8 der Getränke- und Speiseeisabgabeordnung der Stadtgemeinde Leoben sind Aufzeichnungen über alle abgabengesetzlich bedeutsamen Verhältnisse zu führen. Dies auch dann, wenn keine besonderen gesetzlichen Aufzeichnungsvorschriften vorgesehen sind. Hieraus ist eindeutig und schlüssig abzuleiten, daß alle Verhältnisse, Vorgänge und tatsächlichen Umstände, die mit abgabenrechtlichen Folgerungen verbunden sind, wozu objektiv auch der behauptete Verbrauch von Getränken und Speieeisen außerhalb des Gemeindegebietes zählt, aufzuzeichnen sind. Darüberhinaus hat die Abgabenbehörde die Berufungswerberin ausdrücklich aufmerksam gemacht, daß gerade hinsichtlich der von ihr aufgestellten Behauptungen eines Verbrauches außerhalb des Gemeindegebietes von Leoben im Sinne einer materiellen Wahrheitsfindung und Sachverhaltsermittlung und im Interesse einer gerechten und gleichen Abgabenerhebung geeignete Nachweise zu führen sind, wobei es gerade einem Unternehmer von der Größenordnung der Berufungswerberin zumutbar und vor allem auch möglich gewesen wäre, die geforderten Nachweise zu erbringen.
Hiezu wird weiter angeführt, daß nach der Rechtslehre nur entsprechende Nachweise durch die Unternehmer, insbesondere im Zusammenhange mit dem behaupteten Verbrauch außerhalb des Gemeindegebietes bzw. Abgabeorts, eine amtswegige Sachverhaltsermittlung überhaupt möglich machen.
So hat bereits der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17.3.1955, B 146/54, festgestellt, daß der Gesetzgeber bzw. die Abgabenbehörde grundsätzlich von der Annahme ausgehen kann, daß die entgeltliche Abgabe von Getränken in der Regel zum Zweck des Konsums innerhalb der Grenzen der betreffenden Gemeinde erfolgen und die Pflicht zur Führung eines einwandfreien 'Gegenbeweises' den betroffenen Parteien selbst aufgelastet werden kann. Lediglich in jenen Fällen, in denen die Unternehmer den eindeutigen Nachweis erbringen können, daß das betreffende Getränk nicht innerhalb der Grenzen der Gemeinde, sondern außerhalb deren Grenzen dem Konsum zugeführt wird, dürfte die entgeltliche Abgabe nicht von der Getränkeabgabe erfaßt werden. Diese Rechtsmeinung wird in einem weiteren Verfassungsgerichtshoferkenntnis vom 12.10.1965, B 117/65, vertreten. Schließlich pflichtete auch der Verwaltungsgerichtshof der in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes entwickelten Rechtsansicht bei, wonach aus Gründen zweckmäßiger Verfahrensgestaltung von der Annahme ausgegangen werden kann, daß die Abgabe von Getränken in der Regel zum Zwecke des Konsums innerhalb des Gemeindegebietes erfolgt und daß die Pflicht zur Führung eines einwandfreien 'Gegenbeweises' den Betroffenen selbst aufgelastet werden kann (Erkenntnis vom 28.3.1983, Zl. 17/2816/80-8). Lediglich in jenen Fällen dürfte dies nicht zu einer Einbeziehung der entgeltlichen Abgabe von Getränken in die Abgabenpflicht führen, wo ein Unternehmer auf 'besondere allgemein bekannte Umstände' hinweisen kann, die für einen Teil seiner Getränkeumsätze den Verbrauch im Gemeindegebiet sogut wie 'ausschließen'. Im Hinblick auf die eben dargestellte Judikatur des Verfassungs- bzw. Verwaltungsgerichtshofes muß aber rechtlich gefolgert werden, daß die Abgabenbehörde im konkreten Berufungsfall vollkommen zu Recht von der Berufungswerberin einen Beweis für ihre Behauptungen verlangte, zumal keine besonderen oder allgemein bekannten Umstände vorlagen, die für einen Teil der Getränkeumsätze den Verbrauch im Gemeindegebiet ausschlossen.
