TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/2 89/07/0144

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Veröffentlicht am 02.02.1990
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Index

L66502 Flurverfassung Zusammenlegung landw Grundstücke
Flurbereinigung Kärnten;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

FlVfLG Krnt 1979 §114;
FlVfLG Krnt 1979 §115;
FlVfLG Krnt 1979 §116;
FlVfLG Krnt 1979 §98 Abs2;
FlVfLG Krnt 1979 §98 Abs3;
FlVfLG Krnt 1979 §98 Abs4;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

KK gegen Landesagrarsenat beim Amt der Kärntner Landesregierung vom 13. März 1989, Zl. Agrar11-459/8/89, betreffend Räumung von Grundflächen (mitbeteiligte Partei: NH

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Umfang des Spruchpunktes III B), und zwar soweit er sich an die Beschwerdeführerin richtet, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 9.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

1. Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 1. Oktober 1987, Zl. 87/07/0074 und Zl. 87/07/0075, verwiesen, mit denen der Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Kärntner Landesregierung - mit diesem wurde u.a. auch die nunmehrige Beschwerdeführerin zur Entrichtung eines Entgeltes für die Benützung verschiedener, näher bezeichneter Grundflächen und zur Räumung mehrerer, gleichfalls im einzelnen bezeichneter Grundflächen verpflichtet sowie festgestellt, daß bestimmt bezeichnete Grundflächen Gegenstand eines Bestandverhältnisses zwischen u.a. der Beschwerdeführerin und der mitbeteiligten Partei seien - zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden war.

2.1. In dem nach Zustellung dieser Erkenntnisse vom Landesagrarsenat (LAS) fortgesetzten Verfahren wurden weitere Gutachten des agrartechnischen Mitgliedes des Senates eingeholt und der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, die hierauf schriftliche Äußerungen erstattete, sowie mündliche Verhandlungen (unter Einvernahme mehrerer Personen als Zeugen) durchgeführt.

2.2. Sodann entschied der LAS (die belangte Behörde) mit Bescheid vom 13. März 1989 neuerlich über die einerseits von der mitbeteiligten Partei (mP), anderseits u.a. von der Beschwerdeführerin eingebrachten Berufungen gegen den Bescheid der Agrarbezirksbehörde Villach (ABB) vom 29. Oktober 1985. Der Spruch des Bescheides der belangten Behörde hat folgenden Wortlaut:

"I.

Mag. Dr. Johannes K wird verpflichtet, als Entschädigung für die titellose Einzelnutzung von agrargemeinschaftlichen Grundstücken bzw. Grundstücksteilen der Liegenschaft EZ 203 KG XY (Gemeingut der Ortschaft H) für den Zeitraum von 1966 bis einschließlich 1984 durch Johann K sen., Sägewerksbesitzer in H, bzw. der Verlassenschaft nach Johann K sen., den Betrag von S 383.875,16 (in Worten: Schilling dreihundertdreiundachtzigtausendachthundertfünfundsiebzig/16) einschließlich der gesetzlichen Zinsen in der Höhe von 4 %, hinsichtlich des Entgeltes für das Jahr 1966 ab 1.5.1967, für das Jahr 1968 ab 1.7.1967 und für das Jahr 1978 ab 15.5.1978 bis zum 16.4.1989, binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des gegenständlichen Bescheides bei sonstiger Zwangsfolge an die Agrargemeinschaft 'NH', zu Handen des Obmannes AO auf das Sparbuch Nr. nnn bei der Raiffeisenkasse, Hauptanstalt G, Bankleitzahl nnnn, zu bezahlen.

Dem Betrag von S 383.875,16 sind ab 17.4.1989 4 % Zinsen bis

zum Zahlungstage hinzuzurechnen.

II.

