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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1972 §18 Abs1 Z3 litb;Betreff
X gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 14. Oktober 1988, GZ 6/3 - 3295/87, betreffend Einkommensteuer 1978 bis 1980 und 1983 bis 1985
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.010,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Anläßlich der Veranlagung des Beschwerdeführers zur Einkommensteuer hat das Finanzamt in den Jahren 1979 und 1983 bis 1985 vom Beschwerdeführer gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. b EStG 1972 geltend gemachte Sonderausgaben mit der Begründung nicht berücksichtigt, daß es sich nicht um die Errichtung eines Eigenheimes im Sinne der zitierten Gesetzesstelle handle und es hat ferner bei der Einkommensteuerveranlagung der Jahre 1978 bis 1980 die Auffassung vertreten, daß bestimmte Provisionen (1978 S 6.040,--, 1979 S 6.977,-- und 1980 S 5.149,--), welche nach Angabe der W-AG an die Gattin des Beschwerdeführers bezahlt worden seien, nicht dieser, sondern dem Beschwerdeführer zugerechnet werden müßten.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung, in welcher er die vom Finanzamt vertretenen Auffassungen bekämpfte.
Im Zuge des Verwaltungsverfahrens führte der Beschwerdeführer ergänzend aus (vgl. insbesondere die Schriftsätze vom 10. April 1987 und vom 5. August 1987), daß es sich bei seinem Einfamilienhaus in W, welches sich auf einem rund 500 m2 großen Eigengrund befinde, keineswegs bloß um ein Gartenhaus handle. Das zweigeschoßige Gebäude, welches eine verbaute Fläche von 35 m2 aufweise, bestehe aus drei Zimmern, einem eingerichteten Badezimmer sowie Balkon "im Ausmaß von mehr als 50 m2". Das Haus sei mit Kalt- und Warmwasser, Telefon, Geschirrspüler, Kühlschrank, Tiefkühler, Elektroherd mit Dunstabzugshaube und Backrohr ausgestattet. Eine Elektroheizung sei vorhanden. Die Benützungsbewilligung vom 25. Oktober 1983 sehe keine zeitliche Einschränkung der Benützung auf die Sommermonate vor. Der Einheitswert des Hauses betrage S 241.000,--.
Was die Frage jener Provisionen anlangt, welche laut Mitteilung der W-AG vom 27. Mai 1986 in den Jahren 1979 und 1980 (für 1978 erfolgte diesbezüglich eine Schätzung durch die Finanzverwaltung) die Gattin des Beschwerdeführers erhielt, die jedoch vom Finanzamt dem Beschwerdeführer selbst zugerechnet wurden, verwies dieser zunächst auf das genannte Schreiben der Aktiengesellschaft. Ferner führte er aus (Schriftsatz vom 14. Juli 1987), seine Frau habe bei Gelegenheit Versicherungen im Bekanntenkreis in geringem Umfang "gekeilt". Richtig sei (Schriftsatz vom 20. Juli 1987) daß "die Provisionen der Allianz AG" vom Beschwerdeführer "teils bar behoben", teils auf seinem Girokonto gutgeschrieben worden seien. Da er eine entsprechende Vollmacht seiner Frau habe, "gilt dies auch für ihre Provisionsansprüche", die der Beschwerdeführer "um ihr einen Weg zu ersparen, mitunter in ihrem Namen behob". Wirtschaftlich sei eine Provision (Schriftsatz vom 5. August 1987) dem zuzurechnen, "der die entsprechenden Anstrengungen zum Abschluß des Geschäftes - ohne selbst Vertragspartner zu sein - unternommen hat, der den Anstoß gab bzw. der am Anstoß bzw. den Verhandlungen mitgewirkt hat". Dies sei "eben manchmal" der Beschwerdeführer selbst, manchmal sei es seine Frau gewesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung zwar teilweise Folge gegeben, in den beiden, im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof allein noch relevanten Fragen, (Sonderausgaben, Zurechnung bestimmter Provisionen) sich jedoch dem Standpunkt der ersten Instanz angeschlossen. Begründend wurde hiezu im wesentlichen ausgeführt:
1. Sonderausgaben
