Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §62 Abs4;Betreff
N gegen Landeshauptmann von Wien vom 24. November 1989, Zl. MA 70-11/1638/89/Str, betreffend Berichtigung eines Bescheides in einer Verwaltungsstrafsache wegen Übertretung des Kraftfahrgesetzes 1967
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Margareten, vom 11. Oktober 1988 wurde der Beschwerdeführer einer Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 schuldig erkannt und hiefür bestraft, weil er es als Zulassungsbesitzer eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges unterlassen habe, "der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen (Aufforderung vom 23.3.1988, zugestellt durch Hinterlegung mit Beginn der Abholfrist 7.4.1988) bekanntzugeben, wer dieses Kraftfahrzeug in Wien 5, Schloßgasse 24, abgestellt hat, sodaß es dort am 18.3.1988 um 17.00 Uhr gestanden ist, innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Zustellung Auskunft zu erteilen". Auf Grund der dagegen eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers wurde dieses Straferkenntnis mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 18. Mai 1989 gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 bestätigt.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 24. November 1989 wurde gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 in Verbindung mit § 24 VStG 1950 der Spruch "dieses Bescheides" (das ist des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom 11. Oktober 1988, auf welches hiebei einleitend Bezug genommen worden ist) dahingehend berichtigt, daß anstelle der Worte "sodaß es dort am 18.3.1988 um 17.00 Uhr gestanden ist" die Worte "sodaß es dort am 18.3.1988 um 17.30 Uhr gestanden ist" zu treten haben.
Gegen diesen Berichtigungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, u.a. offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen. Diese Vorschrift hat gemäß § 24 VStG 1950 auch im Verwaltungsstrafverfahren Anwendung zu finden.
Vorauszuschicken ist, daß dem (vom Beschwerdeführer nicht relevierten) Umstand, daß die belangte Behörde nicht ausdrücklich ihren Berufungsbescheid vom 18. Mai 1989, sondern den Spruch des ihm zugrundeliegenden erstinstanzlichen Straferkenntnisses berichtigt hat, keine rechtliche Bedeutung zukommt. Es trifft zwar zu, daß ein im Verwaltungsverfahren ergangener Berufungsbescheid die aus § 66 Abs. 4 AVG 1950 resultierende Wirkung hat, daß der erstinstanzliche Bescheid in der Berufungsentscheidung aufgeht und diese Berufungsentscheidung, sobald sie erlassen und solange sie aufrecht ist, der alleinige und ausschließliche Träger des Bescheidinhaltes ist (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1986, Slg. Nr. 12278/A, mit weiteren Judikaturhinweisen). Dessenungeachtet kann aber der Berufungsbescheid nicht für sich allein bestehen, wurde doch in seinem Spruch lediglich das erstinstanzliche Straferkenntnis "bestätigt", sodaß es bei Beurteilung der Frage, welchen normativen Gehalt der Berufungsbescheid aufweist, weiterhin der Heranziehung des Spruches des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bedarf, in dem u.a. die gemäß § 44a lit. a VStG 1950 erforderliche Angabe über die als erwiesen angenommene Tat enthalten ist. Wurde mit dem angefochtenen Bescheid DER SPRUCH des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, der von der belangten Behörde mit dem Berufungsbescheid vollinhaltlich übernommen worden war,(in seinem Spruchteil nach § 44a lit. a VStG 1950) berichtigt, so handelte es sich daher in Wahrheit - wie dies auch der Beschwerdeführer verstanden hat - um eine Berichtigung des Berufungsbescheides selbst. Daß das (von der belangten Behörde angenommene) Versehen bereits der Erstbehörde unterlaufen ist, macht seine Berichtigung durch die Berufungsbehörde im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht unzulässig (vgl. u.a. das einen gleichgelagerten Fall betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Juli 1984, Zl. 84/02A/0288, und die dort angeführte Judikatur). Festzuhalten ist außerdem, daß eine solche Berichtigung auch noch nach Ablauf der Frist des § 51 Abs. 5 VStG 1950 zulässig war (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Oktober 1985, Zl. 85/02/0248, dessen Rechtssatz in Slg. Nr. 11922/A veröffentlicht worden ist).
