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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
ABGB §1297;Betreff
E-GmbH gegen Landeshauptmann von Niederösterreich vom 30. Dezember 1988, Zl. III/1-28.421/1-88, betreffend Kosten eines wasserpolizeilichen Auftrages
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 26. Mai 1988 wurde festgestellt, daß in einer von der Beschwerdeführerin betrieblich genutzten Lagerhalle in X im darin befindlichen Tiefkühlraum, in dem größere Mengen von Fischfertiggerichten gelagert waren, das Tiefkühlaggregat schon längere Zeit ausgefallen war. Auf Grund von Gutachten des ärztlichen und des wasserbautechnischen Amtssachverständigen, in denen die Gefahr einer starken Gewässerverunreinigung durch bereits auftretende Verwesungsflüssigkeit insbesondere des Y-Baches, in den ein Kanalstrang aus dem Tiefkühlraum ausmündete, aufgezeigt und das Vorliegen von Gefahr im Verzug dargelegt wurde, ordnete die Bezirkshauptmannschaft (im folgenden: BH) am selben Tag unter Heranziehung des § 31 Abs. 3 WRG 1959 die Räumung und fachgerechte Beseitigung des verwesten Materials sowie die Reinigung der Kanalstränge und die fachgerechte Entsorgung der Spülwässer unmittelbar an.
Mit - dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, H.S., zugestelltem - Bescheid vom 24. August 1988 verpflichtete die BH die Beschwerdeführerin gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 zur Bezahlung der auf Grund der erteilten Räumungs- und Entsorgungsaufträge erwachsenen Kosten im Ausmaß von insgesamt S 153.002,90. Begründend führte die Behörde aus, Nachforschungen bei der Gendarmerie und der Gewerbebehörde hätten ergeben, daß die Beschwerdeführerin, wenn auch ohne entsprechende Gewerbeanmeldung, in der angeführten Lagerhalle und im Tiefkühlraum eine betriebliche Tätigkeit entfaltet habe und somit als letzter Betreiber dieser Anlagen für die Funktionsfähigkeit der Anlagen verantwortlich sei.
Gegen diesen Bescheid erhob H.S. "als vormaliger Geschäftsführer" der Beschwerdeführerin Berufung, unter deren Punkt 1 er geltend machte, er sei am 11. Juli 1988 als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin ins Handelsregister eingetragen worden, habe aber seitens der Gesellschafter der Beschwerdeführerin keinerlei Informationen oder Unterlagen über die Geschäftstätigkeit der Beschwerdeführerin erhalten, sodaß er eine Tätigkeit als Geschäftsführer nicht habe ausüben können. Er habe daher mit Schreiben vom 19. Oktober 1988 seinen Rücktritt als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin erklärt und die Veranlassung der Löschung seiner Eintragung als Geschäftsführer im Handelsregister begehrt. Er habe sohin im Zeitraum vom 11. Juli bis 19. Oktober 1988 keinerlei Geschäftsführungstätigkeit für die Beschwerdeführerin ausgeübt oder rechtsverbindliche Handlungen für die Beschwerdeführerin vorgenommen. Insbesondere sei ihm keinerlei betriebliche Tätigkeit der Beschwerdeführerin in X bekannt. In Punkt 2 der Berufung wurde "vorsorglich" bestritten, daß die von der BH angeordneten Maßnahmen von der Beschwerdeführerin oder deren Organe veranlaßt oder durch ein der Beschwerdeführerin zurechenbares Verhalten dritter Personen verursacht oder verschuldet worden wären. Aus der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides sei nicht entnehmbar, auf Grund welcher Aufzeichnungen - für den angeführten Standort liege eine Gewerbeanmeldung der Beschwerdeführerin nicht vor - eine betriebliche Nutzung des Objektes durch die Beschwerdeführerin vermutet worden sei. Dies stelle eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Bescheides dar.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 30. Dezember 1988 wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 im Spruchteil I die Berufung hinsichtlich Punkt 1 des Berufungsvorbringens als unzulässig zurück und im Spruchteil II hinsichtlich Punkt 2 des Berufungsvorbringens ab. In der Bescheidbegründung führte die belangte Behörde zu Spruchab schnitt I aus, der erstinstanzliche Bescheid sei dem im Zeitpunkt der Zustellung im Handelsregister als Geschäftsführer ausgewiesenen H.S. zugestellt worden. Durch diesen Bescheid sei lediglich die Beschwerdeführerin als juristische Person und nicht deren nach außen vertretungsbefugtes Organ zum Ersatz der Einsatzkosten verpflichtet worden. Die in Punkt 1 des Berufungsvorbringens enthaltenen Ausführungen stellten sich aber auf Grund ihres Inhaltes nicht als von H.S. in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer für die Beschwerdeführerin geltend gemachte Einwände, sondern als eine Rechtfertigung des H.S. "ad personam" dar. Da H.S. durch