Strittig sei, ob das im Kleingartenverein A errichtete Gebäude ein Eigenheim oder ein nicht begünstigtes Gartenhaus sei. Feststehe, daß sowohl der Einreichplan als auch die vom Magistrat erteilte Benützungsbewilligung im Zusammenhang mit dem in Rede stehenden Gebäude von einem Kleingartenhaus spreche. Gleiches gelte auch hinsichtlich der von der Firma Leopold A erstellten Rechnung über die Errichtung dieses Hauses. Der Eindruck, daß es sich vorliegendenfalls um ein Gartenhaus und nicht um ein begünstigtes Eigenheim handle, werde auch durch die Tatsache verstärkt, daß die Wohnnutzfläche nur 47,62 m2 betrage. Dabei sei zu berücksichtigen, daß sich diese Fläche auf einen Wohnraum (21,48 m2) und Bad/WC (2,64 m2) im Erdgeschoß mit einer Raumhöhe von 2,30 m und zwei Dachräumen (11,2 m2 und 12,3 m2) mit einer maximalen Raumhöhe von 2 m verteile. Weiters sei in Betracht zu ziehen, daß der Beschwerdeführer "eine vierköpfige Familie unterhält".
Bei dieser Sachlage sei davon auszugehen, daß im strittigen Gebäude "nur eine vorübergehende Unterbringung und Bewohnbarkeit gegeben" sei, "sodaß der Anspruch auf Gewährung der Sonderausgaben für Rückzahlungen von Darlehen, die für die Schaffung von begünstigtem Wohnraum aufgenommen wurden, zu verneinen ist".
2. Provisionen
Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die in Rede stehenden Provisionen entweder auf das Girokonto des Beschwerdeführers überwiesen oder von ihm bar in der Hauptkasse der Versicherung behoben worden seien, sowie daß der Beschwerdeführer in verschiedenen Fällen die Anträge persönlich gefertigt habe, sei es unwahrscheinlich, daß nicht der Beschwerdeführer selbst "der Vermittler der Versicherung gewesen sei". Vielmehr erscheine die Aufteilung der Provisionen der Steuerersparnis zu dienen, weil in den Streitjahren die Provision der Gattin des Beschwerdeführers jeweils "in einer Höhe gehalten wurde, die steuerlich keine Auswirkungen hat". Es seien daher dem Beschwerdeführer die Provisionen, die "nominell an seine Gattin geleistet wurden, zuzurechnen".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Sonderausgaben
Gemäß § 18 Abs. 1 Z. 3 lit. b EStG 1972 sind vom Gesamtbetrag der Einkünfte jene Beträge abzuziehen, die zur Errichtung eines Eigenheimes aufgewendet wurden.
Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung (vgl. Hofstätter-Reichel, Kommentar zu § 18 Abs. 2 EStG 1972, Tz 4.1, Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, Einkommensteuerhandbuch, 2. Auflage, Seite 418 f und die jeweils angeführte Judikatur, insbesondere auch das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 1977, Zl. 597/77) kann als Eigenheim nur ein Wohnhaus angesehen werden, das nicht bloß für vorübergehende Dauer errichtet wurde und das dazu geeignet ist, ganzjährige Wohnbedürfnisse befriedigen zu können. Die Eignung zu diesem Zweck ist nach den tatsächlichen Verhältnissen unter Heranziehung der Verkehrsauffassung zu beurteilen. Bei Vorliegen einer bloß befristeten Benützungsbewilligung (nur für die Sommermonate) kann von einem Eigenheim auch dann nicht mehr gesprochen werden, wenn eine ganzjährige Benützbarkeit auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten möglich wäre. Ohne Bedeutung für die Qualifikation eines Bauwerkes als Eigenheim ist es, ob das Gebäude nach der bestehenden Flächenwidmung in einem Erholungs- oder Kleingartengebiet liegt und wie es durch die Baubehörde bezeichnet wurde. Dem Eigenheimcharakter eines Gebäudes im Sinne des Einkommensteuerrechtes steht auch eine Wohnnutzfläche von - wie im Streitfall - 47 m2 ebensowenig entgegen, wie der Umstand, daß das Haus hinsichtlich der Befriedigung von Wohnbedürfnissen nur bescheidenen Anforderungen entspricht. Maßgebend ist, wie bereits oben dargelegt, vielmehr ausschließlich, ob die tatsächliche Beschaffenheit des Bauwerkes objektiv geeignet ist, dasselbe dauernd zu bewohnen oder nicht.
