TE Vfgh Beschluss 1987/6/15 V73/86

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Veröffentlicht am 15.06.1987
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Index

10 Verfassungsrecht
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 (B-VG)

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Verordnung des Magistrates Salzburg vom 21.05.1986. ZIX/3-21697/1-86, kundgemacht am 27.06.1986
StVO 1960 §45

Leitsatz

Gewichtsbeschränkungen für Zufahrtsstraßen; Eingriff in die Rechtssphäre der Eigentümer dieser Zufahrtsstraßen; jedoch Antrag auf Erteilung der Ausnahmebewilligung nach §45 StVO 1960 zumutbar, da auch Erlegung einer Sicherheitsleistung nach §45 Abs3 StVO 1960 nicht unmittelbar an den Bewilligungsbescheid geknüpft ist; mangelnde Antragslegitimation

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Die Antragsteller sind nach ihrer Darstellung zu je einem Drittel Miteigentümer der dem öffentlichen Verkehr gewidmeten Grundparzellen .../138, .../139, .../140, EZ 1805 KG Morzg, Salzburg. Der Magistrat Salzburg habe mit V vom 21. Mai 1986 für das Befahren der GP .../140 und der GP .../5 (nördliche und südliche Verbindungsstraße zwischen Carl-Maager-Straße und Lichtenbergstraße) eine Gewichtsbeschränkung von 12 t und für die GP .../139 (mittlere Verbindungsstraße zwischen Carl-Maager-Straße und Lichtenbergstraße) eine Gewichtsbeschränkung von 9 t verordnet. Diese Straßen dienten als Zufahrt zu der ebenfalls den Antragstellern gehörenden GP .../159 (im Antrag zum Teil als GP .../158 bezeichnet), auf der die Antragsteller die Errichtung einer aus öffentlichen Mitteln geförderten Reihenhaus- und Wohnungsanlage beabsichtigten, für die mit Bescheid des Magistrates Salzburg vom 4. 10. 1984 bereits die Baubewilligung erteilt worden sei.

Da die von der Gewichtsbeschränkung betroffenen Straßen auch von Lastkraftwagen befahren werden müßten, verursache die Gewichtsbeschränkung eine Erhöhung der Baukosten, wodurch sich die Antragsteller geschädigt fühlten.

Die Erwirkung einer Ausnahmebewilligung im Sinne des §45 StVO sei unzumutbar, weil der Rechtsvertreter der Antragsteller von der bel. Beh. die Auskunft erhalten habe, daß eine Bewilligung nur bei Erlegung einer Sicherheitsleistung von mindestens S 1,000.000,-- erteilt werden könne.

Mit dem auf Art139 B-VG gestützten Antrag begehren die Antragsteller die Aufhebung der V ihrem ganzen Inhalt nach als gesetzwidrig, weil der Magistrat bei Erlassung der V das den Beschwerdeführern gesetzlich eingeräumte Parteiengehör verletzt habe, die Gewichtsbeschränkung unbegründet sei und sich der Magistrat nur scheinbar auf ein Gutachten der bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg berufe.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der VfGH über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die V ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Anfechtungsberechtigt ist also nur der Normadressat, in dessen Rechtssphäre in einer nach Art und Ausmaß im Gesetz eindeutig bestimmten Weise nicht bloß potentiell, sondern aktuell eingegriffen wird und dem ein anderer zumutbarer Weg zur Geltendmachung der Rechtswidrigkeit nicht zur Verfügung steht (vgl. VfSlg. 8009/1977 u.v.a.). Dabei ist von jenen Wirkungen der Norm auszugehen, durch die sich der Antragsteller beschwert erachtet (vgl. VfSlg. 8060/1977).

2. Im vorliegenden Fall verbietet die bekämpfte V das Befahren der Zufahrtsstraßen mit Fahrzeugen über 9 bzw. 12 t Gewicht. Stehen diese Zufahrtsstraßen - wie die Antragsteller behaupten - in ihrem Eigentum, so könnten sie von dieser Norm betroffen sein, wenn sie Lastkraftwagen zum Zweck der Beförderung von Baumaterial über diese Zufahrtsstraßen fahren lassen wollen. Die bekämpfte V greift daher in die Rechtssphäre der Antragsteller ein (vgl. den insofern gleichgelagerten Fall VfSlg. 8553/1979, S 337, weiters VfSlg. 10302/1984).

3. Nach der Judikatur des VfGH steht aber ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, die behauptete Rechtswidrigkeit der

V geltend zu machen. Die Antragsteller können nämlich eine Ausnahmebewilligung nach §45 StVO 1960 beantragen. Ob die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gegeben sind, muß in einem (auf Antrag des Betroffenen eingeleiteten) Verwaltungsverfahren erst geklärt werden. Sind die Voraussetzungen gegeben, so hat die Behörde durch Erteilung der beantragten Bewilligung die vorläufig für jedermann eintretende Verkehrsbeschränkung für den Antragsteller wieder aufzuheben. Damit steht diesen ein Mittel zur Verfügung, die Wirkungen der

V von sich abzuwenden oder aber - wenn dieser Weg aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen erfolglos bleiben sollte in einer Beschwerde gegen den die Ausnahme versagenden (letztinstanzlichen) Bescheid die Frage der Gesetzmäßigkeit des Verbotes an den VfGH heranzutragen. Diesen Weg hält der Gerichtshof für zumutbar (vgl. zB VfSlg. 8553/1979 S 337 f, VfSlg. 10302/1984, S 809).

An dieser Beurteilung vermag das Vorbringen der Antragsteller, im Falle eines Antrages nach §45 StVO 1960 hätten sie eine beträchtliche Sicherheitsleistung zu erbringen, nichts zu ändern. Nach dem Abs3 der genannten Gesetzesbestimmung ist die Erlegung einer Sicherheitsleistung nicht unmittelbar an den Bewilligungsbescheid, sondern an die erstmalige ausnahmsweise Straßenbenützung geknüpft. Das Gesetz bietet also für die Vorschreibung einer Sicherheitsleistung vor oder anläßlich der Erlassung der Ausnahmebewilligung keine Grundlage. Für den Fall, daß die Behörde ohne (vorangegangene) Sicherheitsleistung keine Bewilligung erteilen würde, stünde den Antragstellern der Weg einer Säumnisbeschwerde beim VwGH offen; dieser Gerichtshof hätte im Falle von Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der Verkehrsbeschränkung die Verpflichtung, ein Verfahren gemäß Art139 Abs1 B-VG beim VfGH in die Wege zu leiten.

4. Der Antrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Straßenpolizei

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1987:V73.1986

Dokumentnummer

JFT_10129385_86V00073_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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