Das nach der Rechtslehre von Reger-Stoll 'Kommentar zur Bundesabgabenordnung', Wien, 1980, geforderte Beweisthema für eine Nachweispflicht der Unternehmer ergibt sich im konkreten Fall sowohl aus den vorzitierten Bestimmungen als auch aus der Aufforderung durch die Abgabenbehörde zum Nachweis des Verbrauches außerhalb des Gemeindegebietes. Obwohl das Beweisthema grundsätzlich der Berufungswerberin freigestellt war, kann jedoch die von ihr erbrachte Berechnungsformel für einen angeblichen Verbrauch außerhalb des Gemeindegebietes nicht als solcher Beweis angesehen werden und wird von ihr auch nicht als Beweis angeboten. Beweisen heißt nämlich, daß die Abgabenbehörde von der Richtigkeit einer Sachverhaltsdarstellung überzeugt wird, während die Glaubhaftmachung darin besteht, daß die Richtigkeit der Behauptung bloß wahrscheinlich gemacht wird. Glaubhaftmachung genügt vor allem in jenen Fällen, in denen ein Beweis nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Beide Voraussetzungen sind aber nach allgemeiner Rechtsauffassung nicht gegeben. Dies vor allem deshalb nicht, weil gerade ein derartiger Eingriff in das Getränkesteuerrecht der Gemeinde und in die Gleichbehandlung der Getränkeabgabepflichtigen durch den behaupteten Verbrauch außerhalb des Gemeindegebietes nach allgemeiner Rechtsauffassung einen ausführlichen Beweis rechtfertigt und überdies gerade einem Unternehmer in der Größenordnung der Berufungswerberin ein solcher Beweis möglich ist.
Die von der Berufungswerberin nicht erbrachten Beweise führen aber im konkreten Berufungsfall keinesfalls zu einer Beweislastumkehr zu ihren Ungunsten, sondern lediglich zu einer freien Beweiswürdigung durch die Abgabenbehörde.
Die von der Berufungswerberin vorgelegte Berechnungsformel, aus der zur Rückvergütung eingereichten Umsätze der Mitglieder läßt jedoch keinen Schluß zu, daß für einen Teil der Getränkeumsätze ein Verbrauch außerhalb des Gemeindegebietes durchgeführt worden wäre. Dies vor allem deshalb nicht, weil aus dem Rückvergütungsmodus der Konsummitglieder keinesfalls geschlossen werden könne, ob es sich hiebei um Umsätze im Gebrauchsgegenstände- oder im Lebensmittelbereich bzw. insbesondere um Umsätze im Getränkebereich handelt. Ferner kann aus den Rückvergütungen an die Konsummitglieder und den daraus resultierenden Vermutungen keinesfalls auf die Kaufgewohnheiten der Mitglieder, auch wenn die Technik der Kundenbetreuung und unternehmerische Infrastruktur in den letzten Jahren wesentlich verbessert wurden, geschlossen bzw. keinesfalls glaubhaft gemacht und schon gar nicht bewiesen werden, daß nicht ortsansässige Konsumenten zum Getränkeeinkauf nach Leoben fahren werden.
Die Abgabenbehörde 1. Instanz hat sich durchaus ausreichend mit den von der Berufungswerberin vorgebrachten Argumenten auseinandergesetzt und ist im Rahmen ihrer Beweiswürdigung zur Auffassung gekommen, daß die Behauptungen der Berufungswerberin hinsichtlich des Verbrauches von entgeltlich abgegebenen Getränken außerhalb des Gemeindegebietes von Leoben nicht wahrscheinlich sind. Von der Berufungswerberin wurde nämlich für ihre Argumentation des Verbrauches außerhalb von Leoben wie bereits erwähnt, eine Berechnungsformel in Form einer Verhältnisrechnung für ihr Pauschalierungsbegehren vorgebracht, jedoch kein schlüssiger Beweis dafür, der die Annahme rechtfertigen könnte, daß tatsächlich ein Teil der Getränke zum Verbrauch außerhalb von Leoben gelangt ist. Schließlich würde die von der Berufungswerberin aufgestellte Behauptung zu einer Umgehung der generellen Getränkeabgabeverpflichtung oder zu einer Ungleichbehandlung der Abgabepflichtigen führen, da dann bei sämtlichen Getränkeabgabepflichtigen im Gemeindegebiet von Leoben die entgeltliche Abgabe an nicht ortsansässige Konsumenten vermutet werden müßte. Ferner ist eine Schätzung der Bemessungsgrundlage rechtlich unzulässig, da einerseits die Bemessungsgrundlagen eindeutig feststehen und andererseits der mögliche zumutbare Beweis für eine allfällige Reduzierung der Bemessungsgrundlage nicht erbracht wurde.
Wenn daher die Berufungswerberin die Bemessungsgrundlage um den behaupteten, jedoch nicht bewiesenen Getränkeumsatz an nicht ortsansässige Konsumenten reduzierte, war daher im Hinblick auf die Bestimmung des § 3 Abs. 2 der Getränke- und Speiseeisabgabeordnung, wonach der Getränke- und Speiseeisabgabe die entgeltliche Abgabe von Getränken und Speiseeisen an Letztverbraucher unterliegt, eine Abgabennachforderung im Ausmaß der ungerechtfertigten Kürzung der Bemessungsgrundlage begründet.
Hinsichtlich der von der Berufungswerberin in der Berufung vertretenen Ansicht, daß die von der Stadtgemeindegemeinde Leoben im ha. Bescheid vom 12.9.1986 zitierten Erkenntnisse die gehandhabte Vorgangsweise nicht rechtfertigen, da die bezughabenden Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. in einem Fall wegen Gesetzwidrigkeit aufgehoben wurden, wird festgestellt, daß hiedurch die Rechtsgültigkeit der Spruchpraxis der Höchstgerichte nicht beeinträchtigt wird.
2. Kürzung der Bemessungsgrundlage um Verpackungswerte:
Zu den Einwänden der Berufungswerberin wird festgehalten, daß für die Bemessung, wie aus der Zitierung im bekämpften Bescheid hervorgeht, die Definition des Begriffes 'Entgelt' maßgeblich ist. Danach gehört zum Entgelt alles, was aufgewendet werden muß, damit der Verbraucher das Getränk oder Speiseeis erhält, somit ist auch der Wert der üblicherweise mitverkauften Warenumschließungen (Gefäße, Löffel, Trinkhalme u. dgl.), soweit dafür nicht Pfandrückvergütungen geleistet werden, ebenfalls eingeschlossen.
Die Getränke- und Speiseeisabgabeordnung der Stadtgemeinde Leoben normiert hiezu ausdrücklich, welche Preisbestandteile zur Feststellung des für die Abgabenbemessung maßgeblichen Entgeltes abzuziehen sind. Nicht zum Entgelt und damit nicht zur Bemessungsgrundlage gehören lediglich die Umsatzsteuer, die Alkoholabgabe, das Bedienungsgeld und die Getränkeabgabe selbst. Eine grammatikalische Interpretation des im Getränkeabgaberecht verankerten Entgeltbegriffes läßt somit keinen Schluß dahingehend zu, daß der Wert der Warenumschließungen bzw. des Verpackungsmaterials oder sonstige Bezugskosten von der Bemessungsgrundlage in Abzug gebracht werden könnten.
Für diese Rechtsauffassung spricht auch, daß die im Umsatzsteuerrecht enthaltene Gesetzesdefinition des Entgeltbegriffes auch für den Bereich des Getränkeabgaberechts anwendbar ist, weil sowohl im Umsatz- als auch im Getränkeabgaberecht der Entgeltleistung ein Leistungsaustausch vorangeht. Gemäß § 4 Abs. 1 des UStG 1972 ist Entgelt alles, was der Empfänger einer Lieferung aufzuwenden hat, um diese zu erhalten. Demnach haben die Letztverbraucher eines Getränkes schon allein aus diesem Grunde nicht nur primär ein Entgelt für das Getränk im engeren Sinne, sondern auch ein solches für Warenumschließungen zu entrichten. Das führt nach der herrschenden Lehre zur Rechtsauffassung, daß die Lieferung der Ware und die Überlassung der Warenumschließungen in der Regel wirtschaftlich eine einheitliche Leistung bilden.
Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist somit vom Letztverbraucherpreis auszugehen. Dieser setzt sich aus verschiedenen Kostenfaktoren (Personal- und Materialkosten, fiskalische Kosten usw.) zusammen. Im besonderen verlangt eine flüssige Ware zwingend eine Warenumschließung in Form von Behältnissen, einerseits aus der Natur der Sache und andererseits aus Gründen der Lager- und Transportfähigkeit.
