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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §131 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Reichel und die Hofräte
Dr. Schubert, Dr. Hnatek, Dr. Pokorny und Dr. Karger als Richter, im Beisein des Schriftführers Kommissär Dr. Egger, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 10. Februar 1989, Zl. 73/1-3/Fu-1989, betreffend Bescheidbehebung gemäß § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist selbständig tätiger Versicherungsvertreter. Den Gewinn aus dieser Tätigkeit ermittelte er für das Streitjahr 1986 in der Weise, daß er die Betriebseinnahmen von S 111.414,-- unter Hinweis auf den Erlaß des Bundesministers für Finanzen vom 19. April 1983, Zl. 06 0411/1-IV/6/83, AÖFV Nr. 150, zunächst um den in diesem Erlaß vorgesehenen Höchstbetrag für Betriebsausgaben von S 15.000,-- kürzte. Vom Unterschiedsbetrag von S 96.414,-- nahm er mit 20 % (S 19.200,--) den steuerfreien Betrag gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 in Anspruch. Mit dem solchermaßen als Gewinn verbleibenden Restbetrag von S 77.214,-- veranlagte das Finanzamt den Beschwerdeführer zur Gewerbesteuer.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Gewerbesteuerbescheid des Finanzamtes gemäß § 299 Abs. 2 BAO in Ausübung des Aufsichtsrechtes auf, da mit der vom Beschwerdeführer in Anspruch genommenen Betriebsausgabenpauschalierung ALLE dem selbständigen Versicherungsvertreter erwachsenden Betriebsausgaben abgegolten seien. Die Bildung eines steuerfreien Betrages nach § 9 Abs. 3 EStG 1972 wäre nur dann zulässig, wenn sämtliche Betriebsausgaben nachgewiesen würden.
Vorliegende Beschwerde macht inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend. Der Beschwerdeführer will den steuerfreien Betrag gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 neben den mit S 15.000,-- geschätzten Betriebsausgaben als gewinnmindernd berücksichtigt wissen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Mit einem dem Beschwerdefall vergleichbaren Fall hat sich der Gerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. September 1989, Zl. 86/14/0099, befaßt. Aus dieser Entscheidung geht hervor, daß ein Steuerpflichtiger, der seine Betriebsausgaben nicht im einzelnen nachweist, sondern sie nur global in geschätzter Höhe geltend macht, neben dem geschätzten Betrag nicht auch noch den steuerfreien Betrag gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 in Anspruch nehmen kann. Zur näheren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das Erkenntnis Zl. 86/14/0099 verwiesen. Aus diesem Erkenntnis geht auch hervor, daß die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend auf das hg. Erkenntnis vom 29. September 1987, Zl. 86/14/0058, Bezug nahm.
Zur Beschwerde sei im einzelnen noch folgendes bemerkt:
Wenn auch der steuerfreie Betrag gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 keine Geldausgabe (im Sinne des § 19 Abs. 2 EStG 1972) bildet, so stellt er doch eine Betriebsausgabe (im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG 1972) dar. Es ist aber mit einer globalen, schätzungsweisen Inanspruchnahme von Betriebsausgaben unvereinbar, daneben noch eine einzelne Betriebsausgabe (wie den steuerfreien Betrag gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972) gesondert geltend zu machen. Auch in dieser Frage kann auf das Erkenntnis Zl. 86/14/0099 hingewiesen werden.
Der bereits erwähnte Erlaß des Bundesministers für Finanzen bildet mangels gehöriger Kundmachung keine für den Verwaltungsgerichtshof beachtliche Rechtsquelle. Nur am Rande sei daher erwähnt, daß auch dieser Erlaß keinen Zweifel daran läßt, mit der dort vorgesehenen Betriebsausgabenpauschalierung (für den Beschwerdefall mit S 15.000,--) seien "ALLE dem selbständigen Versicherungsvertreter erwachsenen BETRIEBSAUSGABEN abgegolten".
Der Einwand in der Beschwerde, das erlaßmäßige Betriebsausgabenpauschale von grundsätzlich 20 % der Betriebseinnahmen (höchstens S 15.000,--) könne unmöglich den steuerfreien Betrag gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 abgelten, da dieser bereits für sich 25 % des Reingewinnes betragen könne, übersieht, daß die Frage, ob eine pauschale Berücksichtigung von Betriebsausgaben angemessen ist, nur auf Grund einer längerfristigen Durchschnittsbetrachtung beurteilt werden kann. Bei durchschnittlicher Betrachtung besteht für Versicherungsvertreter nur ein geringer Investitionsbedarf, sodaß im höchstmöglichen Ausmaß geltend gemachte steuerfreie Beträge gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 vielfach nicht für eine Verwendung entsprechend dem § 9 Abs. 2 EStG 1972 in Betracht kommen werden. Es werden sich längerfristig gesehen gewinnerhöhende "Auflösungen" des steuerfreien Betrages als notwendig erweisen, womit auf längere Sicht jedenfalls nicht mit laufenden Betriebsausgaben gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 in Höhe von 25 % des (adaptierten) Gewinnes zu rechnen ist.
Zu der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 18. August 1976, BGBl. Nr. 475, in der Fassung der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 8. Jänner 1987, BGBl. Nr. 34, ist anzumerken, daß diese auf den Beschwerdeführer nicht anzuwendenden Verordnungen durch unterschiedliche Betriebsausgaben-Durchschnittssätze, die zum Teil nur 7,1 % der vereinnahmten Entgelte ausmachen, den Verhältnissen verschiedener Gewerbezweige in unterschiedlicher Weise Rechnung tragen. Diese Betriebsausgaben-Durchschnittssätze gelten nach der im Wortlaut der erstgenannten Verordnung ausdrücklich festgehaltenen Absicht des Verordnungsgebers den steuerfreien Betrag gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 und daneben auch noch mehrere andere Betriebsausgaben (siehe § 2 der Verordnung BGBl. Nr. 475/76) nicht ab. Die Betriebsausgaben-Durchschnittssätze der Verordnung BGBl. Nr. 475/76 haben also keine globale Abgeltung ALLER Betriebsausgaben zum Ziel, sondern nur eine Abgeltung jener Betriebsausgaben, die nach dem Willen des Bundesministers für Finanzen (Verordnungsgebers) nicht gesondert geltend gemacht werden können. Wenn aber ein Steuerpflichtiger seine Betriebsausgaben ohne eine solche rechtliche Grundlage nur mit einem griffweise geschätzten Betrag ausweist, ist es nicht möglich, festzustellen, daß die pauschal geschätzten Betriebsausgaben gerade den steuerfreien Betrag gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 nicht abdecken. Es bleibt dem Steuerpflichtigen jedoch unbenommen, den steuerfreien Betrag unter Nachweis sämtlicher Betriebsausgaben in Anspruch zu nehmen. Im Sinne des Erkenntnisses vom 12. September 1989, Zl. 86/14/0099, sei in diesem Zusammenhang auch festgehalten, daß die Inanspruchnahme eines steuerfreien Betrages gemäß § 9 Abs. 3 EStG 1972 nur dann zulässig ist, wenn der Gewinn seiner Höhe nach errechnet werden kann und das Ergebnis auch überprüfbar ist. Eine griffweise und pauschale Schätzung hingegen steht der Inanspruchnahme des steuerfreien Betrages entgegen.
Der Beschwerdeführer vermochte somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die Verordnung des Bundesministers für Gesundheit und öffentlicher Dienst vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1990:1989140069.X00Im RIS seit
06.02.1990