TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/6 89/04/0147

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Veröffentlicht am 06.02.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
95/06 Ziviltechniker;

Norm

AVG §45 Abs1;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §12 Abs1;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §17 Abs2;
Statut der Wohlfahrtseinrichtungen der BundesIngenieurkammer 1970 §17 Abs3;
ZivTG §5 Abs1;

Betreff

N gegen Kammertag der Bundes-Ingenieurkammer vom 21. April 1989, Zl. 406/89/mr/rho, betreffend Zuwendungen aus dem Versorgungsfonds

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundes-Ingenieurkammer hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.690,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Anbringen vom 11. Dezember 1987 richtete der Beschwerdeführer an die

"Bundes-Ingenieurkammer/Wohlfahrtseinrichtungen" das Ansuchen "um Zuerkennung der Berufsunfähigkeitszuwendung ab 1988 zufolge Erfüllung des bisher beanstandeten Sachverhaltes". Mit Bescheid des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen vom 18. März 1988 wurde dieser Antrag abgewiesen, mit Bescheid des Kammertages vom 1. Juli 1988 wurde diese Entscheidung des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen aufgehoben und das Verfahren an das Kuratorium der Wohlfahrtseinrichtungen zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen. Diese Zurückverweisung wurde damit begründet, daß der Kammertag nicht stichhältig klären habe können, inwieweit der Beschwerdeführer tatsächlich durch die ihm verabreichte hohe Medikamentation nicht nur in seiner körperlichen, sondern auch in seiner psychischen Leitungsfähigkeit beeinträchtigt sei. Weiters habe nicht hinlänglich sicher geklärt werden können, was insbesondere "in der immer noch erfolgten Führung des Namens des Beschwerdeführers in dem Baubüro in T begründet" sei, inwieweit und ob überhaupt der Beschwerdeführer nicht nur seine Befugnis ruhend gemeldet, sondern auch seine Erwerbstätigkeit zur Gänze eingestellt habe.

Mit Bescheid des Kuratoriums der Wohlfahrtseinrichtungen vom 18. November 1988 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Dezember 1987 neuerlich abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die neuerliche vertrauensärztliche Untersuchung habe das Vorliegen einer vollständigen Berufsunfähigkeit ergeben. Der Beschwerdeführer habe am 18. Dezember 1987 mit zwei anderen Ziviltechnikern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts mit Namen "N und Partner Seilbahnplanung, staatlich bef. und beeid. Ziviltechniker" gegründet. Im Gesellschaftsvertrag sei der Aufgabenbereich des Beschwerdeführers wie folgt festgelegt:

"Die Tätigkeit des Gesellschafters N im Interesse und zur Erfüllung des Zweckes der Gesellschaft umfaßt ausdrücklich und ausschließlich den Einsatz seiner persönlichen Erfahrung im Seilbahnwesen, als Konsulent."

Die Honorierung erbrachter Leistungen sei vertraglich wie folgt vereinbart (§ 2 Abs. 3):

"Werden im Zuge der Abwicklung eines konkreten Auftrages von den Gesellschaftern (einem, mehreren oder allen) spezifizierte Einzelleistungen erbracht, etwa auf dem Gebiet der Statik, der Architektur oder des Einsatzes von softwarebezogenem EDV Know-how, so sind diese Leistungen auftragsbezogen und gesondert zu honorieren."

Gemäß § 8 des Vertrages richte sich die Haftung der Gesellschafter nach außen nach den Haftungsbestimmungen des bürgerlichen Rechts.