Der Beschwerdeführer ist der für die Annahme der belangten Behörde, die Angabe des nunmehr berichtigten Zeitpunktes habe "einen offensichtlich auf einem Versehen basierenden Schreibfehler" dargestellt, gegebenen Begründung, daß "sich das gesamte Verfahren (siehe Anzeige Bl. 1, Aufforderung zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers Bl. 2, Aufforderung zur Rechtfertigung Bl. 8, Aufforderung zur Rechtfertigung Bl. 13) auf den Zeitpunkt 17.30 Uhr bezogen hat", nicht entgegengetreten; dies stimmt im übrigen auch mit der Aktenlage, wie sie sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren über die (zur hg. Zl. 89/02/0113 protokollierte) Beschwerde gegen den betreffenden Berufungsbescheid der belangten Behörde ergibt, überein. Damit lag aber - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - ein Anwendungsfall des § 62 Abs. 4 AVG 1950 vor. Daß die Berichtigung auf eine den Parteien im zuletzt genannten Beschwerdeverfahren mitgeteilte vorläufige Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuführen war, ist bei Vorliegen der nach § 62 Abs. 4 AVG 1950 maßgeblichen Voraussetzungen für die Vornahme einer Berichtigung ohne Belang (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 1985, Zl. 85/03/0082). Der Beschwerdeführer verkennt die Rechtslage, wenn er meint, es sei durch diese Berichtigung eine Auswechslung der Tat, zu der die belangte Behörde nicht berechtigt gewesen wäre, erfolgt und unzulässigerweise nachträglich der materielle Inhalt eines Bescheides geändert worden. Das Verwaltungsstrafverfahren hatte von vornherein zum Gegenstand, daß es der Beschwerdeführer unterlassen habe, auf die Aufforderung der Behörde gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 vom 23. März 1988, in welcher auf die Abstellung des Fahrzeuges am 18. März 1988 um 17.30 Uhr Bezug genommen wurde, eine Auskunft zu erteilen. Das Versehen im Spruch des Straferkenntnisses vom 11. Oktober 1988 (und damit auch im Spruch des Berufungsbescheides) betraf daher erkennbar einen (von der Behörde nicht beabsichtigten) unrichtigen Tatvorwurf.
Der Einwand des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe dem Konkretisierungsgebot des § 44a lit. a VStG 1950 mit Rücksicht auf eine Einschränkung seiner Verteidigungsrechte und die Gefahr einer Doppelbestrafung (vgl. dazu insbesondere die Erkenntnisse verstärkter Senate des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 1984, Slg. Nr. 11466/A, und vom 3. Oktober 1985, Slg. Nr. 11894/A) nicht entsprochen, geht ins Leere, weil er sich auf die Rechtmäßigkeit des Berufungsbescheides in seiner unberichtigten Fassung und nicht auf die hier allein zu beurteilende Rechtmäßigkeit des Berichtigungsbescheides bezieht. Der Beschwerdeführer war im Verwaltungsstrafverfahren in der Lage, zur Widerlegung des (der Berichtigung entsprechenden) konkreten Tatvorwurfes darauf bezogene Beweise anzubieten, sodaß er durch die Berichtigung auch unter diesem Gesichtspunkt nicht in seinen Rechten verletzt worden ist; desgleichen ist durch die im Wege der Berichtigung erfolgte Klarstellung auszuschließen, daß der Beschwerdeführer wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen wird. Der Beschwerdeführer befindet sich auch im Rechtsirrtum, wenn er in der Beschwerde vorbringt, es entspreche "der ständigen Spruchpraxis des VwGH, daß Schreibfehler in bezug auf die Tatzeit (sowohl Datum als auch Uhrzeit) keiner Berichtigung zugänglich sind". Dieser Rechtssatz findet sich - abgesehen davon, daß es sich bei dem berichtigten Zeitpunkt nicht um die Tatzeit der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung nach § 103 Abs. 2 KFG 1967 handelt (dies wäre nur die Tatzeit hinsichtlich der Begehung der den Gegenstand der Anzeige bildenden, der Aufforderung zugrundeliegenden strafbaren Handlung) - nicht in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, insbesondere auch nicht in den vom Beschwerdeführer diesbezüglich angeführten beiden Erkenntnissen. Gerade aus dem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 27. Juni 1984, Slg. Nr. 11478/A, geht das Gegenteil hervor, kam es doch in diesem Beschwerdefall - wie der Verwaltungsgerichtshof dort eigens betont hat - mangels einer durch Bescheid gemäß § 62 Abs. 4 AVG 1950 vorgenommenen Berichtigung der Tatzeit zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes; auch im Erkenntnis vom 28. März 1985, Zl. 85/02/0064, heißt es unter Bezugnahme auf das zuletzt erwähnte Erkenntnis eines verstärkten Senates, daß der Umstand, daß bei der Angabe der Tatzeit im Spruch des Straferkenntnisses ein Schreibfehler unterlaufen sein mag, (zu ergänzen: ohne vorgenommene Berichtigung) keine berichtigende Auslegung des Schuldspruches zu Lasten des Beschwerdeführers zu bewirken vermöge.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit Mängel bei Beschreibung SchreibfehlerMängel im Spruch SchreibfehlerRechtsnatur und Rechtswirkung der BerufungsentscheidungSpruch der Berufungsbehörde vollinhaltliche Übernahme des Spruches der ersten InstanzBesondere verfahrensrechtliche Aufgaben der Berufungsbehörde Spruch des BerufungsbescheidesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989020217.X00Im RIS seit
19.03.2001Zuletzt aktualisiert am
21.04.2010