Ein Steuerpflichtiger kann auch mehrere Eigenheime zeitlich neben oder hintereinander errichten; ein Wohnbedürfnis ist nicht erforderlich. Auch die Errichtung eines Zweithauses ist begünstigt, vorausgesetzt, daß dasselbe die Möglichkeit einer ganzjährigen Benutzbarkeit bietet (vgl. Schubert-Pokorny-Schuch-Quantschnigg, a.a.O.).
Wendet man nun diese Auffassung, von welcher abzugehen der Gerichtshof auch im Beschwerdefall keine Veranlassung sieht, auf den vorliegenden Sachverhalt an, wie es sich aus der von der belangten Behörde konkret nicht bestrittenen Beschreibung des in Rede stehenden Bauwerkes durch den Beschwerdeführer ergibt, dann kann diesem nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn er die Ansicht vertritt, daß es sich bei dem strittigen Haus um ein Eigenheim im Sinne des Einkommensteuerrechtes handelt; denn die im angefochtenen Bescheid dagegen allein vorgebrachten Argumente, nämlich die Bezeichnung des Gebäudes seitens des Bauunternehmens und der Baubehörde als Gartenhaus sowie die Größe desselben, vermögen die von der belangten Behörde gezogenen Schlußfolgerungen nicht zu stützen.
Da die belangte Behörde dies nicht erkannte, erweist sich der angefochtene Bescheid in diesem Punkt mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
2. Provisionen
Diesbezüglich gründet die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ihre Ansicht, daß gewisse, ihrer Höhe nach nicht strittige Provisionsbeträge, welche die Wiener Allianz Versicherungs-AG an die Gattin des Beschwerdeführers bezahlt haben soll, in Wahrheit nicht dieser, sondern dem Beschwerdeführer selbst zuzurechnen sind, nur darauf, daß einerseits diese Beträge auf das Girokonto des Beschwerdeführers überwiesen oder von ihm behoben worden seien und andererseits der Beschwerdeführer "in verschiedenen Fällen
... die Anträge persönlich gefertigt hat".
Diese Argumente allein vermögen allerdings die in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde angestellten Überlegungen nicht ausreichend zu begründen; erscheint es doch im Rahmen einer aufrechten Ehe durchaus nicht ungewöhnlich, daß Zahlungen an einen der beiden Ehepartner auf das Konto des anderen überwiesen werden sowie daß einer Geldbeträge für den anderen behebt. Auch daß ein Ehepartner namens des anderen rechtlich tätig wird (Unterfertigung von Versicherungsanträgen) stützt, insbesondere dann, wenn - wie im vorliegenden Fall vom Beschwerdeführer behauptet und von der belangten Behörde mit keinem Wort auch nur in Frage gestellt - eine entsprechende Vollmacht vorliegt, den von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang gezogenen Schluß allein nicht. Es fehlt auch an konkreten Sachverhaltsfeststellungen, inwieweit die Ehegattin des Beschwerdeführers durch eigene Vermittlungstätigkeit der Versicherung gegenüber Provisionsansprüche erworben hat bzw. ob der Beschwerdeführer selbst die Versicherungsverträge vermittelt, damit Provisionsansprüche erworben hat.
Nach dem Dargelegten ist der angefochtene Bescheid, insoweit er mit der vorliegenden Beschwerde bekämpft wurde, mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, weshalb er in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1988130243.X00Im RIS seit
24.01.1990