Der Beschwerdeführer habe somit mit zwei anderen Ziviltechnikern eine Gesellschaft gegründet, in deren Namen der Name des Beschwerdeführers enthalten sei. Der vorliegende Gesellschaftsvertrag beinhalte die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Konsulent im Seilbahnwesen. Der Vertrag lege fest, daß die Honorierung von spezifizierten Einzelleistungen eines, mehrerer oder aller Gesellschafter (also auch des Beschwerdeführers) auftragsbezogen und gesondert zu erfolgen habe. Ebenso lege der Vertrag fest, daß der Beschwerdeführer für die Gesellschaft nach außen hafte. Eine Unentgeltlichkeit der Leistungen des Beschwerdeführers in der Gesellschaft sei im Vertrag nicht enthalten. Die durchgeführten Erhebungen hätten ergeben, daß der Vertragsinhalt der vom Beschwerdeführer mitgegründeten Gesellschaft eine berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers mitumfasse. Dem Beschwerdeführer sei daher der Beweis, daß keine Erwerbstätigkeit vorliege, nicht gelungen.

Mit Bescheid des Kammertages vom 21. April 1989 wurde die gegen diesen Bescheid vom 18. November 1988 erhobene Beschwerde abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, zum gesundheitlichen Aspekt des vorliegenden Falles sei zu bemerken, daß der Nachweis, daß der Beschwerdeführer infolge eines Leidens außerstande sei, seinen Beruf weiter auszuüben, dann nicht gelingen könne, wenn das vorgelegte medizinische Gutachten vornehmlich auf Angaben des Beschwerdeführers beruhe und er parallel dazu oder nachfolgend Tätigkeiten gemäß § 5 Abs. 1 des Ziviltechnikergesetzes auszuüben imstande sei, die bereits nach der weitergehenden Bestimmung des § 17 Abs. 2 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen einen Anspruch auf Altersversorgung entfallen ließen, weil das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen hier eine weitere Berufsausübung erblicke. Wenn nun bereits die Verrichtung von selbständigen Tätigkeiten gemäß § 5 Abs. 1 des Ziviltechnikergesetzes den Anspruch auf Altersversorgung nach Zurücklegung oder Anzeige des Ruhens der Befugnis entfallen lasse, so sei dies umso mehr für den Anspruch auf Zuwendungen aus dem Grunde der dauernden Berufsunfähigkeit anzunehmen, für dessen Entfall weitergehend die Ausübung jeder Erwerbstätigkeit ausreiche. Das bedeute, daß es hier nicht von Bedeutung sei, ob Entgelte für verrichtete Tätigkeiten bezogen würden. Der Beschwerdeführer habe mit zwei anderen Gesellschaftern eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht gegründet, in deren Namen der Name des Beschwerdeführers (N und Partner) enthalten sei. Der vorgelegte Gesellschaftsvertrag beinhalte die Tätigkeit des Beschwerdeführers als Konsulent im Seilbahnwesen. Der Vertrag lege fest, daß die Honorierung von spezifischen Einzelleistungen eines, mehrerer oder aller Gesellschafter auftragsbezogen und gesondert zu erfolgen habe. Ebenso lege der Vertrag fest, daß der Beschwerdeführer für die Gesellschaft nach außen hafte. Eine Unentgeltlichkeit der Leistungen sei im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehen. Aus den §§ 12 Abs. 1 sowie 17 Abs. 3 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen gehe hervor, daß den Antragsteller auf Zuwendungen aus dem Grunde der Berufsunfähigkeit die Beweislast für das Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen treffe. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens habe der Beschwerdeführer Bestätigungen seiner Geschäftspartner vorgelegt, nach denen seine Mitarbeit allein in einer fallweisen Konsulententätigkeit und der Zurverfügungstellung des "good will" seine Namens bestehe und unentgeltlich sei. Zur Beurteilung dieser Tätigkeiten seien sowohl die Bestimmung des § 1175 ABGB samt Erläuterung als auch die im Akt aufliegenden Bescheinigungen über erfolgte Tätigkeiten (z.B. fachspezifische Beratungen) heranzuziehen. § 1175 ABGB sage über die Entstehung und den Inhalt einer "Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht" folgendes aus:

"Durch einen Vertrag, vermöge dessen zwei oder mehrere Personen einwilligen, ihre Mühe allein, oder auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, wird eine Gesellschaft zu einem gemeinschaftlichen Erwerb errichtet."