    Es wird festgestellt, daß die Nutzung der in dem einen

integrierenden Bestandteil dieses Erkenntnisses bildenden

Lageplan mit der Farbe 'rot' gekennzeichneten Flächen

    A     =     309 m2

    B + C =   1.330 m2

    I     =     528 m2

    J     =      93 m2

    K1    =   1.600 m2 aus K

insgesamt also 3.860 m2, auf Grund eines Titels durch Karoline

K und Johann K sen. bzw. der Verlassenschaft nach Johann K

sen. erfolgt ist. Gleichzeitig wird festgestellt, daß sowohl

die Benützung des von der Bundesstraße zur Villa führenden

Fußweges als auch das Recht der Wasserleitung über die

Grundstücke 280/8 und 280/1, je KG XY, rechtmäßig ausgeübt

wird.

III

A)

    Mag. Dr. Johannes K wird verpflichtet, mit Ausnahme der

unter

Punkt II angeführten, auf Grund eines Titels genutzten Flächen,

nämlich die Grundstücke

    280/8        - ausgenommen die Fläche M

    280/2        - ausgenommen die Fläche M

    280/15

     81/9

    280/3        - dieses vermindert um eine Fläche im Ausmaß

                   von 1.600 m2, als K 1 bezeichnet

    280/12

alle in der KG XY gelegen, welche noch belegt sind bzw. genutzt

werden, binnen 1 Monat nach Zustellung dieses Erkenntnisses

frei von allen Fahrnissen geräumt an die Agrargemeinschaft

'NH', unbeschadet der an den gelagerten Gegenständen

herrschenden Eigentumsverhältnisse, zu übergeben.

B)

Mag. Dr. Johannes K, Karoline K und Mag. Christiane K werden zur ungeteilten Hand verpflichtet, die im beiliegenden Plan als D bezeichnete Fläche binnen 1 Monat nach Zustellung dieses Erkenntnisses frei von allen Fahrnissen, unbeschadet der an diesen herrschenden Eigentumsverhältnisse, geräumt an die Agrargemeinschaft 'NH' zu übergeben.

C)

Hinsichtlich der auf Grund eines Titels genutzten Flächen, nämlich A, B und C, I und J, sowie 1.600 m2 aus K wird der Räumungsantrag der Agrargemeinschaft 'NH' als unbegründet abgewiesen."

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptet und beantragt wird, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten (im Wege des Obersten Agrarsenates) vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Auch die mP hat eine Gegenschrift ("Stellungnahme") erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Was zunächst die Meinung der Beschwerdeführerin anlangt, "Spruchpunkt II des angefochtenen Erkenntnisses war nicht 'Sache' im Berufungsverfahren, weil dem erstinstanzlichen Bescheid die Feststellung eines entsprechenden Rechtes mangelte", so wird im Sinne der Begründungsökonomie auf die Erwägungen unter 2.2. des Vorerkenntnisses Zl. 87/07/0075 verwiesen. Daraus ergibt sich die rechtliche Unhaltbarkeit dieses Beschwerdevorbringens.

2.1. In Widerspruch zu dem vorstehend wiedergegebenen Beschwerdeeinwand hält die Beschwerdeführerin Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides deshalb für rechtswidrig, weil die belangte Behörde hätte feststellen müssen, daß die im Lageplan des Dipl. Ing. G. ex 1971 so bezeichneten agrargemeinschaftlichen Grundflächen A bis 0 von ihr aufgrund des Umstandes rechtmäßig benützt würden, daß sie Hälfteeigentümerin der Stammsitzliegenschaft EZ 391, KG XY, sei.

2.2. Diese Auffassung ist in zweifacher Hinsicht unzutreffend: Zum einen wurden von den Grundflächen A bis 0 die mit D, E, F, G, H, K teilweise (soweit nicht vertraglich genutzt), L, M, N und 0 (letztere von 1976 bis 1980) bezeichneten nicht "rechtmäßig", d.h. nicht auf einem Titel beruhend zur ausschließlichen Nutzung in Anspruch genommen. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird diesbezüglich auf die unter

