TE Vwgh Erkenntnis 1990/1/31 89/03/0085

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Veröffentlicht am 31.01.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs4 lita;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1;

Betreff

N gegen Salzburger Landesregierung vom 17. Jänner 1989, Zl. 9/01-29.450/1-1988, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer im Verwaltungsrechtszug schuldig erkannt, er habe dadurch, daß er am 2. Jänner 1988, gegen 14.15 Uhr, einen dem Kennzeichen nach bestimmten Pkw auf einer bestimmten Straße gelenkt und hierauf um 17.20 Uhr des gleichen Tages in seiner Wohnung trotz Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigert habe, obwohl vermutet habe werden können, daß er sich beim vorhergehenden Lenken des Pkws in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO begangen. Gemäß § 99 Abs. 1 lit.b StVO wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) verhängt. Ferner wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer gemäß § 64 VStG 1950 einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens und zu jenen des Berufungsverfahrens in der Höhe von je S 1.000,--- "sowie gemäß § 67 VStG 1950 allenfalls auflaufende Kosten des Strafvollzuges zu leisten" habe. (Ein weiterer Ausspruch der belangten Behörde und zwei in gemeinsamer Ausfertigung ergangene Aussprüche des Landeshauptmannes sind nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Grunde des § 5 Abs. 2 StVO sind die Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden. Gemäß § 5 Abs. 2a StVO ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt entweder a) mit einem Gerät, das nur den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergibt, oder b) mit einem Gerät, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt, vorzunehmen. Nach § 99 Abs. 1 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung, (lit. b) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Für die Lösung der Frage, ob die Aufforderung zur Atemluftprobe noch zulässig ist, kommt dem Zeitraum zwischen dem Lenken und dem Verlangen nach Vornahme der Atemluftprobe Bedeutung zu. Bei Zeiträumen zwischen der Beendigung des Lenkens und der Aufforderung zur Atemluftprobe von erheblich mehr als drei Stunden trifft die Behörde eine besondere Begründungspflicht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 15. November 1989, Zl. 89/03/0170). Es geht unter dem Gesichtspunkt des § 5 Abs. 2 und des § 99 Abs. 1 lit. b StVO darum, daß die Atemluftprobe im Sinne des § 5 Abs. 2a lit. a StVO zufolge der Bestimmung des Absatzes 4 lit. a dieses Paragraphen dazu dienen soll, allenfalls die Vorführung von Fahrzeuglenkern zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Arzt zu ermöglichen. Zweck einer entsprechenden ärztlichen Untersuchung ist es, Tatsachengrundlagen für eine Beurteilung nach § 5 Abs. 1 StVO zu liefern. Daraus ergibt sich, daß auch die Ablegung der Atemluftprobe ihrem Endzweck nach nur im Hinblick auf die Bestimmung des § 5 Abs. 1 StVO gesehen werden kann, ohne daß dadurch gesagt sein soll, die Feststellung der Fahruntüchtigkeit im Sinne des § 5 Abs. 1 StVO könne schon allein durch das Ergebnis einer Atemluftprobe erfolgen. Es kommt somit auf solche Umstände an, die zum Zeitpunkt der Aufforderung zur Atemluftprobe das Straßenaufsichtsorgan vermuten lassen können, der Lenker eines Fahrzeuges sei zum Zeitpunkt des Lenkens so stark alkoholisiert gewesen, daß das Ergebnis einer Prüfung des Atemalkoholgehaltes gegebenenfalls den Verdacht (§ 5 Abs. 4 lit. a StVO) begründen kann, der betreffende Lenker habe sich zum Zeitpunkt des Lenkens in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1987, Zl. 86/02/0130).