Wie bei der Berechnung des Letztverbraucherpreises vorzugehen ist, ist durch die oben dargestellte taxative Aufzählung der Preisbestandteile, die nach den Bestimmungen der Abgabeordnung zulässigerweise abgezogen werden dürfen, zwingend vorgezeichnet. Wie daher im erstinstanzlichen Bescheid richtig erkannt worden ist, sind im Letztverbraucherpreis nicht nur die Kosten für die eigentliche Ware beinhaltet, sondern auch die Behältniskosten. Entsprechend diesem Letztverbraucherpreis wurde die Bemessungsgrundlage errechnet und so der Nachzahlungsbetrag festgestellt. Im Hinblick auf die angeführte Rechtsausführung erscheint die Nachforderung um den Wert der Verpackungsanteile daher gerechtfertigt.
Der in der Berufung enthaltene Hinweis auf das Verwaltungsgerichtshoferkenntnis vom 17.1.1969, Zl. 1054/68, kann die Argumentation der Berufungswerberin nicht bekräftigen, da dieses Erkenntnis nicht vergleichbar mit dem Anlaßfall ist, da es sich bei der Automatenabgabe um eine andere Form (offene Abgabe der Flüssigkeit) der Getränkeabgabe handelt.
3. Einbeziehung der Rückvergütungen an Konsummitglieder in die Getränke- und Speiseeisabgabenbemessungsgrundlage:
Betreffend der Abzüge für Schwund bei Losungsverkäufen in Restaurationsbetrieben Filialen nn1, nn2 und nn3 wird angeführt, daß nach § 2 Z. 8 der Getränke- und Speiseeisabgabenordnung der Stadtgemeinde Leoben für Eigenverbrauch einschließlich des Schwundes sowie sonstiger Abgabeminderungen im Lebensmittelkleinhandel eine Absetzung im Ausmaß von 2 v.H. der Bemessungsgrundlage vorgenommen werden kann. Diese Bestimmung hat jedoch für die Restaurationsbetriebe keine Gültigkeit, sodaß der vorgenommene Abzug von S 3.257,59 daher unzulässig ist. Im übrigen wird festgehalten, daß in der Filiale nn1 keine firmenmäßig gekennzeichneten Paragons, sondern lediglich neutrale Kassazettel an die Kunden ausgefolgt werden. Eine Rückvergütung an Konsummitglieder findet für diesen Umsatz nicht statt.
Daran vermögen auch die Unterlagen bzw. Ausführungen in den der Berufung angeschlossenen Rechtsgutachten vom 29.10.1985 nichts zu ändern. Ausnahmen von einer Abgabenverpflichtung sind nur insoweit zulässig, als diese in der bezughabenden Rechtsvorschrift selbst vorgesehen sind. Befreiungsbestimmungen können im Sinne der Analogie nicht eingeführt werden. Eine sinngemäße Anwendung von Befreiungsbestimmungen anderer Gesetze auf den gegenständlichen Fall durch die belangte Behörde erscheint somit ausgeschlossen, soweit dies nicht - wie bereits angeführt - in der Abgabenordnung normiert ist.
Auf Grund der vorangeführten sach- und rechtlichen Erwägungen war daher wie im Spruch zu entscheiden."
Die gegen diesen Bescheid von der Beschwerdeführerin erhobene Vorstellung langte nach der Aktenlage am 3. Juni 1988 beim Stadtamt Leoben ein.
Die Beschwerdeführerin beantragte darin, den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an diese Stadtgemeinde zu verweisen.
Mit der vorliegenden, am 5. Juli 1989 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde geltend. Die Beschwerdeführerin beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge der Säumnisbeschwerde Folge geben und über die Vorstellung selbst dahingehend entscheiden, daß der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 aufgehoben, die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat dieser Stadtgemeinde zurückverwiesen und der belangten Behörde Kostenersatz auferlegt wird.
Mit Verfügung vom 20. Juli 1989 leitete der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren über die Beschwerde ein. Die hiebei gesetzte Frist von drei Monaten zur Nachholung des versäumten Bescheides ist ungenützt verstrichen. Die belangte Behörde teilte nach Erinnerung mit, daß ein "klaglos stellender Vorstellungsbescheid" nicht ergangen sei.