Nach Koziol-Welser, "Grundriß des Bürgerlichen Rechts" (Band I, 6. Auflage) hätten Erwerbsgesellschaften des bürgerlichen Rechts keine besonderen Organe, bauten auf der aktiven Mitarbeit sämtlicher Mitarbeiter auf und seien in ihrer Existenz vom Mitgliederwechsel nicht unabhängig. Die Konsequenz aus dem Gesagten sei, daß die aktive Mitarbeit sämtlicher Gesellschafter für die Gesellschaft nach bürgerlichem Recht begriffsimmanent sei. Dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom 29. März 1989 vorgehalten worden, daß er laut dem Ergebnis durchgeführter Erhebungen nach wie vor als selbständiger Bearbeiter von Teilleistungen bei Aufträgen für das Büro N und Partner tätig sei. Hierauf habe der Beschwerdeführer wiederum eine der bereits in zahlreicher Ausführung vorhandenen Bestätigungen seiner Gesellschaftspartner vorgelegt, wonach er "in keinster Weise" für die Gesellschaft tätig sei, er habe es aber unterlassen, Tatsachenbeweise hiefür vorzulegen, und sei auf den konkreten Vorhalt nicht eingegangen. Weiters falle auf, daß in früheren Bestätigungen festgehalten worden sei, daß der Beschwerdeführer Beratertätigkeiten erbringe. Gleichfalls sei auf den Vorhalt, daß der Beschwerdeführer als Gesellschafter auch vollinhaltlich nach außen hin hafte, was einen Widerspruch zu der Behauptung darstelle, daß er keinerlei finanzielle Vorteile aus der Gesellschaft ziehe und an ihrer Substanz nicht beteiligt sei, nur mit einer neuerlichen Bestätigung reagiert worden, daß eine Vereinbarung über die Schad- und Klagloshaltung im Innenverhältnis abgeschlossen worden sei. Es sei diese Vereinbarung jedoch weder vorgelegt, noch sei dargetan worden, daß diese in gleicher Rechtsform wie der Gesellschaftsvertrag abgeschlossen worden sei. Es sei daher auch nicht dargetan worden, zu welchem konkreten Beweisthema der Beschwerdeführer bzw. sein Partner einvernommen werden sollten und welche Neuerungen ihre Aussagen gegenüber den vorgelegten Schriftstücken erbringen sollten. Die entsprechenden Beweisanbote seien daher abzulehnen gewesen, da eben nicht erkennbar gewesen sei, daß die Durchführung der angebotenen Beweise Neuerungen gebracht hätte, die eine anders lautende Entscheidung herbeizuführen vermocht hätten. Der Beschwerdeführer habe gleichfalls für eine positive Entscheidung nicht ausreichend darzulegen vermocht, daß er keinerlei (Erwerbs-)Tätigkeit mehr ausübe. Ob ihm für seine angebliche Beratertätigkeit Beträge zukommen würden, durch welche er Gewinne erziele, oder ob es sich um einen reinen Spesenersatz handle, spiele hier keine Rolle. Es sei daher von dem erhobenen und einer rechtlichen Beurteilung unterzogenen Sachverhalt auszugehen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erstattete eine Gegenäußerung zur Gegenschrift, worauf auch die belangte Behörde mit Schriftsatz vom 12. Dezember 1989 eine weitere Äußerung erstattete.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Gewährung von Zuwendungen aus dem Grund der dauernden Berufsunfähigkeit verletzt.

