TE Vwgh Erkenntnis 1990/1/24 88/13/0105

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.01.1990
beobachten
merken

Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §115 Abs1;
BAO §184 Abs1;

Beachte

Besprechung in: ÖStZB 1990/341;

Betreff

X gegen Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. März 1988, Zl. 6/1-1355/86, betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1980 bis 1983

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielte in den Jahren 1980 bis 1983 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Diese resultierten aus der Verrichtung von Buchhaltungsarbeiten und steuerlichen Hilfstätigkeiten für verschiedene Personen. Da der Beschwerdeführer für die oben genannten Jahre bis nach Abschluß einer gemäß § 99 Abs. 2 FinStrG angeordneten abgabenbehördlichen Prüfung weder Abgabenerklärungen erstattete noch den Prüfungsorganen Belege zur Verfügung stellte, wurden die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungsweg ermittelt.

Das Finanzamt übernahm die Schätzungsergebnisse und erließ am 17. Oktober 1985 entsprechende Bescheide betreffend Umsatzsteuer, Einkommensteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 1980 bis 1983.

Noch vor der Zustellung dieser Bescheide legte der Beschwerdeführer Abgabenerklärungen sowie Einnahmen-Ausgabenrechnungen für die Jahre 1980 bis 1984 vor. Gegen die erstinstanzlichen Abgabenbescheide erhob er rechtzeitig Berufung, in der er die Verletzung von Verfahrensgrundsätzen, "insbesondere des § 115 BAO" rügte und erklärte, die Schätzung habe den Charakter einer Strafbesteuerung.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. Oktober 1986 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerdeführer beantragte rechtzeitig die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Nach Durchführung weiterer Erhebungen und Überprüfung der vorgelegten Belege teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 3. März 1988 mit, daß sie angesichts der Mängel der vorgelegten Aufzeichnungen und Belege die Besteuerungsgrundlagen nur im Wege einer Globalschätzung ermitteln könne. Sie nannte in diesem Schreiben die von ihr geschätzten Besteuerungsgrundlagen und räumte eine Frist bis 21. März 1988 zur Abgabe einer Äußerung ein.

In seiner Äußerung vom 18. März 1988 bezeichnete der Beschwerdeführer auch diese Schätzung als "reine Strafbesteuerung" und erklärte, daß für die Jahre 1980 bis 1982 die für die Abgabe von Steuererklärungen notwendigen Berechnungsgrenzen nicht erreicht worden seien. Er vertrat die Auffassung, daß die Schätzung der Betriebsausgaben mit nur 15 % der geschätzten Betriebseinnahmen "in krassem Gegensatz zu den im § 115 BAO angeführten Vorschriften einer gerechten Abgabenermittlung" stehe, und behielt sich weitere Äußerungen für die mündliche Verhandlung vor. Im Rahmen der Berufungsverhandlung gelang es ihm nicht zu erklären, wie der für Kilometergelder angesetzte Betrag von S 53.958,-- (1983) ermittelt worden sei. Er gab an, kein Fahrtenbuch und keine Aufzeichnungen über die täglichen Einnahmen geführt zu haben, und vermochte auch nicht zu zeigen, wann die Zahlungen an ihn geleistet wurden.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung teilweise Folge und setzte - wie im Schreiben vom 3. März 1988 angekündigt - die Bemessungsgrundlagen und damit die Höhe der Abgaben entsprechend fest. In den Entscheidungsgründen vertrat sie die Auffassung, daß sich der Beschwerdeführer der Mitwirkung im Betriebsprüfungsverfahren entzogen habe und auch in der Folge über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermocht habe, sodaß auch die belangte Behörde verpflichtet gewesen sei, die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, insbesondere weil auch die vorgelegten Belege nicht geeignet gewesen seien, eine brauchbare Grundlage für eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung oder auch nur für eine Teil-(Zu-)schätzung zu liefern. So sei weder gewährleistet, daß die zugeflossenen Einnahmen auch nur annähernd vollständig erfaßt seien, noch könne von den angeblichen Betriebsausgaben auf die tatsächlichen Betriebsausgaben halbwegs verläßlich geschlossen werden. Für die Jahre 1980 bis 1983 seien nennenswerte Betriebsausgaben nicht nachgewiesen worden. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen seien für die Abgabenerhebung völlig wertlos, weil die darin enthaltenen Zahlen offenbar rein willkürlich gewählt worden seien und sich jeder Nachprüfung entzögen. Auch die belangte Behörde könne daher die Besteuerungsgrundlagen nur im Wege einer Globalschätzung gewinnen. Die Schätzung durch die erstinstanzliche Behörde erweise sich allerdings zu hoch. Die belangte Behörde gehe davon aus, daß der Beschwerdeführer (neben der Kanzlei P) acht weitere Klienten betreut habe. Gehe man von erklärten Durchschnittseinnahmen in der Höhe von S 11.500,-- im Jahr aus, so erscheine eine Schätzung der jeweiligen Gesamteinnahmen (außer der Kanzlei P) in der Höhe von rund S 50.000,-- keinesfalls überschießend. Die Behörde habe unter Berücksichtigung von Erfahrungswerten aus vergleichbaren Fällen in Verbindung mit dem gegenständlichen Fall Betriebsausgaben in der Höhe von 15 % pauschal angenommen; dabei sei einerseits auf möglicherweise erhöhte Fahrt- und Reisekosten, anderseits aber auch darauf Bedacht genommen worden, daß der Beschwerdeführer kaum nennenswerte Betriebsausgaben glaubhaft gemacht habe. Die bei den Betriebsausgaben anzuerkennende Vorsteuer sei mit 10 % der Nettobetriebsausgaben angesetzt worden, da eine Reihe von typischen Betriebsausgaben eines Steuerberateranwärters entweder überhaupt nicht mit Umsatzsteuer belastet sei (Postgebühren, Stempelmarken) oder dem ermäßigten Steuersatz unterliege (Fachliteratur, Fahrtkosten).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer macht geltend, ihm sei das gemäß § 115 BAO zu gewährende Parteiengehör verweigert worden. Die im Berufungsverfahren vorgelegten Steuererklärungen seien in beiden Instanzen völlig ignoriert worden.