den erstinstanzlichen Bescheid persönlich weder verpflichtet noch berechtigt worden sei, komme ihm in eigener Sache Parteistellung und daher auch Berufungslegitimation nicht zu, was insoweit zur Zurückweisung der Berufung habe führen müssen. Zu Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides legte die belangte Behörde begründend dar, H.S. sei am 25. Oktober 1988, dem Zeitpunkt der Berufungserhebung, im Handelsregister noch immer als Geschäftsführer der Beschwerdeführerin eingetragen gewesen, sodaß die von ihm erhobene Berufung hinsichtlich ihres Punktes 2 als rechtsgültige Berufung der Beschwerdeführerin zu werten sei. Die Zurechenbarkeit des Eintrittes der Gefahr einer Gewässerverunreinigung an die Beschwerdeführerin ergebe sich aus (im angefochtenen Bescheid im Wortlaut zitierten) Gendarmerieberichten und bei der BH aufliegenden gewerberechtlichen Aufzeichnungen (insbesondere Anzeigen der Arbeitsmarktverwaltung). Diesen Unterlagen sei entnehmbar, daß die Beschwerdeführerin zumindest seit September 1987 im angeführten Standort in Y eine - wenn auch nicht gewerberechtlich bewilligte - betriebliche Tätigkeit durchgeführt habe. Als letzter Betreiber der Lagerhalle und des Kühlraumes komme daher nur die Beschwerdeführerin in Betracht. Die aus der mangelnden Instandhaltung des Tiefkühlaggregates resultierenden Kosten für die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung von der BH angeordneten Maßnahmen seien daher von der Beschwerdeführerin zu tragen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Dem gesamten Vorbringen nach erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht, nicht als Verpflichtete im Sinne des § 31 WRG 1959 herangezogen zu werden, und im Recht auf ein gesetzmäßiges, unter Wahrung des Parteiengehörs durchgeführtes Verfahren verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und Gegenanträge gestellt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der vorliegenden Beschwerde wird zwar zwischen den Spruchabschnitten I und II des angefochtenen Bescheides nicht unterschieden, doch ergibt sich aus dem Gesamtinhalt der Beschwerde und dem Umstand, daß Ausführungen zu Spruchabschnitt I in der Beschwerde nicht enthalten sind, daß sich die Beschwerde inhaltlich lediglich gegen Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides richtet. Demzufolge können sich die folgenden Ausführungen auch auf Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides beschränken.
Gemäß § 31 Abs. 1 WRG 1959 hat jedermann, dessen Anlagen, Maßnahmen oder Unterlassungen eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können, mit der im Sinne des § 1297, zutreffendenfalls mit der im Sinne des § 1299 ABGB gebotenen Sorgfalt seine Anlagen so herzustellen, instandzuhalten und zu betreiben oder sich so zu verhalten, daß eine Gewässerverunreinigung vermieden wird, die den Bestimmungen des § 30 zuwiderläuft und nicht durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt ist.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen hat der nach Abs. 1 Verpflichtete, wenn dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung eintritt, unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen.
Gemäß Abs. 3 dieses Paragraphen hat die Wasserrechtsbehörde, wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe am angeführten Standort wohl eine Fischzubereitung betrieben, den Betrieb aber bereits am 14. März 1988 eingestellt und das gesamte Warenlager samt Maschinen und Gerätschaften ihrem Einzelprokuristen H.K. zur Abdeckung eines Darlehens übergeben. Demgemäß könne sie als Verpflichtete nicht in Betracht kommen. Die nach Auffassung der Beschwerdeführerin mangelhafte Ermittlung des Verpflichteten im Sinne des § 31 Abs. 3 belaste den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Hiezu ist zunächst festzuhalten, daß in dem der Beschwerdeführerin zuzurechnenden Teil der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid zwar wohl "vorsorglich" geltend gemacht wurde, der Beschwerdeführerin könne Verursachung oder Verschulden an den die Sanierungsaufträge erforderlich machenden Umständen nicht angelastet werden. Ausführungen über die Gründe, aus denen eine Zurechnung an die Beschwerdeführerin unrichtig gewesen sein sollte, sind in der Berufung nicht enthalten. Die in der Beschwerde erstmals enthaltenen Ausführungen hinsichtlich einer Übergabe der Betriebsanlage und des Warenlagers an einen Dritten stellen aber Umstände dar, welche die Beschwerdeführerin bereits im Verwaltungsverfahren hätte geltend machen müssen, sodaß die Beschwerdeführerin mit diesem Vorbringen dem Neuerungsverbot im Grunde des § 41 Abs. 1 VwGG unterliegt.