Im vorliegenden Fall veranlaßte die belangte Behörde eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens durch Einvernahme des Meldungslegers und des zweiten in der Wohnung des Beschwerdeführers anwesend gewesenen Beamten als Zeugen. Beide Zeugen bekundeten in ihrer Aussage am 23. bzw. am 24. Juni 1988 die Wahrnehmung von starkem Alkoholgeruch der Atemluft, schwankendem Gang, lallender Aussprache und von geröteten Augen. Die belangte Behörde hatte keine Anhaltspunkte dafür, daß den Beamten die Wahrnehmung von starkem Alkoholgeruch tatsächlich nicht möglich gewesen wäre. Mit den nunmehr in der Beschwerde für eine Unmöglichkeit einer solche Wahrnehmung vorgetragenen Gesichtpunkten mangelnden Anhauchens und eines gegenseitigen Abstandes von mindestens 2 Metern brauchte sich die belangte Behörde nicht auseinanderzusetzen, weil im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens derartige Gesichtspunkte nicht als für die Sachverhaltsfeststellung maßgebende Umstände in Erscheinung getreten waren und insbesondere der Beschwerdeführer selbst in einer Stellungnahme vom 17. August 1988 kein entsprechendes Vorbringen erstattet hatte. Die belangte Behörde durfte somit auf Grund der in Rede stehenden Zeugenaussagen das Vorliegen der von den als Zeugen einvernommenen Beamten bekundeten Alkoholisierungssymptome feststellen.

Die belangte Behörde durfte ferner davon ausgehen, daß die Beamten von der Person, die die Anzeige vom Verkehrsunfall erstattet hatte, darauf aufmerksam gemacht worden waren, daß der Beschwerdeführer zur Zeit des Lenkens seines Fahrzeuges und des damals mit ihm geführten Gespräches einen alkoholisierten Eindruck erweckt hatte.

Es war nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde in Ansehung der Alkoholisierungsmerkmale mit der von den Beamten beschriebenen Charakteristik im Zusammenhang mit der Verständigung über den Zustand des Beschwerdeführers zur Zeit des Lenkens des Fahrzeuges davon ausging, es habe sich um Umstände gehandelt, die den Meldungsleger vermuten lassen konnten, der Beschwerdeführer sei "gegen 14.15 Uhr" so stark alkoholisiert gewesen, daß das Ergebnis einer um 17.20 Uhr durchgeführten Prüfung des Alkoholgehaltes gegebenenfalls den Verdacht (§ 5 Abs. 4 lit. a StVO) hätte begründen können, der Beschwerdeführer habe sich "gegen 14.15 Uhr" in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden.

Die Tatsache, daß die Beamten von der Person, die die Anzeige vom Verkehrsunfall erstattet hatte, darauf aufmerksam gemacht worden waren, daß der Beschwerdeführer zur Zeit des Lenkens und des damals mit ihm geführten Gespräches einen alkoholisierten Eindruck erweckt hatte, d.h. somit die Tatsache einer solchen Benachrichtigung, wurde vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt. Die Aussage der Person, die die Anzeige vom Verkehrsunfall erstattet hatte, hatte im übrigen keine Tatsachen zum Gegenstand, die für den angefochtenen Bescheid von rechtlicher Relevanz gewesen wären. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid auf diese Aussage auch gar nicht ein, worin demnach keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erblicken ist. Die Ausführungen der Beschwerde über die Glaubwürdigkeit dieses Zeugen gehen daher ins Leere. Im gegebenen Zusammenhang sei vermerkt, daß die Einvernahme dieser Person vor der Gendarmerie nicht "erst um 15.00 Uhr, ....., also eine Stunde, nach dem sich der Unfall ereignet hatte", stattfand, wie in der Beschwerde im Widerspruch mit der Aktenlage ausgeführt wird. Der Aktenlage ist vielmehr zu entnehmen, daß die Person, die die Anzeige vom Verkehrsunfall erstattete, die entsprechende Verständigung am 2. Jänner 1987 bereits um 14.15 Uhr vornahm. Die niederschriftliche Einvernahme hingegen fand nicht eine Stunde nach dem Unfall statt, auf der betreffenden Niederschrift ist vielmehr als Tag der Einvernahme erst der folgende Tag, nämlich der 3. Jänner 1988 (um 15.00 Uhr), angegeben.