Diese Ausführungen stehen mit dem Inhalt der vorgelegten Akten im Widerspruch, weil dem Beschwerdeführer wiederholt Gelegenheit gegeben wurde, zu den Prüfungsergebnissen Stellung zu nehmen, so zuletzt u.a. auf Grund des Schreibens der belangten Behörde vom 3. März 1988 und schließlich in der mündlichen Verhandlung über die Berufung. Daß die im Berufungsverfahren vorgelegten Steuererklärungen völlig ignoriert worden seien, entspricht ebenfalls nicht den Tatsachen, weil sich die belangte Behörde damit auseinandergesetzt und (auf den Seiten 21 bis 24 des angefochtenen Bescheides) ausführlich begründet hat, warum die vorgelegten Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen keine Grundlage für die Abgabenerhebung darstellen können.

Aus welchen Gründen die Schätzung der Einnahmen für die Jahre 1980 bis 1982 "eklatanten Ermessensmißbrauch" darstellen soll, wird nicht begründet. Im übrigen handelt es sich bei der Schätzung von Besteuerungsgrundlagen nicht um die Ausübung von Ermessen, sondern um einen Akt der Tatsachenfeststellung (siehe Stoll, BAO-Handbuch, 1980, Seite 417).

Der Beschwerdeführer meint unter Bezugnahme auf § 21 Abs. 1 BAO, "die unter solchen Umständen übliche Vermögenszuwachsrechnung" spreche im vorliegenden Fall eindeutig für ihn, unterläßt aber jegliche Angabe, auf Grund welcher Unterlagen die belangte Behörde eine derartige Berechnung anstellen hätte sollen, und unternimmt auch selbst nicht den Versuch einer derartigen Berechnung in der Beschwerde.

Die Behauptung, die Entscheidung der belangten Behörde stütze sich primär auf Belege für das Jahr 1984, geht am Inhalt des angefochtenen Bescheides vorbei. Die belangte Behörde hat auf den Seiten 25 und 26 des angefochtenen Bescheides dargestellt, wie sie zu den geschätzten Besteuerungsgrundlagen für die Jahre 1980 bis 1983 gelangt ist, und hat dazu nicht die für das Jahr 1984 vorgelegten Belege herangezogen.

Die abschließende Behauptung des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte bei "konkreter Interpretation der dem Bescheid zugrunde liegenden Gesetzesstellen und bei Beachtung der Verfahrensvorschriften zu einem anderen Bescheid gelangen müssen", läßt nicht erkennen, welche Vorschrift die belangte Behörde verletzt haben soll.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1988130105.X00

Im RIS seit

24.01.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten