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L37039 Lustbarkeitsabgabe Vergnügungssteuer Wien;Norm
B-VG Art140 Abs7;Beachte
Besprechung in: ÖStZB 1990, 364;Betreff
N gegen Wiener Landesregierung vom 19. Februar 1988, Zl. MDR-G 52/87/Str, betreffend Verwaltungsübertretung nach dem Wiener Vergnügungssteuergesetz
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 30. Oktober 1987 wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung nach § 35 Abs. 1 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1950 schuldig erkannt und über ihn nach der eben erstgenannten Gesetzesstelle eine Geldstrafe von S 90.000,-- (Ersatzarreststrafe: 70 Tage) verhängt, weil er als Geschäftsführer
der E-Gesellschaft m.b.H. die Vergnügungssteuer
für einen im Betrieb in Wien gehaltenen Münzgewinnspielapparat "Admiral MK XI" für die Monate März und April 1984 und für einen im Betrieb in Wien, gehaltenen Münzgewinnspielapparat "Admiral Poker" für die Monate Februar und März 1985 unter Verletzung der Anmeldepflicht nicht rechtzeitig entrichtet habe, sodaß sie mit den Bescheiden vom 21. November 1985 und vom 12. März 1986 habe vorgeschrieben werden müssen; dadurch habe der Beschwerdeführer die Vergnügungssteuer in der Zeit vom 20. März 1985 bis 12. März 1986 um den Betrag von S 48.000,-- verkürzt.
Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid keine Folge; dies mit der Maßgabe, daß die Worte im Spruch des Straferkenntnisses "in der Zeit vom 20. März 1985 bis 12. März 1986 um den Betrag von S 48.000,-- (fahrlässig) verkürzt" durch die Worte "fahrlässig verkürzt, und zwar in der Zeit vom 20. März 1985 bis 21. November 1985 mit einem Betrag von S 48.000,-- und in der Zeit vom 22. November 1985 bis 12. März 1986 mit einem Betrag von S 24.000,--" ersetzt wurden. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde zur Strafbemessung aus, die Strafe sei im Hinblick auf die Tateinschränkung und das bei der Sorgepflicht des Beschwerdeführers für seine Ehegattin und drei Kinder eher bescheidene Einkommen und seine Vermögenslosigkeit herabgesetzt worden. Eine weitere Herabsetzung der Strafe sei nicht vertretbar gewesen, weil der Beschwerdeführer bereits zwei gleichartige Verwaltungsvorstrafen aufweise, ohne daß die bis dahin milderen Strafen ihn zu einer Änderung seines Verhaltens bewogen hätten. Die Strafe entspreche ungefähr dem 1,3-fachen des verkürzten Abgabenbetrages und sei - an der Strafobergrenze gemessen - als niedrig anzusehen. Immerhin sei das Interesse, dem die Strafdrohung diene (die ordnungsgemäße Steuerabfuhr), erheblich gefährdet worden, sei das strafbare Verhalten nur durch die Tätigkeit von Organen der Abgabenbehörde beendet worden und liege nicht nur ein geringfügiges Verschulden vor.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Nach seinem gesamten Vorbringen erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt, nicht einer Verletzung des § 35 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes in Verbindung mit § 9 Abs. 1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1950 schuldig erkannt und deswegen bestraft zu werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Mit Beschluß vom 8. März 1989, Zl. A 5/89, hat der Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag gestellt, festzustellen, daß § 35 des Vergnügungssteuergesetzes für Wien 1963, LGBl. Nr. 11, idF der Vergnügungssteuergesetznovelle 1976, LGBl. Nr. 37, und der Vergnügungsteuergesetznovelle 1981, LGBl. Nr. 16, verfassungswidrig war.
Mit Erkenntnis vom 27. September 1989, G 22/89-9 u.a., hat der Verfassungsgerichtshof u.a. aus Anlaß des vorliegenden Falles ausgesprochen, daß die eben zitierte Gesetzesstelle verfassungswidrig war.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Hat der Verfassungsgerichtshof wie im vorliegenden Fall
ausgesprochen, daß eine Gesetzesstelle verfassungswidrig war, so ist diese Gesetzesstelle gemäß Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht, was mit dem besagten Erkenntnis vom 27. September 1989 aber nicht geschehen ist, auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände MIT AUSNAHME DES ANLASSFALLES weiterhin anzuwenden.
Da auch der Beschwerdefall Anlaßfall für das in Rede stehende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes war, ist die als verfassungswidrig erkannte Gesetzesstelle somit im vorliegenden Fall nicht mehr anzuwenden. Infolgedessen entbehrt aber der angefochtene Bescheid, mit dem der Beschwerdeführer einer Verletzung des § 35 Abs. 1 des Wiener Vergnügungssteuergesetzes 1963 in der zitierten Fassung schuldig erkannt und deswegen bestraft worden war, einer gesetzlichen Grundlage.
Der angefochtene Bescheid mußte daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988170061.X00Im RIS seit
19.01.1990