Er trägt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes vor, die neuerliche ärztliche Untersuchung habe die früheren Untersuchungsergebnisse bestätigt und habe ergeben, daß eine vollständige Berufsunfähigkeit vorliege. Jeder medizinische Sachverständige sei auf die Angaben des zu Untersuchenden zumindest zu einem Teil angewiesen. Auch im vorliegenden Fall sei das Sachverständigengutachten teilweise auf die Angaben des Beschwerdeführers gegründet. Darüber hinaus gründe sich das Gutachten aber auch auf objektive Kriterien. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides sei nicht zu entnehmen, warum die belangte Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt sei, daß die Berufsunfähigkeit nicht vorliege, obwohl die medizinischen Sachverständigengutachten eine vollständige Berufsunfähigkeit bejaht hätten. Die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, ausführlich zu begründen, warum sie im Gegensatz zu den eingeholten Sachverständigengutachten einen anderen Sachverhalt in wesentlichen Punkten feststelle. Die belangte Behörde hätte sich dabei mit dem Inhalt der eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten genauestens auseinandersetzen müssen. Da aber in dem angefochtenen Bescheid nicht einmal die Ergebnisse der eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten konkret dargestellt worden seien, sei die Begründung in wesentlichen Punkten unschlüssig bzw. unvollständig. Nach Ansicht der belangten Behörde könne der Nachweis, daß der Beschwerdeführer infolge eines Leidens außerstande sei, seien Beruf weiter auszuüben, dann nicht gelingen, wenn das vorgelegte medizinische Sachverständigengutachten vornehmlich auf den Angaben des Beschwerdeführers beruhe und der Beschwerdeführer parallel dazu oder nachfolgend Tätigkeiten gemäß § 5 Abs. 1 des Ziviltechnikergesetzes auszuüben imstande sei. Die medizinischen Sachverständigengutachten seien im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vom Kuratorium der Wohlfahrtseinrichtungen eingeholt und nicht vom Beschwerdeführer vorgelegt worden. Bei Beurteilung der Frage, ob Berufsunfähigkeit vorliege oder nicht, sei von einem Gesamtbild des Berufes auszugehen. Selbst dann, wenn einzelne Tätigkeiten im Sinne des § 5 Abs. 1 des Ziviltechnikergesetzes selbständig durchgeführt werden könnten, sei die vollständige Berufsunfähigkeit anzunehmen, wenn dennoch die sonstigen Tätigkeiten, die für die Berufsausübung erforderlich seien, nicht ausgeübt werden könnten. Hiebei sei primär der medizinische Aspekt zu beachten. Der angefochtene Bescheid sei aktenwidrig, weil er sich über den klaren Inhalt der medizinischen Sachverständigengutachten ohne schlüssige Begründung hinwegsetze. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wäre festzustellen gewesen, ob die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 der Statuten der Wohlfahrtseinrichtungen vorliegen oder nicht. Die belangte Behörde komme auf Grund der Auslegung des Gesellschaftsvertrages vom 18. Dezember 1987 offenbar zu dem Ergebnis, daß der Beschwerdeführer weiterhin eine Erwerbstätigkeit ausübe. In dem angefochtenen Bescheid werde aber nicht ausgeführt, welche konkrete Erwerbstätigkeit von der belangten Behörde festgestellt worden sei. Daß allenfalls - wie der Kammertag zu Unrecht vermeine - auf Grund des Gesellschaftsvertrages für den Beschwerdeführer eine Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen der Gesellschaft gegenüber bestehe, sei völlig unerheblich. Die Vertragspartner hätten im Zuge des Verfahrens die schriftliche Erklärung abgegeben, daß der Beschwerdeführer für die Gesellschaft keine wie immer geartete Tätigkeit erbringe. Ein darüber hinausgehender Tatsachenbeweis, wonach der Beschwerdeführer nicht tätig sei, sei nicht möglich, weil