3.2.2. enthaltenen Ausführungen im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/07/0146, verwiesen. Zum anderen erweist sich die Anknüpfung an das Miteigentum der Beschwerdeführerin an der Stammsitzliegenschaft EZ 391 und damit das Abstellen auf das sich daraus ergebende Recht auf gemeinschaftliche Nutzung agrargemeinschaftlicher Grundflächen als schon vom Ansatz her verfehlt. Im Beschwerdefall entscheidend ist vielmehr, daß agrargemeinschaftliche Grundflächen in EINZELnutzung genommen wurden, wobei diese zum Teil auf einem Titel beruhte, zum Teil dafür ein solcher nicht vorhanden war. Dies aber hat mit dem Bestehen von (Mit-)Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft und der damit verbundenen Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft nichts zu tun (vgl. dazu insbesondere die im Vorerkenntnis Zl. 87/07/0075 unter 6.2. angestellten Erwägungen). Die insoweit in Ansehung des Spruchpunktes II behauptete Verletzung subjektiver Rechte der Beschwerdeführerin liegt demnach nicht vor.

3. Rechte der Beschwerdeführerin wurden - entgegen der von ihr vertretenen Ansicht - aber auch nicht dadurch verletzt, daß in dem über die agrargemeinschaftlichen Grundstücke EZ 203, KG XY, eingeleiteten Einzelteilungsverfahren noch keine vorläufige Regelung der Nutzungsrechte stattgefunden habe, "sodaß die gesamte Willensbildung im Einzelteilungsverfahren bisher nicht gesetzmäßig zustande gekommen ist".

Diesem Vorbringen bzw. der Annahme der Beschwerdeführerin, es komme ihm im gegebenen Zusammenhang rechtliche Relevanz zu, liegt die Auffassung zugrunde, es habe die mitbeteiligte Agrargemeinschaft mit der Einleitung des Einzelteilungsverfahrens rechtlich zu existieren aufgehört, weshalb sie ab diesem Zeitpunkt (1965) nicht zur Antragstellung betreffend die Räumung agrargemeinschaftlicher Grundflächen legitimiert sei. Daß diese Auffassung rechtsirrig ist, hat der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 89/07/0146, unter 1.2. dargelegt; auf die dort gegebene Begründung wird verwiesen.

4.1. Den in Spruchpunkt II enthaltenen Ausspruch, daß "die Benützung des von der Bundesstraße zur Villa führenden Fußweges

.. rechtmäßig ausgeübt wird", bekämpft die Beschwerdeführerin mit dem Argument, daß es verfehlt sei, "Feststellungen hinsichtlich eines Fußweges zu einer Stammsitzliegenschaft zu treffen, zumal meine Stammsitzliegenschaft durch einen Fahrweg aufgeschlossen ist", wobei dieser Weg "naturgemäß über agrargemeinschaftlichen Grund (führt), wie dies auch bei jeder anderen Stammsitzliegenschaft der Fall ist".

4.2. Dieses Vorbringen ist nicht recht verständlich. Sollte damit gemeint sein, es sei deshalb "verfehlt", eine Feststellung des beschriebenen Inhaltes zu treffen, weil es sich bei der Benützung des besagten Fußweges um eine solche agrargemeinschaftlicher Flächen handle, so ist dem entgegenzuhalten, daß auch hier nicht eine (aus der Mitgliedschaft zur mP erwachsende) gemeinschaftliche, sondern eine Einzelnutzung von Grundflächen der mitbeteiligten Agrargemeinschaft Gegenstand des Abspruches ist.

5. Durch Spruchpunkt III A) erachtet sich die Beschwerdeführerin insofern beeinträchtigt, als sie in dem "mir zustehenden subjektiven öffentlichen Recht auf Nutzung der Holzlage für die Stammsitzliegenschaft (Flächen D + M) verletzt" werde. Mit dieser Behauptung, die davon ausgeht, daß die Holzhütte zur Stammsitzliegenschaft "gehört", mit dieser eine "wirtschaftliche Einheit" bilde (vgl. die diesbezügliche Beschwerdebegründung), entfernt sich die Beschwerdeführerin von dem in einem mängelfreien Verfahren festgestellten maßgeblichen Sachverhalt insoweit, als danach D und M (auf denen die Holzhütte gelegen ist) zu jenen agrargemeinschaftlichen Grundflächen zählen, die Gegenstand titelloser Einzelnutzung waren (vgl. oben 2.2.). Im übrigen richtet sich der u.a. die Holzhütte betreffende Räumungsauftrag nach Spruchpunkt III A) ausschließlich an Mag. Dr. Johannes K., sodaß durch diesen Auftrag allein dieser in seinen Rechten beeinträchtigt sein könnte.