Der Eindruck, den der Beschwerdeführer etwa eine Stunde nach der Amtshandlung in der Wohnung des Beschwerdeführers auf einen an der Amtshandlung nicht beteiligten Beamten in der Dienststelle machte, war für das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde weder unter dem Gesichtspunkt der Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers noch unter dem Gesichtspunkt der Überlegungen zur Beweiswürdigung von Bedeutung. Der Umstand, daß der betreffende dritte Beamte nicht einvernommen wurde, belastet den angefochtenen Bescheid daher nicht mit Rechtswidrigkeit.

Die Auffassung der belangten Behörde, die Feststellung der Lenkzeit mit dem Ausdruck "gegen 14.15 Uhr" sei ausreichend und der geringfügigen Zeitdifferenz von einer Viertelstunde, auf die in der Berufung Bezug genommen worden sei, komme keine weitere Bedeutung zu, ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Eine Rechtswidrigkeit liegt zunächst unter dem Blickwinkel des § 44a lit. a VStG 1950 nicht vor, weil in Ansehung einer Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b i.V.m. § 5 Abs. 2 StVO die Zeit des Lenkens nicht zum Tatverhalten gehört (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Juni 1984, Slg. N. F. Nr. 11.466/A). Unter den für die Verpflichtung, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen gesehen, war es hingegen im vorliegenden Fall ohne rechtliche Relevanz, ob das Lenken um 14.00 Uhr oder erst um 14.15 Uhr stattfand, weil die belangte Behörde das Erfordernis einer besonderen Begründung im Sinne der im hg. Erkenntnis vom 15. November 1988, Zl. 89/03/0170, dargelegten Rechtslage erkannte und diesem Erfordernis im Sinne der vorstehenden Ausführungen auch entsprochen wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag es weiters nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde der Zeugenaussage der Beamten dahin folgte, daß der Beschwerdeführer in seiner Wohnung die Durchführung des Alkotestes eindeutig und unmißverständlich verweigert habe, zumal der Beschwerdeführer in seiner Berufung nicht etwa darauf hingewiesen hatte, daß er bereit gewesen wäre, in seiner Wohnung - in die der den Meldungsleger begleitende Beamte zufolge seiner Zeugenaussage das Alkotestmaterial gebracht hatte - den Alkotest abzulegen, sondern in seiner Berufung ausgeführt hatte, er habe zur Dienststelle kommen wollen, um sich einem Alkotest zu unterziehen. Im gegebenen Zusammenhang führt die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der maßgebenden Rechtslage aus, daß dem Beschwerdeführer kein Wahlrecht hinsichtlich des Ortes der Ablegung des Alkotestes zukam.

Nach § 64 Abs. 2 VStG 1950 beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für jede Instanz je 10 v.H. der verhängten Strafe, mindestens jedoch je 5 S. Die von der belangten Behörde vorgenommene Festlegung mit dem Betrag von je S 1.000,-- war auf der Grundlage der mit S 10.000,-- verhängten Geldstrafe nicht rechtswidrig. Der Umrechnungsschlüssel mit 50 S ist auf die Verhängung von (primär verhängten) Freiheitsstrafen abgestellt und war im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. In dem aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides ersichtlichen Zitat des "§ 67 VStG 1950" (dieses Zitat ist allerdings durch die Verwaltungsstrafgesetz-Novelle 1987 überholt) ist, wie sich aus der hier lediglich verweisenden Diktion des Spruches ergibt, kein normativer Gehalt zu erblicken. Der Verwaltungsgerichtshof vermag im gegebenen Zusammenhang keine Rechtswidrigkeit zu erkennen, durch welche der Beschwerdeführer in einem subjektiven Recht verletzt worden wäre.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Alkotest Voraussetzung Alkotest Zeitpunkt Ort "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989030085.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

05.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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