ein derartiger negativer Beweis nicht zu erbringen sei. In der Begründung werde nur kursorisch ausgeführt, daß zur Beurteilung dieser Tätigkeiten sowohl die Bestimmungen des § 1175 ABGB samt Erläuterungen als auch die im Akt aufliegenden Bescheinigungen über erfolgte Tätigkeiten (z.B. fachspezifische Beratungen) heranzuziehen seien. Im Zuge des Ermittlungsverfahrens seien dem Beschwerdeführer niemals die Ergebnisse der eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten zur Kenntnis gebracht worden. Insbesondere seien ihm niemals die über angeblich erfolgte Tätigkeiten eingeholten Ermittlungsergebnisse bzw. die im Akt aufliegenden Bescheinigungen vorgehalten worden. Der Kammertag wäre verpflichtet gewesen, dem Beschwerdeführer mitzuteilen, welche konkreten Leistungen gemeint seien. Der Vorhalt laut Schreiben vom 29. März 1989, wonach der Beschwerdeführer nach dem Ergebnis durchgeführter Erhebungen nach wie vor als selbständiger Bearbeiter von Teilleistungen bei Aufträgen für das Büro N und Partner tätig sein solle, sei unkonkret, es sei daher der Grundsatz des beiderseitigen Gehörs in eklatanter Weise verletzt worden. Nahezu unverständlich sei der in der - dem angefochtenen Bescheid als Nachhang angeschlossenen - Anmerkung enthaltene Vorwurf, wonach der Beschwerdeführer eine "intensive Reisetätigkeit" ausübe, die gegen die Annahme der Berufsunfähigkeit spreche. Es sei allgemein bekannt, daß die Fähigkeit zum Reisen in keinem wie immer gearteten Zusammenhang mit der Frage stehe, ob ein spezifischer Beruf ausgeübt werden könne oder nicht. Im übrigen sei dieser Vorwurf frei erfunden. Gemäß § 1175 ABGB diene eine Erwerbsgesellschaft nach bürgerlichem Recht dem gemeinschaftlichen Erwerb. Die Errichtung eines atypischen Vertrages, wonach ein Gesellschafter am Erwerb nicht beteiligt sei, sei jedoch nicht ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer sei auf Grund des Gesellschaftsvertrages vom 18. Dezember 1987 nicht an der Substanz der Gesellschaft beteiligt und könne auf Grund dieses Vertrages nur fallweise unentgeltlich zu Konsulententätigkeiten herangezogen werden. Sinn und Zweck des Gesellschaftsvertrages vom 18. Dezember 1987 sei der gewesen, den in der Branche eingeführten Namen N zu erhalten. Dies sei für die Gesellschaftspartner deshalb wesentlich gewesen, weil der Beschwerdeführer einer der wenigen Spezialisten auf dem Fachgebiete des Seilbahnbaues sei und daher sein Name auf diesem Gebiet allgemein bekannt sei. Unter fallweiser Konsulententätigkeit sei zu verstehen, daß der Beschwerdeführer im Einzelfall für unentgeltliche Beratungen zur Verfügung gestanden sei. Eine allfällige Haftung seiner Person nach außen sei durch eine entsprechende Schad- und Klagloserklärung des Mitgesellschafters beseitigt worden. Es handle sich bei dem Gesellschaftsvertrag vom 18. Dezember 1987 um ein Rechtsgeschäft sui generis. Die Bestimmung des § 1175 ABGB sei keine zwingende Rechtsnorm. Die vom Kammertag vorgenommene Auslegung des Vertrages im Zusammenhang mit den Bestimmungen des ABGB sei daher unrichtig. Auf Grund der medizinischen Untersuchungen ergebe sich, daß eine vollständige dauernde Berufsunfähigkeit vorliege, sodaß der Beschwerdeführer infolge seines Leidens bzw. seiner Krankheit außerstande sei, seinen Beruf als Ziviltechniker weiter auszuüben. Das Ermittlungsverfahren habe nicht ergeben, daß er irgendeine andere Erwerbstätigkeit ausübe. Die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung der Zuwendungen seien eingetreten. Die Anwendung des § 17 Abs. 2 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen auf die Bestimmungen des Statutes über Zuwendungen aus dem Grunde der dauernden Berufsunfähigkeit sei unzulässig, da sich § 17 Abs. 2 nur auf die Altersversorgung beziehe.