Bei dem geschilderten Sachverhalt ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Vorstellung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen. Der Gerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat in der Sache erwogen:
Mit der Frage, wieweit die Ermittlungspflicht von Gemeindeabgaben bei der Getränkesteuer im Hinblick darauf reicht, daß diese als Verbrauchsabgabe wegen der Verfassungsbestimmung des § 8 bs. 4 F-VG 1948 bloß den VERBRAUCH INNERHALB des Gebietes der hebeberechtigten Gebietskörperschaft steuerlich erfassen darf, hat sich der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst in seinen Erkenntnissen vom 10. November 1989, Zlen. 87/17/0128 (betreffend Niederösterreich), 87/17/0149 (betreffend Vorarlberg) und 88/17/0229 (betreffend Salzburg) auseinandergesetzt. Da sich die Rechtslage nach dem Steiermärkischen Getränkeabgabegesetz, LGBl. Nr. 23/1950, in den entscheidungswesentlichen Punkten nicht von der Rechtslage in den genannten Bundesländern unterscheidet, kann in dieser Hinsicht auf die analog heranzuziehende Begründung in den zitierten Erkenntnissen verwiesen werden (§ 43 Abs. 2 VwGG).
Da auf Grund des glaubhaften Sachvorbringens der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren feststeht, daß nicht alle von ihr im Gebiet der Stadtgemeinde Leoben entgeltlich abgegebenen Getränke auch dort verbraucht wurden, wäre es nach den zitierten hg. Erkenntnissen Aufgabe der Gemeindeabgabenbehörden gewesen, den Außerortverbrauch selbst zu ermitteln bzw. hilfsweise zu schätzen und aus der Bemessungsgrundlage für die Getränke- und Speiseeissteuer auszuscheiden, sich also nicht darauf zu beschränken, die von Entgeltrückvergütungen an Genossenschaftsmitglieder ausgehende "Hochrechnung" der Beschwerdeführerin als unschlüssig abzutun.
Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters in seinen beiden Erkenntnissen vom 27. März 1987, Zl. 83/17/0056 und Zl. 83/17/0131, ausgesprochen, die Regelung des § 2 Abs. 1 Stmk. Getränkeabgabegesetz biete keinen Anlaß, die (grundsätzlich im § 1 leg. cit. erfolgte) gesetzliche Umschreibung des Steuergegenstandes so zu verstehen, daß darunter nicht nur das Getränk selbst (aus Anlaß seiner Abgabe an den Letztverbraucher) zu verstehen wäre, sondern das Getränk mit der allenfalls vorhandenen "Warenumschließung" (Verpackung, Gebinde) den (einheitlichen) Steuergegenstand bildete.
Ausgehend von dieser Rechtsprechung, von der abzugehen im vorliegenden Beschwerdefall kein Anlaß besteht, erweist sich der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 auch insoweit als rechtswidrig, als damit Entgeltanteile für Verpackungswerte in die Bemessungsgrundlage der Getränke- und Speiseeissteuer einbezogen wurden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat schließlich in seinen beiden Erkenntnissen vom 10. November 1989, Zl. 87/17/0384 und Zl. 88/17/0228, aus Anlaß von Beschwerden derselben Beschwerdeführerin ausgesprochen, daß der Entgeltbegriff in den Getränke- und Speiseeissteuergesetzen der österreichischen Bundesländer es ebenso wie im Umsatzsteuerrecht erfordert, nachträgliche Entgeltänderungen bei der Bemessungsgrundlage der Getränke- und Speiseeissteuer zu berücksichtigen.
Der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 steht mit dieser Rechtsansicht insofern in Widerspruch, als er die nachträglich den Mitgliedern der Beschwerdeführerin gewährten Entgeltrückvergütungen grundsätzlich nicht als taugliche Abzugsposten von der Bemessungsgrundlage der Getränke- und Speiseeissteuer gelten läßt.
Da durch den mit Vorstellung der Beschwerdeführerin bekämpften Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leoben vom 20. Mai 1988 sohin Rechte der Beschwerdeführerin verletzt wurden, war dieser Bescheid gemäß § 94 Abs. 5 Stkm. Gemeindeordnung 1967 aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Stadtgemeinde Leoben zu verweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 55 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Stempelgebührenersatz war nur für die zur Beschwerdeführung notwendigen Unterlagen zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989170126.X00Im RIS seit
20.11.2001Zuletzt aktualisiert am
30.09.2008