Das Berufungsvorbringen hinsichtlich der Unzulässigkeit einer Heranziehung der Beschwerdeführerin als Verpflichtete gemäß § 31 Abs. 3 WRG 1959 konnte auch, da es keinerlei Anhaltspunkte enthält, worin die maßgeblichen Umstände für eine derartige Befreiung von den in § 31 leg. cit. normierten Verpflichtungen zu sehen gewesen wären, für die belangte Behörde keinen Anlaß bieten, in dieser Hinsicht ergänzende Ermittlungen durchzuführen. Da die belangte Behörde zu Recht von dem von der Behörde erster Instanz angenommenen Sachverhalt, der der Beschwerdeführerin durch Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides mitgeteilt worden war, ausgehen konnte und auch ausgegangen ist, kommt der die Verletzung des Parteiengehörs geltend machenden Verfahrensrüge keine Berechtigung zu. In diesem Zusammenhang können die in der Begründung des angefochtenen Bescheides wörtlich wiedergegebenen Gendarmerieberichte und gewerberechtlichen Unterlagen nicht als neue Sachverhaltselemente angesehen werden, weil sie nur eine an sich in diesem Ausmaß nicht erforderliche Konkretisierung der bereits im erstinstanzlichen Bescheid als Entscheidungsgrundlagen angeführten Beweismittel darstellen. Demgemäß hätte die Beschwerdeführerin auf Grund der ihr im erstinstanzlichen Bescheid mitgeteilten Gründe für ihre Heranziehung als Verpflichtete im Sinne des § 31 Abs. 3 WRG 1959 bereits anläßlich der Berufungserhebung gegen den erstinstanzlichen Bescheid Gelegenheit gehabt, alles vorzubringen, was ihrer Ansicht nach gegen eine derartige Heranziehung sprach. Ein allfälliger Mangel hinreichenden Parteiengehörs im Verfahren der ersten Rechtsstufe wird aber durch die Möglichkeit geheilt, den Standpunkt im Berufungsverfahren auszuführen (vgl. hg. Erkenntnisse vom 22. September 1950, Slg. N.F. Nr. 1639/A, und vom 24. Februar 1972, Zl. 2293/71).
Soweit die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde erstmals rügt, vor Anordnung der Maßnahmen durch die BH nicht verständigt worden zu sein und über die bei Durchführung dieser Maßnahmen entstandenen Kosten keine detaillierte Aufschlüsselung erhalten zu haben, ist ihr entgegenzuhalten, daß laut den in der Niederschrift der BH vom 26. Mai 1988 festgehaltenen, unwidersprochen gebliebenen Angaben der Gendarmerie der Betreiber der Anlage nicht greifbar war und daß der Beschwerdeführerin durch den erstinstanzlichen Bescheid die behördlich angeordneten Maßnahmen und die Unternehmungen, durch deren Tätigwerden die auferlegten Kosten entstanden sind, bekannt geworden sind. Es wäre daher Aufgabe der Beschwerdeführerin gewesen, bereits im Verwaltungsverfahren alles vorzubringen, was ihrer Ansicht nach gegen die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen bzw. der hiefür in Rechnung gestellten Kosten sprach. Denn der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit die Partei nicht von der Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes beizutragen und Verzögerungen des Verfahrens hintanzuhalten. Daher ist die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (vgl. hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1959, Slg. N.F. Nr. 5007/A, und vom 11. Jänner 1984, Zl. 83/09/0158).
Da sich zusammenfassend die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206, über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Schlagworte
Begründungspflicht Beweiswürdigung und Beweismittel Allgemein Parteiengehör Allgemein Verfahrensbestimmungen Amtswegigkeit des Verfahrens Mitwirkungspflicht ManuduktionspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989070042.X00Im RIS seit
12.11.2001