Der Beschwerdeführer ist mit seinem Vorbringen im Ergebnis im Recht.

§ 12 Abs. 1 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen lautet wie folgt:

"(1) Zuwendungen aus dem Grunde der dauerden Berufsunfähigkeit werden einem Ziviltechniker gewährt, wenn er während tatsächlich ausgeübter Befugnis dauernd berufsunfähig wird, seine Befugnis ruht oder zurückgelegt wurde, keinerlei Erwerbstätigkeit ausgeübt wird und die Wartefrist abgelaufen ist. Dauernde Berufsunfähigkeit liegt vor, wenn der Ziviltechniker infolge eines Leidens oder einer Krankheit außerstande ist, seinen Beruf als Ziviltechniker weiter auszuüben und mit der Wiedererlangung der Berufsfähigkeit nicht zu rechnen ist. Für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist das Berufsbild maßgebend. Die Wartefrist beträgt, wenn die Berufsunfähigkeit vor dem vollendeten

50. Lebensjahr eintritt, fünf Jahre, nach dem 50. Lebensjahr acht Jahre. Ist die Berufsunfähigkeit die Folge eines Unfalles, ist keine Wartezeit erforderlich."

Der im ersten Satz dieser Bestimmung vorgesehene Tatbestand der dauernden Berufsunfähigkeit wird somit im zweiten Satz dieser Bestimmung mit dem Vorliegen eines Leidens oder einer Krankheit und dem aus einem solchen persönlichen Zustand folgenden Außerstandesein, den Beruf als Ziviltechniker weiter auszuüben, sowie dem weiteren Gesichtspunkt, daß mit der Wiedererlangung der Berufsfähigkeit nicht zu rechnen ist, verknüpft.

Die Übernahme vertraglicher Verpflichtungen zur Ausübung beruflicher Tätigkeiten mag zwar ein Indiz dafür sein, daß derjenige, der sich solcherart verpflichtet, auch imstande ist, einer solchen Verpflichtung nachzukommen. Ein derartiges Indiz stellt jedoch kein hinlängliches Beweismittel dar, um einen das "Außerstandesein" im Sinne des § 12 Abs. 1 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen ausschließenden Sachverhalt als erwiesen anzunehmen.

Eine vertraglich vereinbarte Verpflichtung - die etwa auch über die den eigenen persönlichen Zustand entsprechenden Fähigkeiten hinaus übernommen worden sein könnte - stellt als solche kein Kriterium dar, mit dem für sich allein genommen die Erfüllung des Tatbestandes einer dauernden Berufsunfähigkeit verneint werden dürfte. Insoweit sich die belangte Behörde "zum Gesundheitsaspekt" mit Ausführungen zum Gesellschaftsvertrag vom 18. Dezember 1987 (in Verbindung mit § 1175 ABGB) begnügte, wurde von ihr in Ansehung des im § 12 Abs. 1 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen vorgesehenen Tatbestandes "dauernde Berufsunfähigkeit" somit die Rechtslage verkannt.

Auch in Ansehung des im § 12 Abs. 1 des Statutes der Wohlfahrtseinrichtungen vorgesehenen Tatbestandes, daß "keinerlei Erwerbstätigkeit ausgeübt wird", wurde von der belangten Behörde die Rechtslage verkannt:

Zunächst berief sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides (Blatt 2, 1. Absatz) zu Unrecht auf § 17 Abs. 2 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen, wenn sie auf Tätigkeiten gemäß § 5 Abs. 1 des Ziviltechnikergesetzes Bezug nahm, "die bereits nach der weitergehenden Bestimmung des § 17 Abs. 2 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen einen Anspruch auf Altersversorgung entfallen lassen, weil das Statut der Wohlfahrtseinrichtungen hier eine weitere Berufsausübung erblickt". § 17 Abs. 2 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen enthält nämlich eine Regelung lediglich in Ansehung der Altersversorgung. Die Einstellung der Zuwendungen zufolge Entfalles eines Anspruches auf Zuwendungen aus dem Grunde der dauernden Berufsunfähigkeit hingegen ist im § 17 Abs. 3 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen geregelt, und zwar in dem § 12 Abs. 1 korrespondierender Weise, denn entsprechend den im § 12 Abs. 1 enthaltenen Tatbestand, daß "keinerlei Erwerbstätigkeit ausgeübt wird", sieht § 17 Abs. 3 den Entfall des Anspruches "bei jeder Ausübung einer Erwerbstätigkeit" vor. Es war also rechtswidrig, wenn sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers vom 11. Dezember 1987 um Gewährung von Zuwendungen aus dem Grund der dauernden Berufsunfähigkeit auch auf § 17 Abs. 2 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen (betreffend Entfall des Anspruches auf Altersversorgung) stützte.

