TE Vwgh Erkenntnis 1990/1/31 89/03/0099

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Veröffentlicht am 31.01.1990
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;

Norm

StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §5 Abs2a lita;
StVO 1960 §5 Abs2a litb;
StVO 1960 §5 Abs2a;
StVO 1960 §5 Abs7 lita;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;

Betreff

N gegen Tiroler Landesregierung vom 3. Februar 1989, Zl. IIb2-V-7047/4-89 betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Erstbehörde vom 3. August 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 5. Mai 1988, um 23.10 Uhr, am bezeichneten Gendarmerieposten der Aufforderung, sich einem Alkotest mittels Alkomat zu unterziehen und diesen ordnungsgemäß durchzuführen, trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen und sachkundiger Aufklärung über die Art der Durchführung keine Folge geleistet. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 99 Abs. 1 lit. b StVO verletzt. Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO wurde eine Geldstrafe in der Höhe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die dagegen erhobene Berufung abgewiesen. Der Spruch des Straferkenntnisses wurde insofern ergänzt und präzisiert, als nach den Worten "Sie haben am 5. 5. 1988" die Worte "nachdem Sie um 22.55 Uhr den Pkw Kennzeichen ..... im Ortsgebiet von ..... auf der ..... in einem offensichtlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkten" eingefügt werden. Weiters wurde der Spruch insofern ergänzt, als eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO zur Last gelegt werde. Eine Präzisierung des Spruches erfolge schließlich insofern, als die Geldstrafe nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO verhängt werde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 99 Abs. 1 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung (lit. b), wer u.a. sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht sind berechtigt, die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen, wenn vermutet werden kann, daß sich diese Personen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden.

Im Grunde des § 5 Abs. 2a ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt entweder

a) mit einem Gerät, das nur den Verdacht der Beeinträchtigung durch Alkohol ergibt oder

b) mit einem Gerät, das den Alkoholgehalt der Atemluft mißt und entsprechend anzeigt,

vorzunehmen.

Als Voraussetzungen für die Berechtigung zur Untersuchung der Atemluft und der daraus folgenden Verpflichtung sind somit das Lenken (u.dgl.) sowie die Vermutung der Alkoholbeeinträchtigung festgelegt.

Wenn der Beschwerdeführer in seiner vorliegenden Beschwerde meint, die Bestimmung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO ziele darauf ab, denjenigen zu bestrafen, der durch seine Weigerung die Wahrheitsfindung zu erschweren sucht, ist ihm entgegenzuhalten, daß § 99 Abs. 1 lit. b und § 5 Abs. 2 StVO im gegebenen Zusammenhang ihrem Wortlaut nach, und zwar hinsichtlich der Festlegung der Voraussetzungen für die Berechtigung zur Untersuchung der Atemluft und der entsprechenden Verpflichtung, hinreichend klar sind und daß es zur Auslegung dieser Bestimmungen im vorliegenden Fall somit keines Rückgriffes auf teleologische Überlegungen hinsichtlich des dem § 99 Abs. 1 lit. b StVO zugrunde liegenden rechtspolitischen Zieles bedarf.

Weder aus § 99 Abs. 1 lit. b noch aus § 5 Abs. 2 und Abs. 2a StVO ergibt sich, daß eine Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt aus Besorgnis, das Ergebnis der Untersuchung, sei es mit einem Test-, sei es mit einem Meßgerät, könnte im Hinblick auf eine Erkrankung oder im Hinblick auf die Einnahme von Medikamenten verfälscht sein, abgelehnt werden dürfte. Im gegebenen Zusammenhang ist auch auf § 5 Abs. 7 StVO zu verweisen, demzufolge ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender oder bei einer Bundespolizeibehörde tätiger Arzt eine Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes u. a. auch dann vorzunehmen hat, wenn (lit. a) eine Person, bei der eine Untersuchung der Atemluft nach Abs. 2a lit. b vorgenommen worden ist, eine solche Blutabnahme verlangt. Einer Besorgnis hinsichtlich einer Unrichtigkeit einer Messung des Atemalkoholgehaltes kann somit - abgesehen von sonstigen in einem allfälligen Strafverfahren wegen Übertretung des § 5 Abs. 1 StVO nach Maßgabe des jeweiligen Einzelfalles zur Verfügung stehenden Verteidigungsmöglichkeiten - durch ein Verlangen nach einer Blutabnahme im Sinne des § 5 Abs. 7 lit. a StVO Raum gegeben werden. In Ansehung der Besorgnis, die der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall gehegt zu haben behauptet, bedurfte es mangels rechtlicher Relevanz im Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO somit keiner Beweisaufnahmen, und zwar weder durch Einvernahme von Zeugen noch durch Beiziehung eines ärztlichen Sachverständigen.