6.1. Die Beschwerdeführerin bringt schließlich unter Hinweis auf das Vorerkenntnis Zl. 87/07/0075 vor, die mP habe nie einen die Beschwerdeführerin treffenden Antrag auf Räumung von agrargemeinschaftlichen Flächen gestellt. Aus diesem Grund hätte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin nicht zur Räumung der Fläche D verpflichten dürfen.

6.2. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerde im Recht. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem (aufhebenden) Vorerkenntnis Zl. 87/07/0075 unter 5.2. folgendes ausgeführt und damit die Aufhebung (auch) des u.a. an die Beschwerdeführerin gerichteten Räumungsauftrages laut Spruchpunkt III des damals angefochtenen Bescheides begründet:

"Den Akten läßt sich aber auch entnehmen, daß es an einem von der Mitbeteiligten an die ABB gerichteten Begehren fehlt, die Beschwerdeführerin zur Räumung bestimmter, von ihr ohne Titel in Einzelnutzung genommener agrargemeinschaftlicher Grundflächen zu verhalten."

Diese Aussage, die auch die titellos zur Einzelnutzung in Anspruch genommene Fläche D umfaßt, war für die belangte Behörde im Grunde des § 63 Abs. 1 VwGG bindend; sie hatte dieser den Räumungsauftrag wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufhebenden Ausspruch tragenden Begründung bei Erlassung der im fortgesetzten Verfahren zu treffenden Entscheidung Rechnung zu tragen ("den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen"). Nur eine Änderung der Sach- und/oder Rechtslage hätte die belangte Behörde von dieser Bindung befreien können. Eine solche Änderung ist seit Erlassung des mit dem Vorerkenntnis aufgehobenen Bescheides nicht eingetreten. Wenn die belangte Behörde in der Begründung des nunmehr angefochtenen Bescheides (S. 44, 49) für den u.a. an die Beschwerdeführerin gerichteten Auftrag, die Fläche D zu räumen, das Miteigentum der Genannten an der Stammsitzliegenschaft EZ 391, KG XY, für entscheidend hält, so stützt sie sich damit weder auf einen geänderten Sachverhalt noch auf eine geänderte Rechtslage; sie gibt vielmehr zu erkennen, daß sie die bestehende Rechtslage - ebenso wie die Beschwerdeführerin in anderem Zusammenhang (s. oben 2.2., 4.2.) - insofern verkannte, als sie nicht auf den allein relevanten Gesichtspunkt der titellosen Einzelnutzung abstellte. Da die Fläche D Gegenstand einer titellosen Einzelnutzung durch Johann K. (den Bruder der Beschwerdeführerin) war, konnte sich der behördliche Auftrag zur Räumung dieser Fläche rechtmäßigerweise ausschließlich an den Rechtsnachfolger des Genannten, nämlich an

Mag. Dr. Johannes K. (vgl. dazu den angefochtenen Bescheid S. 44 sowie 9.3.2. des Vorerkenntnisses Zl. 87/07/0074), richten.

7. Aus dem Gesagten folgt, daß der angefochtene Bescheid im Umfang des Spruchpunktes III B), und zwar soweit er sich an die Beschwerdeführerin richtet, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben war (§ 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG), im übrigen jedoch der Beschwerde ein Erfolg versagt bleiben mußte (§ 42 Abs. 1 VwGG).

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie § 53 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß an Beilagengebühren (für die jeweils vorgelegte eine Ausfertigung des bekämpften Bescheides und des Lageplanes) insgesamt nur S 240,-- zu entrichten waren.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989070144.X00

Im RIS seit

02.02.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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