TE Vwgh Erkenntnis 1990/2/7 89/01/0352

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Veröffentlicht am 07.02.1990
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;
49/01 Flüchtlinge;

Norm

AsylG 1968 §1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §60;
FlKonv Art1 AbschnA;

Betreff

1. A und 2. B gegen Bundesminister für Inneres 1. vom 24. April 1989, Zl. 235.948/2-II/9/88, und 2. vom 18. Mai 1989, Zl. 235.949/2-II/9/89 je wegen Feststellung der Flüchtlingseigenschaft

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beiden Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen von je S 460,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 die Berufungen der beiden Beschwerdeführer gegen die Bescheide der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. März bzw. 4. März 1988 ab und sprach wie die erstinstanzliche Behörde aus, daß die Beschwerdeführer nicht Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention sind.

Die belangte Behörde ging dabei im wesentlichen von folgenden Tatsachenfeststellungen aus:

Beide Beschwerdeführer seien jugoslawische Staatsangehörige albanischer Nationalität, am 15. Jänner 1988 in das Bundesgebiet eingereist und hätten am selben Tag Asylantrag gestellt. Bei ihrer niederschriftlichen Befragung am 20. Jänner 1988 hätten sie angegeben, Jugoslawien gemeinsam mit ihrem Kind verlassen zu haben, weil sie dort zufolge der Arbeitslosigkeit des Erstbeschwerdeführers "keine Zukunft" gehabt hätten. Politisch verfolgt seien sie nie worden.

In ihren Berufungen hätten die beiden Beschwerdeführer dagegen behauptet, der Erstbeschwerdeführer habe seit 1981 immer wieder an Demonstrationen im Kosovo teilgenommen, sei aus diesem Grund auch einige Male unter Hausarrest gestanden und des öfteren auch festgenommen worden. Nach einer Demonstrationsteilnahme habe eine Hausdurchsuchung stattgefunden, wobei illegales Material "aus dem Westen" sowie das aus der Schweiz stammende Pamphlet "Die Stimme Kosovos" gefunden und beschlagnahmt worden sei. Dies hätte bei einem weiteren Verbleib des Erstbeschwerdeführers in Jugoslawien zu einer Verurteilung zu mindestens sieben Jahren Haft geführt, weshalb die beiden Beschwerdeführer geflüchtet seien.

Bei der Beweiswürdigung vertrat die belangte Behörde die Auffassung, daß beide Beschwerdeführer bei ihrer Vernehmung im erstinstanzlichen Verfahren überhaupt keine gegen sie gerichteten Verfolgungshandlungen durch jugoslawische Behörden aus Gründen, die in der Genfer Konvention genannt seien, vorgebracht hätten. Da es der Erfahrung der Berufungsbehörde entspreche, daß Asylwerber gerade bei ihrer ersten Einvernahme alle jene Angaben machten, die der Wahrheit am nächsten kämen, erachtete die belangte Behörde das Berufungsvorbringen der beiden Beschwerdeführer als unglaubwürdig.

In rechtliche Hinsicht verneinte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Art. 1 Abschn. A der Flüchtlingskonvention ausgehend von den erstinstanzlichen Behauptungen der Beschwerdeführer deren Flüchtlingseigenschaft.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die beiden Beschwerdeführer erachten sich jeweils in ihrem Recht auf Asylgewährung und auf eine mangelfreie Sachentscheidung verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres engen persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Gemäß § 1 Asylgesetz BGBl. Nr. 126 ist ein Fremder Flüchtling im Sinne des Gesetzes, wenn nach dessen Bestimmungen festgestellt wird, daß er die Voraussetzungen des Art. 1 Abschn. A der Konvention über die Rechtstellung der Flüchtlinge BGBl. Nr. 55/1955 unter Bedachtnahme auf das Protokoll BGBl. Nr. 78/1974 erfüllt und daß bei ihm kein Ausschließungsgrund nach Art. 1 Abschn. C oder F der Konvention vorliegt. Art. 1 Abschn. A Z 2 der Konvention bestimmt, daß als Flüchtling im Sinne des Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Beide Beschwerdeführer rügen zunächst, die erstinstanzlichen Bescheide enthielten weder Tatsachenfeststellungen noch eine dem Gesetz entsprechende Begründung. Insbesondere wird in beiden Beschwerden auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Slg. NF Nr. 1.004/F verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Frage in seinen zu vollkommen gleichgelagerten Fällen ergangenen Erkenntnissen je vom 4. Oktober 1989, Zlen. 89/01/0282 bzw. 89/01/0222, 0223, bereits ausgesprochen, daß sich Fälle wie die gegenständlichen, in denen aus der knappen Begründung der erstinstanzlichen Bescheide immerhin deutlich hervorgeht, daß die Behörde allein die Angaben der Beschwerdeführer über ihre Fluchtgründe ihren Bescheiden zu Grunde gelegt und dies rechtlich dahin beurteilt hat, daß deshalb die Voraussetzungen für die Asylgewährung nicht vorliegen, mit dem Fall des von den Beschwerdeführern zitierten hg. Erkenntnisses Slg. NF Nr. 1.004/F nicht zu vergleichen sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die beiden zitierten Erkenntnisse verwiesen. Da die belangte Behörde daher nicht gehalten war, den Beschwerdeführern im Berufungsverfahren den ihrer Entscheidung zu Grunde gelegten Sachverhalt und ihre rechtlichen Überlegungen dazu bekanntzugeben und sie dazu nochmals einzuvernehmen, erweisen sich die angefochtenen Bescheide als frei von den von den Beschwerden behaupteten Verfahrensmängel.

Insoweit sich die Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung durch die belangte Behörde wenden, ist darauf zu verweisen, daß nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshof gerade die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung nicht als unschlüssig erkannt werden kann (vgl. dazu insbesondere das bereits oben zitierte hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1989, Zlen. 89/01/0222, 0223 sowie das vom 7. Dezember 1988, Zlen. 88/01/0276, 0284).

Ausgehend davon, daß die belangte Behörde den von den Beschwerdeführern bei ihrer Einvernahme im erstinstanzlichen Verfahren angegebenen Sachverhalt ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt hat, muß auch die Rechtsrüge der Beschwerden versagen, weil Verfolgungen der beiden Beschwerdeführer aus Gründen, die in der Genfer Konvention genannt sind, nicht objektiviert wurden. Insoweit die Beschwerden jetzt ausführen, die Beschwerdeführer seien als Angehörige einer unerwünschten nationalen Minderheit in ihrer Existenzgrundlage so geschmälert worden, daß sie, um sich vor dem "Verhungern bzw. einem menschenunwürdigen Dahinvegetieren" zu schützen, zur Ausreise genötigt gewesen seien, verstoßen sie gegen das gemäß § 41 Abs. 1 VwGG geltende Neuerungsverbot.

Da schließlich nach ständiger hg. Judikatur auch allein die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Minderheit noch kein Grund für die Gewährung von Asyl darstellt (vgl. dazu das bereits wiederholt zitierte hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1989, Zlen. 89/01/0222, 0223), erweist sich auch der in den Beschwerden erhobene Vorwurf der inhaltlichen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide als ungerechtfertigt.

Die beiden Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung vom 17. April 1989, BGBl. Nr. 206.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1990:1989010352.X00

Im RIS seit

27.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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