Darüber hinaus vermag der Verwaltungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt, daß im Rahmen der straßenpolizeilichen Überwachung der Einsatz von Alkomaten eine Neuheit gewesen sei, nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde dem Beschwerdeführer einen Entschuldigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 VStG 1950 zubilligen hätte müssen. Vom Beschwerdeführer als Lenker eines Kraftfahrzeuges war die Kenntnis seiner Verpflichtung, unter den angeführten gesetzlichen Voraussetzungen seine Atemluft auf Alkoholgehalt, sei es mit einem Test-, sei es mit einem Meßgerät im Sinne der einschlägigen Verordnungen, untersuchen zu lassen, zu erwarten.

Der Meldungsleger, der den Beschwerdeführer aufgefordert hatte, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, hatte, wie die belangte Behörde auf Grund der Anzeige und der Zeugenaussage vom 17. Juni 1988 feststellte, insbesondere Alkoholgeruch in der Atemluft des Beschwerdeführers und somit ein Alkoholisierungsymptom wahrgenommen, welches schon für sich allein die Vermutung einer Alkoholbeeinträchtigung rechtfertigt (siehe u.a. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1989, Zl. 89/02/0022).

Dem Beschwerdevorbringen, es hätten nicht alle Beamten über eine Ermächtigungsurkunde verfügt, ist entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer vom Meldungsleger aufgefordert wurde, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Dieser besitzt, wie die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der Aktenlage ferststellte, eine Ermächtigungsurkunde der Erstbehörde und war demnach - unabhängig davon, mit welchem Gerät die Untersuchung stattfinden sollte (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1989, Zl. 89/02/0022) - zur Aufforderung berechtigt, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen. Im vorliegenden Fall wurde die der Erstbehörde zuzurechnende Aufforderung auch in deren Sprengel vorgenommen, sodaß in dieser Hinsicht auch keine Unzuständigkeit im Sinne der Beschwerdeausführungen vorliegt.

Bereits der Spruch des erstbehördlichen Straferkenntnisses enthält die Wendung "trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen", in der Begründung des erstbehördlichen Straferkenntnisses wurde hiezu auf den sich aus der Anzeige ergebenden Sachverhalt verwiesen. Nach § 66 Abs. 4 AVG 1950 hat die Berufungsbehörde - außer den im Absatz 2 erwähnten, im Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschwerdeführer jedoch nicht vorgelegenen Fall -, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den durch Berufung angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auf der Grundlage des § 66 Abs. 4 AVG 1950 nicht zu erkennen, daß die belangte Behörde mit der vorstehend dargestellten Einfügung von Worten in den Spruch, und zwar in den Spruchteil nach § 44a lit. a VStG 1950 etwa die Grenzen der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) überschritten hätte. Gleiches gilt für die Beifügung des Zitates des § 5 Abs. 2 StVO zu der von der Erstbehörde zitierten Bestimmung des § 99 Abs. 1 lit. b StVO im Spruchteil nach § 44a lit. b VStG 1950 und für den Spruchteil nach § 44a lit. c VStG 1950. Die in der Beschwerde vertretene Auffassung, "Berichtigungen und Präzisierungen" hätten "mit einem im Instanzenzug anfechtbaren Bescheid zu erfolgen", "nachträgliche Änderungen im Inhalt eines Bescheides" dürften "nicht unter dem Titel einer Berichtigung vorgenommen werden", "darüber hinaus gehe es nicht an, einen mangelhaften Bescheid mit insgesamt drei Ergänzungen und Präzisierungen zu 'korrigieren'", gehen an der durch § 66 Abs. 4 AVG 1950 gegebenen Rechtslage und an der dargestellten maßgebenden Sachlage vorbei.

Die belangte Behörde durfte den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens entnehmen, daß der Beschwerdeführer die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt verweigern wollte und sich solcherart vorsätzlich und nicht etwa nur fahrlässig verhielt. Davon abgesehen bezeichnet der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde die Frage als offen, weshalb ihm der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht zugestanden worden sei. Da er nicht etwa vorbringt, unbescholten zu sein, und da aus den Akten des Verwaltungsstrafverfahrens auch strafrechtliche Vormerkungen ersichtlich sind, vermag der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung der belangten Behörde, der Milderungsgrund der Unbescholtenheit sei nicht vorgelegen, nicht als rechtswidrig zu erkennen. Auch sonstige Umstände, denenzufolge die Strafbemessung mit Rechtswidrigkeit belastet wäre, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit zur Gänze als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Schlagworte

Alkotest VoraussetzungAlkotest VerweigerungFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung AlkoholisierungssymptomeAlkotest StraßenaufsichtsorganFeststellung der Alkoholbeeinträchtigung Alkotest

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989030099.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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