Zu Unrecht stützte sich die belangte Behörde in Ansehung des auf Gewährung von Zuwendungen aus dem Grunde der dauernden Berufsunfähigkeit gerichteten Antrages, in Ansehung dessen § 12 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen die Entscheidungsgrundlage darstellt, auf den letzten Satz des § 17 Abs. 3. Diese Regelung bezieht sich ihrem Wortlaut und ihrer systematischen Stellung nach nur auf die Einstellung einer von einem Bezieher von Zuwendungen aufgenommenen Erwerbstätigkeit in Ansehung eben dieser Erwerbstätigkeit. Daß die Regelung des § 12 Abs. 1 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen in Ansehung der Prüfung der Voraussetzungen für die erstmalige Gewährung von Zuwendungen eine Lücke enthielte, die durch eine analoge Anwendung der im letzten Satz des § 17 Abs. 3 enthaltenen Beweislastregel zu schließen wäre, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Es war daher auch rechtswidrig, wenn die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides (Blatt 2, vorletzter Absatz) dem Beschwerdeführer eine Beweislast aufbürdete, die im § 12 Abs. 1 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen eben nicht vorgesehen ist.

Abgesehen von dieser Rechtslage zur Frage der Beweislast fällt der belangten Behörde im gegebenen Zusammenhang ein weiteres Verkennen der Rechtslage zur Last. Zunächst kann nämlich die bloße Übernahme einer allfälligen vertraglichen Verpflichtung zu einem Verhalten, das sich als Erwerbstätigkeit darstellt, nicht der tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt werden. Nur zufolge einer tatsächlichen Ausübung einer Erwerbstätigkeit aber wäre die Erfüllung des Tatbestandes, daß "keinerlei Erwerbstätigkeit ausgeübt wird", zu verneinen. Es läßt aber nicht einmal der Gesellschaftsvertrag vom 18. Dezember 1987 hinlänglich erkennen, ob Gegenstand der Verpflichtung des Beschwerdeführers ein Verhalten sei, das sich als Ausüben einer Erwerbstätigkeit darstellen würde. Im § 2 Z. 1, zweiter Absatz, des Gesellschaftsvertrages ist die Tätigkeit des Beschwerdeführers mit dem Ausdruck "Einsatz seiner persönlichen Erfahrung im Seilbahnwesen als Konsulent" umschrieben. Diese Umschreibung ist zu unbestimmt, als daß sie zur Grundlage einer Aussage darüber gemacht werden könnte, ob der Beschwerdeführer nach dem Gesellschaftsvertrag überhaupt zu einem Verhalten verpflichtet sei, welches unter den Rechtsbegriff der Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen fallen würde. Eine Aussage hierüber ist auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 1175 ABGB nicht möglich, weil diese Bestimmung zwar unter anderem auf die Vereinigung der Mühe von Personen abgestellt ist, ohne daß ihr normativer Gehalt jedoch tatbestandsmäßig jedenfalls auch die Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Sinne des § 12 Abs. 1 des Statuts der Wohlfahrtseinrichtungen enthalten würde. Zwar ist der Beschwerdeführer nach § 2 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages von einer Honorierung nicht ausgeschlossen, es liegt aber im Hinblick auf die unbestimmte Fassung des § 2 Z. 1, zweiter Satz, des Gesellschaftsvertrages kein Vertragsinhalt vor, der erkennen ließe, ob und gegebenenfalls welche Honoraransprüche dem Beschwerdeführer auf Grund eines tatsächlichen Tätigwerdens als "Konsulent" erwachsen würden. Es war somit auch rechtswidrig, wenn die belangte Behörde allein schon im Hinblick auf den Gesellschaftsvertrag die Erfüllung des Tatbestandes, daß "keinerlei Erwerbstätigkeit ausgeübt wird", verneinte.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989040147.X00

Im RIS seit

06.02.1990
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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